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Aufstellungs-Poker: Wer darf gegen Portugal ran?

Marcel Koller muss gegen Portugal umstellen. Es tun sich spannende Fragen und Varianten auf:

Aufstellungs-Poker: Wer darf gegen Portugal ran?

Es ist ungewohnt geworden in der Teamchef-Ära von Marcel Koller.

Geschichten über potenzielle Aufstellungs-Varianten kann man sich zumeist getrost sparen, da er im Normalfall ohnehin das gewohnte Personal spielen lässt.

Das ist vor dem zweiten EURO-Gruppen-Spiel gegen Portugal anders.

Das Timing für die diversen Aufstellungs-Fragezeichen könnte natürlich idealer sein. Eine Sperre, ein verletzter Schlüsselspieler, andere Startelf-Abonnenten außer Form - zum ungünstigsten Zeitpunkt muss Koller von seiner über Jahre aufgebauten Stammelf abrücken.

Die beiden spannenden Fragen: Wie sehr rückt er von ihr ab? Mit wem rückt er von ihr ab?

Zwei Mal muss er bekanntlich unfreiwillig tauschen.

Alles andere als eine Nominierung von Sebastian Prödl anstelle des gesperrten Aleksandar Dragovic in der Innenverteidigung wäre eine Überraschung. Kevin Wimmer ist wie Martin Hinteregger ein Linksfuß. Das Teamchef-Argument gegen Prödl ist stets, dass er ein Rechtsfuß ist und mit ihm am Feld Dragovic auf die halblinke Position rücken müsste. Von dem her heißt es diesmal nicht Hinteregger oder Prödl, sondern Hinteregger mit Prödl. Das Duo hat gemeinsam noch kein Länderspiel von Anfang an absolviert, Hinteregger ist dennoch zuversichtlich, dass die Abstimmung bei der Premiere klappen wird. Prödl kennt die Herausforderung EURO von seiner Teilnahme an der Heim-EM 2008 und verfügt aus 57 Länderspielen und acht Jahren in der deutschen Bundesliga und der Premier League inzwischen über jede Menge Routine. Die Anforderung lautet daher, Ruhe in ein gegen Ungarn hypernervöses Gebilde zu bringen. Und ein klassischer Backup ist der Steirer ohnehin nicht, sondern eher ein gefühltes Mitglied der Stammformation. Was der Watford-Legionär selbst vor dem Portugal-Spiel zu sagen hat, lest ihr hier:

Wie sollte Teamchef Marcel Koller aufstellen?


Spannender ist da schon, wen Koller als Ersatz für den verletzten Zlatko Junuzovic auf der Zehn auf das Feld schickt.

  • Eine Variante wäre kein direkter Positionswechsel, sondern ein kleiner Umbau der gewohnten Formation. David Alaba könnte auf die Zehn rücken, was er in manchen Länderspielen im Spielverlauf bereits getan hat. Seine Abschlussstärke könnte eine Etappe weiter vorne noch besser zum Zug kommen, als wenn er von weiter hinten Anlauf nehmen muss. Neu ins Team rücken könnte als Sechser Stefan Ilsanker, was wiederum Julian Baumgartlinger und dessen Topform mehr offensive Entfaltungsmögichkeiten auf der Acht bieten würde. Ilsankers defensive Stabilität wäre gegen einen offensiv ausgerichteten Kontrahenten tendenziell kein Nachteil, zudem ist er kein Typ, der zu allzu großer Nervosität neigt. Seinen Reiz hat dieses Gedankenspiel auf jeden Fall.

  • Gegen Ungarn wechselte der Schweizer Marcel Sabitzer für Junuzovic ein. Der Leipzig-Legionär steht für Kaltschnäuzigkeit und Torgefahr, als Mitglied der Red-Bull-Familie ist Pressing für ihn kein Fremdwort - und schließlich gilt es den wichtigsten Pressingspieler zu ersetzen.

  • In der Schlussphase agierte gegen die Magyaren jedoch Alessandro Schöpf auf der Zehn, während Sabitzer auf den rechten Flügel rückte. Der ÖFB-Shootingstar wirkt gut in Form, die Rolle in der Offensivzentrale ist seine bevorzugte Position: "Ich fühle mich hinter den Spitzen als Zehner am wohlsten. Ich versuche mich immer zwischen den Ketten zu bewegen, den Ball zu bekommen, mich zu drehen, Flügelspieler einzusetzen oder selbst abzuschließen." Die Frage ist jedoch, ob Koller seinem unerfahrensten Kadermitglied die Mammutaufgabe dieses Showdowns bereits zutraut.

Was tun mit Harnik und Janko?

So lange ist es noch gar nicht her, da war Lukas Hinterseer der erste Backup von Junuzovic. Eine Nominierung des Ingolstadt-Legionärs erscheint im konkreten Fall unwahrscheinlich, bringt uns jedoch umgehend zu den potenziellen freiwilligen Änderungen der Startelf.

Man darf wirklich gespannt sein, wie sehr Koller von seinem Prinzip der Eingespieltheit abrückt. Ein Schlagwort seiner Ära war stets Vertrauen. Egal wie schlecht ihr Status beim jeweiligen Verein gerade war, im ÖFB-Dress zahlten es seine Stammkräfte dem 55-Jährigen zumeist zurück.

Zum ungünstigsten Zeitpunkt hat die Abkehr von diesem Trend begonnen. Einige Schlüsselkräfte präsentierten sich zuletzt derart weit weg von ihrer Normalform, dass ein Abrücken des Teamchefs zumindest im Bereich des Möglichen erscheint, auch wenn er sich mit jeder weiteren Personalrochade immer weiter von seiner Wunschelf entfernt.

Besonders ins Kreuzfeuer der Kritik sind Martin Harnik und Marc Janko geraten.

Ersterer passt von seinem Stärkeprofil her eher zu Portugal als zu kompakt agierenden Kontrahenten wie Ungarn oder Island. Mit seiner Schnelligeit könnte er in freie Räume vorstoßen, zudem ist er in der Rückwärtsbewegung durchaus verlässlich. Glaubt Koller nicht mehr daran, dass der 29-Jährige seinen gewohnten Rhythmus findet, ist Sabitzer der heißeste Kandidat als sein Ersatz, aber auch Jakob Jantscher kann diese Rolle einnehmen.

Der Fall Janko ist schwierig zu beurteilen. Koller sieht seinen Goalgetter jeden Tag im Training, kennt alle Fitness-Werte und sollte somit am besten einschätzen können, ob der Basel-Legionär eine Pause benötigt oder nicht. Seinen Rhythmus hat Janko nach seiner Verletzungspause definitiv noch nicht gefunden. Andererseits kann es bei Stürmern schnell gehen und ein Erfolgserlebnis den Knoten platzen lassen. Der 32-Jährige sollte inzwischen auch erfahren genug sein, sich von der aktuellen öffentlichen Meinung zu seiner Person nicht aus dem Konzept bringen zu lassen.

Sein gewichtigstes Argument in Normalform: Kein anderer Stoß-Stürmer im Aufgebot kann ihm auf internationalem Niveau das Wasser reichen. Rubin Okotie hat Janko in der Qualifikation bisweilen gut vertreten, präsentierte sich im ÖFB-Dress zuletzt jedoch ebenfalls nicht gerade brandgefährlich. Hinterseer wiederum könnte seinen aggressiven Spielstil in die Waagschale werfen. Eine sichere Bank ist aber wohl keiner der beiden.

Nicht vergessen sollte man die Möglichkeit einer ganz anderen Variante: Es ist schon eine Zeit her, dass Koller Sabitzer als Solo-Spitze probierte. Gegen einen Kontrahenten, gegen den man Konter fahren könnte, wäre es aber eine Option. Auch Harnik ist der Bereich an vorderster Front nicht fremd.

Änderungen auf den übrigen sieben Positionen kämen überraschend. Zwar präsentieren sich derzeit beileibe nicht alle in ihrer Bestverfassung, aber dass Koller seinen lange aufgebauten Block zu sehr zerreißt, ist erstens unwahrscheinlich und wäre zweitens tendenziell auch nur überschaubar sinnvoll.

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