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Lukas Spirk - Österreichs bester Torjäger

Kein anderer hat im Herbst 2021 so oft getroffen wie das Ex-Rapid-Talent.

Lukas Spirk - Österreichs bester Torjäger

„Von den drei Herbstsaisonen für Tobaj hätte ich diesen Herbst eigentlich als schlechtesten abgestempelt. Spielerisch war das von meinem Empfinden her mein schlechtestes Halbjahr“, sagt Lukas Spirk.

Wenn das, was der 28-Jährige hingelegt hat, ein „schlechter Herbst“ war, dann hätten wohl alle gerne nur noch schlechte Herbste.

Der Stürmer hat im ersten Halbjahr in der 2. Klasse Süd C im Burgenland für den ASV Gemeinde Tobaj unglaubliche 28 Meisterschaftstore erzielt. Kein anderer Stürmer in Österreichs unzähligen Erwachsenen-Ligen war erfolgreicher. Dieser Mann war im Herbst der torgefährlichste Stürmer des Landes.

Der Burgenländer zeigt sich, von LAOLA1 darauf angesprochen, überrascht: „Das habe ich noch gar nicht mitgekriegt. Eine coole Geschichte, das als Amateurfußballer zu erreichen.“

Im Schnitt trifft Spirk genau zwei Mal pro Meisterschaftsspiel. Inklusive Cup und Testspielen waren es seit Sommer sogar 35 Volltreffer.

"Bin nicht der Überdrüber-Jubler"

„Ich kann mich an alle Tore erinnern“, versichert Tobajs Nummer 10, „ich habe vier Freistoß-Tore gemacht, zwei Elfmeter, zwei Kopfballtore. Meistens treffe ich in der Box, da stehe ich richtig. Weitschusstore kommen eigentlich gar nicht vor.“

Doch was war da in der 2. Runde gegen Rohrbrunn los? Das einzige Spiel, in dem Spirk für den Spitzenreiter nicht getroffen hat. Er lacht: „Stimmt, das ist ein schwarzer Punkt in diesem Herbst. Da habe ich sehr viele Chancen liegengelassen, normalerweise passiert mir das nicht.“

Nach seinen Treffern gibt sich der Mann aus Deutsch Tschantschendorf übrigens cool: „Ich bin nicht der Überdrüber-Jubler. Ich nehme die Tore zur Kenntnis. Natürlich freue ich mich, aber ich bin keiner, der sich das Leiberl auszieht und auf den Knien daherrutscht.“

"Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn ich im Abschlusstraining wenig treffe, treffe ich im Match umso mehr."

Drei Mal in der Woche trainiert der Klub aus der untersten Leistungsstufe – ungewöhnlich oft für so eine Mannschaft. Und etwas ist Spirk auch aufgefallen: „Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn ich im Abschlusstraining wenig treffe, treffe ich im Match umso mehr.“ Seine Leistungen in den Abschlusstrainings müssen im Herbst desaströs gewesen sein…

Dass der Mann ganz genau weiß, wo das gegnerische Tor steht, ist nicht neu. In 291 Bewerbsspielen im Erwachsenenbereich hat er 219 Mal getroffen. Da wäre es doch nur logisch, sich mit dem Klub eine Torprämie auszumachen.

Spirk lacht: „Nein, das gibt es bei uns nicht. Es geht mir auch nicht ums Geld. Mir geht’s darum, mit meinen Freunden zu spielen und Spaß zu haben. Es ist ein Hobby.“ Die Verhandlungen wären auch ein wenig verzwickt. Immerhin ist er selbst Vize-Obmann des Vereins, seine Schwester Julia ist Kassier-Stellvertreterin und Papa Wilhelm hilft am Platz auch immer mit, wenn Not am Mann ist.

Der Stürmer erklärt: „Ich habe mich vor zweieinhalb Jahren entschlossen, nachhause zurückzukehren, um den Verein sportlich wieder in erfolgreiche Spuren zu führen. Damals hatten wir einen bitteren Abstieg in die letzte Klasse. Der Verein ist mir wirklich eine Herzensangelegenheit. Mir geht es darum, die Jungen mit meiner Motivation und Energie mitzunehmen, ihnen mit meiner Erfahrung vielleicht noch das eine oder andere beizubringen.“

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(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt)



Die phänomenale Torquote lässt es schon vermuten: Das ist eigentlich kein Kicker für die unterste Liga. Tatsächlich hätte es auch ganz anders laufen können. Spirk hat nämlich im Nachwuchs in der Akademie des SK Rapid gespielt.

Seine damaligen Mitspieler: Raphael Holzhauser, Dominik Wydra, Louis Schaub, Max Hofmann, Peter Zulj,… „Da gibt es einige, die es wesentlich weiter nach oben geschafft haben“, weiß der Tobaj-Kicker.

Unglücklich bei Rapid

Spirk selbst verließ die Hauptstadt nach zwei Jahren wieder und wechselte zurück ins Burgenland. „Es war vielleicht ein bisschen zu früh. Ich bin mit 14 Jahren nach Wien ins Internat gegangen, bis dahin kannte ich Wien nur vom Unterricht in der Schule. Ich war dort auf mich alleine gestellt, es war privat nicht so einfach, weil ich mich in Wien nicht wohlgefühlt habe“, erzählt er.

Die Akademie Burgenland gab es damals noch nicht, wer von Deutsch Tschantschendorf aus von der großen Kicker-Karriere geträumt hat, musste weit weg, um eine adäquate Ausbildung zu bekommen.

„Am Ende des Tages hat es nicht gereicht. Auch wegen Verletzungen, aber auch wegen meiner persönlichen Einstellung damals. Fußballerisch war ich damals schon konkurrenzfähig. Im Nachhinein ist es schwer einzuschätzen, aber ich denke, für die 2. Liga, vielleicht sogar die Bundesliga, hätte es schon gereicht“, meint der Angreifer.

Spirks Traum platzte: „Als ich die Zelte in Wien abgebrochen habe, war mir eigentlich klar, dass ich kein Profi werde. Insgeheim habe ich aber schon noch gehofft, irgendwo noch die Chance zu kriegen. Aber im Grunde hatte ich damit abgeschlossen, habe mich auf den Beruf konzentriert, eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann gemacht. Ich habe Fußball nur noch als Hobby gesehen.“

Neuberg, Güssing, Stinatz – die Landesliga wurde seine fußballerische Heimat. Und dann hätte es fast doch noch geklappt. Er erinnert sich: „Als ich in Stinatz gespielt habe, ist mich Mattersburg im Spiel gegen Kohfidisch beobachten gekommen. Wir haben verloren und ich habe schlecht gespielt. Danach hat mich der Manager angerufen und mir abgesagt.“ Immerhin hat der Goalgetter mit Stegersbach von 2013 bis 2015 noch zwei Jahre in der Regionalliga Ost gekickt.

Abschlussstark auch abseits des Rasens

Seit 2019 zerschießt er die 2. Klasse Süd. Doppelpacks, Hattricks, Viererpacks, sogar ein Fünferpack ist ihm mal gelungen. Nur Corona hat Spirk und seinen Kollegen („Alen Herceg am rechten Flügel ist für viele meiner Tore hauptverantwortlich!“) zwei Striche durch die Rechnung gemacht. Zwei Mal wurde die Saison mit Tobaj an der Spitze abgebrochen, der Aufstieg blieb aus.

Wie auf dem grünen Rasen ist auch im Brotberuf des 28-Jährigen Abschlussstärke gefragt. Der Burgenländer arbeitet als Baustoff-Fachvertreter im Außendienst für das Lagerhaus Südburgenland. Ob er unter der Woche jene Ortschaften anfahre, die er am Wochenende davor am Fußballplatz abgeschossen hat? „Nein, da lass‘ ich mir dann Zeit“, grinst er.

Die Hochrechnung ist einfach: Wenn Spirk im Frühjahr trifft wie im Herbst, hätte er am Ende der Saison sagenhafte 56 Tore am Konto. „Das wäre ein Traum, aber es geht nicht immer so, wie man es sich wünscht“, winkt er ab. Und der Aufstieg sei sowieso wichtiger.

Sicher ist nur eines: Wenn gespielt wird, wird es sein bestes Frühjahr für den ASV Tobaj. Denn die vergangenen beiden Rückrunden wurden ja abgesagt.

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