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Erste Chefin für Österreichs Schiedsrichterinnen

Die weiblichen Unparteiischen tanzen erstmals nach der Pfeife einer Frau:

Erste Chefin für Österreichs Schiedsrichterinnen

Österreichs Schiedsrichterinnen haben erstmals überhaupt eine Frau als "Chefin": Agnes Prammer (Dritte von links im Bild, Anm.) ist in der Schiedsrichterkommission des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB) vor kurzem zur neuen Zuständigen für den Teilbereich Frauen ernannt worden.

Die 44-Jährige strotzt voller Tatendrang und will einiges bewegen. Die ehrenamtliche Tätigkeit liegt ihr auch deshalb sehr am Herzen, da sie in der Vergangenheit selbst viele Jahre als Schiedsrichterin tätig war.

Prammer begann 2001 als Referee. Zwischen 2009 und 2015 leitete sie regelmäßig Partien in der Frauen-Bundesliga und war auch als FIFA-Schiedsrichter-Assistentin im Einsatz. "Ich habe da gesehen, was alles möglich sein kann, wo man hinkommen kann, aber auch, dass man sehr viel Unterstützung vom Verband benötigt", sagt die Oberösterreicherin im APA-Gespräch.

Die will sie den Spielleiterinnen, die "sich nicht mehr wie bisher als Einzelkämpfer über ganz Österreich verteilt" sehen sollen, nun verstärkt geben, nachdem in den mehr als sechs Jahren seit ihrem Karriereende in diesem Bereich auch nicht viel weitergegangen ist.

Schiedsrichterwesen der Frauen erfuhr kaum Entwicklungen

"Das Frauen-Schiedsrichterwesen ist eigentlich immer noch am gleichen Stand, wie ich damals vor 15 Jahren angefangen habe. Das ist so schade", betont Prammer.

Einzelne wie derzeit etwa FIFA-Assistentin Sara Telek würden zwar erfolgreich werden. "Das liegt aber an den Persönlichkeiten, dass sie besonders hart an sich gearbeitet haben. Sie haben natürlich auch immer Unterstützung bekommen, aber mein Ziel ist es, diese auf breitere Beine zu stellen, um wirklich das Frauen-Schiedsrichterwesen dorthin zu bringen, wo der Frauenfußball jetzt schon ist."

Wichtig ist dabei eine gute Zusammenarbeit mit den neun Landesverbänden, die für die Nachwuchsarbeit und Schiedsrichtergewinnung zuständig sind. "Es gibt einen guten Austausch mit den Referenten in den Landesverbänden, was es bisher auch nicht so gegeben hat. Es ist eine Freude und Energie da, sie wollen alle mitarbeiten", meint Prammer.

Der ÖFB will durch eine österreichweit wirksame Werbung, Unterstützung für Schulungen und Zusammenkünfte einen wichtigen Beitrag leisten.

Frauen-Anteil soll erhöht werden

Zu tun ist viel, gibt es doch aktuell nur rund 70 Schiedsrichterinnen in Österreich, von denen um die 20 im Elitebereich werken. "In der Gesamtheit der Schiedsrichter (2.300, Anm.) ist das eine kleine Zahl, aber das macht es auch einfacher, sie zu vergrößern. Das ist jetzt einmal das Ziel", sagt Prammer.

Zahlenmäßig wollte sie sich nicht festlegen. "Wir wollen es aber schaffen, dass wir zumindest in den meisten Runden der Frauen-Bundesliga Schiedsrichterinnen haben, wenn nicht überwiegend Frauenteams. Das wäre das Fernziel für die nächsten drei Jahre, ein Bereich, der realistisch ist."

Dass aktuell noch oft auf Männer zurückgegriffen werden muss, liegt auch daran, dass sich die Frauen über den Männerbereich für höhere Aufgaben empfehlen müssen, daher auch immer wieder im Landesverband Männer-Matches leiten. Dadurch verringert sich die Zahl der einsatzbereiten Schiedsrichterinnen automatisch.

Geld ist kein Ansporn

Nicht der große Anreiz ist das Finanzielle. "Wir sind da in Österreich noch nicht dort, wo wir hinwollen. Aber man darf nicht vergessen, dass es im Amateurbereich ein Hobby ist. Es soll ein Aufwandsersatz sein, eine Belohnung, dass man sich das antut, früher hat man gesagt, ein bisschen ein Schmerzensgeld", erzählt Prammer.

Für sie selbst traf das nicht zu, sie war mit großer Leidenschaft tätig. "Die Faszination am Schiedsrichtern ist, dass es so vielseitig ist", betont die Hobby-Kickerin. "Es ist auch eine extreme Persönlichkeitsschule. Es geht nicht nur darum, dass ich Fouls erkenne und dann in ein 'Pfeiferl' blase, sondern darum, Entscheidungen zu treffen und sie auch entsprechend zu verkaufen."

Abhilfe durch berufliche Tätigkeiten

Ihr habe das für ihren beruflichen Werdegang viel gebracht. Sowohl früher als Rechtsanwältin als auch dann in der Politik. Seit 2020 ist sie als Nationalrats-Abgeordnete der Grünen tätig, dabei auch als Partei-Sprecherin für Justiz, Verfassung und Sport.

Nebenbei jagt sie bei Haid dem runden Leder nach. "Ich mache es, weil es ein super Ausgleich ist und ich Fußball liebe. Pfeifen schaffe ich nicht mehr mit der Ernsthaftigkeit, die es braucht", erläutert Prammer, die ihren ersten offiziellen Auftritt in neuer Funktion am Samstag beim Frauenfußballfest "ÖFB Summit 2022" in Wien hat.

Verheiratet ist sie mit Ex-Referee Thomas Prammer, gemeinsam haben sie zwei Söhne.

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