Schmerzmittel im Profibereich sind offenbar bei weitem keine Seltenheit.
Einen genauen Einblick hierzu gibt nun Neven Subotic, Profi beim Bundesligisten Union Berlin.
In der ARD-Dokumentation "Hau rein die Pille", die in Kooperation mit dem Recherchezentrum "Correctiv" entstand und am Dienstag (22.45 Uhr) ausgestrahlt wird, spricht der ehemalige BVB-Spieler über Schmerzmittelmissbrauch:
"Was ich in den letzten 14 Jahren mitbekommen habe: Ibuprofen wird wie Smarties verteilt."
Subotic: Aufklärungsarbeit fehlt
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
"Von den Vereinen gibt es da auch nach meinem Wissen keine große Aufklärungsarbeit, weil sie eben auch unter Druck stehen, den Spieler so schnell wie möglich fit zu kriegen", betont Subotic. Der Bundesliga-Kicker spricht von einem System, das "einfach eine Weitergabe von Druck" sei: "Der gibt's auf den Nächsten, auf den Nächsten und den Nächsten. Und am Ende hat der den meisten Druck, der am meisten zu verlieren hat."
Schahin: "Ging nichts mehr ohne Schmerzmittel"
Schmerzen betäuben, Entzündungen bekämpfen, um auf Teufel komm' raus spielen zu können. "Du kannst mir neun Mal sagen: 'Du nimmst zu viel Schmerzmittel, lass es!' Ich höre neun Mal weg", sagt Jonas Hummels, Bruder von Dortmund-Verteidiger Mats Hummels, der bis 2016 in der 3. Liga in Unterhaching gespielt hatte. Auch Dani Schahin, der unter anderen bei Fortuna Düsseldorf aktiv gewesen war und im vergangenen Sommer seine Karriere beendet hatte, offenbarte in der ARD-Doku: "Die letzten drei, vier Jahre ging eigentlich gar nichts mehr ohne Schmerzmittel."
Toni Graf-Baumann prangert seit vielen Jahren diesen alarmierenden Missbrauch an, zu dem auch die vorbeugende Einnahme von Mitteln zählt. "Da läufst Du gegen Mauern", sagt der Ex-Berater des Weltverbandes FIFA und Mitglied der Anti-Doping-Kommission des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). "Da spielen das Geld, die Sponsoren, die ausufernden Gehälter und auch die Medien eine viel größere Rolle für die Sportverbände als die medizinische Vernunft."
Kein Verbot der WADA
Schmerzmittel zu nehmen, ist im Sport nicht untersagt und steht nicht auf der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Dabei erfüllen die Mittel zwei Kriterien, die für eine Aufnahme in die Liste sprechen. "Die Kriterien Leistungssteigerung und Gesundheitsgefährdung sind erfüllt", urteilt Hans Geyer, Biochemiker im Doping-Analyselabor in Köln. "Nach meiner Auffassung widerspricht es auch der Ethik des Sports, wenn man nur mit Schmerzmitteln Sport treiben kann."
Eine nicht repräsentative Umfrage zum Schmerzmittelkonsum im Amateurfußball unter 1.142 Fußballspielern von "Correctiv" zeigt, dass nicht unbedingt das große Geld eine Rolle spielt. Von den Befragten gaben 47 Prozent an, mehrfach in einer Saison zu Schmerzmitteln zu greifen; 21 Prozent nahmen sie einmal pro Monat oder öfter.
DFB-Präsident Keller zeigt sich schockiert
"Schockierend ist, dass es auch im Amateurfußball passiert", sagt DFB-Präsident Fritz Keller der ARD. "Ich wusste, dass das Problem besteht, aber das präventiv einzunehmen, ist einfach Dummheit." Er wolle nun über die Landesverbände und die Trainer eine Sensibilisierung schaffen. Denn der Sport im Amateurbereich sei "zur Gesunderhaltung gedacht und nicht dafür, dass man sich kaputt macht", betont Keller.
