In Teil 1 des Exklusiv-Interviews mit LAOLA1 reagiert Büskens allergisch auf Vorwürfe der "Freunderlwirtschaft, offenbart sprachliche Barrieren, spricht über den Typ Mike Büskens zwischen Maloche und Fußballromantik bis hin zum überbewerteten System und EURO-Erkenntnisse.
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LAOLA1: Was ist für Sie bei der Zusammenarbeit innerhalb eines Teams mit Ihren Assistenten entscheidend?
Büskens: Ich weiß, dass ich am Ende des Tages die Entscheidungen treffen muss. Dafür muss ich auch den Kopf hinhalten. Aber ich bin ein absoluter Teamplayer, der versucht, die Jungs miteinzubeziehen. Ich höre mir gerne ihre Meinungen an und bin offen, über Dinge zu diskutieren und gemeinsam zu einem Entschluss zu kommen. In letzter Konsequenz muss ich aber die Entscheidung treffen, weil ich dafür gerade stehen muss.
LAOLA1: Auch mit Spielern scheint Ihnen die Kommunikation sehr wichtig zu sein. Sie führen auch sehr viele Einzelgespräche.
Büskens: Mir ist das schon wichtig, dass wir einen vernünftigen Austausch haben. Im Positiven, aber auch wenn Dinge nicht so laufen, muss man das konsequent ansprechen. Ich versuche logischerweise den Menschen zu respektieren, aber es ist oftmals schwer zu unterscheiden, ob es um die Sache geht oder Spieler dazu neigen, Dinge persönlich zu nehmen – das habe ich früher auch gemacht. Darum geht es nicht, bei aller Form der Kritik. Es geht nur darum, Fehler abzustellen und zu lernen.
LAOLA1: In einem Interview habe ich gelesen, dass Sie von „gesunder Streitkultur“ gesprochen haben. Ist es wichtig, dass nicht alles zu harmonisch abläuft?
Büskens: Da sind wir wieder bei dieser „Vettern- oder Freunderlwirtschaft“. Mir ist einfach wichtig, dass Leute ähnlich denken wie ich, weil man als Trainer viele Vorteile hat, aber auch manchmal den Nachteil der räumlichen Trennung von der Familie. Das ist für mich ein wichtiges Thema. Wenn ich mich für diesen Weg, weit weg von zu Hause, entscheide, dann möchte ich wenigstens, dass Leute vom Grundgedanken ähnlich ticken wie ich. Dann geht es nicht darum, dass alles „Friede, Freude, Eierkuchen“ ist, beileibe nicht. Denn dass es auf einem gemeinsamen Weg Diskussionen gibt, ist doch ganz normal. Durch diesen Austausch stößt man auch andere Denkprozesse an, ich finde das befruchtend.
LAOLA1: Heutzutage ist es eher unüblich, auf das bestehende Trainerteam zu vertrauen. Viele bringen ihre Vertrauten mit. Welche Vorteile bieten sich Ihnen dadurch?
Büskens: Das war für mich schon ein Thema, Rapid hat mir auch die Möglichkeit gegeben, Veränderungen vorzunehmen und einen eigenen Co-Trainer mitzubringen. Aber warum sollte man Dinge, die funktionieren, einfach nur aus einem Aktionismus heraus verändern? Ich habe das Gefühl, dass alle in eine Richtung rudern und alle bereit sind, für diese Ziele ihr Ego hintenanzustellen. Das ist doch eine gute Basis. Dann muss ich nicht, nur um ein Zeichen zu setzen oder die Rolle auszuspielen, Veränderungen vornehmen.
Was kann Joelinton?
LAOLA1: Sie haben auch aufgrund Ihres Einjahresvertrags betont, dass Sie keine Sicherheit brauchen. Viele würden das in Zeiten wie diesen nicht riskieren, würde ich behaupten.
Büskens: Das stimmt schon. Aber ich gehe davon aus, sollte ich nächstes Jahr nichts mehr machen dürfen, dass ich mir immer noch bei Hofer, Aldi, Lidl das Pfund Butter leisten kann. Daher möchte ich nur etwas machen, wovon ich und alle überzeugt sind. Ich hätte auch für zwei Jahre oder länger unterschreiben können, um Sicherheit zu haben und dann mit dem Verein eine Lösung zu finden, wenn es nicht funktioniert. Das will ich nicht! Ich kann damit sehr gut leben, mein Schicksal in den eigenen Händen zu haben. Das ist mir wichtiger, als eine vermeintliche Garantie, irgendwo langfristig arbeiten zu dürfen.
LAOLA1: Sie kennen Rapids Erwartungen und Ziele. Wie realistisch schätzen Sie den Meistertitel in Österreich ein?
Büskens: Ich weiß, wonach Rapid lechzt, aber ich bin Realist. Ich weiß auch, um die Möglichkeiten von RB. Sie haben nicht umsonst in den letzten Jahren die Liga dominiert. Das sind einfach Fakten. Wenn wir es hinbekommen, guten, offensiven, zielstrebigen Fußball mit der letzten Konsequenz zu spielen, uns über Werte wie Teamspirit definieren und alle, denen Rapid am Herzen liegt, in eine Richtung denken, dann können wir schon unangenehm sein und eine Dynamik entwickeln, die uns Chancen einräumt.
Rapid hat große Hoffnungen in Neo-Trainer Mike Büskens:
LAOLA1: Red Bull macht es in Deutschland ähnlich. Wie stehen Sie diesem Projekt gegenüber? Zerstört das nicht ein bisschen die von Ihnen gelebte Fußballkultur?
Büskens: Die Fußballromantik an sich schon. Es gibt in Deutschland mehrere Klubs, die nicht über eine wahnsinnig lange Tradition verfügen und auch von einzelnen Personen oder Werken unterstützt werden. Die Diskussion gibt es logischerweise, die Statuten erlauben das. Deshalb haben die Vereine die Möglichkeit, auf die Stärke einzelner Unternehmen oder Konzerne zurückzugreifen. Ob mir das taugt oder nicht, wird an der Situation nichts ändern.
LAOLA1: Aber Schalke und Rapid sind anders. Würde es Mike Büskens nicht bei Red Bull geben, weil es einfach nicht Ihrem Fußballgedanken entspricht?
Büskens: Definitiv, ich kann es mir Stand heute nicht vorstellen. Das heißt aber nicht, dass alles, was sie machen, schlecht ist. Das wäre auch gelogen. Aber es entspricht nicht zu hundert Prozent meinem Fußballbild. Weil ich mag es, für Traditionsvereine zu arbeiten, die leben, pulsieren und wo Emotion gelebt wird.
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LAOLA1: Gibt es Persönlichkeiten oder Trainer, die Sie in Ihrer Karriere besonders geprägt haben?
Büskens: Da gibt es einige. Es wäre falsch, sie zu kopieren, aber natürlich schaut man sich Dinge ab. Huub Stevens hat sicher alle von uns geprägt, weil er sehr akribisch, detailverliebt war und diesen Fußball absolut gelebt hat. Ich hatte Josef Hickersberger als Trainer, der sich sehr viel mit dem Menschen dahinter beschäftigt hat, der immer helfen wollte, sich tagtäglich zu verbessern. Ich habe Aleksandar Ristic sehr schätzen gelernt, weil er den Mut hatte, mich als jungen, unerfahrenen Spieler in der Bundesliga hineinzuschmeißen. Man kann von jedem Einzelnen etwas lernen, man sollte aber authentisch bleiben.
LAOLA1: Sie haben mit Schalke einen der wichtigsten Titel gewonnen (Anm.: UEFA Cup 1997), haben diesen Siegeswillen gelebt. Brennt dieses Titelfeuer noch immer in Ihnen?
Büskens: Klar, darum geht es ja am Ende des Tages. Du hast die Gelegenheit, dich über Titel unsterblich zu machen. Wir waren 1996/97 weit entfernt, Favorit zu sein, aber wir haben als Mannschaft so gut funktioniert und waren so fokussiert, dass wir einfach besessen waren, diesen Titel zu holen. Damit werden wir bis ans Lebensende und darüber hinaus dem Verein erhalten bleiben. Das taugt mir sehr. Ich mag es, wenn man traditionell denkt und Teil einer Geschichte ist. Das macht mich stolz. Genauso wie in Fürth, wo ich als erster Trainer ein Projekt vollendet habe, das zum Aufstieg führte. Das macht es einfach aus.
Das Gespräch führte Alexander Karper