"Game of Kreissl"! "Dieser Kreissl ist ein Wahnsinn!" "Günter Kreissl - Fußballgott!"

Auf Sturms Facebook-Seite war gar zu lesen: "Großes Kino! In Kreissl bitte gleich a fucking Denkmal am Stadion Vorplatz bauen! Bis 20fucking21!"

Auch so geht Transfer: Der SK Sturm Graz holt mit Jakob Jantscher und Bright Edomwonyi zwei verlorene Söhne nach Hause und die Reaktionen in sozialen Netzwerken, Foren oder in den Kommentarbereichen unter den jeweiligen Meldungen drehen sich zu einem hohen Prozentteil um eine Person: Günter Kreissl.

Nun ist es nicht gerade Breaking-News-verdächtig, dass Sturms Geschäftsführer Sport einen guten Job abliefert. Die zahlreichen Gratulationen von Fans anderer Vereine, zu einem guten Teil auch von jenen der beiden Wiener Rivalen, deuten darauf hin, dass die Arbeit des 43-Jährigen auch jenseits der Grazer Stadtgrenzen oder der steirischen Landesgrenzen honoriert wird.

Fachkenntnis, Professionalität, Seriosität - in seinen über eineinhalb Jahren in Graz hat sich Kreissl einen denkbar guten Ruf erarbeitet. Mit diesen Eigenschaften steht er in seinem Gewerbe aber hoffentlich nicht alleine dar.

Was zeichnet den früheren Torhüter jedoch aus, dass ihm selbst nicht so rosig verlaufende Entwicklungen so gut wie gar nicht angelastet werden? Als Beispiel für selbige dient sehr wohl die Transferzeit im vergangenen Winter, als die finanziell nachvollziehbaren Abgänge von Uros Matic und Edomwonyi nicht wie erhofft aufgefangen wurden und Sturm möglicherweise auch deshalb kein sonderlich gutes Frühjahr spielte.

Das hohe Grundvertrauen in Kreissl wurde in Graz trotzdem nicht erschüttert.

Die Rückholaktion von Edomwonyi und vor allem jene von Jantscher stehen in meinen Augen stellvertretend dafür, warum Sturms Sportchef sich in relativ kurzer Zeit einen derart krisenfesten Ruf erarbeitet hat. Aus diversen Gründen.

1.) Der Kommunikator:

Die Gabe, nicht immer einfache Zusammenhänge verständlich auf den Punkt zu bringen, kann man nur schwer erlernen. Kreissl ist nicht nur eloquent, sondern findet für sein Handeln auch gerne die richtigen Worte. Die Pressekonferenz zu den aktuellen beiden Transfers war ein Musterbeispiel dafür.

Rund eine Viertelstunde lang baute er die Spannung auf, beleuchtete die Hintergründe seiner Personalideen, das Für und Wider ob Edomwonyi oder Jantscher, um mit dem lapidaren Satz "Wir verpflichten beide" zu erstaunen. Die Genugtuung, dass ihm im Fall Jantscher kein Medium auf die Schliche gekommen ist, sei ihm dabei mehr als gegönnt ("Vertraulichkeit ist etwas, das die Seriosität eines Vereins auszeichnet").

Am Rande sei zudem erwähnt, dass so mancher seiner Vorgänger in Sachen Kommunikation vielleicht nicht immer das glücklichste Händchen hatte. Kreissls Trittsicherheit auf medialer Ebene tut diesem Verein mit seinem nicht immer leichten Umfeld sicherlich beruhigend gut.

2.) Gespür für das richtige Timing:

Bei Jantscher agierte Kreissl nach dem Motto "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?". Anfang Jänner schloss er seine Verpflichtung noch aus. Fußball ist ein situationselastisches Geschäft und die Gegebenheiten sind nun eben andere als vor wenigen Wochen. Die Erkenntnis, dass man diese Chance nützen muss, ist eine völlig richtige.

Gar nicht mal so sehr wegen Jantscher oder die hinzugewonnene Planstelle in der Offensive. Denn die Sache mit dem guten Timing bezieht sich zu einem guten Teil auf eine personelle Ebene, auf der man Kreissl derzeit wenig bis gar keinen Erfolg attestieren kann.

Die Verträge diverser Leistungsträger laufen im Sommer aus. Der Geschäftsführer Sport selbst muss zugeben, dass in den Verhandlungen mit Akteuren wie Stefan Hierländer, Dario Maresic, Marvin Potzmann oder Christian Schoissengeyr nur wenig weitergeht.

Dass diese Personalien großes Potenzial für unnötige Frühjahrs-Ablenkung bieten, liegt auf der Hand. Rund um Sturm war deshalb in den letzten Wochen viel von Signalen die Rede - Kreissl hätte mit einer Vertragsverlängerung gerne eines gesetzt, in Verhandlungen befindliche Spieler haben auf eines gewartet.

Da es anders nicht ging, wurde es mit Jantscher eben auf einem Umweg gesetzt.

Notwendig war selbiges nicht nur, um noch einmal zu verdeutlichen, dass Sturm alles unternimmt, um in dieser Spielzeit das Bestmögliche herauszuholen. Es war auch notwendig zu demonstrieren, dass der Verein gewillt ist, auch über diese Saison hinaus einen starken Kader auf die Beine zu stellen.

Mit oder ohne den Spielern, deren Verträge auslaufen.

Dieses Signal wenige Tage vor dem Start ins Frühjahr zu setzen und damit einen positiven Energieschub zu liefern, ist definitiv gutes Timing.

3.) Lernfähigkeit:

Kreissl selbst wies darauf hin, dass Sturm in diesem Winter anders als in den Jahren davor nicht an Substanz verloren, sondern an Qualität gewonnen hat. Man kann davon ausgehen, dass er selbst am meisten aus dem letzten Winter gelernt hat - auf zwei Ebenen.

Erstens wurde damals die verlorengegangene Qualität nicht adäquat ersetzt (Ovenstad statt Matic, Chabbi statt Edomwonyi). Zweitens betonte er diesmal glaubhaft und gebetsmühlenartig, keinem der Herbst-Helden zwingend einen Spieler vor die Nase setzen zu wollen - wohl eine Lehre des Engagements von Baris Atik, das wenig brachte, aber womöglich so manchem Akteur wie Sascha Horvath nicht wirklich gut tat.

Deshalb das lange Zögern bezüglich Jantscher, der seit Dezember frei am Markt verfügbar war. Die Überlegungen durch das Zulechner-Fehlen oder das geänderte System von Neo-Trainer Heiko Vogel sind jedoch plausibel genug, diese Kehrtwende zu erklären - der vielseitige Jantscher wird niemandem klassisch vor die Nase gesetzt.

Eine von diesen drei Tugenden relativ unabhängige Erkenntnis dieser Transferzeit Sturms hat sehr viel, aber nicht nur mit Kreissl zu tun. Die offenkundige Bereitschaft, das Risiko einzugehen, diverse wichtige Akteure im Sommer ablösefrei zu verlieren, musste man von den "Blackies" nicht unbedingt erwarten.

Alleine wenn man die Historie des Vereins bedenkt, ist verständlich, dass man finanzielle Gefahren gerne scheut und Transfergewinne umso lieber mitnimmt. Im Fall von Charalampos Lykogiannis, bei dem Kreissl die Chance auf einen Verbleib über den Mai hinaus als null bezifferte, hat man dies auch in diesem Jänner getan.

Bei den anderen Kandidaten ist dies bis zum Transferschluss am 6. Februar keineswegs auszuschließen. Im Moment scheint man bei Sturm jedoch entschlossen, sämtliche Spieler zu halten.

Dies mag auch dem Tabellenstand und der historischen Titelchance geschuldet sein. Kreissl steht jedoch generell für eine Win-now-Mentalität. Kontinuierlicher Aufbau ist zwar keine Nebensache, aber abgesehen vom letzten Winter waren alle seine bisherigen Transferzeiten auf schnellen Erfolg ausgelegt.

Dazu gehört auch, die Chance auf den Erfolg nicht um jeden Preis zu verkaufen. Hält man diese Devise bis zum Ende der Transferzeit durch, ist dies womöglich das stärkste Signal, das Sturm in diesem Winter aussenden konnte.

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