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So denkt Steven Gerrard über Rapid

Wovor Fußball-Ikone warnt, warum man zuletzt nicht die "wahren Rangers" sah.

Am Mittwoch betrat eine Fußball-Legende das Allianz Stadion in Wien.

Was Steffen Hofmann für den SK Rapid war, war Steven Gerrard für den FC Liverpool und den englischen Fußball. Diesmal ist er in neuer Mission in der österreichischen Bundeshauptstadt.

In seiner ersten Funktion als Profi-Cheftrainer nach seinen Anfängen im Nachwuchs der "Reds" und in der Youth League soll mit den Glasgow Rangers im "Endspiel" der Gruppe G der Europa League gegen Rapid (ab 18:55 Uhr im LIVE-Ticker, bei DAZN und Puls4) der Aufstieg ins Sechzehntelfinale gelingen (Wett-Quoten).

Gerrard warnt vor Rapid

Als er im Kapuzen-Pulli mit über einer halbstündigen Verspätung zur Pressekonferenz erschien, hätte man auch glauben können, Gerrard jagt noch immer aktiv dem runden Leder nach.

Eineinhalb Jahre nach seinem Karriereende scheint der ehemalige Mittelfeld-Star noch immer in Form zu sein, doch mittlerweile hören nur wenige Jahre jüngere Spieler auf sein Kommando.

Welche Chance sich ihm mit den Rangers in Wien bietet, ist ihm bewusst. Der Engländer sieht eine 50:50-Chance, auch wenn Rapid auf dem Papier die klar bessere Ausgangsposition hat.

Doch die Ikone selbst warnt vor Rapid. "Wir haben Riesen-Respekt vor dem Gegner", lässt Gerrard wissen. "Wir wissen, dass sie ein gutes Team, gute Einzelspieler und einen hevorragenden Trainer haben. Die Herausforderung ist sehr groß. Beide Teams haben zuletzt eine gemischte Form gezeigt, aber darauf können wir nicht vertrauen. Beide Teams werden alles versuchen, um aufzusteigen. Deshalb erwarte ich ein großes Spiel."

Parallelen: Zwei Gruppen-Underdogs mit Ups and Downs 

"The Gers", oder auch liebevoll "Teddy Bears" genannt, dürfen sich in Wien zahlreicher Unterstützung der angereisten "Bluenoses", wie sich die Rangers-Fans selbst nennen, sicher sein.

Allerdings weiß Gerrard auch, dass Rapid für lautstarke Unterstützung im Stadion bekannt ist. Obwohl die Grün-Weißen nur einen Punkt im Endspiel um den Aufstieg benötigen, erwartet der Rangers-Coach keineswegs eine destruktive Kühbauer-Elf.

"Wir glauben, dass Rapid sehr offensiv auftreten wird, außerdem erwarten wir sehr lautstarke Fans im Stadion, das wird eine ganz besondere Atmosphäre. Wir glauben nicht, dass Rapid abwarten und sich hinten reinstellen wird. Ich erwarte ein ganz anderes Spiel als etwa in der Liga. Ich glaube, das Spiel könnte uns liegen", wittert Gerrard trotz Lobeshymnen eine Chance für die Schotten.

Das Spiel sei für beide Seiten so richtungsweisend und emotional, weil für ihn "beide Teams die Underdogs in der Gruppe waren und nun um den Schritt in die nächste Runde kämpfen."

"Das waren nicht die wahren Rangers" 

Nur eine der aktuellen Parallelen zwischen Rapid und den Rangers. Denn die Achterbahnfahrt der Wiener in dieser Saison ist Gerrard bekannt, er sieht die Rangers jedoch ebenso wenig stabil.

Das zeigten die letzten zwei Spiele. Gegen Dundee reichte es zuletzt nur zu einem 1:1, gegen Aberdeen eine Woche zuvor musste man gar eine 0:1-Niederlage hinnehmen. Somit verloren die Rangers Platz eins an Erzrivale Celtic, das am Donnerstag parallel im zweiten Duell Österreich gegen Schottland auf RB Salzburg trifft.

Auf die Frage, ob er sich nun eine Reaktion seiner Mannschaft gegen Rapid erwartet, meint Gerrard mit einem Lächeln: "Die Reaktion habe ich eigentlich schon gegen Dundee erwartet. Das, was wir in den letzten zwei Spielen gezeigt haben, waren nicht die 'wahren Rangers'. Das war nicht unsere Standard-Leistung, wie am Anfang der Saison. Aber das wird ein komplett anderes Spiel und ich erwarte einen ganz anderen Stil von Spiel."

Die Rückkehr der Rangers in den Europacup nach der ganzen Vorgeschichte inklusive Neustart war eine ganz große Geschichte. Die aufgrund der Ausgangslage vor dem letzten Gruppenspiel noch besser wird.

Ansturm auf Wien: "Wir wollen Fans und uns stolz machen"

Das internationale Überwintern würde alle Erwartungen übertreffen.

"In der Europa League sind wir besser unterwegs als gedacht, da sind wir voraus. Aber wir dürfen uns jetzt nicht ausruhen. Wir haben uns diese Position verdient, man muss auch sehen, wo das Team vor zwölf Monaten war und welches Standing sie hatte. Wir haben große Fortschritte gemacht und müssen uns weiter verbessern. In der Liga waren wir vor kurzer Zeit noch auf Platz 1, aber wir dürfen nicht in Panik verfallen. Aber in den letzten Spielen ist etwas falsch gelaufen, da waren mehr Punkte möglich. Wir haben dennoch ein neues Team, das Zeit benötigt. Wir haben noch viel zu verbessern, dieser Aufgabe stellen wir uns."

In der Europa League überraschte man jedoch mit Siegen gegen Spartak und dem 3:1 im Hinspiel gegen Rapid, dazu gesellten sich zwei Unentschieden gegen Villarreal.

Bis zu 12.000 Fans, von denen nur 2.500 offiziell Karten haben, kommen aber nicht nur aufgrund des Erfolgslaufs mit nach Wien. Bei den Rangers ist der starke Support normal, abseits des Stadions wird die besuchte Stadt zur Partyzone erklärt. Die große Anzahl jener, die keine Tickets bekommen, macht die Rapid-Verantwortlichen ein bisschen unentspannt.

Doch Gerrard beruhigt: "Wir hoffen, dass alles sicher und friedlich bleibt und sie das Match genießen. Es ist ein tolles Match und wir wissen, dass bei den Rangers immer viele Fans kommen, wir waren ja auch viele Jahre jetzt nicht dabei. Ich als Manager habe jetzt keine direkte Message an sie. Wichtig ist, dass die Spieler am Feld Leistung zeigen, und so eine Message an die Fans schicken. Wir wollen die Fans und uns stolz machen."

Sportsmann Gerrard misst "Rasen-Gate" keine Bedeutung zu 

Unfreiwillig zu einem der Hauptthemen wurde der Hütteldorfer Rasen, der nach dem 0:0 gegen Sturm Graz sogar von den Rapid-Spielern und dem -Trainer heftig kritisiert wurde.

Der Zustand des Grüns führte sogar so weit, dass das eigentlich von der UEFA vorgegebene Abschlusstraining am Hauptplatz des Stadions für beide Teams auf den Trainingsplatz verlegt wurde, um das Geläuf zu schonen. Die Rangers trainierten somit dort, wo sonst Rapid II in der Regionalliga Ost seine Spiele bestreitet.

Gerrard nimmt es jedoch wie zu aktiven Zeiten, als Sportsmann. "Wir müssen uns darauf einstellen, uns anpassen, das ist für uns kein großes Problem. Es ändert unseren Fokus nicht, der bleibt gleich. Ich habe mir den Rasen aus dem Augenwinkel schon angeschaut, er ist sehr feucht. Aber es ist die richtige Entscheidung für beide Teams, um beim Match einen ordentlichen Platz vorzufinden."

Gerrard betont auch, dass es dieselben Begebenheiten für beide Teams sind, also weder Vor- noch Nachteil für eine Seite. "Wir konzentrieren uns auf unseren Gameplan, wir versuchen zu gewinnen. Der Platz ist wie er ist, daran können wir nichts ändern."

Für Gerrard eine Rückkehr nach Wien

Als Trainer kommt der 38-Jährige erstmals nach Wien. Als Spieler zeigte er sein Ausnahmekönnen aber schon des öfteren hier. Zwar nicht in Hütteldorf, aber zumindest drei Mal im Ernst-Happel-Stadion.

Sogar gegen Rapid trat er vor acht Jahren an. Im Jubiläumsspiel zum 110. Geburtstag des Klubs war niemand geringerer als der FC Liverpool zu Gast, und Gerrard spielte als Kapitän durch.

Am 16. November 2007 spielte er für England beim 1:0-Testspielerfolg gegen Österreich. Drei Jahre davor war er am 4. September 2004 nicht ganz unbeteiligt am spektakulären 2:2 der Engländer gegen die damalige Auswahl von Hans Krankl.

Gerrard erzielte das zwischenzeitliche 2:0, nachdem Frank Lampard die Three Lions in Führung gebracht hatte. Für das ÖFB-Team glichen danach Roland Kollmann und Andreas Ivanschitz binnen drei Minuten aus.

Als Spieler hat Gerrard seine eigene, große Geschichte geschrieben. Als Trainer steht er erst ganz am Anfang. In Schottland um den Meistertitel mitzukämpfen und dann auch noch auf Anhieb in der Europa League zu überwintern, wäre ein vielversprechender Anfang. Aber Rapid wird sicher etwas dagegen haben.

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