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Ostliga statt FCN: Lukses bewusster Weg zur Vienna

ÖFB, fast SCR-Rückkehr, Legionär, jetzt Vienna: Was für Andreas Lukse Priorität hat!

Ostliga statt FCN: Lukses bewusster Weg zur Vienna Foto: © GEPA

Das "Derby of Love" zwischen dem Wiener Sportclub und dem First Vienna Football Club lockt die Massen an. 6.500 Fans werden dabei sein, wenn in Wien-Hernals das prestigeträchtige Ostliga-Duell über die Bühne geht.

Mittendrin ein alter Bekannter, früher Nummer 1 bei Rapid, ehemaliger ÖFB-Teamspieler, Deutschland-Legionär und nun Vienna-Rückkehrer: Andreas Lukse. "Ich finde es überragend, dass ich in diesem Spiel mal auflaufen darf, mir war es bisher noch nie gegönnt", freut sich der Keeper im LAOLA1-Interview.

Der Wiener wurde eigentlich in Grün-Weiß großgezogen, bis er dort zu Bundesliga-Einsätzen kam. Mit 33 Jahren entschied sich der Torhüter nun für einen Wechsel vom 1. FC Nürnberg aus der 2. deutschen Bundesliga in die Regionalliga - absolut bewusst, während Kritiker seine Karriere damit als erledigt erachten: "Natürlich verstehe ich die Leute, die so etwas sagen. Ich finde es überhaupt nicht schlimm, wenn man mit fast 34 zu einem Top-Klub in die Regionalliga geht – vor allem, wenn man aus dieser Stadt ist."

Unter Förderer Damir Canadi wäre es vor einigen Jahren fast zu einer Rapid-Rückkehr gekommen, danach machte er unbezahlbare Erfahrungen als Legionär. Lukse hat viel gesehen und schließt auch in Zukunft nichts aus. Das primäre Ziel könnte schon bald die Rückkehr in den Profi-Fußball sein - und zwar mit der Vienna.

Im LAOLA1-Interview spricht Lukse über die Beweggründe für seine Wien-Rückkehr, die Rapid-Wiedervereinigung bei Vienna, die Veränderungen seit seinem ersten Gastspiel in Döbling, das Abenteuer Nürnberg, Damir Canadi und das Derby of Love.

LAOLA1: Wie fühlt es sich an, wieder in Blau-Gelb aufzulaufen? Du bist ja nicht zum ersten Mal bei der Vienna.

Andreas Lukse: Das letzte Mal war vor zehn Jahren. Man kann die Vienna aber sicher nicht mit damals vergleichen. Wir haben hohe Ziele, die Unterstützung diverser Sponsoren und auch in der sportlichen Vereinsführung sind Leute dabei, die Ahnung vom Metier haben. Deswegen glaube ich, dass der Verein eine gute Zukunft vor sich hat.

LAOLA1: Wie war jetzt wirklich deine Situation im Frühjahr? Der Vertrag in Nürnberg wurde nicht mehr verlängert. War es eine bewusste Entscheidung von dir, ein bisschen kürzer zu treten und in die Regionalliga zu wechseln oder war es das einzige überzeugende Angebot?

Lukse: Ich habe schon im Winter gewusst, dass ich nicht mehr in Nürnberg verlängern werde. Im Nachhinein ist es egal weshalb. Ich habe einfach gewusst, dass ich so nicht mehr weitermachen will, meine Tochter in die Schule kommt und ich deshalb zurück nach Wien will. Der Markt in Wien ist nicht so groß, da hat sich das mit der Vienna sehr gut angeboten. Ich war dann schon ziemlich früh im April mit Markus Katzer in Kontakt. Ich bin jetzt auch schon in einem Alter, in dem ich nicht mehr pokern brauche, wollte früh Gewissheit haben. Deshalb ist das schnell gegangen. Wenn man ehrlich ist, im vergangenen Jahr gar nichts mehr gespielt hat und im November 34 Jahre alt wird, dann tritt man lieber ein bisschen kürzer und geht von Anfang an den eingeschlagenen Weg mit der Vienna mit.

"Ich bin jetzt auch schon in einem Alter, in dem ich nicht mehr pokern brauche, wollte früh Gewissheit haben. Deshalb ist das schnell gegangen. Wenn man ehrlich ist, im vergangenen Jahr gar nichts mehr gespielt hat und im November 34 Jahre alt wird, dann tritt man lieber ein bisschen kürzer und geht von Anfang an den eingeschlagenen Weg mit der Vienna mit."

Andreas Lukse

LAOLA1: Also war das Gesamtpaket überzeugend und es eine bewusste Entscheidung für die Familie und die Wien-Rückkehr?

Lukse: So kann man es zusammenfassen. Heutzutage ist es nicht so leicht, noch einen Zweijahresvertrag zu kriegen. Ich habe auch mit diversen Mannschaften aus der ersten und zweiten Liga geredet, die waren aber alle auf Einjahresverträge aus. Das war bei der Vienna sehr positiv, ausschlaggebend war aber auch, dass ich mich hier auf die Karriere danach vorbereiten kann. Ich will im nächsten Sommer mit der C- und B-Lizenz für Tormanntrainer beginnen und kann das hier nebenbei machen. Außerdem ist geplant, dass ich mich in Nachwuchs-Mannschaften engagieren und reinschnuppern kann, um mich weiterzubilden und die ersten Schritte in diese Richtung zu setzen.

LAOLA1: Welche Rolle hat diese Wiedervereinigung der Ex-Rapidler mit dem wohl entscheidendesten Mann beim Transfer, Markus Katzer, aber auch Andreas Ivanschitz, Mario Konrad oder Jiri Lenko gespielt?

Lukse: Mit Katzer hatte ich auch nach der Rapid-Zeit noch guten Kontakt. Es hat sich dann einfach so ergeben, dass es der richtige Zeitpunkt war. Dass er sportlicher Leiter ist, ist sehr viel wert, weil er genau weiß, was im Fußball abläuft. Er hat mir das neue Projekt sehr gut erklärt, das die Vienna in den kommenden Jahren vorhat. Ich bin mir sicher, dass etwas Großes entsteht. Wenn ich von Anfang an Teil davon sein darf, ist das umso besser.

LAOLA1: Mit Markus Wostry und dir sind Transfer-Hammer getätigt worden, mit den Sponsoren ist man derzeit gut aufgestellt. Wie würdest du selbst das Projekt in wenigen Worten beschreiben?

Lukse: Zum einen geht es ums Sportliche, dass man in der Ostliga eine sehr gute Rolle spielen und um den Aufstieg spielen will. Ob das gleich im ersten Jahr gelingt, wird man sehen, aber in den nächsten ein, zwei Jahren wollen wir schon in die 2. Liga. Es macht einfach unheimlich Spaß, zu wissen, dass wir einen Kader haben, mit dem man Spiele gewinnt. Zum anderen geht es um die Infrastruktur, im Dezember sollte das neue Trainingszentrum stehen, um auch die Hohe Warte zu entlasten. Da sind einige positive Aspekte dabei. Damit kann man auch einen Spieler Mitte 30 leicht davon überzeugen, zurückzukommen.

LAOLA1: Glaubst du an diesen Weg der Kontinuität in den kommenden Jahren, um etwas aufzubauen und nicht nur, um schnellstmöglich den Aufstieg in die 2. Liga zu schaffen?

Lukse: Auf jeden Fall! Der Verein, wir alle wollen in die 2. Liga. Dieses Jahr gibt es ein bisschen andere Voraussetzungen, die nicht so leicht zu bewältigen sind, weil wir in Wahrheit keine Vorbereitung hatten, die Vienna aufgrund von Corona in der Wiener Liga noch Nachholspiele bestritt. Das war alles ein wenig schwierig im Sommer. Aber der Plan für die nächsten Jahre ist sicher, dass man in den Profibereich zurückkehrt. Ich glaube, dass wir auch finanziell eine gute Mannschaft stellen können, die sukzessive verstärkt wird auf allen Ebenen.

LAOLA1: Am Freitag steht mit dem „Derby of Love“ vor 6.500 Fans ein richtungsweisendes Duell an der Tabellenspitze bevor. Welche Bedeutung hat das kleine Wr. Derby zwischen Sportclub und Vienna für dich als Wiener, auch wenn du bei Rapid aufgewachsen bist?

Lukse: Ich finde es überragend, dass ich in diesem Spiel mal auflaufen darf, mir war es bisher noch nie gegönnt. Wenn man als Wiener das zweite Jahr bei der Vienna ist, sollte man schon mal so ein Derby of Love mitnehmen. Umso besser, dass beide Mannschaften jetzt vorne dabei sind. Es sagt schon einiges aus, wie groß die Euphorie im zweitgrößten Derby in Wien ist, wenn es mit 6.500 Fans schon zwei Wochen davor ausverkauft ist.

Vienna-Choreo beim Derby of Love
Foto: © GEPA

LAOLA1: In diesem Derby spielt ein ganz eigener Spirit mit. Und: Über 6.500 Fans würde sich der eine oder andere 2. Liga-Klub oder Bundesligist durchaus freuen.

Lukse: Das stimmt. Man muss aber dazusagen, dass das kein normales Ostliga-Spiel ist, normalerweise spielen wir vor 1.500, obwohl das auch herzeigbar ist. Ich habe noch keine Erfahrungen, kenne nur Rapid gegen Austria, aber ich freue mich darauf, dann kenne ich das auch.

LAOLA1: Es ist das erste Ostliga-Derby seit 1. Mai 2017. Seht ihr den Sportclub auch als schärfsten Konkurrenten oder wer kann in dieser Saison noch um den Titel mitspielen?

Lukse: Ich musste mir auch erst ein Bild von der Liga machen. Man sieht in der Tabelle, wie eng alles beisammen liegt. Die Mannschaften, die gerade oben stehen, haben echt eine gute Qualität und brauchen sich vor niemandem zu verstecken. Es ist sehr ausgeglichen, jeder kann jeden schlagen. Sportclub zählt mit Stripfing sicher zu den Hauptkonkurrenten.

LAOLA1: Seit deinem ersten Mal bei der Vienna 2010/11 ist viel passiert – nicht nur Positives inklusive Zwangsabstieg. Was sind die größten Unterschiede zu damals?

Lukse: Alles rundherum ist einfach profesionell aufgestellt. Damals war es auch finanziell schwierig, das ist ohnehin bekannt. Wir haben damals in der 2. Liga gegen den Abstieg gespielt, es gab den Trainerwechsel von Schinkels zu Tatar und es war unter Ex-Präsident Dvoracek allgemein viel Unruhe im Verein. Aber das hat sich mittlerweile komplett zum Guten gewendet. Der Verein ist extrem gesund aufgestellt, finanziell und sportlich haben wir wirklich Leute, die eine Ahnung haben. Deswegen kann hier viel entstehen. Vielleicht war der Zwangsabstieg schon auch der Zeitpunkt, einen Neubeginn zu starten. Die letzten Jahre ist die Vienna immer weiter nach oben gekommen, wenn Corona nicht gewesen wäre, wäre man schon früher in der Regionalliga gewesen. Nicht einmal Corona konnte die Vienna am Weg nach oben stoppen.

LAOLA1: Trotzdem ist es für dich nach deiner Zeit bei einem international renommierten Klub wie Nürnberg etwas komplett anderes. Wie blickst du auf die zwei Jahre in der 2. deutschen Bundesliga zurück? Es klang bereits durch, dass der Abschied notwendig war.

Lukse: Zum einen war es damals schon ein toller Transfer von Altach nach Nürnberg. Die Erwartungen im Verein waren extrem hoch, sie wollten sofort wieder aufsteigen, haben 13 neue Spieler geholt, 15 Abgänge gehabt. Damir Canadi ist schon im November entlassen worden, weil die Ergebnisse nicht so waren, wie es der Verein wollte. Fakt ist aber auch, dass wir auch mit noch zwei weiteren Trainerwechseln nie wirklich besser wurden, am Ende haben wir Relegation gegen Ingolstadt gespielt, wo wir beinahe abgestiegen wären und uns erst in der 96. Minute gerettet haben. Was ich in diesem einen Jahr alles erlebt habe mit vier, fünf Cheftrainern, Relegation, Corona-Pause – das haben auch andere im Verein noch nie erlebt. Schlussendlich hat mich das auch noch einmal reifen lassen. Das erste Mal im Ausland, und dann so ein Chaos – davon kann man sicher irgendwann profitieren.

LAOLA1: Du hast zwar nur 3 Einsätze für Nürnberg gehabt. Hat dich die Zeit bei einem Großklub in Deutschland trotzdem geprägt?

Lukse: Ich nehme extrem viel Positives mit. Es ist ein toll geführter Verein, einer der größten in Deutschland. Das Trainingsgelände und die Infrastruktur sind überragend, alles war neu gebaut auf dem Niveau der Top-Mannschaften der Bundesliga. Ich nehme mit, was alles geboten wurde und in Deutschland ist Fußball einfach noch höher zu bewerten als bei uns.

"Eine Rapid-Rückkehr wäre durchaus möglich gewesen. Ich weiß, dass Canadi von Altach ein paar Spieler haben wollte, aber im Endeffekt ist es eh zu spät."

Andreas Lukse

LAOLA1: Welches Verhältnis pflegst du eigentlich zu Damir Canadi? Er hat dich insgesamt drei Mal zu seinen Klubs geholt: FC Lustenau, Altach und Nürnberg.

Lukse: Im Sport braucht man Leute, die auf einen bauen. Seit dem Arbeitsverhältnis in Lustenau war das eine erfolgreiche Beziehung zwischen Canadi und mir. Es ist ganz normal, dass gewisse Trainer immer wieder auf Spieler zurückgreifen, von denen sie überzeugt sind, von denen sie wissen, was sie bekommen und wo schon Vertrauen da ist. Wir haben auch heute noch Kontakt. Im Endeffekt haben wir ein gutes Verhältnis. Ich freue mich, wenn er mit Altach gewinnt, weil es war einfach die schönste Zeit für mich im Ländle. Es gab auch Zeiten, wo die Trainer nicht so auf mich gestanden sind – da merkt man dann den Unterschied. Deshalb bin ich froh, dass ich noch immer Förderer habe.

LAOLA1: Stimmt es, dass es unter Canadi im Frühjahr 2017 fast zu einer Rapid-Rückkehr gekommen wäre?

Lukse: Darüber kann man spekulieren! Fakt ist, dass er dann im April gehen musste, deshalb war das Thema auch vom Tisch. „Was wäre wenn“ ist im Fußball immer relativ. Er hat im Winter keinen neuen Spieler bekommen, im Sommer hätte er sicher den einen oder anderen Transfer tätigen dürfen. Eine Rapid-Rückkehr wäre durchaus möglich gewesen. Ich weiß, dass er von Altach ein paar Spieler haben wollte, aber im Endeffekt ist es eh zu spät.

LAOLA1: Du warst noch sehr jung, als du bei Rapid Nummer 1 wurdest, warst dann schnell weg vom Fenster, hast auch Fehler gemacht. Würdest du im Rückblick sagen, das hat dir eine größere Karriere gekostet? War mehr drin aus deiner Sicht?

Lukse: Durchaus möglich! Wenn man mit 20 bei Rapid spielt und danach längere Zeit in der 2. Liga verbringt, hat man sicher nicht alles richtig gemacht. Ich würde im Nachhinein viele Dinge anders machen. Trotzdem habe ich einen anderen Karriereweg eingeschlagen, der gegen Ende erfolgreich war – ich trauere deshalb nichts nach, aber es würde doch jeder heute Dinge anders machen als mit 18, 19, 20 Jahren. Natürlich hat man jetzt mit den Erfahrungen und als Familienvater einen ganz anderen Blick aufs Leben und Zugang zum Sport. Damals war man jung und wild, hat nicht alles richtig gemacht. Heute macht man es anders und weiß damit umzugehen.

LAOLA1: Du bist trotzdem deinen Weg gegangen, hast sogar ein Länderspiel bestritten – das können auch nicht viele behaupten, vor allem Torhüter nicht.

Lukse: Stimmt, das kann mir keiner nehmen. Schade, dass es bei einem geblieben ist, ohne Schulterverletzung – die mich fast ein Jahr gekostet hat - wären da sicher noch einige dazugekommen. Da war ich am Höhepunkt meiner Karriere, Marcel Koller hatte mich für die nächsten Spiele fix eingeplant. Es war trotzdem überragend, nicht jeder kriegt diese Chance. Deshalb muss man dankbar und demütig sein, was man trotz aller Hindernisse erreicht hat.

LAOLA1: Kritiker werden sagen, durch den Wechsel in die Regionalliga ist deine Karriere mit 33 Jahren so gut wie vorbei. Was würdest du darauf antworten? Willst du doch noch mal weiter oben angreifen oder welche Ziele steckst du dir noch?

Lukse: Natürlich verstehe ich die Leute, die so etwas sagen. Ich finde es überhaupt nicht schlimm, wenn man mit fast 34 zu einem Top-Klub in die Regionalliga geht – vor allem, wenn man aus dieser Stadt ist. Andere hören mit 30 auf, weil sie keinen Verein mehr finden, ich spiele vielleicht bald wieder in der 2. Liga. Mir macht es weiterhin voll Spaß, ich bin topfit und möchte solange spielen, wie es geht. Im Fußball weiß man eh nie. Die ganze Karriere war bei mir ein Auf und Ab, warum sollte ich nicht noch mal in einer Profi-Liga spielen? Im Fußball schließe ich auf keinen Fall etwas aus.


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