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Das ÖFB-Team hat gelernt, mit der Kritik zu leben

Wo steht Österreich gut eine Woche vor der EM? Einschätzung vom Sportdirektor:

Das ÖFB-Team hat gelernt, mit der Kritik zu leben Foto: © GEPA

Manches war in Ordnung, anderes wiederum nicht.

Ob letztlich Licht oder Schatten überwiegt, wird die Zukunft zeigen - leicht einzuschätzen ist dieses 0:1 in England jedoch nicht wirklich, auch nicht für die ÖFB-Verantwortlichen.

"Dieses Spiel ist nicht leicht zu analysieren", bekräftigt Sportdirektor Peter Schöttel, "auch medial war die komplette Bandbreite drinnen von schlechter Leistung bis noch nicht ganz in Form, aber schon gut."

Das Trainigslager zuvor in Bad Tatzmannsdorf sei hervorragend gewesen. "Es war intensiv, die Spieler waren mit großem Enthusiasmus, großer Begeisterung und großem Ernst dabei. Umso spannender war die Frage: Was davon können wir umsetzen? Was können wir von dieser Stimmung aufs Feld bringen?"

Manches, aber nicht alles. Wichtig war aber wohl vor allem, dass dieses Spiel die nach dem Horror-Start in die WM-Qualifikation angespannte Stimmungslage nicht weiter eskalieren lässt.

Wann es sehr schnell sehr schwierig werden kann

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

"Die Mannschaft ist sehr selbstbewusst und hat auch gelernt, mit der Situation zu leben, dass es jetzt Kritik gibt", beschreibt Schöttel den Status quo und betont, dass man den eigenen EM-Plan weiter konsequent durchzieht:

"Franco berichtet ohnehin fast täglich, dass wir versuchen, am ersten Spieltag gegen Nordmazedonien topfit zu sein und uns gut zu präsentieren."

Auf dem Weg dazu war England ein Zwischenschritt, der wertvolle Erkenntnisse brachte - positive wie negative.

"Wir haben leider nicht das Ergebnis nach Hause gebracht, das aufgrund der Großchancen verdient gewesen wäre. Wir hatten Phasen im Spiel, in denen wir es gut gemacht haben. Aber wir hatten in der ersten Hälfte auch 20, 25 Minuten drinnen, in denen wir uns nicht aus dem Druck befreien konnten und keine Lösungen nach vorne gefunden haben. Wir haben ihnen Räume gegeben, waren nicht eng am Mann. Da waren wir kurz davor, dass wir uns eines einfangen."

Die Lehre: "Da hat man gesehen, dass es gegen eine richtig gute Manschaft sehr schnell schwierig werden kann."

Ein bisschen gieriger werden

Letztlich gilt es auch aus den guten Phasen etwas mitzunehmen. "Diese guten Phasen hatten wir, wenn wir uns etwas zugetraut haben, wenn wir mutig waren", so Schöttel, der davon mehr sehen will:

"Natürlich wissen wir, dass wir es im Spiel nach vorne besser machen müssen. Ich habe auch in der ersten Halbzeit die eine oder andere Situation gesehen, in der wir nicht ganz so entschlossen bis zum Abschluss gespielt haben. Xaver Schlager und Konni Laimer sind öfters mit dem Ball am Fuß in Richtung Sechzehner gelaufen. Da war die eine oder andere Situation dabei, in der wir ein bisschen gieriger werden müssen."

Nach zwei Spielen ohne eigenes Tor würde es der Mannschaft gut tun, wenn sie am Sonntag bei der EM-Generalprobe gegen die Slowakei wieder einen Treffer bejubeln könnte.

Schön zu sehen sei für den Sportchef auch die Leistung der Wechselspieler gewesen: "Sie sind reingekommen und haben am Ende sehr viel Druck gemacht. Die letzten 20, 30 Minuten waren wir sehr dominant und hätten aus meiner Sicht den Ausgleich verdient."

Lob für Dragovic und Hinteregger

Auch das Defensivverhalten findet weitestgehend Schöttels Zustimmung: "Mit Daniel Bachmann hatten wir einen Torhüter, der zum ersten Mal gespielt und seine Sache sehr gut gemacht hat. Davor waren aus meiner Sicht zwei Innenverteidiger, die es - speziell so lange Harry Kane am Feld war - nicht leicht hatten. Der bringt schon eine riesige Qualität mit. Aber aus meiner Sicht haben die beiden Innenverteidiger das Defensivverhalten sehr gut geregelt und sehr viel Stabilität ausgestrahlt."

Dass angesichts der Rückkehr von Martin Hinteregger an der Seite von Aleksandar Dragovic in der Abwehr-Zentrale wieder das eingespielte Duo am Werk war, war spürbar.

Die personelle Lage entspannt sich zunehmend, frei von Sorgenkindern ist man jedoch weiterhin nicht. Speziell bei Marko Arnautovic bleibt unklar, ob es schon für den Slowakei-Test reicht.

Schöttel zeigt sich jedoch erfreut über den Umstand, dass Christoph Baumgartner nach seiner Verletzungspause spielen und sich mit Fortdauer der Partie zunehmend steigern konnte. Auch für Konrad Laimer sei es extrem wichtig gewesen, wieder einmal auf höchstem Niveau eine Stunde zu spielen.

Wertvolle Führungsspieler

Und auch der zehnminütige Einsatz von Julian Baumgartlinger sei als positives Indiz zu werten.

"Grundsätzlich sind wir alle extrem happy, dass wir den Kapitän dabei haben. Ich persönlich war überrascht, dass er schon gespielt hat, muss ich ehrlich zugeben", grinst Schöttel, "er hat die letzten zwei Tage wieder intensiv trainiert. Umso schöner, wenn er dabei ist."

Der Leverkusen-Legionär bringt Führungsstärke und Routine ein. Im Vergleich zum März-Lehrgang sind generell einige langgediente Akteure wieder mit dabei.

"Grundsätzlich merkt man einfach, wenn Führungsspieler wie Marko, Julian oder Martin wieder da sind. Das ist schon sehr wertvoll für die Gruppe - nicht nur am Feld, sondern auch außerhalb."

Wo steht das Nationalteam?

Entsprechend lässt sich für Schöttel die Frage, wo das ÖFB-Team gut eine Woche vor dem Start in die EURO steht, vorsichtig optimistisch, aber dennoch realistisch beantworten:

"Wir sind zurecht bei der Europameisterschaft, gehören nicht zu den Topfavoriten, aber wenn bei uns alles passt, können wir eine sehr gute Europameisterschaft spielen."

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