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Höbingers Liverpool-Traum: "Hat meine Erwartungen gesprengt“

Die ÖFB-Spielerin kickte vor über 23.000 Zuschauern an der Anfield Road. Im LAOLA1-Interview spricht sie von ihrem Traum-Transfer zum FC Liverpool.

Höbingers Liverpool-Traum: Foto: © ÖFB/Paul Gruber

Die Österreicherin Marie Höbinger steht seit diesem Sommer beim FC Liverpool unter Vertrag.

Die 22-Jährige ist bei den "Reds" gleich voll eingeschlagen. Zwei Treffer in vier Partien sorgen für einen Traumstart. Im Merseyside-Derby gegen Everton durfte sie vor über 23.000 Zuschauern an der Anfield Road eine unfassbare Atmosphäre aufsaugen.

Im Interview bei LAOLA1 spricht sie von ihrem persönlichen Traum beim FC Liverpool und ihre Ziele mit dem Frauen-Nationalteam.

LAOLA1: Du hast mit zwei Toren aus vier Spielen gleich beim FC Liverpool für Furore gesorgt. Was ist dein erstes Fazit?

Höbinger: Grundsätzlich sind die Tore ein sehr schöner Bonus. Das ist eigentlich nicht meine primäre Stärke. Es ist extrem schön, wenn ich dem Team helfen kann. Ich bin nicht mit der Erwartung hineingegangen, dass so etwas passiert.

LAOLA1: Du stehst seit diesem Sommer beim FC Liverpool unter Vertrag. Wie findest du dich in deinem neuen Umfeld schon zurecht?

Höbinger: Ich habe mich extrem gut eingelebt. Die Mädels haben mich super aufgenommen. Sie haben es mir viel leichter gemacht, auch mit der Sprache und der anderen Kultur. Das Trainerteam harmoniert auch extrem. Das sind die Sachen, die wichtig sind, wenn man wo neu ist.  

In Zürich nahm Höbinger eine ganz andere Rolle als in Potsdam ein.
Foto: © getty

LAOLA1: Vor eineinhalb Jahren bist du aus der deutschen Bundesliga von Turbine Potsdam zum FC Zürich in die Schweiz gewechselt. Was kannst du aus der Zeit mitnehmen?

Höbinger: Das erste halbe Jahr war nur Leihe, dann bin ich fix gewechselt. Das war für mich der perfekte Schritt, um zu meinen Stärken zu finden und Selbstbewusstsein zu sammeln. Ich habe in Zürich eine ganz andere Aufgabe bekommen. Ich bin weg vom Status einer jungen Spielerin, den ich in Potsdam hatte. Ich bin dorthin, um Verantwortung zu übernehmen. Das hat mir extrem gut getan. Die zwei Meistertitel spiegeln das wieder, die Zeit war perfekt.

"Mein Berater hat mir geschrieben, ob ich mir das vorstellen könnte. Wo ich die Nachricht gelesen habe, dachte ich direkt: 'Wow'. Alleine der Gedanke an den Verein und die Tradition... Ich habe direkt eine Riesenehre verspürt."

Marie Höbinger über das Liverpool-Interesse

LAOLA1: Warum ist es dann zum Abschied gekommen?

Höbinger: Für mich war immer schon klar, dass Fußball an erster Stelle steht. Ich will unbedingt so gut und hoch spielen, wie ich es schaffe. Deswegen war auch der Wunsch da, sich wieder zu verbessern. Ich wollte sportlich in einer besseren Liga spielen, wie ich es aus Deutschland gewohnt war.

LAOLA1: Wie hast du vom Interesse von Liverpool erfahren und was waren deine ersten Gedanken?

Höbinger: Mein Berater hat mir geschrieben, ob ich mir das vorstellen könnte. Wo ich die Nachricht gelesen habe, dachte ich direkt: "Wow". Alleine der Gedanke an den Verein und die Tradition... Ich habe direkt eine Riesenehre verspürt. Englischer Fußball hat mich immer schon begeistert, egal ob Männer oder Frauen. Es war für mich immer schon ein Traum in England zu spielen. Ich habe mir nicht erwartet, dass es sobald möglich ist.

LAOLA1: Wie ist es dann weitergegangen?

Höbinger: Die ersten Gespräche sind super gelaufen. Ich habe mich gleich wohl gefühlt. Der Trainer hat mir sportlich und menschlich ein gutes Gefühl gegeben. Ich war danach begeistert und überwältigt. Nach dem ich die ersten Emotionen verarbeitet hatte, war ich mir sicher, das ist eine coole Sache, das will ich unbedingt machen. Das ist dann alles schnell gegangen.

"Der Verein hat für uns das alte Premier-League-Trainingszentrum der Männer zurückgekauft. Das ist unglaublich, das erfüllt Träume. Wir kämpfen so viel für die Bedingungen des Frauen-Fußballs. Dort können wir auf den besten Rasenplätzen trainieren und haben eine Rundum-Versorgung. Das hat meine Erwartungen auf jeden Fall gesprengt."

Marie Höbinger über die Trainingseinrichtungen

LAOLA1: Der englische Frauen-Fußball ist dafür bekannt, dass hochprofessionell gearbeitet wird. Ihr durftet teilweise sogar auf dem Gelände der Männer trainieren. Wie gut sind die Trainingseinrichtungen vor Ort?

Höbinger: Wir waren im ersten Monat der Vorbereitung am Gelände von den Männern und der Burschen-Akademie. Das ist auf einem Fleck. Die Männer sind natürlich abgetrennt in einem eigenen Sektor. Für mich war es unglaublich, das Gelände zu betreten. Ich war überwältigt von den Strukturen, die es dort gibt, auch die Burschen-Akademie. Die Anlage ist ein Traum, einfach ein Wahnsinn. Da merkt man, dass der Fußball in dem Land wichtig ist.

LAOLA1: Wo trainiert ihr jetzt?

Höbinger: Wir Frauen trainieren jetzt auf einem eigenen Trainingscenter. Der Verein hat für uns das alte Premier-League-Trainingszentrum der Männer zurückgekauft. Das ist unglaublich, das erfüllt Träume. Wir kämpfen so viel für die Bedingungen des Frauen-Fußballs. Dort können wir auf den besten Rasenplätzen trainieren und haben eine Rundum-Versorgung. Das hat meine Erwartungen auf jeden Fall gesprengt. So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich wurde als Fußballerin noch nie so behandelt. Es macht so viel Spaß zur Arbeit zu kommen.

Gegen Everton spielten die Liverpool-Frauen vor über 23.000 Fans an der Anfield Road.
Foto: © getty

LAOLA1: Du durfest in Liverpool auch schon etwas Besonderes erleben. Im Merseyside-Derby gegen Everton habt ihr an der Anfield Road vor über 23.000 Zuschauer gespielt. Wie war das Erlebnis?

Höbinger: Unglaublich! Im ganzen Stadion steckt so viel Geschichte. Die Fans, die kommen, meinen das zu 100 Prozent ernst. Jeder kommt, um den Frauen-Fußball zu unterstützen. Gerade in Liverpool ist ein Derby etwas Besonders. Everton und Liverpool sind zwei Vereine, die komplett benachbart liegen. Die Stadien sind in unmittelbarer Nähe. Man merkt in der ganzen Stadt, dass es diese Rivalität gibt. Damit konnte ich mich gleich identifizieren. Es war cool, auch die Everton-Fans waren vor Ort richtig laut. Für mich geht jedes Mal ein Traum in Erfüllung, wenn ich in so einem großen Stadion spielen darf.

LAOLA1: Deine Mannschaft hat die letzte Saison auf Platz sieben abgeschlossen. Aktuell seid ihr nach vier Spieltagen Sechster. Wo wollt ihr hin?

Höbinger: Aktuell sind wir zufrieden, am letzten Spieltag (1:1 gegen West Ham, Anm.) hätten wir gewinnen müssen. Bei uns ist es Thema, dass wir es schaffen wollen, eine konsistente Leistung zu bringen. Das finde ich einen coolen Punkt. Ziel ist die Duelle im Mittelfeld zu gewinnen. Die vier Top-Teams wollen wir ärgern, wenn es möglich ist auch Punkte holen. Wir machen uns nicht kleiner wie wir sind, obwohl wir wissen, dass wir als Underdog ins Spiel gehen. Wir schauen dann, wie weit wir kommen. Wir wollen den Tabellenplatz halten (aktuell Platz sechs, Anm.) oder sogar ein bisschen besser abschließen.

LAOLA1: Du hast in der deutschen Bundesliga bereits für Turbine Potsdam gespielt. Wie siehst du die englische Liga im Vergleich?

Höbinger: Es fällt mir extrem schwer, das zu vergleichen, weil ich in Deutschland noch an einem ganz anderen Punkt meiner Karriere war. Ich habe dort meinen ersten Profivertrag unterschrieben. Die Ligen sind generell recht unterschiedlich. Ich finde die englische Liga extrem cool, du wirst jedes Wochenende gefordert. Gegen jeden Gegner musst du mehr als 100 Prozent geben, wenn man bestehen will.  Jeder Punkt ist schwer verdient. Das macht mir Spaß, du musst jedes Spiel an deine Grenzen gehen. Jeder Fehler wird bestraft. Das Spieltempo und die Härte sind extrem fordernd. Man muss im Kopf schnell sein.

Das Frauen-Nationalteam weiß zu begeistern. Gegen Frankreich spielten Höbinger und Co. vor über 10.000 Fans.
Foto: © GEPA

LAOLA1: Jetzt habt ihr mit dem ÖFB-Nationalteam in Wien gegen Frankreich mit über 10.000 Fans den Zuschauerrekord geknackt. Am Freitag war gegen Portugal in Altach erstmals ein ÖFB-Frauenländerspiel ausverkauft. Was sagst du zum Hype in Österreich?

Höbinger: Es ist unglaublich cool. Wenn ich meine Teamkarriere betrachte (Debüt November 2019, Anm.), dann ist in der Zeit schon so viel passiert. Ältere Spielerinnen können das Ganze wahrscheinlich noch ganz anders erzählen. Es hat sich so viel verbessert. Ich finde es cool, dass wir mit unserem Fußball die Leute erreichen können. Genauso wie die Männer können wir die Menschen hier faszinieren und begeistern. Das ist unser Ziel, wir wollen beweisen, dass unsere Spiele attraktiv sind. Es soll Spaß machen, uns zuzuschauen. Darum geht es in der Phase. Wir wollen den Leuten, die ins Stadion kommen, etwas zurückgeben. Sie geben uns viel Motivation.

LAOLA1: In der Nations League geht es am Dienstag ins Rückspiel gegen Portugal. Nebenbei seid ihr noch mit Frankreich und Norwegen in der Gruppe. Was sagst du zu euren Gegnerinnen?

Höbinger: Wir haben Super-Gegnerinnen, die alle unterschiedlich Fußball spielen. Es kommt gegen jeden so ein bisschen auf etwas anderes an. Unser Ziel ist es auch, das zweite Spiel zu gewinnen. Wir wollen die Liga halten. Wir wollen uns unbedingt beweisen in der Gruppe. Alle sind sehr positiv und sehr motiviert. Wir haben eine Super-Stimmung.

LAOLA1: Mit 22 Jahren hast du noch jede Menge Potential. Was sind deine Ziele?

Höbinger: Ich möchte mich in den nächsten Monaten weiterentwickeln und den nächsten Sprung als Spielerin machen. Es gibt noch viele Sachen, die ich besser können will. Ich will konstanter spielen. Es gibt ganz viele persönlich. Auf Klubebene sind jetzt erstmal Ergebnisse wichtig. Wir wollen noch näher zusammenrücken und uns noch besser einspielen. Ich möchte einen großen Beitrag leisten.

 

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