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Thalhammer: "So brutal habe ich es mir nicht erwartet"

Dominik Thalhammer steckt in Belgien mit KV Oostende mitten im Abstiegskampf. Im LAOLA1-Interview ist er aber guter Dinge, den Turnaround zu schaffen.

Thalhammer: Foto: © GEPA

Oostende - eine kleine, beschauliche Hafenstadt an der belgischen Küste.

Zahlreiche Ferienhäuser und Hotels zieren die Strandpromenade, an der sogar die eine oder andere Palme zu entdecken ist. Hört sich nach Paradies an, ist es wohl für die Touristen auch. Doch Dominik Thalhammer hat für das Vergnügen keine Zeit, dafür ist der Trainer von KV Oostende aktuell zu sehr beschäftigt.

Obwohl ihn die Sonne während des Gesprächs mit LAOLA1 lockt. Der ehemalige LASK-Coach bleibt aber hart, wenngleich es nicht so oft vorkommt "dass hier die Sonne scheint", lächelt der 52-Jährige. Viel zu lachen hat der gebürtige Wiener ansonsten nicht, in der Jupiler Pro League geht es im Abstiegskampf zur Sache.

Nach fünf Niederlagen in Folge ist Oostende auf den 17. Platz abgerutscht, zuletzt setzte es eine 0:3-Heimniederlage gegen den Tabellen-Dritten Royal Antwerpen. "Eine schwere Phase aktuell", meint Thalhammer. "Es ist eine Herausforderung, das zu meistern. Vielleicht auch eine der schwierigsten in meiner Vergangenheit", gibt er zu.

Die Situation sei ihm klar gewesen, als er den Job Anfang November übernommen hat. "Das ist eine Mannschaft, die gegen den Abstieg spielt", wusste Thalhammer bereits, worauf er sich einlässt. "Aber so brutal habe ich es mir vielleicht auch nicht erwartet."

Bestes Pressing-Team in Belgien

Dabei erwischte Thalhammer einen guten Start in seine Ära, feierte zwei souveräne Pflichtspielsiege in Folge.

Nach einer 0:6-Klastche kurz vor der Winterpause in Westerlo konnte der Umschwung auch nach Weihnachten nicht eingeleitet werden, inzwischen wartet die Thalhammer-Truppe seit dem 9. November auf einen Sieg.

Erschwert wird die Situation dadurch, dass "die Mannschaften hinten immer wieder gewinnen", so der Trainer. "Es ist sehr eng alles."

"Was die Pressing-Daten betrifft, sind wir seit November das beste Team."

Dominic Thalhammer implementierte in Oostende einen neuen Spielstil

Das zeigt der Blick auf die Tabelle, auf einen Nicht-Abstiegsplatz fehlen nur drei Zähler. Trotz der jüngsten Niederlagenserie ist der frühere Teamchef der ÖFB-Frauen zuversichtlich, den Turnaround bald zu schaffen. Denn er sieht die Mannschaft auf dem richtigen Weg, das würden auch die Zahlen belegen.

"Wir haben den Spielstil total verändert, in Richtung hohes Pressing und hohe Intensität. Was die Pressing-Daten betrifft, sind wir seit November das beste Team", erzählt Thalhammer. "Viele Entwicklungen sind also gut, wir bringen es momentan aber nicht in Ergebnisse, auch weil einige Schlüsselspieler fehlen."

Dazu zählen etwa der französische Mittelfeld-Mann Maxime D'arpino, Cameron McGeehan oder Stürmer Fraser Hornby. Außerdem arbeitet man an beiden Enden des Spielfeldes nicht effizient genug. "In manchen Situationen lassen wir etwas zu viel zu, dann nutzen wir auch unsere Chancen nicht", hadert der 52-Jährige.

So sei es auch am Mittwoch gegen Antwerpen gewesen, "das ist ein Top-Team in Belgien. Normalerweise hätten wir zwei, drei Tore erzielen können, am Ende waren es null Tore. Das war gegen Mechelen (Anm.: 1:2-Niederlage) ähnlich. Der Gegner macht aus seinen Chancen meistens Tore, das ist ein bisschen das Problem", ärgert sich der Coach.

Nur die Pleite gegen das Schlusslicht frustriert Thalhammer

Vor allem die äußerst bittere Pleite gegen Liga-Schlusslicht RFC Seraing sitzt noch tief in den Knochen.

"Da erwartet jeder einen Sieg, das auch zurecht. Das Spiel haben wir trotz klarer Überlegenheit – ich glaube, wir hatten 17:3 Torschüsse – verloren. Ein Spiel, das man eigentlich nicht verlieren kann", kommt bei Thalhammer der Frust über die Pleite wieder hoch.

"Der Punkteverlust gegen Seraing ist richtig ärgerlich, weil wir mit einem Tor nach 40 Sekunden reingestartet sind, richtig gute Chancen hatten, aber das Match nicht gekillt haben. Und dann kassieren wir kurz vor der Pause das 1:1, in der zweiten Halbzeit fangen wir uns trotz Dominanz einen Konter. Das war das Spiel, welches am meisten geschmerzt hat", führt der Wiener aus.

Dadurch machte Seraing nämlich Boden gut, zog Oostende zugleich immer tiefer in die Abstiegszone. Dort harrt man nun seit zwei Runden aus, das Positive überwiegt aber.

"Wir brauchen mehr Beständigkeit in unserem Spiel, dann sollten wir den Klassenerhalt schaffen. Es wird aber ein harter Kampf."

Thalhammer gibt die Marschroute vor

Schwer vorstellbar angesichts der prekären Lage, doch Thalhammer erklärt: "Es wäre sehr frustrierend, wenn die Mannschaft richtig schlecht spielt und sich nichts erarbeitet. Sie erarbeiten sich aber viele Torchancen, wir haben auch einige zu viele zugelassen, um ehrlich zu sein. Die Leistung ist aber immer in Ordnung, nie schlecht und das ist das Positive an dieser Situation."

"Die Frage ist nun aber: Wie können wir unsere guten Situationen erhöhen und die schlechten Situationen, die wir dem Gegner geben, vermindern?", fragt Thalhammer und liefert die Antwort gleich hinterher: "Wir brauchen mehr Beständigkeit in unserem Spiel, dann sollten wir den Klassenerhalt schaffen. Es wird aber ein harter Kampf."

Um auch die Spieler auf dem beschwerlichen Weg zu überzeugen, müsse man Klarheit schaffen. "Dass man den Spielern etwas in die Hand gibt, und sagt: 'Okay, daran liegt es und wenn wir das ändern, dann haben wir auch eine Chance bessere Ergebnisse zu erzielen'", erläutert Thalhammer.

Dazu gehöre auch, endlich ein Spiel zu Null zu beenden. Das gelang in der Ära Thalhammer noch kein einziges Mal und zuletzt Anfang September gegen KAS Eupen.

(Noch) keine Nervosität im Verein

In gewissen Situationen habe bislang auch das berühmt berüchtigte Glück gefehlt, ergänzt der 52-Jährige. "Wenn der Ball an die Latte geht, von der Latte oder Stange raus. Ich glaube aber auch, auf das Glück sollte man sich nicht verlassen. Auf den VAR sollte man sich in Belgien auch nicht verlassen, in Österreich wahrscheinlich ebenfalls nicht", lacht er.

Deshalb müssten er und sein Team selbst dafür sorgen, "die Erfolgswahrscheinlichkeit zu erhöhen." Dafür sollen der Mannschaft stets Ansatzpunkte vor Augen gehalten werden. Gleichzeitig muss die Unruhe rund um den Verein ausgeblendet werden.

Die Fans verlieren allmählich die Geduld - allerdings nicht mit der Mannschaft, sondern mit Generaldirektor Gauthier Ganaye und den US-Aktionären rund um Besitzer Chien Lee. Transfers werden gefordert, um überhaupt eine Chance auf den Klassenerhalt zu haben. Ansonsten wäre ein Abstieg nicht abzuwenden, meinen die Anhänger.

Mit dem jungen Kroaten Ivan Durdov und Ex-Rapidler Kelvin Arase verstärkte sich der Klub binnen kürzester Zeit gleich doppelt, der Wunsch der Fans wurde also erhört. Dennoch ist Thalhammer froh, "dass wir mit der Mannschaft und dem Staff in einer "Bubble" sind und da gar nicht viel mitkriegen."

Innerhalb des Vereins verspüre er jedoch keine große Nervosität, "zumindest nicht mir gegenüber", betont Thalhammer. "Ich verstehe aber auch, dass man im Verein irgendwann nervös wird, weil irgendwann wird es auch Zeit, drei Punkte zu machen. Drei Punkte wären ein großer Befreiungsschlag und es wäre natürlich am besten, das gleich am Samstag zu machen."

Turnaround gegen die Ex?

Dann steht nämlich ein für ihn ganz besonderes Duell auf dem Programm. Ex-Klub Cercle Brügge tritt mit Miron Muslic die Reise an die belgische Küste an.

Rund zehn Monate war der ehemalige Bundesliga-Trainer in Brügge als Chefcoach engagiert, führte den Verein von der Abstiegszone noch bis auf den siebten Tabellenplatz und damit zum souveränen Klassenerhalt.

"Ich kenne jeden Gedankengang, jeden Spieler kenne ich in- und auswendig. Da gibt es keine Möglichkeit zu überraschen."

Thalhammer über Ex-Klub Cercle Brügge

"Cercle war für mich eine wunderbare Zeit, das war meine erste Auslandsstation mit vielen Erfolgen und vielen Leuten, die ich sehr schätze dort", schwärmt Thalhammer, deutet zugleich jedoch an, mit sich von "ein oder zwei" Personen nicht im Guten getrennt zu haben.

Dass er den Verein kennt, sieht er als "extremen Vorteil" an. "Es hat sich ja nichts geändert von den Spielern, es spielt die gleiche Mannschaft, die auch im letzten Jahr gespielt hat", so der Wiener. "Ich weiß alles auswendig, was sie machen werden. Ich kenne jeden Gedankengang, jeden Spieler kenne ich in- und auswendig. Da gibt es keine Möglichkeit zu überraschen."

Cercle könne dies mit dem Spielstil, der unter seinem damaligen Co- und nunmehrigen Cheftrainer Muslic gepflegt wird, auch gar nicht. "Weil sie kaum mehr Fußball spielen und den Ball nur noch nach vorne schlagen", stichelt Thalhammer.

Er relativiert aber zügig: "Aber in einer guten Art und Weise, sie sind stark am zweiten Ball. Es wird wahrscheinlich kein gutes Fußballspiel werden, mit viel Kampf und auf das stelle ich mich ein."


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