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Frauen-WM 2023 war die "beste und größte aller Zeiten"

Die erste Frauen-WM mit 32 Teams lieferte Überraschungen, Rekordzahlen und einen unrühmlichen Schlussakt – Weltkarrieren erloschen, neue Sterne gingen auf.

Frauen-WM 2023 war die Foto: © getty

Sinnbildlich für das Turnier ist die neunte Frauenfußball-Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland am Sonntag zu Ende gegangen.

Weniger als ein Jahr, nachdem eine Spielerinnenrevolte das spanische Team auseinandergerissen hatte, war der Triumph von "La Roja" gegen England (1:0) nur eine der Überraschungen des einmonatigen Festivals des Frauenfußballs, das trotz einigen Zweifeln im Vorfeld mit Rekordzahlen aufwarten konnte.

Erstes Finale ohne USA oder Deutschland

Befürchtungen, dass die erste WM mit 32 Teams unter ihrer Größe leiden könnte, erwiesen sich als unbegründet, ebenso wie die Vorhersagen eines Hattricks der 2015 und 2019 triumphierenden US-Amerikanerinnen.

Das Endspiel war das erste ohne die USA oder Deutschland, denn der vierfache Weltmeister schied im Achtelfinale gegen Schweden aus und die Deutschen vor der K.o.-Phase.

Der amerikanische Soccer, lange Zeit das Maß aller Dinge im Frauen-Fußball, steht nun am Scheideweg, da Finanzkraft und Talent nach Europa (ab)fließen, wo drei der vier Halbfinalisten herkamen.

Große Karrieren gingen zu Ende

Australien war der Ausreißer in der Runde der letzten Vier und konnte mit seinem Lauf fast zwei Millionen Fans in die Stadien locken, weit mehr als der bisherige Rekord von 1,35 Millionen bei dem 24 Teams umfassenden Turnier in Kanada im Jahr 2015.

Co-Gastgeber Neuseeland war schon viel früher ausgeschieden, doch das Fünf-Millionen-Volk nahm das Turnier begeistert auf. Mehr als 700.000 Menschen besuchten die Spiele.

Im Rahmen des Turniers erloschen Weltkarrieren und neue Sterne gingen auf. US-Stürmerin Megan Rapinoe, das Gesicht von 2019, verabschiedete sich mit einem Elfmeter über die Latte aus dem Nationalteam. Brasiliens Ikone Marta bestritt ihr letztes WM-Spiel.

Und auch Christine Sinclair, die beste Torschützin aller Zeiten bei Frauen-Länderspielen und Equal-Pay-Vorkämpferin, erlebte mit Olympiasieger Kanada eine enttäuschende, wohl letzte Großveranstaltung.

Spanierinnen überstrahlen bei WM

Als Schlüsselelement für Spanien kristallisierte sich Mittelfeldspielerin Aitana Bonmati heraus, die auch zur besten Spielerin der Endrunde gewählt wurde. Sie sagte: "Wir haben gelitten, aber wir haben es auch genossen und wir haben es verdient."

Mit der 19-jährigen Salma Paralluelo ging auch der Young Player Award an eine Spielerin des neuen, erstmaligen Weltmeisters.

Den Goldenen Schuh durfte sich Japans Hinata Miyazawa mit fünf Toren anziehen. Spaniens Kapitänin Olga Carmona schoss das Goldtor im Finale, ehe sie vom Tod ihres Vaters erfuhr.

Am Arbeitgeber von Carmona zeigt sich die oft zitierte finanzielle Kluft zwischen Frauen- und Männerfußball.

Laut dem Wirtschaftsprüfungs-und Beratungsunternehmen Deloitte erwirtschaftete das Frauenteam von Real Madrid in der Saison 2021/22 einen Umsatz von 1,4 Millionen Euro. Das Männerteam setzte im gleichen Zeitraum 713,8 Millionen Euro um.

WM-Triumph für die Gesellschaft wichtig

Ekstase in Spanien war unabhängig davon erlebbar, in einigen Städten wurden spontane Straßenpartys gefeiert. "Campeonas del Mundo!!!", (Weltmeisterinnen) titelten die Fachzeitungen "AS" und "Mundo Deportivo" in großen Lettern.

Kommentatoren meinten, der Triumph sei nicht nur für den spanischen Sport, sondern auch für die Stellung des Frauenfußballs und der Frau in der spanischen Gesellschaft wichtig.

"Der Traum eines ganzen Landes ist wahr geworden", schrie die Kommentatorin des staatlichen Fernseh-Senders RTVE mit dem Schlusspfiff schon fast heiser ins Mikro.

"Wir brauchen mehr Trainerinnen"

Während Spaniens Verbandspräsident Luis Rubiales bei der Siegerehrung für einen Skandal sorgte, indem er Jennifer Hermoso einen Kuss auf den Mund aufzwang, nutzte Englands Teamchefin Sarina Wiegman die Final-Bühne für eine andere Forderung.

"Ich denke, wir brauchen mehr Trainerinnen", forderte die 53-jährige Niederländerin nach der Finalniederlage. "Es geht nicht darum, dass Männer nicht willkommen sind, denn ich denke, es gibt viele Männer im Frauenfußball, die großartige Arbeit leisten und schon lange dabei sind. Aber es wäre schön, wenn die Balance besser wäre."

Zwölf der 32 Teams waren mit einer Frau auf dem Cheftrainerposten zur WM angereist.

Auch die FIFA jubelt

FIFA-Präsident Gianni Infantino sah in seiner Lobrede die "beste und größte Frauen-WM aller Zeiten".

Die WM sei "magisch" und eine "Inspiration" gewesen und hat dem Weltverband nebenbei Einnahmen in Höhe von 570 Millionen US-Dollar beschert.


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