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Salzburgs Champions-League-Fluch gebrochen?

Elf Mal gescheitert! Klappt es beim zwölften Anlauf in der Qualifikation?

Salzburgs Champions-League-Fluch gebrochen?

Als eine "böse Verwünschung" oder ein "Wunsch, dass jemandem ein Unheil widerfahren soll" lautet im Duden die Definition für das Wort Fluch.

Ein solcher begleitet den FC Red Bull Salzburg fast so lange wie es den Verein in dieser Form gibt, nämlich jener in der Champions League: Elf Mal versuchten die "Bullen", über die Qualifikation die "Königsklasse" zu erreichen, elf Mal vergeblich.

Tatsächlich könnte man meinen, dass die Fußball-Götter oder etwas ähnlich Großes sich in den vergangenen Jahren gegen den FC Salzburg verschworen haben und den "Bullen" immer wieder aufs Neue auf äußerst grausame Weise den Traum von der Champions League vor der Nase platzen ließ.

Doch in der Vorsaison war es dann erstmals so weit, der FC Salzburg durfte dank eines Fixplatzes über die Bundesliga erstmals in der Champions-League-Gruppenphase starten.

Doch ist damit der Fluch gebrochen, oder spielt das elffache Scheitern auch beim zwölften Anlauf über die Qualifikation, die am Dienstag gegen Maccabi Tel Aviv losgeht (21 Uhr im LIVE-Ticker und auf DAZN), in den "Bullen"-Köpfen mit?

Marsch glaubt nicht an CL-Fluch

Wenn es nach Coach Jesse Marsch geht, der noch nie ein Salzburger Quali-Scheitern vor Ort miterleben musste, ist der Fluch Geschichte.

"Ich glaube, dass der Verein und viele hier in der Vergangenheit Angst gehabt haben vor so einer Quali-Runde. Im Moment haben wir aber eine Mannschaft, die genau versteht, was die Champions League ist und was diese Spiele bedeuten. Ich denke, dass ist ein Vorteil für uns", spricht der US-Amerikaner bei "Sky" die lehrreiche erstmalige Champions-League-Kampagne aus der Vorsaison an.

Tatsächlich gibt es im aktuellen Kader mehr Spieler, die noch gar nie an einer Champions-League-Quali gescheitert sind, als jene, die schon "traumatisiert" sind.

Nur Cican Stankovic, Alexander Walke, Andre Ramalho, Patrick Farkas, Enock Mwepu, Zlatko Junuzovic, Patson Daka und Andreas Ulmer wirkten vom aktuellen Kader schon mal aktiv bei einer erfolglosen Quali-Kampagne mit, für Kapitän Ulmer ist es gar der zehnte Anlauf.

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Unbescholten ins Spiel im Tel Aviver Bloomfield-Stadium gehen hingegen etwa Dominik Szoboszlai, Sekou Koita, Noah Okafor oder Mo Camara. Bei diesen Kickern fehlt das Wort Scheitern ohnehin im Wortschatz, in ihrer jungen Karriere ging es bisher mit wenigen Ausnahmen nur steil nach oben. Eine Champions-League-Teilnahme wird beinahe schon vorausgesetzt.

"Ich habe mit meiner Familie und meinem Berater gesprochen und mich dafür entschieden in Salzburg zu bleiben. Ich möchte diese Reise mit der Champions League noch einmal machen", meinte etwa Szoboszlai, als er im August ankündigte, noch mindestens ein halbes Jahr in Salzburg dranzuhängen.

"Unser Ziel ist, immer in der Champions League zu sein"

Auch Jesse Marsch kennt den Champions-League-Fluch nur vom Hörensagen, für den US-Amerikaner muss es der Salzburger Anspruch sein, Stammgast in der "Königsklasse" zu sein.

"Nach letztem Jahr, in dem wir eine super Erfahrung in der Champions League gemacht haben und sehr gut gespielt haben, ist unser Ziel, immer in der Champions League zu sein. Das ist der nächste große Schritt für unseren Klub", findet Marsch auf der Pressekonferenz am Montag.

Vor wenigen Jahren war man mit Kampfansagen bezüglich Champions-League-Qualifikation noch vorsichtiger, eine Teilnahme wurde nicht als Muss sondern als schöne Draufgabe bezeichnet. Für Christoph Freund, der seit 2015 als Sportdirektor in der Mozartstadt tätig ist und noch viel länger hinter den Kulissen werkelt, ging der Champions-League-Fluch schon mit der erstmaligen Teilnahme in der Vorsaison zu Ende.

"Die Champions League war immer ein Riesen-Thema in Salzburg, das immer mitgeschwungen hat. Das haben wir jetzt auch ausgelöscht", sagte Freund ziemlich genau vor einem Jahr nach dem ersten Gruppenspiel der "Bullen" in der "Königsklasse", das mit 6:2 gegen Genk gewonnen werden konnte.

Salzburg trotz Corona-Misere vor Maccabi gewarnt

Die Gegenwart heißt allerdings Maccabi Tel Avi, und die ist alles andere als angenehm – allerdings weniger aus sportlichen Gründen. Die Corona-Lage in Israel ist noch deutlich prekärer als im Rest der Welt.

Seit letzter Woche befindet sich das ganze Land im zweiten Lockdown. Dennoch steckte sich mit Dan Glazer ein Spieler von Maccabi, der am Mittwoch noch gegen Dynamo Brest im Quali-Einsatz war, mit dem neuartigen Virus an. Nachdem der 24-Jährige am Donnerstag positiv getestet wurde, stellten sich am Sonntag dann gleich sechs weitere Spieler sowie sieben Mitglieder des Betreuerstabs als infiziert heraus.

Dor Peretz, Avi Rikan, Daniel Peretz, Nick Blackman, Enric Saborit, Yonatan Cohen und eben Glazer werden Maccabi damit im Bloomfield-Stadium fehlen.

Vor allem Peretz, Saborit und Glazer werden den Israelis abgehen, alle drei gelten als absolute Schlüsselkräfte. Jesse Marsch gibt sich trotz der Corona-Misere und des Umstands, dass Salzburg über einen achtmal so hohen Marktwert wie Maccabi verfügt, gewarnt.

"Ich glaube, dass Maccabi eine super Mannschaft und viele gute Spieler hat. Letztes Jahr waren sie ungeschlagen, also sind wir nicht naiv. Wir verstehen, was morgen kommt. Wir müssen kämpfen, der Gegner kommt mit dem gleichen Ziel, egal wie der Druck oder die Situation bei ihnen ist. Das Ziel ist für beide, dieses Duell zu gewinnen. Wir sind bereit für morgen und freuen uns auch", sagt der US-Amerikaner am Montag.

Ramalho: "Was zählt, ist das Jetzt"

Voraussichtlich mit dabei sein wird hingegen Itay Shechter, der bereits vor zehn Jahren zum Salzburg-Schreck avancierte und beim 3:2 seines damaligen Klubs Hapoel Tel Aviv über Salzburg in der Red Bull Arena einen Treffer und einen Assist beisteuerte.

Der damals äußerst flinke Angreifer und die Israelis schalteten die "Bullen" 2010 mit einem Gesamtscore vom 4:3 aus, bereits ein Jahr davor scheiterte Salzburg an Maccabi Haifa mit 1:5 gesamt ebenfalls im Playoff.

"Letztes Mal waren wir nicht so erfolgreich, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, zweimal sogar. Das war kurz, bevor ich nach Salzburg gekommen bin. Das weiß ich schon, aber das ist Geschichte. Was zählt, ist das Jetzt", sagt Andre Ramalho am Montag.  

Der Brasilianer kam 2011 aus seiner Heimat in die Mozartstadt und hat in der Champions-League-Quali auch schon das eine oder andere Drama hautnah miterleben müssen. Stichwort: Malmö oder Roter Stern Belgrad.

Dennoch gibt sich der 27-Jährige positiv für Dienstag gestimmt: "Das ist Vergangenheit, das interessiert uns nicht. Wir konzentrieren uns auf die Gegenwart. Wir werden alles dafür tun, dass wir dieses Ziel schaffen."

Unabhängig vom Ausgang des Spiels, heiß wird es im Bloomfield-Stadium am Dienstag auf jeden Fall. Über 30 Grad Celsius sind in der Hafenstadt an der Mittelmeerküste zum Spielstart angekündigt. Für Ramalho kein Grund, sich den Kopf zu zerbrechen:

"Über die Temperatur mache ich mich keine Sorgen, wir haben in den letzten Tagen auch bei heißen Temperaturen trainiert. Ich als Brasilianer bin sowieso an diese Temperaturen gewöhnt, auch wenn ich schon zehn Jahre in Österreich bin", hat der Innenverteidiger bei der Abschluss-Pressekonferenz die Lacher auf seiner Seite.

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