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Cican Stankovic: "Das wird mich mein Leben lang verfolgen"

Mit AEK Athen holte er das Double, in der Liga war er jedoch nur Ersatz. Nächste Saison soll sich das ändern: ÖFB-Team und Königsklasse sind ein großer Anreiz.

Cican Stankovic: Foto: © GEPA

AEK Athen staubte vergangene Saison in Griechenland mit dem Gewinn der Meisterschaft sowie dem Triumph im Pokal alles ab - mittendrin: Cican Stankovic.

Vor allem im Pokal half der 30-jährige Österreicher tatkräftig mit, stand jede Partie im Tor. In der Super League musste er jedoch von Oktober bis Saisonende mit einem Platz auf der Ersatzbank vorliebnehmen.

Im Interview mit LAOLA1 erklärt der ÖFB-Legionär die Hintergründe seiner teils schwierigen Saison und wie es ihm die vergangenen zwei Jahre in Griechenland erging.

Dazu plaudert er auch über seine Eindrücke vom ÖFB-Team sowie seinen Hoffnungen, bald selbst wieder für Rot-Weiß-Rot auflaufen zu dürfen. Auch Ex-Klub Red Bull Salzburg ist Thema.

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LAOLA1: Gratuliere zum Double in Griechenland! Wie ist diese starke Saison zu erklären?

Stankovic: Danke! Wir haben am Anfang der Saison einen neuen Trainer (Anm.: Matias Almeyda) bekommen, eine neue Spielphilosophie. Fast der ganze Kader wurde umgebaut. Mein erstes Jahr war ein katastrophales Jahr für uns. Wir sind nur Fünfter geworden, haben die Europa Conference League verpasst und danach gab es diesen Umbruch. Alles, was man tauschen konnte, wurde getauscht. Im Endeffekt war es auch absolut die richtige Entscheidung. Allerdings hätte so, wie wir die Saison begonnen haben, wohl niemand geglaubt, dass wir noch Double-Sieger werden. Panathinaikos ist mit zehn Siegen in die Saison gestartet und wir waren nach dem Herbst acht Punkte hinter ihnen. Aber dann haben wir einen richtigen Lauf gestartet. Ein großer Vorteil war auch unser neues Stadion, welches wir ab dem fünften oder sechsten Spieltag bekommen haben.

LAOLA1: Ihr habt das Meister-Playoff dominiert, kein einziges der zehn Spiele verloren und sieben Mal gewonnen. Im Endeffekt kann man wohl kaum von einem verdienteren Titel sprechen?

Stankovic: Im ersten Abschnitt der Meisterschaft war Panathinaikos die bessere Mannschaft, aber in den Playoffs waren wir die beste Mannschaft. Wir haben kein Spiel verloren, sehr wenige Gegentore bekommen. Wir sind der verdiente Meister geworden – und zum Schluss auch Pokalsieger.

LAOLA1: Du sprichst den Pokalsieg an. Im Finale wurde PAOK 2:0 geschlagen. Im Gegensatz zur Liga bist du den gesamten Pokal-Weg von Anfang bis zum Schluss im Tor gestanden. Hat der Titel für dich dadurch eine andere Bedeutung?

Stankovic: Ja, klar. Wenn man spielt, ist es ein anderes Gefühl. In der Liga habe ich nicht so viel gespielt. Ab dem sechsten Spieltag habe ich eine Corona-Infektion bekommen, dann habe ich zwei Spiele pausieren müssen. Dann habe ich auch noch muskuläre Probleme bekommen und für den Rest der Saison den Kürzeren gezogen. Da hatte ich ein wenig Pech. Dafür habe ich meine Chance im Cup bekommen und die habe ich dann absolut genutzt. Das war wichtig für mich, Cupsieger zu werden. Natürlich fühlt es sich anders an, wenn man spielt oder nicht spielt.

"Es war nicht einfach. Aber wenn man sich nicht auf seine Arbeit fokussiert und sich immer fragt, 'warum spiele ich nicht mehr?', kostet das zu viel Energie. Natürlich ist man am Anfang richtig sauer, aber man muss das akzeptieren."

Cican Stankovic über seine Degradierung

LAOLA1: Wie erklärst du dir, dass du in der Liga nach dem sechsten Spieltag keine Chance mehr bekommen hast?

Stankovic: Ich würde nicht sagen, dass ich aus leistungstechnischen Gründen nicht mehr gespielt habe. Ich habe Corona bekommen, durfte dann nicht spielen. Dann haben wir einen richtigen Lauf bekommen als Mannschaft. Da ist es extrem schwer, dass man da nochmal reinkommt. Aber dass er mir im Cup die Chance gegeben hat, zeigt mir, dass er mir vertraut und mit mir plant.

LAOLA1: Wie ist es dir damit ergangen, in der Liga nicht spielen zu dürfen?

Stankovic: Es war nicht einfach. Aber wenn man sich nicht auf seine Arbeit fokussiert und sich immer fragt, "warum spiele ich nicht mehr?", kostet das zu viel Energie. Natürlich ist man am Anfang richtig sauer, aber man muss das akzeptieren. Der Trainer ist der Boss. Für mich war es wichtig, dass ich, auch wenn ich in der Liga nicht spiele, trotzdem meine Spiele bekomme im Cup. Ab dem Achtelfinale spielt man Hin- und Rückspiel, das sind noch immer viele Spiele. Wichtig war auch, gut zu trainieren. Im Endeffekt bin ich der Meinung, dass im Fußball alles zurückkommt, wenn man ordentlich seine Hausaufgaben macht – auch wenn man nicht spielt.

LAOLA1: Mittlerweile spielst du ja schon seit zwei Jahren in Griechenland. Auch deine erste Saison war ein bisschen ein Auf und Ab, was Einsätze betrifft.

Stankovic: In der ersten Saison hatte ich im Dezember eine Meniskus-Operation. Dann habe ich drei Monate gebraucht, bis ich wieder zurückkomme. Deshalb hatte ich nur 23 Einsätze. Es war auch viel Pech dabei. Normal hat es geheißen, dass ich nach einer Saison wieder zurück sein werde, aber es hat ein wenig länger gedauert – wahrscheinlich auch, weil ich zwei Monate mit einem Meniskusriss gespielt habe. Ich habe das durchgezogen und dann nach zwei Monaten konnte ich nicht mehr und habe mich operieren lassen. Ich glaube, das hat die Heilung nicht beschleunigt - im Gegenteil. Es hat länger gedauert, bis ich zurückkomme. Im Endeffekt war auch die Saison für die Mannschaft und den Verein eine Katastrophe, weil wir nur Fünfter wurden. Das erste Mal nach vielen Jahren hat es AEK nicht geschafft, sich für die Europa League oder Conference League zu qualifizieren.

"Bei den Derbys, wenn wir gegen Olympiakos oder Panathinaikos spielen, dann warten gefühlt 5.000 vor dem Hotel und verabschieden uns zum Spiel. Da wird einfach alles abgesperrt, dass der Bus überhaupt zum Auswärtsspiel kann."

Cican Stankovic über die AEK-Fans

LAOLA1: Und welches Fazit würdest du nach deinem zweiten Jahr ziehen?

Stankovic: In der zweiten Saison habe ich meinen Stammplatz in der Liga verloren, bin aber Pokalsieger geworden. Sicher hätte ich in der Liga auch gerne gespielt, aber ich bin zufrieden, denn zwei Titel sind unglaublich. Ich bin trotzdem Teil der Mannschaft. Gerade der zweite Titel im Cup bedeutet mir viel. Natürlich hätte ich gerne mehr gespielt, aber ich weiß, im Fußball geht es sehr schnell und wir werden sehen, was die Zukunft bringt.

LAOLA1: Du hast Salzburg 2021 verlassen, um auch mal ein neues Land kennenzulernen. Das Sportliche mal beiseitegeschoben: Wie lebt es sich in Griechenland?

Stankovic: Es scheint gefühlt 365 Tage die Sonne. Die Leute fahren nicht umsonst auf Griechenland in den Urlaub. Ich habe die Möglichkeit, dort Fußballzuspielen und zu leben, wo die Menschen Urlaub machen. Das ist ein Privileg.

LAOLA1: Also kein Vergleich zu Salzburg?

Stankovic: Salzburg ist auch wunderschön, aber Athen hat vier Millionen Einwohner, ist riesig. Die Lebensqualität ist sehr hoch. Wenn man da auch noch für einen Top-Klub spielen darf, gibt es nichts Schöneres. Ich wollte immer irgendwo am Meer spielen. Mit AEK hat sich dann die Möglichkeit ergeben.

Die Fans von AEK Athen
Foto: © GEPA

LAOLA1: Griechenland ist nicht nur als Urlaubsland bekannt, sondern auch für seine leidenschaftlichen Fußball-Fans. Wie war die Stimmung bei den AEK-Fans nach dem ersten Double seit 1978?

Stankovic: Die griechischen Fans spielen in einer anderen Liga, was die Leidenschaft betrifft. Wenn man die Möglichkeit hat, sich mal ein Derby anzuschauen, dann sollte man das nutzen, weil das ist echt was Besonderes. Speziell bei den Derbys verwandelt sich das Stadion in einen Feuertopf. Das habe ich bislang noch nicht gesehen in meiner Karriere. Es gibt genug Videos im Internet, was die Fans da veranstalten – vor und nach dem Spiel. In Griechenland sind ja Fans bei Auswärtsspielen verboten. Bei den Derbys, wenn wir gegen Olympiakos oder Panathinaikos spielen, dann warten gefühlt 5.000 vor dem Hotel und verabschieden uns zum Spiel. Da wird einfach alles abgesperrt, dass der Bus überhaupt zum Auswärtsspiel kann. Dann werden wir von den Fans auf den Mopeds begleitet. Das ist unglaublich.

LAOLA1: Verfolgst du eigentlich die österreichische Bundesliga?

Stankovic: Nur von den Ergebnissen her. Um mir Spiele anzuschauen, habe ich keine Zeit. Wir spielen auch jeden Samstag und Sonntag. Ein Spiel habe ich mir diese Saison in der österreichischen Bundesliga angeschaut, weil wir da gerade spielfrei gehabt haben. Das war das Heimspiel von Salzburg gegen Sturm, wo sie den Meistertitel fixiert haben. Sonst relativ wenig. Aber wenn, dann schaue ich mir nur Salzburg an.

LAOLA1: Nach deinem Abgang 2021 hat sich damals für einige etwas überraschend Philipp Köhn das Einser-Leiberl gesichert. Mittlerweile hat er sich zum wahrscheinlich besten Tormann der Bundesliga entwickelt. Du kennst ihn noch von früher. Hättest du ihm diese Entwicklung zugetraut?

 

Cican Stankovic und Philipp Köhn
Foto: © GEPA

Stankovic: Er hat die Möglichkeit damals gesehen, dass er Einser werden kann und hat die Chance genutzt. Jetzt ist er verdient die Nummer eins. Ob ich es ihm zugetraut habe? Sicher! Salzburg holt keine Spieler, die keine Qualität haben und an die sie nicht glauben. Er hat sich durchgesetzt, hat das richtig gut gemacht und sich reingespielt.

LAOLA1: Die Torwart-Situation in Salzburg ist derzeit sehr interessant. Ein anderer Tormann, den du aus dem Nationalteam gut kennst, Alexander Schlager, wird in diesem Sommer dorthin wechseln - obwohl er nicht als Einser-Tormann eingeplant ist. Wie beurteilst du diese Konstellation aus der Ferne?

Stankovic: Ich glaube, nur die Verantwortlichen in Salzburg wissen, was nächste Saison passieren wird. Von der Ferne aus ist das richtig schwer zu beurteilen. Es gibt ja auch noch Nico Mantl. Es wird interessant zu sehen, was nächste Saison passiert.

LAOLA1: Hattest du innerhalb des vergangenen Jahres eigentlich schon mal Kontakt mit ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick?

Stankovic: Nein. Mein letzter Kontakt mit Ralf Rangnick war, als ich damals in Salzburg unterschrieben habe.

LAOLA1: Für dich nachvollziehbar?

Stankovic: Ja. Ich spiele ja auch nicht regelmäßig bei AEK. Wenn man nicht regelmäßig spielt, hat man auch keinen Anspruch aufs Nationalteam.

LAOLA1: Wie nimmst du die Entwicklung der österreichischen Nationalmannschaft zuletzt wahr?

Stankovic: Es war die absolut richtige Entscheidung vom ÖFB, Ralf Rangnick als Teamchef zu holen. Schön langsam greift alles. Ich habe das Spiel gegen Belgien gesehen. Gegen Schweden habe ich leider nicht zugeschaut, aber was ich mitbekommen habe, haben wir viele Chancen gehabt und die Schweden an die Wand gespielt. Man sieht, dass Ralf Rangnick zu hundert Prozent zu dieser Mannschaft passt. Man kann ihnen nur gratulieren, dass sie so einen Trainer nach Österreich gebracht haben.

Cican Stankovic im ÖFB-Tor
Foto: © GEPA

LAOLA1: Mittlerweile hast du über zwei Jahre nicht mehr im ÖFB-Team gespielt. Kurz vor der EM bist du überraschend nicht mehr nominiert worden vom damaligen Teamchef Franco Foda. Wie weh tut dir das heute noch, dass du bei der EURO nicht dabei sein durftest?

Stankovic: Richtig weh. Das war auch einer der Gründe, warum ich dann nicht mehr in Österreich spielen wollte. Zu dem Zeitpunkt wollte ich nichts mehr mit dem Fußball in Österreich zu tun haben. Ich war sauer, traurig, alles, das man zu diesem Zeitpunkt sein kann. Ich habe die ganze Qualifikation mitgemacht und dann kurz vor der EM wurde ich einfach durchgereicht. Vor meiner Verletzung war ich die Nummer eins in Österreich, dann wurde ich innerhalb von einem Jahr zur gefühlten Nummer zehn – obwohl ich bei Salzburg immer noch Stammkeeper war. Das hat richtig wehgetan und wird mich mein ganzes Leben lang verfolgen, dass ich damals nicht dabei war. Aber ich muss jetzt nach vorne schauen und damit leben.

LAOLA1: Du hast damals auch durchaus scharfe Kritik an Franco Foda geäußert. Du hast kritisiert, dass er nie mit dir gesprochen hat, auch seine Menschenführung hast du infrage gestellt. Hat es seitdem irgendeine Aussprache gegeben?

Stankovic: Nein. Nachdem hat es auch nie wieder einen Kontakt gegeben. Es wird auch in Zukunft keinen Kontakt mehr geben. Da bin ich mir hundertprozentig sicher.

LAOLA1: Zuletzt warst du nicht auf dem ÖFB-Radar. Das Rennen ums ÖFB-Tor ist nach der tragischen Krebs-Diagnose von Heinz Lindner aber durchaus offen. Zuletzt bekam Alexander Schlager die Chance zu spielen. Sollte er in Salzburg aber nur auf der Bank sitzen, könnte es bald wieder eine Änderung im Tor geben. Wie groß ist deine Hoffnung, da in Zukunft vielleicht wieder mitmischen zu können?

Stankovic: Mein Fokus liegt auf meinem Verein. Ich möchte so schnell wie möglich Stammkeeper werden. Wenn ich wieder regelmäßig spiele, kann ich irgendeinen Anspruch aufs Nationalteam stellen.

"Zu dem Zeitpunkt wollte ich nichts mehr mit dem Fußball in Österreich zu tun haben. Ich war sauer, traurig, alles, das man zu diesem Zeitpunkt sein. Das hat richtig wehgetan und wird mich mein ganzes Leben lang verfolgen."

Cican Stankovic über seine ÖFB-Ausbootung vor der EM 2021

LAOLA1: Wie gut schätzt du deine Chancen ein, kommende Saison in Athen wieder die Nummer eins zu sein?

Stankovic: Der Trainer hat gezeigt, dass er auf mich baut. Er hat mir im Cup die Chance gegeben. Matias Almeyda ist ein fairer Trainer, er belohnt jeden Spieler, wenn er seine Hausaufgaben ordentlich macht. Ich werde versuchen, weiter dranzubleiben. Die Situation ist nicht neu, ich war auch in Salzburg lange die Nummer zwei und habe lange auf meine Chance gewartet. Ich habe noch zwei Jahre Vertrag, spiele bei einem Top-Verein und von meiner Seite gibt es keine Bemühungen, den Verein zu verlassen. Von Vereinsseite wurde mir kommuniziert, dass sie mit mir auch für die nächste Saison planen. Ich spiele bei einem Top-Verein, der nächstes Jahr international vertreten ist. Ich möchte unbedingt wieder die Nummer eins sein, möchte unbedingt meinen Stempel bei AEK hinterlassen. Deshalb werde ich weiterhin kämpfen.

LAOLA1: Die Chance, nächstes Jahr Champions League zu spielen, ist bestimmt auch ein großer Anreiz (Anm.: AEK Athen steigt in 3. Quali-Runde ein).

Stankovic: Am liebsten würde ich mich für die Königsklasse qualifizieren und dann in der Gruppenphase gegen Salzburg spielen. Das wäre der absolute Hammer. Wenn wir uns qualifizieren, sind wir in Topf 4, Salzburg ist in Topf 3, dann wären sie ein möglicher Gegner. Alles andere wäre mir gleich, aber gegen Salzburg würde ich gerne spielen. Die Möglichkeit ist da, aber wir müssen uns erst qualifizieren. Der Weg ist nicht einfach, weil wir auch ungesetzt sind. Aber ich glaube, mit unserem Stadion, der derzeitigen Mannschaft, ist sehr viel möglich.

LAOLA1: Danke für das Gespräch. Viel Glück für die kommende Saison!

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