Endstand
1:3
1:1, 0:2
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Rangnicks Fehler: "Würde ich nicht mehr so machen"

ÖFB-Teamchef gibt nach Pleite gegen Kroatien Fehler zu. Woran es haperte:

Rangnicks Fehler:

1:3 - das ÖFB-Team unterlag Vize-Weltmeister Kroatien im heimischen Stadion.

Aus rot-weiß-roter Sicht war es die dritte Niederlage in Folge, die vierte in den letzten fünf Spielen bei einem Remis. Unter Neo-Teamchef Ralf Rangnick gab es in sechs Nations-League-Spielen lediglich einen Sieg (3:0 in Kroatien), weshalb der Abstieg in die Liga B die logische Konsequenz war.

Und trotzdem war viel mehr drinnen, weil man bis auf die Auswärtsspiele in Dänemark und Frankreich den absoluten Top-Nationen Paroli bieten konnte. So auch den Kroaten im Ernst-Happel-Stadion, zumindest in den ersten 60 Minuten - was die Niederlage umso schmerzlicher macht.

"Insgesamt extrem schade, weil wir über 60 Minuten ein richtig gutes Spiel gemacht haben und auch was die Torchancen angeht, das Spiel für uns entscheiden hätten können", ärgerte sich Rangnick unmittelbar nach dem Schlusspfiff.

"Sind vielleicht zu früh 'All In' gegangen"

Dabei gab sich der Chefbetreuer durchaus selbstkritisch. Dass sein Team die ersten Minuten inklusive Gegentor zum 0:1 Probleme hatte, wollte der Deutsche nicht leugnen. Die Reaktion mit dem Ausgleich öffnete die Partie jedoch früh aufs Neue.

"Wir waren dann richtig gut im Spiel, hatten dann bis zur 70. Minute die besseren Chancen, zwei Riesenmöglichkeiten und noch eine gute durch einen Gregoritsch-Kopfball. Aber die zwei davor waren natürlich Chancen, die man schon auch machen kann und auf diesem Niveau vielleicht sogar machen muss, wenn man solche Spiele gewinnen möchte", trauerte der Nachfolger von Franco Foda den vergebenen Sitzern von Christoph Baumgartner und Marko Arnautovic alleine vor dem Tor nach.

Mit einem Triple-Wechsel in der 63. Minute verlor Österreich den Faden, was Kritik hervorrief. Mit Stefan Lainer für Christopher Trimmel, Maximilian Wöber für Stefan Posch und ÖFB-Debütant Muhammed Cham für Marko Arnautovic tat Rangnick dem Spiel im Nachhinein gesehen nichts Gutes.

Deshalb gestand der Teamchef offen und ehrlich einen Fehler ein: "Im Rückblick sind wir mit diesen Wechseln vielleicht zu früh 'All In' gegangen. Hinterher ist man immer schlauer, das würde ich jetzt nicht mehr so machen. Weil ich fand, dass wir zu diesem Zeitpunkt mit der Dreierkette grundsätzlich gut gestanden sind."

Hohe Qualität im Team, aber Probleme auf bestimmten Positionen

Trotzdem wurde auf eine Viererkette umgestellt, weil Trimmel nicht mehr konnte und Posch bereits Gelb gesehen hatte. Generell bestätigte sich einmal mehr die Tatsache, dass es Österreich an der Dichte qualitativer Außenverteidiger fehlt.

Deshalb wurde experimentiert, wurde die Variante mit Dreierkette präferiert und Trimmel wenig überraschend aber Marcel Sabitzer sehr wohl überraschend als Wingback auf den Außenbahnen eingesetzt.

"Ich bleibe dabei, dass wir in unserem Kader viele gute zentrale Abwehrspieler und - wenn alle an Bord sind - viele gute zentrale Mittelfeldspieler haben. Wo wir nach wie vor ein bisschen Probleme haben, egal, ob wir mit zwei oder drei Spielern hinten im Zentrum spielen, sind die Außenverteidiger-Positionen. Da müssen wir einfach schauen, dass wir immer die jeweils beste Lösung finden", erklärte Rangnick.

Dabei sollte jedoch nicht vergessen werden, dass man mit Kroatien auf "eines der besten Teams der Welt" getroffen ist. Allerdings wiegen deshalb die vergebenen vorgefundenen Großchancen umso schwerer. Denn für Rangnick war abzusehen, dass nach dem 1:1 das zweite Tor die Vorentscheidung bringen würde.

"Kaltschnäuzigkeit ist für mich nicht das richtige Wort"

Dieses gelang Kroatien aufgrund von Stellungsfehlern der rot-weiß-roten Hintermannschaft, während Österreich nicht zum ersten Mal die Riesenchancen auf die Führung ausließ. Von fehlender Abgebrühtheit vor dem Tor will Rangnick aber nichts wissen.

"Kaltschnäuzigkeit ist für mich nicht das richtige Wort. Wir müssen dann solche Spiele einfach auch auf unsere Seite ziehen und für uns entscheiden. Vor allem dann, wenn wir uns Richtung EURO orientieren, wird das schon ganz wichtig sein."

"Wenn ich mir jetzt bei Arnautovic mit seinen 33 Jahren und 104 Länderspielen Gedanken über Kaltschnäuzigkeit mache, dann macht das wenig Sinn. Der macht solche Bälle normalerweise schon."

Ralf Rangnick

Den Spielern, die ihren Torhunger schon in großen Ligen unter Beweis stellten - in diesem Fall Baumgartner und Arnautovic - bräuchte man nichts mehr groß erzählen. "Wenn ich mir jetzt bei Arnautovic mit seinen 33 Jahren und 104 Länderspielen Gedanken über Kaltschnäuzigkeit mache, dann macht das wenig Sinn. Der macht solche Bälle normalerweise schon", meinte der Coach über den Bologna-Legionär.

Zu Hoffenheims Offensivjuwel, das unter Rangnick bisher ziemlich außen vor war, sagte er: "Auch Baumi - egal, ob gestern beim Training oder heute beim Warmup - haut er diese Dinger ins Eck. Natürlich hätte er den ähnlich wie Luka Modric ins kurze Eck schießen können, das weiß er im Nachhinein auch. Aber wir hatten die Möglichkeiten. Und gegen eine Mannschaft wie Kroatien, die spielstark ist und nicht umsonst Frankreich und Dänemark geschlagen hat, musst du so ein Spiel überhaupt erst einmal in diese Richtung lenken, wohin wir es gelenkt haben."

Neue Erkenntnisse trotz magerer Ausbeute und Negativerlebnissen

Kroatien hätte sich zu diesem Zeitpunkt laut ÖFB-Teamchef nicht über das 1:2 beklagen dürfen. Doch wieder einmal schwingt das Wörtchen "wenn" mit und am Ende stehen nur vier Punkte in der Nations-League-Bilanz, die schlussendlich zu wenig waren, um die Klasse zu halten.

"Inklusive diesem Spiel haben wir von sechs Spielen vier gute gemacht und diese über weite Strecken kontrolliert. Die zwei Auswärtsspiele in Dänemark und Frankreich haben wir nicht so gut gespielt und verdientermaßen verloren. In den anderen Spielen haben wir leider nur vier Punkte geholt. Dass da deutlich mehr drin war, wissen wir", fasste Rangnick die magere Ausbeute zusammen.

Trotzdem waren die Erkenntnisse auch wichtig, um sich für die großen Ziele wie die EURO 2024 zu wappnen. "Genau in diesem Bereich müssen wir uns Richtung EURO, auch schon in der Quali, noch weiterentwickeln und verbessern. Am Ende geht es auch darum, solche Spiele auch mal zu Null zu spielen oder maximal ein Gegentor zu kriegen. Auch wenn es im Rückblick wehtut und ich es anders machen würde, hat es uns trotzdem noch einmal neue Erkenntnisse gebracht."

Die nächste Möglichkeit dafür bietet sich im November-Lehrgang beim Trainingslager in Spanien, wo das ÖFB-Team in Malaga auf Andorra (16. November) und nach der Rückreise nach Wien gegen Italien (20. November) testet.

"Genug Selbstvertrauen, um uns für die EURO zu qualifizieren"

Schon am 9. Oktober werden die Gegner für die EM-Quali ab dem kommenden März ermittelt. Mit einem Sieg gegen Kroatien hätte Österreich den Sprung in Topf 1 schaffen können, so muss man sich mit Topf 2 begnügen.

"Niederlagen fühlen sich nie gut an, egal wann, wo und gegen wen. Es war auch diesmal nicht notwendig, natürlich hätten wir das Spiel gerne gewonnen und wären Dritter geworden in der Gruppe. Aber es ist nicht so. Trotzdem haben wir genug Selbstvertrauen, um uns mit dieser Mannschaft für die Europameisterschaft zu qualifizieren - egal, ob wir in Topf 1 oder 2 sind", misst Rangnick diesem Umstand keine größere Bedeutung zu.

Nun gehe es darum, die richtigen Schlüsse zu ziehen und sich bestmöglich auf die nächsten Aufgaben vorzubereiten. Der Teamchef hätte im November gerne nur ein Testspiel gespielt, um die Zeit anderweitig zu nützen, doch aufgrund von Verpflichtungen müssen zwei Tests absolviert werden.

"Viel Zeit hast du als Nationaltrainer nie", musste Rangnick schon feststellen. Trotzdem soll die Entwicklung durch die Einheiten im Trainingslager unter der spanischen Sonne voranschreiten. Im Fokus wird dabei stehen, Spiele in den entscheidenden Momenten auf ÖFB-Seite kippen zu lassen - denn das war trotz guter Leistungen in der Nations League bisher zu selten der Fall.


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