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"Löwe" Christian Ilzer: "Jetzt beginnt es erst!"

Als erster österreichischer Trainer seit 2015 holt Ilzer einen nationalen Titel. Was Forellenfischen damit zu tun hat und warum er keine "Katzerl" trainert.

Foto: © GEPA

Franco Fodas Haarpracht wurde nach dem Meistertitel 2011 Opfer von "Frisören", die offenkundig noch nie zuvor eine Schere in ihren Händen hielten.

Heiko Vogel, der den SK Sturm Graz zum Cupsieg 2018 führte, musste sich nach dem Final-Triumph seine Haare schwarz färben.

"Bei den Haaren können sie mir nichts antun, da bin ich schmerzbefreit", freut sich der Glatzkopf Christian Ilzer diebisch, auch in Sachen Frisur die richtige Strategie parat zu haben.

Der 2:0-Erfolg im Endspiel des ÖFB-Cups 2023 gegen Rapid avancierte spätestens in der zweiten Halbzeit zum Lehrbeispiel dafür, auf welches Level der 45-Jährige Sturm mit seiner Strategie auf dem Feld geführt hat.

Der erste österreichische Trainer seit 2015

Der Lohn für den Verein ist ein großer, doch auch in persönlicher Hinsicht kann man diesen Erfolg nicht hoch genug einschätzen.

Ilzer ist der erste österreichische - oder noch konkreter: der erste steirische - Trainer, der mit Sturm eine Trophäe erobert hat. Vor ihm gelang dies neben Foda und Vogel natürlich auch Jahrhunderttrainer Ivica Osim.

Gleichzeitig ist er der erste österreichische Trainer seit Adi Hütter 2015, der einen der beiden rot-weiß-roten Titel gewonnen hat.

"Ich würde lügen, wenn ich sage, das geht komplett an mir vorbei", sagt Ilzer, "natürlich ist es ein schönes Gefühl, diese Trophäe zu kriegen. Aber insgesamt ist es ein Riesen-Privileg für mich, Trainer von Sturm Graz zu sein. Das ist es, was mich erfüllt und glücklich macht - viel mehr als ein Titel!"

Drei Jahre grinsen

Seit 2020 coacht der Steirer das steirische Fußball-Aushängeschild, das in den Jahrzehnten zuvor selten bis gar nicht auf steirische Trainer gesetzt hat.

Die Vorgeschichte ist bekannt. Wie groß sein Trainer-Talent ist, hat Ilzer schon beim TSV Hartberg (Aufstieg in die Bundesliga) und Wolfsberger AC (Qualifikation für den Europacup) bewiesen, ehe seine Ideen bei Austria Wien nicht so angenommen wurden.

Ilzer wird bei der Cupsieger-Feier auf Händen getragen
Foto: © GEPA

Ein klassischer Fall von "wer zuletzt lacht". Bei der Cupsieger-Feier am Montagabend präsentierte sich der Sturm-Coach mit einem derart breiten Grinser, wie man ihn fast nur nach einem Titelgewinn samt besonders gelungener Party-Nacht haben kann.

Von Moderator Thomas Seidl darauf angesprochen, antwortet Ilzer mit der Geschichte, wie er Sturm-Trainer wurde:

"Den Grinser habe ich seit ungefähr drei Jahren, seitdem mich Andi Schicker angerufen und gesagt hat: 'Hör zu Chris, in Wien bist du verloren, komm einmal zu mir auf die Almhütte zum Forellenfischen. Ich bin raufgefahren und er hat mir gesagt, er will mich zum Sturm-Trainer machen. Das ist für mich natürlich ein unglaubliches Privileg."

Umgeben von Experten

Andreas Schicker übernahm kurz vorher als Geschäftsführer Sport des SK Sturm, der gerade eine desaströse Meistergruppe ablieferte.

Gemeinsam krempelten sie seither die sportliche Herangehensweise bei den "Blackies" um, was nicht nur die Spielerseite und die Philosophie auf dem Platz betrifft. Auch der Betreuerstab wird ständig optimiert, Schicker und Ilzer umgeben sich mit Spezialisten in den diversesten Bereichen von Scouting bis Ernährungswissenschaften.

Es sind viele Gebiete, in denen man eine Aufholjagd startete. Um zwei komplett verschiedene Beispiele zu nennen: In Sachen Physis muss sich Sturm inzwischen nicht vor Salzburg verstecken, ganz im Gegenteil. Und auch in Sachen Geschäftsmodell Transfers gab es bekanntlich schon nette wirtschaftliche Erfolge.

"Wir haben drei Jahre lang gearbeitet für solche Momente, damit wir heute hier stehen und gemeinsam mit euch diesen Titel feiern", ruft Ilzer der schwarz-weißen Fanschar am Hauptplatz zu.

Ein Weg wie Hütter oder Glasner?

Eine Arbeit, die vielleicht einmal endet, wenn Ilzer Lockrufen von finanzkräftigeren Arbeitgebern erliegen sollte. Dass er der derzeit heißeste Kandidat unter Österreichs Trainern ist, einen ähnlichen Weg wie Hütter oder Oliver Glasner zu gehen, liegt nicht nur wegen des Cup-Titels auf der Hand - mit Eintracht Frankfurt wird er bereits in Verbindung gebracht.

Sturm-Evergreen: "Und schon wieder kein Titel SCR...!"


Bis der nächste Schritt auf der Karriereleiter erfolgt, gibt es jedoch auch bei Sturm noch genügend Arbeit, und damit ist durchaus auch noch die restliche Saison gemeint.

Wenn Sturm, derzeit drei Punkte hinter Serienchampion Salzburg, Meister werden würde, wäre es eine riesige Sensation. Das muss man eigentlich nicht extra erwähnen.

Ilzers Kommunikations-Strategie - und auch auf diesem Gebiet überlegt er sich spürbar mehr als manch andere Kollegen - ist seit Wochen und Monaten die gleiche: Nach dem eigenen Maximum streben. Sollte dies nicht reichen, wird man dem Gegner artig gratulieren.

Meisterschaft? Vielleicht ist es noch möglich...

Nach dem Cupsieg lieferte er ein Musterbeispiel dafür ab, wie man kommuniziert, dass man konzentriert bei sich bleiben sollte, man aber so nebenher auch mit dem ganz großen Wurf kokettieren kann.

"Salzburg in einer Meisterschaft zu schlagen, klingt fast unmöglich. Aber wenn wir in jedem einzelnen Spiel das maximal Mögliche aus uns herausholen, ist es vielleicht auch in der Meisterschaft noch möglich, Salzburg sehr, sehr nahe zu rücken beziehungsweise am Ende doch vorbeizuziehen."

Christian Ilzer

"Ganz cool bleiben! Einfach bleiben! Net zum Träumen beginnen!", wehrte er in Klagenfurt die Frage, wie viel Rückenwind dieser Cupsieg für die Bundesliga bedeutet, ab und fuhr wiefolgt fort:

"Salzburg in einer Meisterschaft zu schlagen, klingt fast unmöglich. Aber wenn wir in jedem einzelnen Spiel das maximal Mögliche aus uns herausholen, ist es vielleicht auch in der Meisterschaft noch möglich, Salzburg sehr, sehr nahe zu rücken beziehungsweise am Ende doch vorbeizuziehen."

Man darf davon ausgehen, dass Ilzer alles unternehmen wird, damit sich bei Sturm nach den aktuellen Party-Tagen niemand zurücklehnt, sondern zumindest der Versuch gestartet wird, auch noch einen Meisterrausch zu erleben.

"Löwen oder Katzerl?"

Passend dazu agierte Ilzer auch auf der Hauptplatz-Bühne. Als Moderator Seidl die Frage aus Spieler-Kreisen weiterreichte, ob es jetzt zwei oder drei freie Tage geben würde, drehte sich der Coach zu seinen Schützlingen um und stellte die entscheidende Frage:

"Löwen oder Katzerl?"

Ilzer hat Lust auf noch mehr Beute, also gab er die Antwort selbst. "Jetzt beginnt es erst!", rief er am Tag des größten Vereins-Erfolgs seit fünf Jahren ins Mikrofon, "wir können feiern, aber am Mittwoch wird wieder trainiert. Gemma!"

Dass er damit den lautstark intonierten Schlachtruf der Fans "Wir werden Meister" provoziert hat, dürfte Ilzer einkalkuliert haben.

Ein berührender Moment am Sturm-Geburtstag und Osims Todestag

Wenn man zu diesem Zeitpunkt der Saison in Schlagdistanz ist, ist es legitim, das Unmögliche möglich machen zu wollen. Ob es gelingt, wird sich in den nächsten Wochen weisen.

Der 1. Mai ist für Sturm Graz ein besonders emotionaler Tag, seit dem Vorjahr noch viel mehr.

Entsprechend berührte es auch Ilzer, sich an diesem Tag dazu gratulieren lassen zu können, die Aufnahme in die Riege der schwarz-weißen Titel-Gewinner geschafft zu haben.

"Alle Trainer, die vor uns Titel geholt haben, sind großartige Trainer. Heute ist der Geburtstag von Sturm und der Todestag von Ivica Osim. Es ist ein unglaublich berührender Moment hier zu stehen und mit der Sturm-Familie einen Titel zu feiern."

Es geht mehr als Rote-Rüben-Saft

Vielleicht ist es auch ein guter Moment für Sturms "Löwen", um sich zu überlegen, was Ilzer im Falle von noch größerer Beute tun müsste.

In Klagenfurt kam Ilzer mit der  handelsüblichen Bierdusche davon. Und auch sonst konnte er sich nur an einen Vorfall erinnern, dass ihm etwas "angetan" wurde, nachdem ein Ziel erreicht wurde:

"Vor zwei, drei Jahren haben sie mir Rote-Rüben-Saft drübergeschüttet. Alles, was ich anhatte, inklusive der Schuhe, war nicht mehr zu gebrauchen."

Vielleicht geht es ja noch kreativer.

Die besten Bilder der Sturm- und Rapid-Fans aus Klagenfurt


@laola1 Jakob Jantscher hat nach dem gestrigen Cupsieg seine Qualitäten als Stimmungsmacher unter Beweis gestellt. 😂📢 #laola1 #l1 #wirlebensport #umfrage #fürdich #sturmgraz #jakobjantscher #jantscher #öfbcup #sturm ♬ Originalton - Laola1.at das Sportportal

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