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Die Bundesliga am Weg ins Chaos

Der Streit um die TV-Gelder eskaliert. Wer ist wofür? Worum geht's?

Die Bundesliga am Weg ins Chaos

Showdown in der österreichischen Bundesliga.

Am Dienstag-Nachmittag treffen sich VertreterInnen der zwölf Vereine aus der höchsten Spielklasse zu einer außerordentlichen Klub-Konferenz. Auf der Tagesordnung steht die Abstimmung über zwei Anträge zur Verteilung der TV-Gelder.

Und es läuft darauf hinaus, dass danach Chaos herrscht. „Brisanz ist vorprogrammiert“, sagt Altach-Geschäftsführer Christoph Längle bei LAOLA1.

Sollten sich die Vereine nicht doch noch überraschend auf einen Kompromiss einigen, sind wohl die Gerichte am Zug. Doch worum geht es eigentlich? Und wer will was?

Der große Streitpunkt: Der Aufteilungsschlüssel der TV-Gelder.

Der Ist-Zustand

Vor der laufenden Saison hat die Bundesliga einen TV-Vertrag für vier Jahre abgeschlossen. „Sky“ hat sich bekanntlich die Exklusiv-Rechte gesichert und Teile davon an A1, den ORF, an LAOLA1 und oe24 abgetreten. Anfang April wurde von den Klubs beschlossen, wie die dadurch eingenommenen Gelder aufgeteilt werden.

30 % Sockelbetrag – gleichmäßige Aufteilung auf alle Klubs

20 % Österreicher-Topf – abhängig von den Einsatzminuten österreichischer Spieler

30 % Sportliche Leistung – Verteilung nach erspielten Punkten

20 % Zuschauer – Verteilung nach Stadionzuschauern

Darüber hinaus erhält der jeweilige Absteiger aus der höchsten Spielklasse eine finanzielle Unterstützung von 250.000 Euro, sofern dieser auch erfolgreich am Lizenzierungsverfahren für die höchste Spielklasse teilgenommen hat. Klubs, deren Spieler im österreichischen Nationalteam eingesetzt werden, profitieren im Rahmen der Österreicher-Bonifikation doppelt und erhalten 2.000 Euro pro Spieler und Spiel.

Die Unzufriedenheit

Bereits im vergangenen Dezember hat sich rund um die Admira eine Gruppe von Vereinen gesammelt, die den aktuellen Verteilungsschlüssel ändern will. Damit das passiert, muss eine Zwei-Drittel-Mehrheit dafür stimmen – im Dezember wurde eine solche knapp verfehlt. Nun gibt es einen neuerlichen Anlauf.

Gegner und Befürworter

Folgende Vereine haben beim letzten Mal für eine Beibehaltung des aktuellen Schlüssels gestimmt: Rapid, Sturm, FC Wacker, Altach, Hartberg

Folgende Vereine haben beim letzten Mal für einen neuen Schlüssel gestimmt: LASK, Admira, Austria, Salzburg, St. Pölten, WAC, SV Mattersburg

Aktuell dürfte ein neuer Verteilungsschlüssel die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit finden. Hartberg hält sich noch bedeckt, könnte sich aber umstimmen lassen. Auch der FC Wacker überlegt möglicherweise. Altach hält sich bedeckt. „Wir wollen im Vorfeld dazu nichts sagen“, sagt Geschäftsführer Längle.

Antrag I

Auf Betreiben von LASK und Admira hin wird ein neuer Verteilungsschlüssel beantragt. Den Zuschauerzahlen wird dabei keine so große Bedeutung mehr beigemessen. Dafür gewinnt der Österreicher-Topf an Gewicht. Und die HPYBET 2. Liga bekommt mehr Geld. Der Antrag ist mit einem konkreten Berechnungsmodell versehen. Im Aufsichtsrat der Bundesliga wurde der Antrag mit fünf Stimmen dafür und einer Stimmenthaltung eingereicht.

"Wir müssen versuchen, Solidarität zu erzielen und nicht ein bewusstes Auseinanderdriften in eine Zwei- oder sogar Drei-Klassen-Gesellschaft"

Markus Kraetschmer

Es ist davon auszugehen, dass Siegmund Gruber (LASK), Diana Langes-Swarovski (Wattens), Philip Thonhauser (Admira), Volker Viechtbauer (Salzburg) und Erwin Fuchs (Kapfenberg) dafür gestimmt haben, Christian Jauk (Sturm) dagegen und sich der Vorsitzende Gerhard Stocker (FC Wacker) enthalten hat.

„Fakt ist, dass das neu vorgeschlagene Modell solidarischer ist. Fakt ist, dass die kleineren Klubs eher die Profiteure werden. Und da zählt der SCR Altach sicher auch zu den kleinen Klubs“, erklärt Längle, was auch eine gewisse Tendenz im Altacher Abstimmungsverhalten vermuten lässt.

Austria-Vorstand Markus Kraetschmer, Befürworter des Antrags, argumentiert gegenüber LAOLA1: „Solidarität innerhalb der Liga ist wichtig. Und man muss in der Lage sein, zu korrigieren, wenn man Fehlentwicklungen erkennt. Wir haben eine Ist-Abrechnung und auf dieser Basis auch eine Hochrechnung, die diametral von den ursprünglichen Kalkulationen abweicht – sowohl in der Gesamtspreizung als auch in der Gesamtentwicklung. Man muss sich das sportliche Thema ansehen – es geht um ein Ranking und das passt einfach nicht, das widerspiegelt das nicht.“

„Der Verteilungsschlüssel der TV-Gelder ist eines der ganz wenigen Instrumente, wo für einen vernünftigen Ausgleich innerhalb einer Liga gesorgt wird, dass wir als Liga kompetitiv bleiben. Das sollte sich jeder in Erinnerung rufen, der mitzuentscheiden hat. Wir müssen versuchen, Solidarität zu erzielen und nicht ein bewusstes Auseinanderdriften in eine Zwei- oder sogar Drei-Klassen-Gesellschaft“, so Kraetschmer.

Antrag II

"Man stelle sich vor, wir würden während eines Fußballspiels die Spielregeln ändern, das wäre ja auch grotesk"

Christoph Peschek

Die entschiedensten Gegner Rapid und Sturm haben ihrerseits auch einen Antrag eingebracht. Dieser sieht eine Evaluierung des Verteilungsschlüssels im Sommer vor.

„Es muss Planbarkeit und Vertragstreue geben. Die Beschlüsse, die wir treffen, müssen eingehalten werden. Man stelle sich vor, wir würden während eines Fußballspiels die Spielregeln ändern, das wäre ja auch grotesk“, ärgert sich Rapid-Geschäftsführer Christoph Peschek bei „Sky“ über das Vorgehen der Konkurrenz.

Kraetschmer sagt: „Ich verstehe die Position des SK Rapid, der um sein Geld kämpft. Das ist legitim. Bei Sturm und Rapid geht es klar um monetäre Interessen.“ Den eingebrachten Antrag bezeichnet er aber als „nichts Konkretes, was Zahlen bringt“.

Was wird also passieren?

Szenario I

Der Antrag auf eine Veränderung des Verteilungsschlüssels findet eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Das erscheint aktuell als wahrscheinlichste Variante. Dann gilt der neue Verteilungsschlüssel. Der SK Rapid wird das aber nicht auf sich sitzen lassen. Die Hütteldorfer haben bereits angekündigt, im Falle einer Niederlage den Rechtsweg einzuschlagen.

Rapid droht damit, in diesem Fall künftig auf Einzelvermarktung zu setzen. „Rapid schwingt diese Keule seit Jahren. Das ist ihr legitimes Recht. Ich würde mir das aber gerne im Detail anschauen: Gegen wen spielt dann Rapid, wenn es sich einzelvermarkten will? Ich sehe in allen Ligen und auch innerhalb der UEFA die Tendenz zu einer Zentralvermarktung und der SK Rapid meint, eine Sonderstellung nutzen zu wollen. Das muss man mit allen Konsequenzen diskutieren“, meint Kraetschmer dazu.

Szenario II

Der Antrag auf eine Veränderung des Verteilungsschlüssels findet keine Zwei-Drittel-Mehrheit. In diesem Fall bliebe es beim Ist-Zustand, doch auch dann wären wohl die Gerichte gefordert. „Wenn es nicht in der Sitzung zu einer Veränderung kommt, es am Ende des Tages um die Abstimmung dieser beiden Anträge geht, bin ich sicher, dass eine juristische Auseinandersetzung folgen wird. Das haben beide Seiten signalisiert“, sagt Kraetschmer.

Szenario III

Es wird ein Kompromiss gefunden. Immerhin besteht die Möglichkeit, noch am Dienstag einen neuen Antrag zu stellen oder einen Antrag zurückzuziehen. Dass es soweit kommt, damit rechnet aber niemand so wirklich. Kraetschmer sagt: „Ich bin sehr skeptisch, dass wir am Dienstag ein vernünftiges Endresultat herstellen können.“ Längle indes hofft noch: „Vielleicht gibt es eine Kompromiss-Lösung. Ich hoffe schon, dass konstruktiv an einem Lösungsvorschlag gearbeitet wird.“

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