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Sturm Graz: "Mit vollem Risiko" nach Salzburg

Sturm will es beim Showdown in Salzburg besser machen als zuletzt beim Heimspiel. Was spricht dafür, dass dies auch gelingt?

Sturm Graz: Foto: © GEPA

"Du, Peter", unterbrach Christian Ilzer sein Klagenfurt-Gegenüber Peter Pacult bei der Pressekonferenz höflich, ehe der ansetzen konnte, sich in seinem Namen um Kopf und Kragen zu reden, "ich würde dir liebend gerne das da hinten schenken."

Der Trainer des SK Sturm Graz deutete auf eine VR-Brille - die Steirer nutzten den Medienraum beim Duell mit Austria Klagenfurt gleichzeitig für eine "Vorschau" auf den Fußball-Konsum der Zukunft.

"Ist das eine Taucherbrille?", fragte Pacult, vermutlich auf einen guten Gag aus.

"Das ist ein hochmodernes Spielanalyse-Gerät", erläuterte Ilzer und hatte es endgültig geschafft, Pacult von dem abzubringen, was er eigentlich sagen wollte.

Salzburg kann am Sonntag Meister werden

Denn der 63-Jährige war gerade im Begriff, Ilzer die baldige Trennung von Sturm Graz nahezulegen: "Meine Empfehlung ist, sich im Sommer einen neuen Verein zu suchen, denn wenn es nächstes Jahr ein bisschen bergab geht, schreien sie nach drei Runden vielleicht 'Ilzer raus!'"

Genau hier ging Ilzer dazwischen und stoppte eine Lobhudelei des Meistertrainers von 2008 über die derzeitige Arbeit bei Sturm, deren Ausgangspunkt die Meister-Frage war.

Es ist ein wenig ungewohnt geworden, dass selbige Mitte Mai noch nicht eindeutig mit FC Red Bull Salzburg beantwortet ist.

Am kommenden Sonntag ist Fußball-Österreich vielleicht bereits ein wenig schlauer. Denn die "Bullen" empfangen Sturm zum Showdown der beiden Titelkandidaten. Gewinnt Salzburg, stehen die Mozartstädter zum zehnten Mal in Folge als Meister fest.

Mit vollem Risiko

"Wir bleiben im Rennen um die Meisterschaft, wir wollten nach diesem Spieltag noch eine realistische Chance haben", meint Ilzer nach dem 4:1-Erfolg gegen Klagenfurt, "es sind drei Punkte plus Stern Rückstand auf Salzburg, es wird keine leichte Aufgabe. Ganz klar, wir müssen und wir wollen am Sonntag in Salzburg gewinnen."

Was dafür spricht, dass dieser Sieg auch gelingt?

Auch Ilzer probierte die "Taucherbrille"
Foto: © LAOLA1

"Für uns heißt es einfach, eine Topleistung auf den Platz zu bringen. Auf die werden wir uns fokussieren. Mit dem Cup haben wir einen Titel, also werden wir voller Selbstvertrauen dorthin fahren. Wir haben dort schon gewonnen und werden ohne Druck, sehr befreit und mit vollem Risiko dorthin fahren. Dann werden wir sehen, was rauskommt."

Eine gewisse Alles-oder-Nichts-Einstellung macht aus Sicht des Außenseiters tendenziell Sinn, wenn sich schon mal eine derart seltene Gelegenheit bietet.

Gazibegovic: "...dann hat auch Salzburg Probleme"

Am 23. April hatte Sturm schon einmal die Chance, Salzburg in einem Gipfel herauszufordern. Damals war RBS beim Gastspiel in Liebenau jedoch auf dem Punkt da und ließ die "Blackies" eher blass aussehen.

"Wir müssen anders auftreten als im letzten Spiel zu Hause. Das wissen wir", betont Jusuf Gazibegovic, "wenn wir unser Spiel abrufen, hat auch Salzburg Probleme, da bin ich mir ganz sicher. Das Spiel gegen Klagenfurt hat gezeigt, dass wir bereit sind."

Was man konkret anders machen muss als bei der 0:2-Pleite vor einigen Wochen?

"Wir müssen uns einfach mehr zutrauen. Im letzten Spiel haben wir in den Zweikämpfen, aber auch ganz allgemein nicht das abgerufen, was wir können. Aber ich denke, dass wir nach den letzten Spielen ein gutes Gefühl haben."

Auch der LASK bringt Salzburg nicht ins Wanken

Seit besagter Niederlage hat Sturm alle vier Partien gewonnen, darunter natürlich vor allem das Cup-Finale gegen Rapid.

Doch auch Salzburg lässt kaum Punkte liegen. Die letzte Liga-Niederlage setzte es Ende Juli 2022 bei Sturm. Das ist so lange her, dass der Matchwinner per Doppelpack auf den Namen Rasmus Höjlund hörte.

"Salzburg hat so viel Qualität. Man muss nur sehen, wie viele Spieler ihnen gerade fehlen und trotzdem gewinnen sie auswärts beim LASK, was alles andere als leicht ist."

Jusuf Gazibegovic

Kapitän Stefan Hierländer verdeutlichte schon vor einer Woche, dass Salzburg nicht zittert.

"Ich denke, viele haben sich erwartet, dass der LASK die Mannschaft sein kann, die Salzburg vielleicht ein wenig ins Wanken bringen kann. Aber Salzburg hat so viel Qualität. Man muss nur sehen, wie viele Spieler ihnen gerade fehlen und trotzdem gewinnen sie auswärts beim LASK, was alles andere als leicht ist", erinnert Gazibegovic.

Dass es eng ist, liegt an Sturm

Zeitgleich zu Sturms 4:1 gegen Klagenfurt setzte sich Salzburg in Linz mit 1:0 durch. Es ist anzunehmen, dass im schwarz-weißen Lager mehr Euphorie geherrscht hätte, wenn der LASK angeschrieben hätte.

Auch Alexander Prass zieht den Hut vor dem Salzburger Uhrwerk: "Diese Konstanz zeichnet sie aus. Sie gewinnen Spiele in Phasen, in denen es drauf ankommt, auch immer wieder knapp mit 1:0. Auch beim Spiel hier in Liebenau waren sie gegen uns am Punkt da, nachdem es geheißen hat, sie schwächeln oder wackeln."

Das könne man bei Salzburg jedoch nie sagen: "Sie spielen trotzdem eine überragende Saison. Dass es eng ist, ist auch uns geschuldet, das darf man nicht vergessen."

Genau dieses Selbstvertrauen gilt es in der Red Bull Arena auszuspielen, wenn man selbst die Chance auf den vierten Meistertitel der Vereinsgeschichte wahren und vor allem nicht den Salzburgern vor Ort zum Meistertitel gratulieren möchte.

Sturm kann Paroli bieten

"Es kommt nicht zur Meisterfeier, wenn wir alles auf den Platz bringen, was wir uns vornehmen. Wenn wir zu 100 Prozent da sind und den Matchplan perfekt umsetzen, sind wir ein sehr, sehr unangenehmer Gegner. Wir haben auch schon gesehen, dass wir ihnen Paroli bieten und sie auch schlagen können", erinnert Prass.

Neben dem Sieg zum Saison-Auftakt führte auch der Weg ins Cup-Finale über einen Viertelfinal-Sieg im Elfmeterschießen auswärts in Salzburg.

Entsprechend betont David Affengruber: "Wenn wir gut vorbereitet sind, und das werden wir sein, und unsere Leistung auf den Platz bringen, können wir Salzburg ärgern."

Gazibegovic, Prass und Affengruber zählen zu den diversen Mitgliedern im Sturm-Kader, die Salzburg-Vergangenheit aufweisen.

Man kennt sich

Man kennt sich natürlich, wobei Prass meint, dass man rund um so ein Spiel auch nicht mehr Kontakt habe als sonst: "Es ist kein großes Thema, wenn man zusammen irgendwo ist. Es war auch schon beim Nationalteam kein Riesen-Thema."

Zumindest beim österreichischen, denn Gazibegovic spielt mit Salzburgs Amir Dedic in der bosnischen Nationalmannschaft.

"Sicher schreiben wir ab und zu und machen auch ein bisschen Spaß", grinst der Rechtsverteidiger, "aber im Endeffekt konzentrieren wir uns auf uns. Ich schaue, dass ich meine Jungs pushe und wir zusammenhalten. Am Ende wird man sehen, für wie viel das reicht."

Bei einem Sieg in Salzburg reicht es zumindest dafür, dass Sturm in den dann verbleibenden zwei Runden auf Schützenhilfe hoffen dürfte.


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