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Ilzer: "Im Moment haben wir gar nichts erreicht"

Sieg bei Rapid sorgt in der Tabelle für schöne Momentaufnahme, aber nicht mehr:

Nicht überall hatten am Sonntag "die Schwarzen" aus Graz etwas zu lachen. Dafür servierte der SK Sturm Graz in Hütteldorf die "Grünen" mit 3:0 ab und sorgt für so etwas wie eine Wachablöse im österreichischen Fußball.

Vizemeister Rapid hat, zumindest für die heurige Saison, den Status als zweitstärkste Fußball-Kraft in Österreich an die Grazer verloren, das zeigt sich auch in der Tabelle. Während Rapid als Vorletzter am Abgrund torkelt, belegt Sturm Graz mit 20 Punkten Platz zwei. Die ersten Verfolger in Form von Klagenfurt und Ried haben bereits acht Zähler Rückstand.

Zwar wird Sturm diesen Vorsprung spätestens zur Tabellenteilung im kommenden Jahr zum Teil einbüßen, die konstant starken Leistungen der Truppe von Christian Ilzer lassen aber vermuten, dass die Steirer trotzdem heißester Kandidat auf die Vizemeisterschaft sind.

So weit geht Sturm-Trainer Ilzer auf der Pressekonferenz nach dem Spiel aber nicht, noch ist die Tabelle ein Muster ohne Wert. "Wenn wir Ende April den Vorsprung auf den Rest der Liga haben, dann haben wir in dieser Saison, glaube ich, etwas erreicht. Im Moment haben wir gar nichts erreicht. Wir haben ein paar gute Spiele gehabt, ein paar gute Ergebnisse eingefahren", stellt der Steirer klar.

"Es ist auch überhaupt keine Zeit, sich auf irgendetwas auszuruhen. Wir müssen vor unseren nächsten Aufgaben demütig sein, wir können aber viel Selbstvertrauen mitnehmen."

Ilzer: "Ein Spiel auf einem extrem hohen Niveau"

Das angesprochene Selbstvertrauen muss bei den Grazern aktuell für eine sehr breite Brust sorgen. Die einzige Niederlage auf nationaler Ebene setzte es beim Liga-Auftakt gegen Meister Salzburg. In der Zwischenzeit verbuchten die "Blackies" inklusive Cup sieben Siege und zwei Remis. Im Europacup gab es zwei Siege gegen NS Mura und eine verschmerzbare Niederlage beim AS Monaco.

Obendrauf feierte Sturm am Sonntag mit dem 3:0-Erfolg den höchsten Auswärtssieg in Hütteldorf seit September 2007. Der Blick ins Geschichtsbuch interessiert Ilzer allerdings gar nicht, das Hier und Jetzt zählt. Und da hat der Sturm-Trainer ein spannendes Duell mit einem starken Gegner gesehen.

"Für mich war es ein absolutes Spitzenspiel, lange auf ausgeglichenem Niveau. Es war alles drinnen, viel Tempo, viel Rasse. Keines der beiden Teams hat sich was geschenkt, viele Torchancen, extrem unterhaltsam. Wir haben im Moment einen richtigen Lauf und waren in gewissen Situationen vielleicht auch das glücklichere Team, zumindest das effizientere Team", bilanziert Ilzer.

"Ich habe ein Spiel auf extem hohen Niveau gesehen, wir haben einen extrem guten Gegner zu bespielen gehabt, der uns auch in Phasen Probleme gemacht hat. Wir waren dann in den richtigen Momenten zur Stelle, haben unsere Tore gemacht", streut der Sturm-Trainer Rapid auch Rosen.

Die Steirer hätten nach Problemen besser in die Partie gefunden, das Mittelfeld wurde kontrolliert und kombinativ Lösungen gefunden, so Ilzer. "Wir haben dieses Spiel gegen einen wirklich schwierigen Gegner auswärts bei Rapid gewonnen. Deshalb ist für uns alles top im Moment, wir haben aber nicht lange Zeit, uns darauf auszuruhen", freut sich der 43-Jährige, um im nächsten Satz gleich die Marschroute für die kommenden Wochen vorzugeben: "Ab morgen müssen wir uns schon wieder auf die nächste Aufgaben fokussieren".

Siebenhandl: "Schade, dass es nicht ausverkauft war"

Welche Bedeutung ein Sieg gegen Rapid hat, zeigte auch der frenetische Support des Grazer Anhangs. Die mitgereisten Fans des SK Sturm sorgten gemeinsam mit dem harten Kern der Rapid-Fans für ausgezeichnete Stimmung im Allianz Stadion. Der Schlager war auf und neben dem Platz Werbung für den österreichischen Fußball. Das sieht auch Sturm-Tormann Jörg Siebenhandl nach dem Spiel im "Sky"-Interview so.

"Es ist immer noch ein Auswärtsspiel, aber die Fans machen es richtig gut. Jeder weiß, dass das das leiwandste Spiel in Österreich ist. Ich finde es schade, dass es nicht ausverkauft war. Das hätten sich alle verdient gehabt, aber unsere Fans sind einfach großartig", so der 31-Jährige.

Auch Ex-Austria-Trainer Ilzer streicht die Bedeutung des Sieges abseits der drei Punkte heraus: "Wir feuen uns riesig über diesen Auswärtserfolg. Es ist nicht nur für jeden von uns, sondern auch für den gesamten Verein schön. Auch ein Sieg, der unseren Fans enorm viel bedeutet. Deswegen sind wir alle sehr glücklich."

Trotz der Glückseligkeit findet Ilzer auch das eine oder andere Haar in der Suppe. Phasenweise war es für den Steirer zwar die bisher beste Saisonleistung, allerdings lief nicht alles rund.

"Geärgert habe ich mich über die Standardsituation, die beinahe zum 1:0 für Rapid geführt hätte. Da haben wir zu wenig konsequent verteidigt, das sind einfach Dinge, die uns nicht passieren dürfen. Man kann da schnell in Rückstand sein und dann wird es ein anderes Spiel", meint Ilzer, der ein Muster im Spiel erkennen konnte. "Der Beginn beider Spielhälften war in den Händen von Rapid. Da war Rapid das bessere Team", gibt Ilzer zu, sein Team hat eine Weile gebraucht, um sich zu akklimatsieren.

"In der zweiten Halbzeit hat Rapid extrem auf das 1:1 gedrängt. Wir haben den Ausgleich mit unserem Können und ein bisschen Glück unterbunden und waren mit einem Standard zur Stelle. Dann war das Spiel wieder kontrolliert, mit einem 2:0 lässt es sich dann auch viel leichter spielen", analysiert der Sturm-Trainer.

Kühbauer-Situation? "Irgendwann geht es jedem so"

Wie es sich auf der anderen Trainerbank anfühlen muss, kann Ilzer aus eigener Erfahrung sagen. Der Steirer "flüchtete" nach einer durchwachsenen Saison 2019/20 von der Wiener Austria nach Graz. Seitdem läuft es für Ilzer und den SK Sturm wie geschmiert. Vergessen ist die Zeit in Wien-Favoriten aber nicht. "Irgendwann geht es jedem so", sagt Ilzer auf Nachfrage zur Situation um den stark unter Druck stehenden Rapid-Trainer Didi Kühbauer.

"Ich habe auch schon Phasen in meiner Trainerkarriere gehabt, wo es dann nicht so einfach war, wo man eine Ergebniskrise hat, wo man mehr Druck spürt. Es sind sehr lehrreiche Phasen für einen Trainer, ich denke da kann man so einiges mitnehmen", beschreibt Ilzer seine einst "lehrreiche Zeit" bei der Austria.

Die Situation um Didi Kühbauer möchte Ilzer nicht kommentieren, seine Beurteilung von Rapid fällt aber wohlwollend aus. "Von der Leistung her habe ich eine gute Rapid-Mannschaft gesehen. Natürlich haben sie zu wenig Punkte, aber sie sind durch ein brutales Programm gegangen, was auch Spuren hinterlässt. Die österreichische Liga ist extrem ausgeglichen. Wenn du diese Frische nicht hast, machst du in den wichtigen Momenten nicht die Tore. Dann baut sich Druck auf und dann rutscht man in der Tabelle hinten rein", so Ilzer, der gleich im nächsten Satz die eigene Wachsamkeit heraufbeschwört.

"Das kann uns genauso passieren, im Moment sitze ich leichter da, aber es gehört auch für einen Trainer dazu, schwierige Phasen zu moderieren und zu überstehen."

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