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Flick: Von der zweiten Geige zum Dirigenten

Der Bayern-Cheftrainer ließ auch seine größten Kritiker verstummen:

Flick: Von der zweiten Geige zum Dirigenten Foto: © getty

Als der FC Bayern am 2. November eine 1:5-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt kassierte, hätte wohl niemand gedacht, was diese Saison noch bringen würde.

Die Bayern, die am zehnten Spieltag gerade einmal auf Rang vier standen, hatten einen der schlechtesten Saisonstarts aller Zeiten erwischt. Sogar die Champions-League-Qualifikation schien in Gefahr zu sein, geschweige denn, ein Titelgewinn in der aktuellen Saison. Einnerungen an die Spielzeit 2007/08 wurden geweckt, als sich die Bayern im UEFA-Pokal wiederfanden.

Es herrschte Handlungsbedarf an der Säbener Straße, wollte man die Katastrophe abwenden. Cheftrainer Niko Kovac, Doublesieger in der vergangenen Saison, musste gehen.

Für ihn rückte Co-Trainer Hansi Flick auf den Chefposten. Eine Lösung, die aus der Not heraus geboren wurde, wie die Bayern-Bosse um Karl-Heinz Rummenigge immer wieder betonten. Man war auf der Suche nach einem großen Namen. Jemandem, der wirklich das Potenzial hat, mit dem Klub die Erfolge zu holen, die ihnen 2012/13 unter Trainer-Legende Jupp Heynckes gelangen.

Mourinho, Wenger und Pochettino waren Trainer-Kandidaten

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Gerüchte um Jose Mourinho, Arsene Wenger oder Mauricio Pochettino verdichteten sich, sogar eine erneute Heynckes-Rückkehr (es wäre die vierte gewesen) soll eine Option gewesen sein. Denn als Cheftrainer des deutschen Rekordmeisters war Flick nicht qualifiziert. Das ließ zumindest ein Blick auf seine Vita vermuten. Zu oft stand er im Schatten der großen Trainer, ordnete sich selbst unter und agierte lieber im Hintergrund.

Trainer-Stationen bei der TSG Hoffenheim (2000-2005), mit denen er den Aufstieg in die zweite Bundesliga verpasste, ein kurzer Zwischenstopp als Co-Trainer bei Red Bull Salzburg (2006) sowie das langjährige Engagement als Assistent von Joachim Löw bei der deutschen Nationalmannschaft (2006-2014) ließen letztlich nicht darauf schließen, dass der 55-Jährige wirklich das Zeug zu Bayerns neuem Teamchef haben könnte. Zu oft spielte der gebürtige Heidelberger nur die zweite Geige, zu selten war er in der Verantwortung.

Kein Glück mit Guardiola und Ancelotti

Doch, dass ganz große Namen den Bayern noch nie ihre gewünschten Erfolge brachten, zeigte bereits die Vergangenheit. Mit Star-Trainer Pep Guardiola, Carlo Ancelotti und dem "Experiment" um Jürgen Klinsmann scheiterte man an der Säbener Straße.

Zwischen Trainersuche, Neuverpflichtungen und dem Wunsch, endlich wieder den ganz großen Erfolg zurück in die bayerische Landeshauptstadt zu holen, brachte Flick die Münchner im Stillen in die richtige Spur - und stimmte die Bayern-Bosse um: Flick durfte die Saison als Cheftrainer zu Ende spielen, sein Vertrag wurde in der Rückrunde bis 2023 verlängert.

In dieser überzeugte der 55-Jährige auch die letzten Kritiker. Ex-Bayern-Kapitän Philipp Lahm stellt Flick sogar auf eine Stufe mit den größten Trainern des Rekordmeisters: "Wenn man auf die Vergangenheit des FC Bayern schaut, auf Ottmar Hitzfeld oder Jupp Heynckes, dann war das schon eine Stärke dieser Trainer, eben nicht im Vordergrund zu stehen, sondern für die Mannschaft zu arbeiten. Genau so ist Hansi Flick."

Enger Austausch mit Spielerrat um Alaba

Im engen Austausch mit dem Spielerrat um Kapitän Manuel Neuer, Thomas Müller, Robert Lewandowski, David Alaba, Joshua Kimmich und Thiago soll Flick das Triple-Team geformt haben.

Das Vertrauen zahlten ihm die Spieler mit Top-Leistungen zurück. Der bereits aussortierte Thomas Müller wurde zum besten Assistgeber in der deutschen Bundesliga (21 in der Bundesliga, 3 in der Champions League, 2 im DFB-Pokal), Robert Lewandowski zum absoluten Torgarant (34 Treffer in der Bundesliga, 15 in der Champions League, 6 im DFB-Pokal), Manuel Neuer ließ Diskussionen um die Nummer eins im deutschen Tor verpuffen und auch Jerome Boateng, der schon längst auf dem Abstiegsgleis der Bayern stand, avancierte wieder zum Stammspieler, wo er auf seiner Position überzeugte.

Nun hat Flick das Triple geholt. Erst zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte. Nach einer Saison, die einige bereits abgeschrieben hatten mit einem Trainer, dem es keiner zugetraut hatte. Denn spätestens als im Estadio da Luz der Schlusspfiff erklang, war Flick die Rolle des Dirigenten bei den Bayern sicher.

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