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In der Schweiz, wo mit Roger Federer der größte Tennisspieler aller Zeiten lebt, würdigen die Medien Dominic Thiem als "Meister des Leidens". Besser lässt sich der Gewaltakt des Niederösterreichers im US-Open-Finale von New York wohl nicht beschreiben. Frankreichs Sport-Bibel "L'Equipe" verneigt sich mit der Schlagzeile "Dream Thiem".

Hierzulande fieberten die Fans weit nach Mitternacht vor dem TV mit, wie der Weltranglisten-Dritte von Krämpfen gebeutelt zu seinem ersten Grand-Slam-Titel taumelte. Thiem ist wahrlich ein "Meister des Leidens". Er lässt seine Gegner wiederholt mit seinen Zauberschlägen leiden, er sorgt bei Fans, Freunden und uns Journalisten für Leiden, wenn er auf dem Platz die besten Chancen auslässt und den Ball dem Gegner mit gefühlt 300 km/h um die Ohren schießen will.

Wie groß aber muss erst das Leiden der Familie Thiem sein, wenn sie ihren Bruder, Sohn oder Enkel auf dem Centrecourt leiden sehen. Wenn sie mitbekommen unter welchen Schmerzen und mit welcher Hingabe Dominic seinem großen Traum hinterherjagt.

Thiem ist ein "Meister des Leiden", die internationale Sportwelt verneigt sich vor dem unbändigen Willen des 27-jährigen Niederösterreichers. Thiems Leidensfähigkeit ist alles andere als typisch österreichisch. Sein Trainingseifer erinnert an den zum Teil unmenschlichen Einsatz von Hermann Maier oder Marcel Hirscher, die mit ihrer Hartnäckigkeit, ihrem Mut und ihrem Können den Skisport nicht nur in Österreich auf eine neue Ebene hievten.

Thiem ist ein Muster an Leidenschaft und Fairness. Mehr denn jeder andere Sportler taugt er als großes Vorbild für die Jugend. Denn Thiem ist auch ein "Meister des Lachens".

Foto: © getty

Wie er in der Stunde seines größten Erfolgs vor aller Welt auf dem Centrecourt in Flushing Meadows dem heulenden Gegner Mut zusprach, seinen Grand-Slam-Titel quasi mit Zverev teilen wollte und auch den Eltern des Deutschen, die an Covid-19 erkrankt sind, Hoffnung und Besserung zusprach, zeugt von Größe und erinnert fast ein wenig an den großen Federer.

Unabhängig von all seinen menschlichen Qualitäten hat Thiem in New York eine mentale Meisterleistung vollbracht. Als Favorit ins Finale zu gehen, chancenlos mit 0:2-Sätzen zurückliegen, sich dennoch nie aufzugeben und am Ende auf äußerst wackeligen Beinen den Sieg davonzutragen, zeigt aus welchem Holz Österreichs Tennis-Ass geschnitzt ist.

Der Meister des Leidens und des Lächelns ist im Sport-Olymp angekommen. Österreich darf sich freuen, nach Marcel Hirscher und neben David Alaba über einen weiteren Sportler von Weltruf zu verfügen, der schon in drei, vier Wochen bei seinem Lieblingsturnier in Paris einen weiteren Meilenstein seiner bis dato großartigen Karriere hinzufügen kann.

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