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Die erfolgreiche ÖFB-U19: Alle und immer!

Was macht Österreichs U19-Auswahl, die im Juni zur EURO 2022 fährt, so stark?

Die erfolgreiche ÖFB-U19: Alle und immer!

Jubeln im Homeoffice.

In den vergangenen zwei Jahren ist niemand an Video-Calls vorbeigekommen. Gefühlt machen das derzeit ja alle, und immer. Das ist oft weniger spannend, gut und gerne auch langatmig und nervig. Ganz anders verhält es sich aber, wenn man vor "Zoom" sitzt und um sein Karriere-Highlight zittert.

Fast die gesamte ÖFB-U19 inklusive Betreuerstab versammelte sich am Dienstag vor den Bildschirmen, um sich Dänemark gegen Spanien anzusehen.

Zwischen Nägelbeißen und Jubeltänzen

Das Spiel endete nach einem intensiven Hin und Her mit einem 3:3, dadurch standen Österreichs Talente als Gruppensieger fest und lösten das Ticket zur EURO 2022 in der Slowakei. "Meine Fingernägel haben sehr gelitten", lacht U19-Teamchef Martin Scherb angesichts des Spielverlaufs.

Umso größer die Freude nach dem Schlusspfiff. "Die Spieler meiner Mannschaft tanzen ja sehr gerne. Es war sehr lustig, sich den Jubel in den vielen kleinen Fenstern bei Zoom anzusehen", berichtet der Niederösterreicher aus St. Pölten.

"Wenn du im Nachwuchs über Spanien und Dänemark drüberkommst, schreckt dich auch eine Gruppe mit Frankreich, Italien und England nicht"

Dem 52-Jährigen selbst ging in den Stunden danach viel durch den Kopf: "Für mich war es sehr emotional, weil das die erste Nationalmannschaft ist, die ich von Anfang an hatte. Wir gehen diese Reise seit vier Jahren gemeinsam. Wir wollten nicht, dass sie jetzt schon endet."

Sie wird fortgesetzt. Am 28. April mit der Auslosung. Neben Gastgeber Slowakei und dem ÖFB-Team sind England, Frankreich, Israel, Italien und Rumänien fix dabei. Dazu kommt noch ein Team aus der Gruppe mit der Ukraine, den Niederlanden, Norwegen und Serbien – gespielt wird voraussichtlich Anfang Juni.

Wunschgegner hat Scherb keinen: "Wenn du im Nachwuchs über Spanien und Dänemark drüberkommst, schreckt dich auch eine Gruppe mit Frankreich, Italien und England nicht. Wir nehmen es, wie es kommt." Alle und immer.

Die U20-WM in Indonesien

"Wir gehen mit großer Freude und ohne Angst an diese Aufgabe heran. Die Mannschaft setzt sich selbst keine Grenzen. Wir sind nicht überheblich, fürchten uns aber vor nichts“, sagt der ehemalige St. Pöten- und Altach-Coach, der seit 2018 für den ÖFB arbeitet.

Offizielle Zielvorgabe gibt es noch keine. Dass sich die vier Halbfinalisten sowie der Gewinner eines Playoffs der beiden Gruppen-Dritten für die U20-WM 2023 in Indonesien qualifizieren, hat aber freilich seinen Reiz. Scherb grinst: "Ich habe gehört, es soll sehr schön in Indonesien sein."

Österreichs U19 unter den besten acht Nationen Europas. Wer hätte das schon am 13. Februar 2018 gedacht? Damals ging der Jahrgang 2003 in seinem ersten Länderspiel auf Zypern sang- und klanglos mit 0:3 unter.

"Mein Nachwuchs-Teamchefkollege Manfred Zsak hat damals zu mit gesagt: 'Ich habe mir gedacht: Puh, der hat es auch nicht leicht, da hat er sein erstes Länderspiel und kriegt gleich gegen Zypern eine auf den Hut'. Daran denke ich oft", sagt Scherb.

Die Geburtsstunde im April 2018

Beim renommierten "Torneo delle Nazioni" im April 2018 wurde Österreich von 16 Nationen Siebenter, bezwang Österreichs Auswahl Costa Rica und Norwegen sowie Mexiko im Elferschießen, holte gegen Portugal ein Remis und musste sich nur England geschlagen geben.

Scherb erinnert sich: "Das war die Geburtsstunde der Mannschaft, da ist auch unser Slogan entstanden: Alle und immer. Dieser Slogan trägt und, beschreibt die Mannschaft sehr gut."

Was sein Team ausmache? "Der Teamgeist macht die Mannschaft sehr besonders, das ist einzigartig. Selbst die Spieler, die nicht nominiert wurden, weil sie gerade nicht in Bestform sind, fiebern voll mit und schicken Grußbotschaften an die Mannschaft", sagt der Coach. Alle und immer eben.

Foto: © GEPA

Auch von seinem Betreuerteam, dem mit Dennis Baraznowski (29) ein Teilnehmer des kommenden UEFA-Pro-Lizenz-Kurses des ÖFB angehört, schwärmt der Nachwuchs-Teamchef: "Dieses Team sucht in Sachen Arbeitsauffassung und Einstellung seinesgleichen. Da ist sich keiner zu schade, mitzuhelfen. Da tragen auch mal der Teamarzt oder ich die Schmutzwäsche weg. Diese Bereitschaft, mitzuarbeiten, färbt auf die Mannschaft ab." Alle und immer.

Die Hymne in der Kabine

Und das Team erweist sich auf dem Platz als sehr reif: "Es ist eine sehr intelligente Mannschaft. Wir stellen das Team vor große Herausforderungen, spielen mit verschiedenen Systemen gegen verschiedene Pressing-Höhen und je nachdem wie der Gegner das Spiel aufbaut, welche Offensiv-Optionen er hat. Das Team hat eine schnelle Auffassungsgabe, adaptiert schnell."

Nicht nur auf dem Rasen. Als in der Quali vor dem Dänemark-Spiel der UEFA-Verantwortliche aufgrund des strömenden Regens beschloss, dass auf dem Rasen keine Hymnen gespielt würden, reagierte die Mannschaft blitzschnell.

"Es wurde kurzerhand in der Kabine die Box aktiviert, ein Kreis gebildet und die Bundeshymne gesungen. Dabei entstand eine Stimmung, die uns gefühlt unbesiegbar gemacht hat. Genau so sind sie dann auch auf dem Platz aufgetreten", berichtet Scherb.

Kader mit viel Erfahrung

Der Kader besteht auf Talenten, die in der Bundesliga und der 2. Liga schon viel Erfahrung gesammelt haben.

Exemplarisch seien die Austrianer Muharem Huskovic und Leonardo Ivkic, die Rapidler Leopold Querfeld und Pascal Fallmann, die Salzburger bzw. Lieferinger Elias Havel, Justin Omoregie und Lukas Wallner sowie Adis Jasic vom WAC und Justin Forst von der WSG Tirol genannt.

Hinzu kommen Legionäre wie Emilian Metu (Bayern), Ervin Omic (Juventus), Jakob Knollmüller (Hoffenheim) und Philipp Wydra (Köln).

Fährt Yusuf Demir mit zur EM?

Und dann wäre da noch ein gewisser Yusuf Demir, der etliche Länderspiele unter Scherb bestritten hat. Ob auch er bei der Endrunde in der Slowakei von 18. Juni bis 1. Juli dabei sein wird?

"Mal schauen, wir werden uns noch zusammensetzen. Das wäre derzeit alles Spekulation", winkt Scherb ab. Auch für Demir soll "alle und immer" gelten.

Grundsätzlich hofft der Coach aber natürlich, in Bestbesetzung in das Turnier zu starten: "Die Klubs haben uns bis jetzt immer sehr gut unterstützt. Die Spieler wollen alle unbedingt diese EM spielen, für die ist das ein Karriere-Highlight."

Im Idealfall mit viel österreichischer Unterstützung auf den Rängen in Trnava, Dunajska Streda (beide Gruppe A) oder Banska Bystrica und Ziar nad Hronom (Gruppe B). Weil: Alle und immer.

"Mir haben gute Freunde schon versprochen, dass sie in größeren Massen kommen. Ich weiß, wie motiviert die Familien und Freunde der Spieler sind. Vielleicht gelingt es uns ja, Teile der offiziellen ÖFB-Fanklubs hinzubringen. Das wäre nochmal ein großer Impuls für die Mannschaft", so Scherb.

Denn eine Sache ist das immer noch tausendmal schöner als Jubeln im Homeoffice: Jubeln im Stadion.

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