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Franz Tost: "Tsunoda hat sehr viel Potenzial"

Der langjährige Formel-1-Teamchef erhofft sich viel von seinem Rookie.

Franz Tost: Foto: © getty

Für AlphaTauri steht am Wochenende in Imola das Heimrennen auf dem Programm: Das Autodrom Enzo e Dino Ferrari ist nur 30 Kilometer vom Firmensitz Faenza entfernt.

Seit Red Bull Minardi übernahm und ab der Saison 2006 als Toro Rosso (seit 2020 AlphaTauri) einsetzte, ist der 65-jährige Franz Tost Teamchef – und damit neben seinem Red-Bull-Kollegen Christian Horner der längst dienende aktuelle "Principal" der Formel 1.

Wie der Tiroler den Saisonstart beurteilt, was er vom bevorstehenden Heimrennen und dem weiteren Saisonverlauf erwartet und was er über seine Chauffeure denkt, sagt er im Interview mit LAOLA1.

LAOLA1: Hat Dich die gute Form von AlphaTauri in Bahrain überrascht oder war die zu erwarten?

Franz Tost: Bei Pierre war die Leistung in der Qualifikation sehr in Ordnung, es wäre fast Platz vier geworden. Bei Yuki Tsunoda lagen wir mit der Reifenwahl falsch, er hätte den Option-Reifen benötigt, aber andrerseits wollten wir keine Diskussion über verschiedene Behandlung oder gar eine Benachteiligung aufkommen lassen. Im Rennen startete Pierre gut, aber das Safety Car nach Mazepins Unfall schadete uns sehr. Seine Mediums brauchten länger, um auf Temperatur zu kommen, damit war er gegenüber den unmittelbaren Konkurrenten auf den Softs benachteiligt und verlor einige Plätze, was dann auch zur Beschädigung des Frontflügels führte. Damit war sein Rennen eigentlich gelaufen. Bei Yuki war am wichtigsten, dass er Rennkilometer sammelte. Dabei machte er alles richtig, fuhr fehlerlos. Der neunte Platz war gut, es hätte sogar ein siebenter oder achter werden können. Pierre hätte ohne den Zwischenfall auf P4 oder P5 ins Ziel kommen können, so gesehen haben wir viele gute Punkte verloren.

LAOLA1: Was hat das Team in diesem Winter anders gemacht, woher kam die Steigerung?

Tost: Es gab kleine Fortschritte beim Chassis, aber der Hauptvorteil kommt von Honda mit einem deutlich stärkeren Motor. Ich würde sagen, 70 Prozent der Steigerung gehen auf die Japaner, 30 Prozent aufs Auto.

LAOLA1: Welches Saisonziel lässt sich daraus ableiten?

Tost: Ich erwarte mir schon regelmäßig in Q3 zu sein und im Rennen in den Punkten. Für das Team muss Platz fünf unter den Konstrukteuren das Ziel sein.

LAOLA1: Wie kommt der erst 20-jährige Japaner Tsunoda mit der fremden Umgebung zurecht, wie gut ist er in der Kommunikation mit den Ingenieuren, also auch in der englischen Sprache?

Tost: Weil kein Aufenthalt wegen der Reiserestriktionen für ihn im Winter in England möglich war, blieb er von Jänner an bei uns in Italien und gewöhnte sich rasch durch intensive Arbeit ein. Auch der Austausch mit den Technikern läuft mittlerweile sehr gut. Er ist wissbegierig und lernt schnell.

LAOLA1: Wie groß ist sein Potenzial?

Tost: Sehr groß. Er hat eine tolle Grundgeschwindigkeit, er ist sehr stark auf der Bremse, ist gut beim Einlenken bis zum Apex.

LAOLA1: Wie wirkt sich die heuer eingeführte Budgetlimitierung auf 145 Mill. Dollar bei Euch aus?

Tost: Heuer noch gar nicht. Aber wir müssen uns wie alle anderen auf das nächste Jahr mit neuen Regeln und einem neuen Auto vorbereiten, und dann haben wir fünf Millionen weniger zur Verfügung und ein Jahr später nochmals fünf. Bisher konnten wir ältere Teile von Red Bull Racing übernehmen, was Kosten sparte. Das wird 2022 nicht mehr funktionieren. Die Vorbereitungen darauf laufen schon.

LAOLA1: Was bedeutet Imola als Heimrennen für Euch?

Tost: Enttäuschend ist, dass ein Besuch der ganzen Mannschaft an der Rennstrecke nicht möglich ist, damit fällt ein wichtiger Motivations- und Erlebnisfaktor weg, weil es eben keine Zuschauer geben darf. Aber natürlich strengt sich das Rennteam im Ferrari-Autodrom besonders an.

LAOLA1: Du bist in Deiner 16. Saison als Teamchef. Wird man da nicht einmal müde, vor allem angesichts der geplanten 23 Rennen in diesem Jahr?

Tost: Die Rennen machen mir nichts aus, die könnten noch mehr sein. Alles hängt davon ab, wie konkurrenzfähig das Auto ist. Sind wir gut, macht alles richtig Spaß, da spüre ich keine Müdigkeit. Schlecht ist, wenn nichts weitergeht, dann wird es für alle mühsamer.

LAOLA1: Wer wird heuer Weltmeister?

Tost: Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn es Verstappen wird und Abwechslung reinkommt in die WM. Red Bull Racing-Honda hat diesmal wirklich eine Chance.

LAOLA1: Wer sind Eure direkten Konkurrenten im Kampf um die Top fünf der Konstrukteure?

Tost: McLaren, Ferrari, Alpine, ich würde auch Alfa Romeo dazuzählen.

LAOLA1: Und Aston Martin?

Tost: Momentan nicht. Aber das Team bewies schon früher, dass es schnell aufholen kann.

LAOLA1: Wie sieht die Regelung für die geplanten Sprintrennen als Qualifikation bei drei Läufen aus?

Tost: Da dürfte alles in trockenen Tüchern sein, was die Rahmenbedingungen angeht. Die Zustimmung der Teams ist gewährleistet. Man wird also in Silverstone, Monza und Interlagos einmal etwas anderes sehen und nachher beurteilen, ob es positiv ist. Ob es zusätzlich Punkte für die ersten Drei gibt, ist noch nicht fix.

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