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Benedikt Zech: "Dann wäre unsere Mannschaft unsterblich"

Der ÖFB-Legionär startet bald in seine 5. Saison im polnischen Oberhaus. Im Interview spricht er über seine Karriere, die Ekstraklasa & den Traum vom 1. Titel.

Benedikt Zech: Foto: © GEPA

Der "Professor" - so rufen sie ihn liebevoll, die Fans von Pogon Stettin.

Fernab seiner Vorarlberger Heimat hat sich Benedikt Zech beim polnischen Erstligisten schon längst zu einem der besten Defensivakteure der Ekstraklasa gemausert.

Im Sommer 2019 packte der heute 32-Jährige seine sieben Sachen und schloss sich dem in der Hafenstadt Stettin beheimateten Traditionsklub an. 

Über 130 Spiele absolvierte der Abwehr-Routinier seitdem im Trikot der Rot-Blauen und führte seine Mannschaft dabei auch des Öfteren als Mannschaftskapitän an. In Stettin avancierte der Fels in der Brandung der Pogon-Defensive schon vor langem zum Publikumsliebling.

Seite an Seite mit Landsmann und Teamkollege Alexander Gorgon geht er mit Pogon in seine mittlerweile fünfte Saison und kämpft dabei um den Einzug ins internationale Geschäft und den ersten Titelgewinn der Vereinsgeschichte.

Im Interview mit LAOLA1 spricht der ÖFB-Legionär unter anderem über die Schwierigkeiten der letzten Saison, seine Zeit bei Pogon Stettin und die Besonderheiten des polnischen Fußballs.

Außerdem plaudert der gebürtige Ludescher über seine Zukunftspläne, seine Träume und eine mögliche Bundesliga-Rückkehr.


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LAOLA1: Du hast mit Pogon Stettin in der abgelaufenen Ekstraklasa-Saison den vierten Platz geholt und damit die Qualifikation zur UEFA Europa Conference League erreicht. Wie zufrieden bist du mit eurer Saison 2022/23? 

Zech: Nicht so richtig. Die Ansprüche waren vor der Saison schon bisschen höher, wir hätten mit mehr gerechnet. Unser Kader war nämlich sehr gut. Der Herbst war leider etwas durchwachsen, wir haben früh viele Punkte liegen gelassen. Wir haben zudem, was für uns ungewöhnlich war, sehr viele Gegentore bekommen. In den letzten Jahren waren wir in der Hinsicht immer mindestens in den Top-3.  Unterm Strich spielen wir immerhin international, das kann sich schon sehen lassen. 

LAOLA1: Und aus individueller Sicht? 

Zech: Ich bin in erster Linie Verteidiger – wenn du so viele Gegentore kriegst, kannst du nicht ganz zufrieden sein. Ich will immer, dass meine Defensive die beste der Liga ist. Aber in der Vorbereitung werden wir jetzt hart daran arbeiten, wieder in die richtige Richtung zu kommen. Die Saison war solide, aber ich hatte schon bessere. 

LAOLA1: Du hast dich mit Pogon zum dritten Mal in Folge für das internationale Geschäft qualifiziert, bisher war aber jeweils in der Qualifikation auf dem Weg in die Gruppenphase bereits Schluss. Wie wichtig und schön wäre es für den Verein und dich, endlich den Sprung in eine internationale Gruppenphase zu schaffen? 

Zech: Für mich persönlich hat das oberste Priorität. Ich habe in meiner Karriere jetzt vier Mal Quali gespielt, bin damals mit Altach zweimal unglücklich erst im Playoff gescheitert. Das wäre mit meinen 32 Jahren noch ein echtes Highlight, wenn ich im europäischen Geschäft noch einmal in eine Gruppenphase reinschnuppern dürfte. Es ist ein harter und langer Weg. Wir haben jetzt ein bisschen Losglück gehabt, wir hätten auch deutlich schwierigere Gegner (Gent, Midtylland, Austria Wien etc., Anm.) erwischen können. Jetzt geht es einmal entweder nach Nordirland (Linfield FC, Anm.) oder Albanien (KS Vllaznia Shkodra, Anm.). 

"Wenn wir hier Meister werden würden, wäre das eine Riesengeschichte. Dann wäre unsere Mannschaft in Stettin unsterblich."

Benedikt Zech

LAOLA1: Ihr befindet euch gerade auf Trainingslager und steckt schon voll in der Vorbereitung für die kommende Saison – Pogon war die letzten Jahre öfters knapp am Titelgewinn in der Ekstraklasa dran. Welche Ziele steckt ihr euch für die kommende Saison – und peilt ihr dieses Jahr tatsächlich den ersten Meisterschaftsgewinn der Vereinsgeschichte an? 

Zech: Das ist schwierig zu sagen. Wir haben aktuell einen Umbruch im Kader – gestandene Spieler haben den Klub verlassen, die eine wichtige Rolle eingenommen haben. Deshalb wäre es jetzt meiner Meinung nach ein bisschen fatal, vom Meistertitel zu reden. Wir müssen auf jeden Fall noch am Transfermarkt etwas tun, ich hoffe der eine oder andere Spieler kommt noch. Wenn wir mal einen fertigen Kader haben, kann man sich schon höhere Ziele stecken.

Nach sieben Jahren und 210 Spielen verabschiedet sich Zech im Sommer 2019 aus Altach
Foto: © GEPA

LAOLA1: Im Sommer 2019 hast du deinen Herzensklub Altach nach sieben Jahren verlassen und das Abenteuer Polen gestartet. Wie kam es, dass du diesen besonderen Weg eingeschlagen hast?

Zech: Mein Ziel war damals klar das Ausland. Ich wollte einfach einmal etwas anderes sehen. Pogon war sehr flott und hat sich damals bereits Anfang des Jahres gemeldet. Mein ehemaliger Teamkollege Daniel Luxbacher hat mich gefragt, ob sein ehemaliger Kollege David Stec, der damals bei Pogon gespielt hat, meine Nummer weitergeben darf. Das hat den Stein ins Rollen gebracht.

LAOLA1: Hattest du anfangs Zweifel oder warst du sofort Feuer und Flamme für das Projekt?

Zech: Bei mir war es wie bei vielen anderen Spielern - die polnische Liga habe ich mir zuerst überhaupt nicht vorstellen können. Da bin ich ganz ehrlich. Wir sind dann aber eingeladen worden, haben uns das Ganze angeschaut und uns schlussendlich überzeugen lassen. Im Nachhinein bin ich sehr froh, dass ich den Schritt gemacht habe.

LAOLA1: Du hast davor deine gesamte Karriere in Vorarlberg verbracht – wie ist es dir persönlich mit diesem Schritt in die polnische Großstadt ergangen? Wie schwierig war die Anpassung für dich?

Zech: Eigentlich gar nicht. Stettin hat fast eine halbe Million Einwohner. Es ist eine sehr westlich geprägte und internationale Stadt, dadurch dass es auch an der deutschen Grenze liegt. Man kann sich hier eigentlich nur wohlfühlen, die Stadt bietet alles, was man sich vorstellen kann. Was mir persönlich auch taugt, ist, dass es ist eine sehr grüne Stadt mit vielen Parks und Grünflächen ist. Klar, die Berge vermisse ich als Vorarlberger (lacht). Es spricht auch eigentlich jeder Englisch, von dem her war die Sprache auch kein Problem.

"Jeder kann wirklich jeden schlagen. Du kannst als Erster zum Letzten fahren und musst trotzdem mit dem Messer zwischen den Zähnen um jeden Punkt kämpfen."

Benedikt Zech über die Ekstraklasa.

LAOLA1: Ist Polen für dich schon ein Stück weit zu einer zweiten Heimat geworden?

Zech: Stettin ist mittlerweile schon zur Heimat geworden. Es ist jetzt das fünfte Jahr hier, meine Familie und ich fühlen uns sehr wohl. Ich habe Mitspieler, mit denen ich jetzt seit fünf Jahren zusammenspiele und mit denen wir auch privat viel machen. Das passt sehr gut.

LAOLA1: Du kennst sowohl den österreichischen als auch den polnischen Fußball wie deine Westentasche. Was zeichnet den Fußball in der Ekstraklasa aus und wo siehst du die Unterschiede zur österreichischen Bundesliga?

Zech: Es ist auf jeden Fall ausgeglichener als in Österreich. Jeder kann wirklich jeden schlagen. Du kannst als Erster zum Letzten fahren und musst trotzdem mit dem Messer zwischen den Zähnen um jeden Punkt kämpfen. Es ist auch so, dass jede Mannschaft “outstanding players” hat, die den Unterschied machen können. Jede Mannschaft hat drei, vier Spieler aus Portugal, Spanien oder Brasilien dabei. Aber auch der Rest fällt nicht ab. Das macht die Liga schon interessant. Natürlich gibt es kein Red Bull Salzburg, aber eben auch keine schwache Mannschaft, wo man sagt “die putzen wir weg wie nichts”. Es ist auch eine Spur körperlicher, wenn ich es mit meiner Erfahrung in Österreich vergleiche.

LAOLA1: Auch die Atmosphäre in den Stadien Polens gilt als beeindruckend, die Fans sind für ihre Leidenschaft bekannt – gibt es einen bestimmten Verein, zu dem ihr für gewöhnlich mit besonders großem Respekt zu den Auswärtsspielen anreist?

Zech: Fußball hat in Polen doch einen anderen Stellenwert als in Österreich, das spürt man doch deutlich. Die Stadien sind schon supergeil, das kann man schon so sagen. Wo wir eigentlich am wenigsten gern hinfahren, ist Rakow Czestochowa, die letztes Jahr auch Meister geworden sind. Das liegt aber eher an ihrer Spielweise, nicht an der Atmosphäre im Stadion. Das ist nichts fürs Auge oder Fußballromantiker. Dort ist es sehr, sehr tough.

LAOLA1: Was macht Pogon Stettin aus? Wie tickt der Verein und welche Philosophie verfolgt er?

Zech: Der Verein ist in erster Linie einmal sehr familiär und sehr mit der Region und der Stadt verbunden. Die ganze Stadt lebt den Verein. Das merkt man sofort, wenn man hierherkommt. Fast jedes Auto in der Stadt hat einen Aufkleber oder Vereinswimpel. Pogon steht für Ballbesitz und Offensivfußball. Das Ziel ist es, den Gegner zu dominieren, was mir auch sehr entgegenkommt. Ich bin ja auch ein Verteidiger, der gerne von hinten rausspielt. Dem steht allerdings entgegen, dass man bei Kontern anfälliger ist. Für konterstarke Teams sind wir oft ein angenehmer Gegner.

Ex-Austrainer Alexander Gorgon steht seit Sommer 2020 ebenfalls bei Pogon unter Vertrag.
Foto: © GEPA

LAOLA1: Ihr habt die letzten drei Saisonen immer einen Platz in den Top-Vier belegt. Mit deiner Ankunft ging es für den Verein immer weiter bergauf. Wo siehst du die Gründe für diese Entwicklung Pogons zum Topteam und Titelanwärter?

Zech: Viele Personalentscheidungen, die der Verein getroffen hat, haben gepasst. Auch das Scouting-System ist sehr gut. Die Spieler, die sie herbringen, passen einfach ins System. Viel "Credit" gebührt auch dem ehemaligen Coach Kosta Runjaic, der den Verein schon auf ein höheres Level gebracht hat. Vor allem hinsichtlich der eigenen Ansprüche. Beim Verein hat dann wirklich ein Umdenken stattgefunden. Seitdem ich hier bin, haben wir eigentlich schon viel Erfolg gehabt.

LAOLA1: Mit David Stec (Lechia Gdansk), Stefan Savic (Warta Posen) oder deinem Teamkollegen Alexander Gorgon spielen auch einige weitere Österreicher in Polen – tauscht ihr euch untereinander aus und ist Polen einfach ein gutes Pflaster für österreichische Kicker?

Zech: Man quatscht halt nach und manchmal während dem Spiel. Polen ist, denke ich, für jeden Spieler ein gutes Pflaster. Dadurch, dass es infrastrukturell sehr weit vorne ist, kann sich die Liga schon sehen lassen. Die Ekstraklasa verkauft sich manchmal auch unter Wert. Es ist eine starke Liga, die ein bisschen unterschätzt wird. Auch weil wir nicht die internationalen Plätze haben, die beispielsweise Österreich hat. Bei uns ist es nicht wie in Österreich, wo Salzburg die ganzen Punkte gesammelt hat. Je mehr Teams international spielen, desto mehr Aufmerksamkeit bekommt sie.

LAOLA1: Seit 2020 steht auch Alexander Gorgon bei Pogon unter Vertrag. Wie wichtig und schön ist es für dich, einen Landsmann im Team zu haben?

Zech: Schon sehr cool. Wir haben ein enges Verhältnis, sind im gleichen Alter und haben dieselben Interessen. Wir machen auch privat viel, verstehen uns gut am Platz oder teilen das Zimmer zusammen. Mir taugt extrem, dass auch er seinen Vertrag um zwei Jahre verlängert hat und wir so im selben Jahr Vertragsende haben.

LAOLA1: Du gehst nun in deine fünfte Saison in Polen und gehörst mittlerweile zu den Top-5-Rekordlegionären deines Vereins. Wie stolz macht dich das und wie hast du deine Entwicklung in dieser Zeit erlebt?

Zech: Das habe ich gar nicht gewusst.... (lacht). Aber es zeigt, dass ich schon auf einem konstant guten Level spiele. Das kommt nicht von irgendwo, da steckt viel harte Arbeit dahinter. Das kann sich jedenfalls schon sehen lassen (lacht). Ich habe mich schon weiterentwickelt. Es ist doch eine andere Spielkultur, an die ich mich anpassen musste. Wenn man ins Ausland geht, vor allem nach Polen, ist das schon ein Schritt aus der Komfortzone. Ich habe mich auch persönlich entwickelt und glaube, dass mir das Ganze auf meinem weiteren Lebensweg helfen wird. Wie der aussehen wird, wird sich zeigen.  

Zech im Hintergrund beim 2:1-Testspielsieg gegen Rapid Wien im Jänner 2022
Foto: © GEPA

LAOLA1: Gibt es Ziele oder Träume, die du dir in deiner Karriere noch verwirklichen möchtest?

Zech: Man hat immer Ambitionen und Ziele. Im Alter werden die Träume halt ein bisschen weniger. Ich will noch so lange Fußball spielen, wie es mir Spaß macht und der Körper mitspielt. Ich hoffe, dass das schon noch ein paar Jahre sind. In zwei Jahren kann viel passieren, deshalb lasse ich mir da wirklich alles offen. Ich hoffe, dass es so weiter geht wie bisher. Wenn wir hier Meister werden würden, wäre das eine Riesengeschichte. Der Verein spielt schon lange oben mit, eine Trophäe steht aber noch nicht im Schrank. Wenn wir das wirklich schaffen würden, dann wäre unsere Mannschaft in Stettin unsterblich.

"Ja, das könnte ich mir sehr gut vorstellen."

Benedikt Zech über eine mögliche Rückkehr in die Bundesliga.

LAOLA1: Du hältst Pogon Stettin jetzt seit 2019 die Treue. An Interesse von anderen Klubs dürfte es über all die Jahre aber bestimmt nicht gemangelt haben, oder? 

Zech: Als ich vor eineinhalb Jahren meinen Vertrag verlängert habe, hat es schon einige Angebote gegeben. Ich habe aber das Gefühl gehabt, dass meine Geschichte beim Klub noch nicht fertig geschrieben war. Deshalb glaube ich, dass es ein guter Schritt war, zu bleiben.  

LAOLA1: Würde dich eines Tages auch eine Rückkehr in die österreichische Bundesliga reizen? 

Zech: Ja, das könnte ich mir sehr gut vorstellen. Ich habe jetzt noch zwei Jahre Vertrag und fühle mich hier wohl. Im Fußball geht es manchmal aber sehr schnell. 

Seinem Herzensklub Altach ist Zech nach wie vor eng verbunden
Foto: © GEPA

LAOLA1: Dein Herzensklub Altach ist in der abgelaufenen Saison um Haaresbreite dem Abstieg entgangen. Wie intensiv hast du den Abstiegskampf verfolgt?

Zech: Wieder einmal (lacht). Ich habe auf jeden Fall mitgelitten. Die letzten Jahre waren jetzt nicht so prickelnd für den Verein. Das ist wahrscheinlich auch der fehlenden Kontinuität geschuldet. Es gab viele Trainerwechsel, die Sportdirektoren sind gekommen und gegangen. Ich hoffe, dass sie mit Roland Kirchler und Joachim Standfest jetzt eine gute Wahl getroffen haben und irgendwann wieder am oberen Playoff andocken können. Ich wünsche es ihnen und hoffe, dass es gut funktionieren wird dieses Jahr. 



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