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Salzburg nach Remis im Wechselbad der Gefühle

"Bullen" schwanken von Stolz über Leistung bis Enttäuschung über späten Ausgleich:

Salzburg nach Remis im Wechselbad der Gefühle Foto: © GEPA

Nur selten stand ein auf österreichischem Boden ausgetragenes Fußballspiel so sehr im internationalen Rampenlicht wie jenes des FC Salzburg im Champions-League-Achtelfinale gegen den FC Bayern München.

Schon vor der Partie gab sich die halbe Fußball-Prominenz Deutschlands in der Voranalyse der Partie die Klinke in die Hand. Am Spieltag selbst beehrten neben den üblichen Verdächtigen wie Teamchef Franco Foda, DFB-Bundestrainer Hansi Flick, Bayern-Legende Lothar Matthäus auch ganz große Namen wie UEFA-Präsident Aleksander Ceferin oder der ehemalige Weltfußballer Luis Figo die Red Bull Arena. Laut "Salzburger Nachrichten" soll zudem Hollywood-Superstar Tom Holland in Wals-Siezenheim anwesend gewesen sein.

Zu sehen bekamen all diese große Namen gemeinsam mit knapp 30.000 frenetischen Salzburger Fans ein intensives Fußballspiel, welches schlussendlich mit einem späten, aber gerechten 1:1 endete (Spielbericht>>>).

Während Salzburg-Coach Matthias Jaissle gut mit diesem Ausgang leben kann ("Wir hätten das 1:1 natürlich vor dem Spiel unterschrieben."), trauert Karim Adeyemi bei "Sky" dem zum Greifen nahen Sieg hinterher: "Glücklich über das 1:1 sind wir nicht."

Jaissle: "Wenn wir das 2:0 machen, gewinnen wir"

Die Enttäuschung des gebürtigen Münchners rührt vor allem daher, dass Salzburg nicht nur bis zur Schlussminute führte, sondern in der 81. Minute auch noch eine Großchance durch Junior Adamu vergab. Der ÖFB-U21-Stürmer hatte nach einem von Sven Ulreich parierten Adeyemi-Abschluss das leere Tor vor sich, schloss allerdings zu überhastet ab und ermöglichte es Benjamin Pavard so, eine starke Rettungsaktion vor der Linie auszupacken.

"Wenn wir das 2:0 machen, bin ich mir sicher, dass wir als Gewinner vom Platz gehen", schwingt deshalb auch bei Jaissle ein wenig Ärger über das Endergebnis mit.

Bei "ServusTV" betont der 33-Jährige allerdings: "Aber mit ein paar Stunden Abstand wird dann der Stolz überwiegen, weil die Jungs das richtig gut gemacht haben. Wie sie sich in jeden Ball reingearbeitet haben, wie sie gefightet haben - das war aller Ehren wert, Hut ab!"

Starke erste Salzburger Hälfte

Speziell im ersten Durchgang stellten die jungen Mozartstädter die großen Bayern vor mächtige Probleme. Immer wieder konnten durch hohes Pressing gefährliche Ballgewinne im letzten Drittel erzielt werden, auch das Umschaltspiel funktionierte über weite Strecken sehr gut.

Auf diese Weise entstand schließlich auch der Salzburger Führungstreffer: Mo Camara schickte Adeyemi mit einem Traumpass auf die Reise, der flinke Linksfuß packte Lucas Hernandez ein, spielte auf Brenden Aaronson ab und mit etwas Glück landete die Kugel bei Adamu, der Neuer-Ersatz Sven Ulreich mit einem gut platzierten Schlenzer überwinden konnte.

Auch danach ergaben sich immer wieder gute Kontersituationen, die allerdings zumeist zu schlampig zu Ende gespielt wurden. Von den Bayern kam offensiv bis auf einen gefährlichen Gnabry-Abschluss zu Beginn in Halbzeit eins wenig. "Wir haben ein richtig gutes Spiel gemacht, vor allem in der ersten Halbzeit. Das war die Spielweise, in der wir auftreten wollten: Mutig, frech, frühes Pressing – da haben wir die Bayern vor Probleme gestellt. Deswegen macht mich der Auftritt extrem stolz", analysiert Jaissle auf der Pressekonferenz nach der Partie.



Angepeitscht wurden die "Bullen" von einem bestens aufgelegten Salzburger Publikum, das erstmals seit Monaten wieder ohne Beschränkungen zugelassen wurde. "Es war ein unglaubliches Gefühl, die Fans haben uns gepusht. Ich kann gar nicht genug von der Atmosphäre sprechen. Die Fans haben eine spezielle Nacht kreiert, sie haben uns dazu gebracht, einen extra Schritt zu gehen", misst Brenden Aaronson auch den Mozartstädter Anhängern einen Anteil an der starken Leistung bei.

Beinahe-Matchwinner Köhn: "Alles offen für das Rückspiel"

Im zweiten Abschnitt taten sich die "Bullen" gegen immer wütender attackierende Münchner nicht mehr ganz so leicht, in Umschaltsituationen zu kommen. Die Bayern schnürten die Salzburger von Minute zu Minute mehr am eigenen Sechzehner ein und fanden auch einige gute Torchancen vor.

Jaissle dazu: "Die erste Halbzeit war genau so, wie wir uns das ausgemalt haben. Wir wollten früh pressen und Bayern permanent stressen. Dass du das über 90 Minuten nicht schaffst, wussten wir davor. In der zweiten Halbzeit haben wir aus einem tieferen Block die Umschaltsituationen nicht so zielstrebig zu Ende gespielt. Da müssen wir fürs Rückspiel ansetzen."

Allerdings gelang es der Münchner Offensive rund um den an diesem Tag zahnlos gebliebenen Robert Lewandowski lange Zeit nicht, die sich im zweiten Durchgang anhäufenden Chancen in ein Tor umzuwandeln, was auch an einem Mann lag: Philipp Köhn. Der Schweizer zeigte eine Traumparade nach der anderen und erlebte den bisher wohl besten Tag seiner Karriere. Beim späten Ausgleich durch Kingsley Coman aus kurzer Distanz war er chancenlos.

"Es freut mich, wenn ich mich auszeichnen kann. In solchen Spielen ist klar, dass was aufs Tor kommt. Ich denke, am Ende habe ich meine Sache sehr gut gemacht. Leider hat es für die Null nicht gereicht, aber es ist alles offen für das Rückspiel", gibt sich der 23-Jährige bei "ServusTV" bescheiden und spricht dabei die Ausgangslage für das am 8. März stattfindende Wiedersehen der Salzburger mit den Bayern in der Allianz Arena an.

Adeyemi: "Können gegen jeden gewinnen"

Nachdem es seit dieser Saison keine Auswärtstorregel mehr in UEFA-Bewerben gibt, ist ein 1:1 zuhause alles andere als ein schlechtes Hinspiel-Ergebnis. Dass ein Salzburger Sieg in der Allianz Arena und damit ein Aufstieg ins Viertelfinale dennoch einer der größten Fußball-Überraschungen der letzten Jahre gleichkommen würde, ist aber auch klar.

"Wir wissen, dass wir auch im Rückspiel gegen die wahrscheinlich beste Mannschaft der Welt spielen. Wir sind und bleiben klarer Außenseiter, aber wir werden von unserer Art und Weise überhaupt nicht abrücken", verspricht Jaissle und schiebt nach: "Wir gehen mit einer breiten Brust nach München, mit der genau gleichen Idee von Fußball. Die wollen wir wieder auf den Platz bringen und dann schauen wir, was dabei herauskommt."

Diese breite Brust ist auch am Körper von Karim Adeyemi zu finden, der sich in dieser Sache mit seinem Coach einig ist: "Ich war immer voller Zuversicht, und das bin ich auch für das Rückspiel. Wir sind ein Klotz am Bein, sind jung, spritzig und können gegen jeden gewinnen."

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