Waffen wie Messer, Äxte oder Macheten waren in den Stadien plötzlich keine Seltenheit mehr, beide Gruppen verbreiteten Angst und Schrecken. Waren einmal Kämpfe ausgebrochen oder kam es zu Ausschreitungen, antwortete die Polizei mit brachialer Gewalt.
Ein Professor aus Krakau, der eines der beiden Teams supportet und dieses aus Gründen der eigenen Sicherheit nicht nannte, erzählte kürzlich der englischen "Sun": "Ich habe in der Menge gestanden, als die Polizisten mit Gummigeschossen auf uns schossen."
Der "heilige Krieg" um Krakau
Der Konflikt zwischen den Krakauer Klubs zieht sich schon über Generationen hinweg.
Nach dem Weltbild der Wisla-Anhänger ist man der einzig wahre polnische Verein der Stadt, während sie Cracovia als einen Verein der Besatzungsmacht Österreich-Ungarn ansehen.
An zusätzliche Brisanz gewann das "Derby Krakowa" rund um 1920, als der jahrelang für Cracovia spielende Verteidiger Ludwik Gintel gesagt haben soll: "Meine Herren, wir gehen jetzt in den heiligen Krieg." Seither ist das Aufeinandertreffen zwischen Wisla und Cracovia auch unter der Bezeichnung "Heiliger Krieg" bekannt.
"Heilig" ist dieser Krieg schon lange nicht mehr, längst geht es nicht mehr um Fußball. In keiner anderen Fußball-Hochburg unseres Kontinents herrscht ein derart gewaltvoller Bandenkrieg wie in Krakau. Die Stadt an der oberen Weichsel ist eine geteilte.
Der Norden und Westen wurde von den "Sharks", den Hooligans von Wisla - die Polizei zählte 2011 600 Mitglieder, mittlerweile sind es wohl mehr -, eingenommen. Im Osten und Süden regiert die "Jude Gang", die Hooligans von Cracovia (2011: 300 Mitglieder).
"Jedes Haus, jedes Restaurant, jede Straße gehört entweder zu den 'Sharks' oder zur 'Jude Gang'", sagte eine Journalistin einst dem "Spiegel". Unter den Einwohnern in Krakau herrscht Angst, wer in der Stadt wohnt, lernt schnell, welche Bande in welchem Viertel regiert. Wer dies nicht weiß, muss mit schweren Konsequenzen rechnen.
Feinde verletzen, ohne sie zu töten
Die Gruppierungen haben sich längst zu organisierten Verbrecherbanden entwickelt, beide Lager würden sogar den Drogenhandel in der Stadt kontrollieren, heißt es.
Der nunmehrige Präsident und Eigentümer Jaroslaw Krolewski sowie Ex-BVB-Spieler Jakub Blaszczykowski griffen dem Klub mit einem Überbrückungskredit von einer Million Euro unter die Arme, um die Schulden bei den Spielern zu tilgen und Wisla vor dem Lizenzentzug zu retten.
Nebenher spielte "Kuba" gratis für jenen Klub, den er 2007 Richtung Dortmund verließ. 2020 bewahrte er Wisla neuerlich vor dem Verlust der Spielberechtigung und wurde Miteigentümer. Inzwischen hat der Pole seine Karriere beendet, hält aber weiterhin Anteile am Verein.
Rapid warnt die eigenen Fans
Die Kämpfe zwischen den Wisla- und Cracovia-Hooligans verlagerten sich indes wieder auf die Straßen der Metropole, da in Polen äußerst restriktive Gesetze für den Fußball eingeführt wurden. Wer Pyrotechnik verwendet oder illegales macht, wird automatisch gesperrt.
Die Banden beider Teams sind trotzdem auch heute noch in Krakau präsent, das Europa-League-Spiel gegen Rapid wurde von den lokalen Behörden als Hochrisikospiel eingestuft.
Daher empfiehlt die Geschäftsstelle der Grün-Weißen seinen Anhängern, "zu eurer eigenen Sicherheit in der Innenstadt auf Rapid-Fanartikel und das Singen von Fangesängen zu verzichten. Wir empfehlen, Rapid-Fanartikel ausschließlich im Gästesektor zu tragen".
Dann sollte einem friedlichen Fußball-Spiel ohne Vorkommnisse auf den Tribünen und außerhalb des Stadions (hoffentlich) nichts im Wege stehen.