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Russlands Fußball im freien Fall

Österreich könnte vom Absturz der Russen in der Fünfjahres-Wertung profitieren.

Russlands Fußball im freien Fall Foto: © GEPA

16 Spiele – null Siege. Das ist die blamable Bilanz der russischen Vertreter in den Gruppenphasen der Champions und Europa League. Das Quartett bestehend aus Double-Sieger Zenit St. Petersburg, Lokomotive Moskau, FK Krasnodar und ZSKA Moskau konnte noch nicht voll anschreiben.

Die einzigen Siege feierte Krasnodar in der Playoff-Runde der Champions-League-Qualifikation, in der die Mannschaft aus dem Süden Russlands zweimal 2:1 gegen Stefan Schwab und PAOK Saloniki gewinnen konnte, das ist auf den Tag drei Monate und 16 Gruppenspiele her.

Die übrigen drei Vertreter haben sich durch Fixplätze für ihre jeweiligen Bewerbe qualifiziert.

Die Europacup-Durststrecke der Teams aus dem größten Land der Erde wird die russische Liga noch über die nächsten Jahre verfolgen und mögliche Nutznießer wie Österreich hervorbringen.

Auch in der Europa-League-Qualifikation lief es für die russischen Mannschaften katastrophal. Dynamo Moskau verlor in der zweiten Qualifikationsrunde 1:2 bei Lok Tiflis, Rostov verlor in Runde drei bei Maccabi Haifa mit dem selben Spielstand. Zwei Spiele, die wichtiges Geld, aber auch wichtige Punkte in der Fünfjahres-Wertung kosten.

Zenit St. Petersburg – 4 Spiele: 1 Unentschieden, 3 Niederlagen

In Gruppe F der Champions League gab es für das Aushängeschild des russischen Klub-Fußballs wenig zu holen. Im ersten Gruppenspiel erschwerte die Mannschaft von Trainer Sergey Semak das eigene Überwintern in der Europa League durch eine 1:2-Niederlage beim FC Brügge.

Die Defensiv-Schlacht gegen den BVB ging erst spät in die Binsen: Ein Elfmeter von Sancho in der 78. Minute war der Dosenöffner für die Schwarz-Gelben, die letztendlich durch einen Treffer von Erling Haaland in der Nachspielzeit 2:0 gewinnen konnten.

Gegen Lazio Rom am dritten Spieltag funktionierte das Spiel der Russen besser, auch weil die Angriffsbemühungen lebhafter waren, als in der Vorwoche in Dortmund. Nach einem 1:1 gegen die Italiener stand der erste Punkt auf dem Konto.

Dieser Zähler muss sich allerdings ziemlich einsam fühlen, denn in der vierten Runde setzte es ein 1:3 bei den Laziali.

Die Luft ist für Zenit sehr dünn geworden, am Mittwoch steht das richtungsweisende Duell gegen Brügge auf dem Spielplan, ein Sieg mit zwei Toren Differenz oder höhere Siege mit einem Tor Unterschied als 2:1 (zb 3:2, 4:3) ist Pflicht, sonst endet das Europacup-Abenteuer der Millionen-Truppe bereits in der Gruppenphase.

Auch Abseits des internationalen Geschäfts gibt es Baustellen beim Platzhirschen des russischen Fußballs. Kapitän Artem Dzyuba wurde durch eine Video-Affäre (alle Infos >>>) kurzzeitig von seinem Amt als Spielführer enthoben.

Dass der 32-Jährige, der durch den Skandal für den letzten Lehrgang der russischen Nationalmannschaft von Teamchef Stanislaw Tschertschessow nicht berücksichtigt wurde, weiterhin einen Fixplatz im Angriff von Zenit hat, geschweige denn Kapitän ist, stößt bei Teilen der Anhängerschaft auf Unmut.

Das Entscheidungsspiel gegen Brügge kommt für die "Löwen", die nach zwei Remis in der Liga nur knapp an der Tabellenspitze stehen, jedenfalls zur Unzeit.

FK Krasnodar – 4 Spiele: 1 Unentschieden, 3 Niederlagen (2 Siege in der Qualifikation)

Auch bei den "Bullen" aus Krasnodar sieht die Bilanz in der Champions-League-Gruppenphase wenig rosig aus. Abgesehen von den beiden Siegen über PAOK Ende September, stehen drei Niederlagen en suite und ein Remis zu Beginn der Gruppenphase gegen Rennes zu Buche.

Beim 0:4 beim FC Chelsea war das Team vom 37-jährigen Trainer Murad Musaev chancenlos, eine Woche später gegen Sevilla kopflos.

Nach 21 Minuten führten die offensiv durchaus begabten Südrussen mit 2:0, zwar erzielte Ivan Rakitic den Anschlusstreffer noch vor der Pause, dafür musste Sevilla die zweite Halbzeit in Unterzahl absolvieren: Jesus Navas sah glatt Rot für eine Notbremse.

In Überzahl mit der Führung im Rücken zu agieren, brachte nichts. Sevilla drehte das Spiel durch einen Doppelpack des Marokkaners En-Nesyri, wodurch die Durststrecke der russischen Klubs nur traurige Fortsetzung finden sollte.

Auch im Heimspiel gegen die Andalusier stellte sich Krasnodar mehr als unglücklich an. Ex-Salzburg-Angreifer Wanderson konnte zwar in der zweiten Halbzeit den Führungstreffer durch Rakitic egalisieren, in der fünften Minute der Nachspielzeit nahm El Haddadi den Russen allerdings den so wichtigen Punkt wieder weg.

Krasnodar steht mit Rennes am Tabellenende, beide Teams halten bei je einem Zähler, auch für die "Bullen" steht das Entscheidungsspiel im Kampf um die Europa League unter der Woche auf dem Programm.

Lokomotive Moskau – 4 Spiele: 3 Unentschieden, 1 Niederlage

Der Gegner von Red Bull Salzburg in Gruppe A ist "Unentschieden-Zar" der Königsklasse. Keine andere Mannschaft hat nach vier Partien drei Remis auf dem Konto. Die Moskowiter belegen in der Gruppe vor den Bullen Rang drei, mit einem Sieg am Dienstag (18:55 Uhr im LIVE-Ticker) wäre dieser abgesichert.

Die einzige Niederlage für "Loko" gab es in der zweiten Runde gegen den FC Bayern München. Joshua Kimmich fixierte nach zwischenzeitlichem Ausgleich durch Anton Miranchuk in der 79. Minute doch noch den Sieg für den Titelverteidiger.

Gegen Atletico Madrid konnte das Team von Marko Nikolic zwei beachtliche Remis einfahren, wodurch die Hauptstädter weiterhin alle Chancen im Kampf um die Champions-League-K.o.-Phase haben.

Chancen, die Red Bull Salzburg den Russen zunichte machen möchte. Bei einem Sieg gegen Lok Moskau und gleichzeitiger Niederlage von Atletico Madrid gegen Bayern München hätten die Mozartstädter im direkten Duell die Chance auf den Einzug ins Achtelfinale.

Das Spiel am Dienstag ist auch darüber hinaus von elementarer Bedeutung. Ein Sieg im direkten Duell würde in der Fünfjahreswertung für beide Länder viel bewirken. Russland braucht jeden Punkt dringend, Österreich könnte dafür sorgen, dass beide Länder noch näher aneinander rücken.

ZSKA Moskau – 4 Spiele: 3 Unentschieden, 1 Niederlage

Der einzige russische Vertreter in der Europa-League-Gruppenphase darf sich ebenfalls Unentschieden-Meister in seinem Bewerb nennen.

Das Team des Weißrussen Viktor Goncharenko eröffnete den Bewerb mit einem 1:1-Unentschieden gegen den Wolfsberger AC, gefolgt von einem torlosen Remis gegen Dinamo Zagreb sowie einer 3:1-Niederlage bei Feyenoord und einen 0:0 gegen die Niederländer.

Das Duell mit den Kärntnern am Donnerstag (18:55 Uhr im LIVE-Ticker) wird für beide Mannschaften richtungsweisend sein. Der WAC liegt mit vier Zählern nur einen Punkt hinter Feyenoord auf Rang drei, ZSKA hält bei drei Punkten.

Ein Sieg würde das jeweilige Team in die Pole Position um den Aufstieg spülen, ein Remis könnte für ZSKA das Aus bedeuten, sollte Feyenoord gegen Dinamo Zagreb gewinnen.

Russland verliert an Boden

Dass die Unserie der russischen Teams nicht nur für die einzelnen Vereine schlecht ist, liegt mit einem Blick auf die Fünfjahres-Wertung auf der Hand.

Russland kommt auf erst 3.833 gesammelte Punkte. Zum Vergleich: Österreich hat 4.700 Zähler gesammelt. Sämtliche Nationen im Dunstkreis der auf sieben gereihten Russen haben entweder Boden gutmachen oder sich absetzen können. Portugal kommt auf 5.400 Punkte, die Niederlande sammelten 5.800, Belgien erzielte 4.600 Zähler.

Sollte sich dieser Trend fortsetzen, wird sich dies spätenstens 2023 nachhaltig auf die Platzierung Russlands auswirken, da fallen die 12.600 Punkte aus der Saison 2017/18 aus der Wertung. Der Absturz aus den Top 10 könnte schon vorher drohen, sollten die Klubs der russischen Premier League nicht bald die Trendwende schaffen.

In zwei Runden könnte das russische Europacup-Desaster perfekt sein. Red Bull Salzburg und der WAC könnten gewichtig dazu beitragen und doppelt wichtige Punkte für Österreich in der Fünfjahreswertung sammeln.

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