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Das erwartet Zulj in Anderlecht

Ein Rekordmeister im Umbruch. LAOLA1 stellt RSC Anderlecht vor:

Das erwartet Zulj in Anderlecht Foto: © GEPA

Der Wechsel von Peter Zulj zum RSC Anderlecht ist fixiert.

Der ÖFB-Teamspieler kommt von Sturm Graz und unterschreibt in Brüssel einen Vertrag bis Sommer 2022 (Alle Infos >>>).

Sein neuer Klub befindet sich im Umbruch. Seit einem Jahr ist ein neuer Eigentümer am Werk, seit wenigen Wochen auch ein neuer Sportchef und ein neuer Trainer.

LAOLA1 stellt den neuen Verein von Peter Zulj genau vor, beleuchtet seine Geschichte, seinen Ruf als Sprungbrett und die Chancen des 25-Jährigen.

Die Geschichte

Die Geschichte

Am 27. Mai 1908 beschlossen im Cafe Concordia ein Dutzend Fußball-Enthusiasten die Gründung des Sporting Club Anderlechtois. Zum 25. Geburtstag wurde dem Verein der Titel Société Royale verliehen, weshalb er als „königlicher Sportklub“ fortan den Namen Royal Sporting Club Anderlecht trug.

Nachdem das Team aus dem Brüsseler Vorort zunächst noch als Fahrstuhlmannschaft einige Abstiege hinnehmen und einige Aufstiege feiern durfte, setzte es sich 1935 in der höchsten Spielklasse fest und stieg seither nicht mehr ab. Diesen Rekord bricht nur Standard Lüttich, das seit 1921 ununterbrochen erstklassig spielt.

1947 feierten die Mauve et Blanc, die Lila-Weißen, ihren ersten Meistertitel. Inzwischen ist Anderlecht 34-facher belgischer Champion und somit Rekordmeister. Auf nationaler Ebene zieren auch neun Pokalsiege, drei Liga-Pokalsiege und 13 Supercupsiege den Briefkopf des Vereins.

Doch auch international hat der Verein einiges vorzuweisen. 1976 kürte sich Anderlecht mit einem 4:2-Sieg gegen West Ham im Heysel-Stadion zum Sieger im Europapokal der Pokalsieger. Der SK Sturm musste damals übrigens im Viertelfinale gegen Eintracht Frankfurt die Segel streichen. 1978 gewannen die Belgier den Bewerb erneut – im Pariser Parc des Princes wurde die Wiener Austria mit 4:0 abgefertigt. 1983 wurde Anderlecht UEFA-Cup-Sieger – im Hinspiel des Finales wurde Benfica Lissabon mit 1:0 besiegt, im Rückspiel reichte ein 1:1.

Zudem gewann der neue Klub von Peter Zulj 1976 und 1978 den UEFA Super Cup. In der UEFA Champions League sind die Belgier oft gesehener Gast. 13 Mal schaffte es RSC bisher in die Gruppenphase.

Das Stadion

Das Stadion
Foto: © getty

1917 errichtete der Verein am Rande des Parc du Meir, heute Astrid Park, ein Stadion, besser gesagt eine Holztribüne. Das Stade Émile Versé wurde im Laufe der Jahre immer weiter ausgebaut. 1983 wurde die Spielstätte komplett abgerissen und ein neues Stadion gebaut. Noch heute spielt RSC Anderlecht im Constant-Vanden-Stock-Stadion, das 21.500 Menschen Platz bietet. 2012 wurden Renovierungen durchgeführt.

Nachdem die Pläne des Eurostadions, das auch vom belgischen Nationalteam genutzt werden sollte, gestorben sind, bastelt der Verein wieder an eigenen Stadionplänen. Eine neue Spielstätte soll rund 30.000 fassen und möglicherweise am Standort des Trainingszentrums in Neerpede entstehen. Im Schnitt besuchen rund 20.000 Fans die Heimspiele des Rekordmeisters.

Die Österreicher

Die Österreicher
Foto: © getty

Peter Zulj ist der dritte Österreicher, der beim RSC Anderlecht unter Vertrag steht.

Den Anfang machte Gerhard Mair. Der Tormann wechselte 1964 zum FC Brügge, war dort aber nur Nummer zwei und wurde daraufhin von 1965 bis 1967 an Anderlecht verliehen. Auch dort kam der Tiroler kaum zum Spielen, eroberte aber immerhin zwei Meistertitel. Zwei Jahre nach seiner Rückkehr zum FC Brügge wechselte er fix zu Anderlecht, war aber auch in den darauffolgenden vier Jahren nicht Stammgoalie. Anschließend beendete Mair, der eine Belgierin geheiratet hatte, seine Laufbahn und nahm danach an mehreren Etappen der Rallye Paris-Dakar teil. 2004 verstarb der Ex-Goalie in Frankreich, wo er nach seinem Karriereende gelebt hatte.

Auch der zweite ÖFB-Legionär in Brüssel war ein Tormann, nämlich Friedl Koncilia (Bild). Nachdem er 1979 mit dem FC Wacker den Abstieg hinnehmen musste, folgte er dem Ruf des RSC Anderlecht nach Brüssel. Stammplatz konnte er aber keinen erobern, weshalb der Kärntner ein halbes Jahr später ein Angebot der Wiener Austria annahm. Am 22. Dezember 1979 ging in Brüssel das „Friedl-Koncilia-Ablösespiel“ über die Bühne, 10.000 Zuseher sahen ein 1:1, aber keinen Koncilia, der nicht gegen seinen neuen Arbeitgeber spielen wollte. Der 84-fache Teamspieler wurde mit den Veilchen daraufhin vier Mal Meister und arbeitete später kurzzeitig auch als Sportdirektor des FAK.

Der Boss

Der Boss
Foto: © getty

Von 1971 bis 2018 war der Verein in den Händen der Familie Vanden Stock. Oberhaupt der Familie, der die Brauerei Belle-Vue bis zu deren Verkauf gehörte, war Constant Vanden Stock, früher selbst Anderlecht-Kicker und von 1958-1968 belgischer Teamchef. 1996 setzte sich sein Sohn Roger Vanden Stock auf den Präsidentenstuhl des Vereins.

Ende 2017 wurde der Klub „zum Verkauf“ ausgerufen. Völlig überraschend erhielt Marc Coucke den Zuschlag. Der 53-Jährige ist einer der schillerndsten Geschäftsleute des Landes und polarisiert mit seiner unkonventionellen Art. Coucke ist Mitbegründer von Omega Pharma, das unter anderem Shampoos, Schwangerschaftstest und Vitaminpillen in Apotheken verkauft. Mit dem Verkauf des Unternehmens soll er 2014 auf einen Schlag 1,3 Milliarden Euro verdient haben.

Seine Liebe zum Sport war schon vor seiner Übernahme Anderlechts, wo ihm 70 Prozent der Anteile gehören, publik. Im Radsport engagierte er sich beim UCI ProTeam Quick-Step. 2013 wurde er Haupteigentümer und Präsident des Fußballklubs KV Oostende, nach seinem Einstieg bei Anderlecht trat Coucke bei Oostende zurück, er hält allerdings noch Anteile und erklärte auch bei seiner ersten Pressekonferenz als Anderlecht-Präsident, dass sein Herz immer Oostende gehören würde.


Der Technische Direktor

Der Technische Direktor
Foto: © getty

Seit diesem Winter hat ein prominenter Mann die Zügel beim RSC Anderlecht in der Hand. Frank Arnesen wurde im Dezember als neuer Technischer Direktor präsentiert. Für den Dänen ist es eine Rückkehr, kickte er doch von 1983 bis 1985 selbst für den Klub. Nach seiner aktiven Karriere machte er sich ein Jahrzehnt als Manager von PSV Eindhoven einen Namen, lotste Granden wie Ronaldo, Arjen Robben und Ruud van Nistelrooy zum Verein.

2004 wechselte er als Sportdirektor zu Tottenham, um ein Jahr später bei Chelsea anzufangen – bei den „Blues“ war der mittlerweile 62-Jährige in diversen Funktionen tätig, unter anderem als Vorstandsmitglied und Sportdirektor. Ab 2011 folgten Engagement beim Hamburger SV, Metalist Kharkiv und PAOK Saloniki.

Der Trainer

Der Trainer
Foto: © getty

Große Konstanz herrscht am Trainerstuhl der Belgier nicht gerade. Der letzte Trainer, der länger als zwei Jahre im Amt war, war Besnik Hasi von 2014 bis 2016. Es folgte der Schweizer Rene Weiler, der nach etwas mehr als einer Saison gehen musste. Im Oktober 2017 übernahm Hein Vanhaezebrouck, führte den Verein aber nur auf den dritten Platz und musste Mitte Dezember auf Rang vier liegend seinen Hut nehmen.

Neuer Chefcoach ist Fred Rutten. Der 56-Jährige hat als Spieler seine gesamte Karriere bei Twente verbracht und auch seine Trainerkarriere in Enschede gestartet. In den Niederlanden saß er auch schon bei PSV Eindhoven und Vitesse Arnheim auf der Bank. In der Saison 2008/09 durfte sich Rutten beim FC Schalke 04 versuchen, wurde aber nach neun Monaten schon wieder beurlaubt. Seine bisher letzten Engagements waren Al-Shabab in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Maccabi Haifa in Israel – beide Male kein ganzes Jahr.

"Es wird ein klares Spielkonzept geben, aber die kreativen Spieler werden sicherlich viel Freiheit bekommen"

Trainer Fred Rutten

Die aktuelle Situation

Die aktuelle Situation
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Nach 21 Spieltagen liegt Anderlecht nur auf dem fünften Rang. Der Rückstand auf Spitzenreiter KRC Genk beträgt bereits 14 Punkte, auch Brügge, Antwerpen und Lüttich rangieren vor dem Rekordmeister. Von den bisherigen zehn Auswärtsspielen hat der RSC sechs verloren. Neun Runden sind noch zu spielen, ehe das Playoff beginnt, die ersten Sechs sind oben dabei.

In die Winterpause hat sich Anderlecht zwar mit einem 3:0-Sieg gegen Beveren verabschiedet, davor blieb das Team aber bewerbsübergreifend sieben Pflichtspiele in Folge sieglos. Am Sonntag geht das Frühjahr los, es steht ein Auswärtsspiel gegen KAA Gent auf dem Programm. In der Europa League scheiterten die Lila-Weißen in einer Gruppe mit Dinamo Zagreb, Fenerbahce und Spartak Trnava sieglos. Im nationalen Pokal war nach einem blamablen 0:3 gegen Zweitligist Union St. Gilloise bereits im September Schluss.

Die volle Konzentration von Neo-Coach Rutten gilt also der Meisterschaft. Der Niederländer hat bereits angekündigt, mit einem 4-3-3 spielen zu lassen, von der Dreier-Abwehrkette seines Vorgängers also abzurücken. Und er kündigt an: „Es wird ein klares Spielkonzept geben, aber die kreativen Spieler werden sicherlich viel Freiheit bekommen.“ Diese Worte dürften Zulj gut gefallen.

Die Konkurrenz

Die Konkurrenz
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Anderlecht hat es in der bisherigen Saison mit vielen Systemen versucht, zudem ist mit Rutten ein neuer Coach am Werk. Dementsprechend sind die Karten neu gemischt. Im zentralen Mittelfeld bisher gesetzt war jedenfalls der 23-jährige Belgier Pieter Gerkens (Bild).

Auch Kapitän Adrien Trebel hatte in der Zentrale so etwas wie einen Stammplatz, der 27-jährige Franzose, der Kapitän ist, musste sich zuletzt aber einer Knie-OP unterziehen, könnte also noch ein wenig ausfallen. Im Laufe der Saison immer öfter im offensiven Mittelfeld eingesetzt wurde der 27-jährige Japaner Ryota Morioka. Keine Konkurrenz für Zulj ist indes mehr Knowledge Musona – der Mann aus Simbabwe spielte zuletzt kaum mehr und wurde an Liga-Konkurrent Lokeren verliehen.

Klar ist jedenfalls, dass Zulj nicht als Ergänzungsspieler eingeplant ist, sondern in Anderlecht rasch Leistungsträger sein soll. Belgische Medien schreiben vom „ersten großen Transfer in der Ära Arnesen“.

Das Sprungbrett

Das Sprungbrett
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Anderlecht war schon für viele Kicker ein Sprungbrett in eine große Liga. Romelu Lukaku (Bild) wechselte 2011 für 15 Millionen Euro zu Chelsea, Lucas Biglia schaffte es 2013 zu Lazio Rom (8,4 Mio.), Cheikhou Kouyaté heuerte 2014 bei West Ham an (7,5 Mio.), Aleksandar Mitrovic und Chancel Mbemba wurden 2015 für insgesamt 20,5 Mio. an Newcastle verkauft, auch Steven Defour (Burnley, 8,6 Mio.) und Stefano Okaka (Watford, 6 Mio.) schafften es in die Premier League.

Dann wäre da noch Dennis Praet (Sampdoria, 10 Mio.). Und nicht zuletzt Eigenbauspieler Youri Tielemans, der im Sommer 2017 für 26,2 Mio. an Monaco abgegeben wurde. Und das sind nur die prominentesten Namen der jüngeren Vergangenheit.

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