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Die Runde, die Mercedes verstummen ließ

Die letzte Runde des WM-Finales 2021 geht in die Geschichtsbücher ein:

Die Runde, die Mercedes verstummen ließ Foto: © getty

Keine Frage: Das Team, das Sonntag neuerlich Weltmeister (der Konstrukteure) wurde, hat für viele Medienleute in der Formel 1 die professionellste, umfangreichste und aktuellste Öffentlichkeitsarbeit aller Rennställe.

Ein gut organisiertes System auf allen möglichen Kanälen, inklusive einer Instant-Whatsapp-Gruppe, über die sogar während des Rennens Informationen kommen, neben detaillierten Vorschauen und Nachbetrachtungen. Dazu passt ein mehrsprachiger Teamchef, der wohl bisher als der „Sunnyboy“ unter den Bossen galt und stets versuchte, möglichst allen Anfragen gerecht zu werden.

Sonntag in Abu Dhabi setzte das System in der letzten Runde und danach aus. Schockstarre?

Hamilton am Boxenfunk: "Das war manipuliert!"

Was in dieser WM-Entscheidung auf den letzten 5,3 Kilometern dieser Ausnahmesaison passierte, war nicht für alle zugänglich. Der britische Journalist Adam Cooper – mit jahrzehntelanger Erfahrung, er machte sogar einmal die Presseaussendungen für Roland Ratzenberger in dessen Japan-Zeit – veröffentlichte nun, was nur in F1 TV auf dem Onboardkanal von Lewis Hamilton zu hören war.

In den Runden nach Latifis Crash beschwerte sich der noch amtierende Champion über die langsame Geschwindigkeit des Safety Cars. In Runde 57 (von 58) informierte Renningenieur Peter Bonnington Hamilton, dass die überrundeten Fahrer zwischen ihm und Verstappen nun doch vorfahren dürften. Bonnington dann: „Safety Car kommt rein, pass auf deine Reifen auf, du bist in Überholgefahr auf jeder Geraden, noch eine Runde!“

Ab dem Zeitpunkt, als der Niederländer Hamilton in Kurve fünf überholte, gab es lange Sekunden keinen Funkverkehr mehr. Knapp vor Rennende, als sich Hamilton der Unmöglichkeit, Verstappen zurückzuüberholen, bewusst war, funkte Hamilton: „Mann, das war manipuliert!“ Was im allgemeinen TV nicht zu hören war. Unmittelbar nach Zieldurchfahrt konnte Bonnington nur sagen: „Ich bin sprachlos, Lewis, absolut sprachlos.“

Hamilton stoppte nicht in der Boxenstraße, sondern entgegen den Direktiven des Renndirektors Michael Masi („race notes“) im Parc fermé wie die anderen, die nicht in den Top Drei ankamen. Der entthronte Brite blieb zwei Minuten im Cockpit sitzen.

Nach einigen freundlichen, diplomatischen Worten im verpflichtenden Ad-hoc-Interview mit seinem Ex-Teamkollegen Jenson Button „schwänzte“ Hamilton sowohl die FIA-Pressekonferenz für die schreibenden Medien als auch den „TV Pen“. Möglicherweise auf Team-Anordnung.

Vom Mercedes-Lager gab es keine Stellungnahmen oder Interviews – weder von Teamchef Toto Wolff noch von Führungskräften wie James Vowles (Stratege) oder Andrew Shovlin (Technikdirektor). Lediglich die zwei Einsprüche gegen Verstappen und das Ergebnis (inzwischen von den Stewards abgelehnt) und die Absicht, in die Berufung dagegen zu gehen, wurden kommuniziert. Die Berufung muss innerhalb von 96 Stunden (Mittwochnachmittag MEZ) einlangen. Weitere Stellungnahmen gab es bis Montagmittag nicht, da war Rückreise angesagt.

Am Donnerstag ehrt der Verband am Sitz Paris seine Meister. Wolff als Chef des Konstrukteurs-Champions und Hamilton als Vizeweltmeister sind dazu eingeladen. Und würden dort auf Verstappen, Christian Horner & Co. treffen. Die FIA setzt bei dieser Veranstaltung auch eine Pressekonferenz an.

Vor fünf Jahren, im Dezember 2016, erklärte dabei der neue Weltmeister Nico Rosberg seinen sofortigen Rücktritt vom aktiven F1-Sport.


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