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Thalhammer: "Ich habe zu viel Kritik an mich herangelassen"

Die Zeit beim LASK hat dem Oostende-Coach die Augen geöffnet. Warum er die Sozialen Medien meidet und für einen möglichen Abstieg nicht belohnt werden will.

Thalhammer: Foto: © GEPA

Dominik Thalhammers Ära bei KV Oostende ist bislang nicht von Erfolg geprägt gewesen.

Der Start war mit Siegen über KV Kortrijk (3:1) und im Pokal gegen Drittliga-Verein KVV Thes Sport (4:1) verheißungsvoll, doch seitdem befindet sich der an der belgischen Küste beheimatete Verein im freien Fall. Sieben Pflichtspiele in Folge gingen nun verloren, auch im österreichischen Trainer-Duell mit Miron Muslic gelang der Umschwung nicht.

Am Samstagabend steht für den Wiener das nächste Schlüsselspiel an, wenn es nach Kortrijk geht. Jener Klub, der im November noch relativ klar geschlagen wurde, droht endgültig aus den Augen verloren zu werden.

Bei einer Niederlage könnten Kortrijk, KAS Eupen (ein Spiel weniger) und Zulte Waregem weiter enteilen, der Rückstand auf einen Nicht-Abstiegsplatz auf sechs Punkte anwachsen. Mit einem Sieg hingegen würde man nicht nur für eine dringend benötigte Moralinjektion sorgen, sondern zugleich im Kampf gegen den Abstieg ein kräftiges Lebenszeichen von sich geben.

Der Schwierigkeit der Aufgabe war sich Thalhammer von Anfang an bewusst, betonte er zuletzt (HIER nachlesen >>>). Und dass der 52-Jährige Abstiegskampf kann, bewies er im Vorjahr mit Cercle Brügge.

From Hero to Zero in Brügge

Den Ausbildungsklub der AS Monaco übernahm der ehemalige Teamchef des Frauen-Nationalteams mit Start der Rückrunde im Dezember 2021 auf Platz 17 liegend. Die Nicht-Abstiegsränge waren vier Zähler entfernt, aber drei Spieltage und Siege später war Brügge bereits Zwölfter.

Eine knappe Auswärts-Niederlage bei Union Saint-Gilloise bremste Cercle kaum ein, denn es sollte gleich der nächste Erfolgslauf gestartet werden, während dem das Brügge-Derby oder auch ein Auswärtsspiel beim RSC Anderlecht gewonnen wurden. Die Chance auf einen Europacup-Startplatz rückte immer näher, konnte aber nie gänzlich ergriffen werden.

Das ausgegebene Ziel, der Klassenerhalt, wurde dennoch höchst souverän erfüllt. Mit großen Hoffnungen gingen Klub und Trainer in die neue Saison, nach neun Runden kehrte jedoch Ernüchterung ein und Thalhammer musste seinen Posten wieder räumen.

Obwohl Parallelen zwischen seinen Anfangszeiten bei beiden Klubs erkennbar sind, spricht Thalhammer von "völlig unterschiedlichen Situationen" und erinnert sich an seine ersten Monate beim LASK zurück.

"Natürlich bin ich jetzt ein bisschen enttäuscht, weil auch wie ich beim LASK begonnen habe, war das erste Halbjahr sensationell mit Europa-League-Einzug, Cup-Finale, Tabellenführung in der Bundesliga usw. In Cercle war es ähnlich, da haben wir alles gewonnen, was es nur zu gewinnen gab", so der Wiener im LAOLA1-Interview.

Doch die Situation in Brügge sei im Sommer ganz klar gewesen. "Einige Leistungsträger haben zu Beginn verletzt gefehlt, die Neuzugänge sind sehr spät zur Mannschaft gekommen", erzählt Thalhammer. Die Mannschaft hätte eine klare Struktur und Handschrift gehabt, der Coach war sich sicher, dass die Erfolgserlebnisse kommen würden.

Der Klub zog stattdessen die Reißleine, Rang 17 nach neun Spieltagen war nicht zufriedenstellend, Erinnerungen an die Vorsaison kamen hoch. Thalhammer nahm sein Aus in Brügge locker: "Dass man andere Wege und Entscheidungen trifft, ist halt einfach so."

Sein Auftrag in Oostende

Gut ein Monat später übernahm er in Oostende jenen Verein, der ihm nach einem 2:2-Remis den Job in Brügge gekostet hat. Hier sei die Situation deshalb anders, weil "der Verein zuvor ganz anders gespielt hat. Es wurde Ballbesitz-Fußball gespielt, verteidigt wurde mit einem tiefen Block und der Verein wollte das anders haben", erklärt Thalhammer.

"Ich habe hier viele Möglichkeiten, mich letztendlich zu entfalten und meine Ideen reinzubringen."

Dominik Thalhammer

Es brauche natürlich eine gewisse Zeit, bis die Mannschaft den von ihm implementierten Pressing-Stil intus habe. "Manchmal fällt man auch in alte Muster zurück", weiß der Übungsleiter um die Schwierigkeiten. Warum er sich überhaupt für den Job in der Küstenstadt entschieden hat, ist schnell erklärt.

"Natürlich um schnell wieder im Trainer-Business zu sein, so ehrlich muss man sein", betont Thalhammer. "Das ist auch ein gutes Zeichen, weil man auch nicht zu lange weg sein will. Das war das eine, das andere war der Auftrag, die Idee zu ändern."

Dass er ein eigenes Betreuerteam mitbringen und viel verändern konnte, trug ebenfalls einen gewichtigen Teil zu seiner Entscheidung bei. "Ich habe hier viele Möglichkeiten, mich letztendlich zu entfalten und meine Ideen reinzubringen. Diese Challenge war es, die belgische Liga ist auch eine, die mir sehr gefällt", erläutert Thalhammer seine Gründe.

Außerdem habe er sich in Belgien durch seine Zeit in Brügge "einen guten Namen erarbeitet" und laut eigenen Aussagen dafür gesorgt, dass Beerschot VA den ehemaligen LASK-Trainer Andreas Wieland nach dem Abstieg in die zweite Liga als neuen Coach bestellt hat. "Sie wollen auf ähnliche Weise Fußball spielen", sagt Thalhammer.

Der in Oostende den Ruf der österreichischen Trainer in Belgiens Top-Liga weiter aufpolieren: "Jetzt läuft es im Moment nicht so gut, was die Resultate betrifft, aber wenn man aus dieser Situation gestärkt herauskommt, die Mannschaft rettet, wäre das erneut ein großer Erfolg. Da muss man als Trainer kämpfen wie ein Löwe."

Die Lehren aus der LASK-Zeit

Beim Tabellen-17. kann er außerdem seinen großen Erfahrungsschatz, den sich Thalhammer bei der Admira, dem Frauen-Nationalteam oder dem LASK angesammelt hat, einbringen. Dadurch weiß der Wiener freilich auch, wie er mit Druck und Kritik umzugehen hat. Wobei er bei letzterem Punkt speziell beim LASK einiges dazugelernt hat.

"Wenn es richtig gut läuft, dann freut man sich ja und die Zeitungen ziehen mit und schreiben Lobeshymnen, doch plötzlich schwenkt das um und du bist der größte Idiot. Es gibt in dieser Welt nichts dazwischen."

Thalhammer gesteht: "Ich muss ehrlich sagen, während meiner Zeit beim LASK war ich sehr viel auf Social Media. Da schaue jetzt überhaupt nicht mehr rein. Ich weiß natürlich, wenn man fünf Spiele in der Meisterschaft verliert, dann kommt immer Kritik. Das ist auch normal."

Doch er habe die damals teils untergriffige Kritik zu sehr an sich herangelassen. "Das ist auch ein Lerneffekt", meint Thalhammer. "Wenn es richtig gut läuft, dann freut man sich ja und die Zeitungen ziehen mit und schreiben Lobeshymnen, doch plötzlich schwenkt das um und du bist der größte Idiot. Es gibt in dieser Welt nichts dazwischen."

"Für die innere Ausgewogenheit ist es besser, das nicht zu tun und sich von dem fernzuhalten", so der Coach, der die sozialen Medien seitdem äußerst kritisch betrachtet.

Es müsse nicht einmal um Fußball gehen, sondern "auch alltägliche Themen wie der Klimawandel, Corona oder der russische Angriffskrieg auf die Ukraine würden Menschen dazu veranlassen, sich in Positionen zu begeben und über Dinge zu urteilen, von denen sie absolut keine Ahnung haben", meint er.

"Ich würde mich auf Social Media nie trauen über solche Dinge zu schreiben, wo ich so wenig Ahnung davon habe", stellt Thalhammer klar, sagt zugleich aber: "Diese Leute brauchen die sozialen Medien offenbar einfach, um ihre Probleme und ihren Druck an anderen auszulassen."

Für seine innere Ausgewogenheit konzentriere er sich deshalb darauf, was er beeinflussen könne. "Und was ich beeinflussen kann, ist die Energie und Positivität in Oostende. Auch die Mannschaft so gut wie ich es kann zu führen und im Endeffekt das Steuer herumzureißen", sagt Thalhammer, der weiter meint:

"Sollte es mir gelingen, ist es ein großer Erfolg und wenn nicht 'part of the game'." Einen zweiten Vorteil biete das Leben in Belgien auch: "Ich kann die Zeitungen hier nicht lesen", lacht er.

Keine Belohnung für Abstieg

Wieviel er im weiteren Saisonverlauf noch zum Lachen haben wird, wird sich freilich erst weisen.

"Wenn wir das Ziel Klassenerhalt nicht erreichen, bin ich zumindest vertragsmäßig nächstes Jahr nicht mehr hier."

Trotzdem wirkt Thalhammer gelassen, überhaupt nicht nervös. Vielleicht auch deshalb, weil seine Zukunft in Oostende quasi geklärt ist. Sein Arbeitspapier ist bis Sommer 2024 datiert, wird beim Klassenerhalt wohl auch Bestand haben. Geht es allerdings in die zweite Liga hinunter, wird es vermutlich die Trennung geben - zumindest vertraglich.

"Wenn wir das Ziel Klassenerhalt nicht erreichen, bin ich zumindest vertragsmäßig nächstes Jahr nicht mehr hier", bestätigt Thalhammer und betont:  "Ich wollte auf keinen Fall irgendwelche Klauseln in meinem Vertrag haben, weil ich für einen Abstieg nicht mit einem weiteren Jahr belohnt werden will. Das möchte ich gar nicht haben."

Um den Klassenerhalt noch zu schaffen, "braucht es extrem viel Commitment im Verein und der Mannschaft, viel Glaube an die eigenen Stärken und Klarheit, was wir ändern müssen, um besser zu werden. Wir brauchen auch den einen oder anderen Spieler zurück, der uns unterstützt", so Thalhammer, der das Glück nicht strapazieren will.

Das ist in seinen Augen nämlich eine weitere Komponente, die er nicht beeinflussen kann.


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