An der Intensität des Jubels über den 1:0-Siegtreffer war zu erkennen, welcher Felsen dem SK Rapid gegen St. Pölten vom Herzen fiel.
Nur ein Sieg in den letzten 8 Liga-Spielen, seit 6 Pflichtspielen ohne vollen Erfolg - da kam die Erlösung gegen die Niederösterreicher gerade recht.
Die Spieler waren erledigt, allerdings war nach langem das Grinsen in ihren Gesichtern zurück.
"Natürlich ist eine Erleichterung zu spüren, das hat man in der ganzen Mannschaft gesehen", gesteht Mario Sonnleitner.
"Dieses Erfolgserlebnis kann uns noch weiterhelfen"
Der Kapitän ging mit breiter Brust voran, auch wenn für alle Beteiligten klar war, dass die Krise damit nicht endgültig abgehakt ist.
Alleine das Gefühl zu erleben und sich nach einem Tor gegen den Vorletzten wieder gemeinsam freuen zu können, genügte den Grün-Weißen aber an diesem Abend.
"Wenn man so lange nicht gewinnt, ist es für jeden schwierig. Wir haben gewusst, dass wir so ein Erfolgserlebnis brauchen, das uns noch weiterhelfen kann. Es sind nicht mehr so viele Spiele bis zur Winterpause, aber es gibt uns wieder Selbstvertrauen", gibt auch Assistgeber Louis Schaub zu.
Auch Trainer Damir Canadi konnte durchatmen. Im fünften Anlauf als Neo-Trainer hat es endlich mit dem ersten Sieg geklappt - und trotzdem wollte er nicht, dass mit diesem Fakt abgelenkt wird. "Danke, aber es geht am Ende nicht um mich, sondern den Verein. Es freut mich für die Mannschaft und jeden Beteiligten, dass wir einen Sieg geholt haben. Der war wichtig."
"Der erste Schritt für wieder positive Schlagzeilen"
Sowohl beim Blick auf die Tabelle, wo zuletzt der Absturz auf Platz sieben für Verzweiflung sorgte, als auch aufgrund des mentalen Aspekts für die einzelnen Spieler, die zuletzt so sehr mit ihrem Schicksal gehadert hatten.
"Es gibt natürlich Bestätigung, dass wir trotzdem gute Fußballer sind und dass wir gewinnen können. Es ist meistens nur ein mentales oder Kopfproblem, dass der Ball nicht rein will oder jede Situation gegen einen zu einem Tor führt. Jetzt kriegt man wieder Vertrauen, das geht nur durch Ergebnisse. Das war der erste Schritt für wieder positive Schlagzeilen", ist sich Sonnleitner sicher.
Sowohl der Chefbetreuer der Wiener als auch sein Gegenüber Jochen Fallmann waren sich nach dem Schlusspfiff einig, dass es sich um einen verdienten Rapid-Sieg gehandelt habe. Wichtig dabei war aus Sicht der Hütteldorfer, dass alle bereit waren, das Beste zu geben.
"Es war ganz wichtig für das ganze Team. Wir hatten ein gutes Match, das ganze Team hat 90 Minuten gekämpft. Es war ein verdienter Sieg und ich hoffe, wir können darauf aufbauen und uns den Rest der Saison zurückkämpfen", gibt sich Arnor Traustason nach seinem zweiten Treffer für Rapid angriffslustig.
Vergebene Chancen? "Das war lächerlich"
Bis der Sieg jedoch besiegelt war, mussten bange Minuten überstanden werden. Wieder einmal war es das eigene Unvermögen vor dem gegnerischen Tor, dass zum Teil in Slapstick-Manier ein Erfolgserlebnis verhindert hätte.
Etwa als Joelinton die Latte traf, Kvilitaia aus wenigen Metern am Ball vorbeihaute und im zweiten Versuch geblockt wurde - eine Szene, die sinnbildlich für das Manko der vergangenen Wochen war.
"Das war lächerlich!", gibt Traustason bezugnehmend auf die Vielzahl großer Chancen zu. "Aber wir haben die Köpfe oben behalten und gewusst, dass das Tor kommen wird. Ganz egal, wer es schießen wird. Am Ende hat es zum Glück geklappt."
Was Canadi seinen Mannen in der Halbzeit mitgegeben hat, um die Torflaute zu beenden? "Spielt's weiter so!", lautet die simple Antwort. "Dann werden wir zwangsläufig ein Tor machen." Und weiter: "Wichtig ist, dass ich eine Mannschaft habe, die kreieren kann. Wenn man dann mehrere Spiele gewinnt, dann werden die Tore auch zwangsmäßíg passieren. Dann kriegt jeder Spieler mehr Selbstvertrauen und wird auch besser finalisieren oder den letzten Pass zu Ende spielen."
"Eine tolle Aktion,..., das hatte schon große Klasse"
Auch Schaub konnte die teils leichtfertig vergebenen Chancen nicht fassen. "Ich kann ja keinen Mitspieler schimpfen, jeder will ein Tor schießen", scherzt der Spielmacher. "Es kann sein, dass man verzweifelt. Aber das ist dann die falsche Denkweise. Man muss weiter an sich glauben und dem Mitspieler sagen: Weiter so, die nächste Chance ist drinnen - ganz einfach."
Auch wenn ein früheres Tor einiges erleichtert hätte, aber Sonnleitner meint dazu: "Wir haben ja gewusst, dass wir geduldig bleiben müssen. In solchen Phasen braucht man leider mehr Chancen als wie früher. Wenn es gut läuft, haut man immer gleich die erste rein. Wenn es ein bisschen schlechter läuft, braucht man zwei, drei, vier, fünf Chancen. Aber wir haben immer daran geglaubt. Jeder einzelne hat sich nicht hängenlassen, so muss das weitergehen. Sonst kommen wir nicht weiter nach vorne."
Umso erfreulicher war aus Rapid-Sicht die Entstehungsgeschichte des entscheidenden Treffers, der zu einem Großteil auf die Kappe von Joelinton und Schaub ging, die Traustason perfekt in Szene setzten.
"Das war ein großartiger Job von Louis. Als ich mit ihm Augenkontakt hatte, wusste ich genau, was er vorhat. Eigentlich wollte ich dann am Torhüter vorbeispielen, aber dann ist er so aus dem Tor gekommen, dass ich ihm absichtlich durch die Beine spielen wollte."
Auch Canadi schwärmte: "Das war eine tolle Aktion, trainiert haben wir es jetzt nicht, außer per Videostudium. Ich habe keine Trainingseinheiten, ich habe nichts dazu beigetragen als Trainer, ich stehe kaum am Platz. Aber wie es herausgespielt war von Schaub hatte schon große Klasse", gibt auch Canadi zu.
Trotzdem wird der Sieg schnell abgehakt sein. Denn alle sind sich einig, dass der Sieg gegen St. Pölten erst der erste Schritt in die richtige Richtung sein soll und noch viel Arbeit auf das gesamte Team wartet.
Alexander Karper