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Formel 1 2023: Show, Jubel, Lamentieren und keine Spannung

Die sportliche Spannung hält mit den Entertainment-Bemühungen nicht Schritt. Dazu herrscht schlechte Stimmung, weil fast alle Teams den Zielen nachhinken.

Formel 1 2023: Show, Jubel, Lamentieren und keine Spannung Foto: © getty

So haben sich wohl nur wenige den Start in die neue Saison der Formel 1 gewünscht: Ein drückend überlegenes Weltmeisterteam, ein überraschend starker, aber kaum siegfähiger Außenseiter und acht andere Teams vereint in Depression, weil weit hinter den Saisonzielen.

Und dann schlägt der Rechteinhaber aus den USA beim ersten von drei Rennen ebendort mit einer Show zu, die all jenen unter den weit über 100.000 rund ums Hard Rock Stadium von Miami gefiel, die unterhalten werden wollten und vermutlich wenig bis keine Ahnung vom Motorsport haben.

Womit sich Stefano Domenicali als Geschäftsführer des F1-Managements und seine Mitarbeiter neuerlich den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass die Show über den Sport geht.

Im Vergleich zu der Ära Ecclestone, in der gesellschaftliche Entwicklungen verschlafen bzw. bewusst ignoriert wurden, hat Liberty Media die Kehrtwende eingeleitet. Mit Netflix-Doku, in der der Unterhaltungswert und nicht die Information im Vordergrund steht, mit endlosem Bespielen der Social-Media-Kanäle und schlussendlich mit einem Programm wie Sonntag in Miami, das die meisten Fahrer in den letzten Minuten der Rennvorbereitung ablehnten. Außer Lewis Hamilton natürlich, der immer anders sein muss und Showauftritte liebt.

Show? Wenn der Sport mit der Dramatik nachzieht

Es geht schließlich wieder einmal um die Frage: Will man bestehende Kundschaft zufriedenstellen oder mit allen Mitteln neue Klientel heranziehen?

Solang sich Liberty aussuchen kann, wo zu Rekordgebühren angetreten wird, wird der finanzielle Aspekt die Oberhand behalten.

Bis jetzt geben weder TV-Quoten (Miami im ORF: 682.000 Seher!) noch Besucherzahlen an den Strecken ein Indiz, dass sich das traditionelle Publikum von der Show-Formel abschrecken lässt. Doch vielleicht passiert das einmal in nicht so ferner Zukunft.

Eine Show im amerikanischen Monumentalstil als Vorprogramm würde man vielleicht eher hinnehmen, wenn danach Dramatik pur zu erwarten wäre. Doch der zweite GP in Miami war die bisher deutlichste Machtdemonstration der Weltmeister.

Start von Platz neun nach Missgeschick in der Qualifikation? Kein Problem, wenn man Strategie und Reifenmanagement beherrscht.

Dem Teamkollegen reichte die Pole nicht zum Sieg, wohl aber zu einem zweiten Platz mit auch noch 21 Sekunden Vorsprung auf den Dritten.

Die einzige Frage war: Gibt es ein Desaster, weil sich Verstappen und Pérez gegenseitig in die Kisten fahren oder nicht? "Sie sind vernünftig", konnte ihr Chef Helmut Marko nachher zufrieden feststellen.

Hinter Red Bull und Aston Martin ist niemand zufrieden

Nach fünf von 23 Rennen hat Red Bull Racing mehr Punkte als der Zweite und der Dritte zusammen (224:198).

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Verstappen wird zum dritten Titel in Folge cruisen, Pérez wird den im Vorjahr verpassten Vize-Titel (was auch Verstappens Egoismus zuzuschreiben war) heuer nachholen. Und die Fans und sein Aston-Martin-Team werden Fernando Alonso, den Auferstandenen, feiern, der regelmäßig mit aufs Podest darf.

Im Rest des Feldes ist schon jetzt Krisenstimmung: Alpines Marken- und F1-Chef Laurent Rossi platzte in einem Interview mit Canal+ der Kragen ("inakzeptable Fehler, Saison weit unter den Erwartungen"), bei Ferrari ist der neue Chef Fred Vasseur um keinen Deut erfolgreicher als der verabschiedete Vorgänger Mattia Binotto (manche unken schon, Ferrari habe sich sogar noch verschlechtert), Mercedes-Boss Toto Wolff gibt zu, nicht konkurrenzfähig zu sein.

McLaren, vor nicht allzu langer Zeit noch dritte Kraft, stürzt wie Alpine völlig ab. Haas erfreut sich an kleinen Vorwärtsschritten, die Alfa Romeo, AlphaTauri und Williams nicht schaffen. Hinter Aston Martin: Tristesse pur. Und die kleine Hoffnung, dass sich Red Bull selbst ein Bein stellt.

Das beste Paket lässt andere rätseln

Die Überlegenheit von Red Bull ist im derzeit mit Abstand besten Fahrer, dem besten Aero-Team, den besten Strategen und nicht zuletzt der perfekten Kombination von Antriebstechnikern bei RB Powertrains und Honda geschuldet.

Das Team des "Brausefabrikanten", wie deutsche Medien Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz immer wieder abkanzelten, zeigt den klassischen Rennautobauern Mercedes und Ferrari, wie man Formel 1 macht – und dort mit Hartnäckigkeit reüssiert.

Die Anstrengungen von Red Bull mitsamt massivem Aufwand bringen exzellente Resultate, auf die lang hingearbeitet wurde. Gut für die Bullen, desaströs für die Konkurrenz. Und ein Problem für die Formel 1.

Na ja, die Jahre davor haben wir alle über die Dominanz von Mercedes gejammert...

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