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Finale? Pacult: "Das sagt schon viel über Rapid"

Klagenfurts Erfolgscoach über Rapids Baggerversuche, Meistergruppe und Geheimnis.

Finale? Pacult: Foto: © GEPA

"Wir sind in einer besseren Ausgangsposition."

Klagenfurts Erfolgscoach Peter Pacult steht - wohlgemerkt mit dem Aufsteiger - vor der Krönung namens Meistergruppe. Aus Sicht des 62-jährigen Wieners wird das Duell am Sonntag (ab 17 Uhr im LIVE-Ticker) nur einseitig zu einem "Finale" hochstilisiert.

Denn die Kärntner können, müssen aber nicht. Andersrum schaut es bei Pacults Ex-Klub schon anders aus. "Wir wollten gar nichts! Rapid wollte das Endspiel, was eh schon viel sagt. Rapid braucht das Spiel, um überhaupt ins obere Playoff zu kommen. Da liegt irgendwo der Hund begraben. Als Rapid sollte man nicht darüber nachdenken müssen, ob man ins obere Plaoff kommt oder nicht, noch dazu im letzten Spiel", stellt der bis dato letzte Meistertrainer der Hütteldorfer im LAOLA1-Interview klar.

An sein Wiedersehen mit den Rapid-Fans im Herbst denkt der ehemalige LAOLA1-Experte gerne zurück und freut sich auf die Rückkehr an die alte Wirkungsstätte, wohin er fast Patrick Greil verloren hätte. Doch die Baggerversuche in den letzten Stunden der Transferzeit scheiterten - aus Gründen.

Im LAOLA1-Interview spricht Pacult über den Klagenfurter Erfolgsrausch, das spezielle Wiedersehen mit Rapid, den Last-Minute-Köderversuch der Hütteldorfer, den Ärger über nur 200 Bundesliga-Spiele als Trainer und das Geheimnis seiner Ansprachen.

Pacult gibt den Weg bei Klagenfurt klar vor
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LAOLA1: Was hättest du jemandem geantwortet, der zum Saisonstart gesagt hätte: "Klagenfurt spielt am letzten Spieltag noch um die Meistergruppe"?

Peter Pacult: Nicht nur Meistergruppe – wenn mir wer gesagt hätte, dass wir nach 21 Runden 30 Punkte haben, hätte man ihn wahrscheinlich für verrückt erklären müssen. Vor der Saison war das ganz klare Ziel der Klassenerhalt. Unser Gesellschafter Zeljko Karajica hat gesagt: "Wir sind gekommen, um zu bleiben!" Die Saison ist noch nicht beendet, wir haben immer noch einen großen Schritt. Aber dass wir auf Platz 4 stehen und die ganz reele Chance haben, ins obere Playoff zu kommen – da muss man der Mannschaft ein riesiges Kompliment aussprechen, was sie in diesen Monaten geleistet hat.

LAOLA1: Klagenfurt ist der beste Aufsteiger seit dem LASK 2017, der es seitdem weit gebracht hat. Wie hat sich der Trainer, das Team, das Umfeld in diesen Erfolgsrausch gespielt, was war entscheidend aus deiner Sicht?

Pacult: Viele Dinge, beginnend im ersten Spiel gegen den WAC, wo du in der 89. Minute noch den Ausgleich machst. Wir haben danach aber einen Riesendämpfer gegen die Admira gekriegt, mit zwei Ausschlüssen, dann der super Dreier gegen Hartberg. Wenn man die ganze Herbstsaison Revue passieren lässt: Wir haben nie ein Loch gehabt oder zwei, drei Spiele hintereinander verloren. Die Mannschaft ist dadurch immer sicherer geworden, bis heute besteht eine super Kameradschaft – was immer leicht ist, wenn du erfolgreich bist. Der Charakter einer Mannschaft zeigt sich immer, wenn es mal nicht läuft. Bei uns ist es ein positiver Druck. Das Team hat sich das immer wieder durch gute Ergebnisse, Leistungen und trotz fadenscheiniger Entscheidungen der Schiedsrichter erarbeitet.

LAOLA1: Der VAR hat dich bisher nicht immer glücklich gemacht.

Pacult: Beim VAR gibt es keine Linie. Vor 15 Jahren wäre ich wahrscheinlich nicht so ruhig geblieben. Aber in dem Moment, wo der die Entscheidung trifft – so weh es tut – bringt es nichts, sich aufzuregen. Alles nur unnötige Energie. Trotz allem haben wir unsere Punkte gemacht, wir sind auch der einzige Verein, der RB Salzburg bezwungen hat – das macht mich stolz.

LAOLA1: Wäre somit die Meistergruppe die Krönung einer Traumsaison oder wäre sie nicht minder erfolgreich, wenn Klagenfurt sie als Siebenter knapp verpassen würde?

"Die zweitteuerste Mannschaft gegen einen Aufsteiger, der sein Minimalbudget aufstellen konnte, um die Liga zu halten - und die trotz allem vor Rapid ist."

Peter Pacult

Pacult: Es wäre ein Riesenerfolg! Wir haben es in der eigenen Hand, sind auf niemanden angewiesen. Das ist der große Vorteil. Ohne Öl ins Feuer zu gießen: Wenn Rapid ihr Endspiel hat, das sie wollten – puh! Die zweitteuerste Mannschaft gegen einen Aufsteiger, der sein Minimalbudget aufstellen konnte, um die Liga zu halten - und die trotz allem vor Rapid ist. Es ist schön genug, dass wir mitbeteiligt sind, dass am Sonntag sicher eine gute Stimmung sein wird in Hütteldorf.

LAOLA1: Unter normalen Umständen hätte man sich vielleicht andere Gegner als Rapid fürs "Finale" gewünscht, noch dazu auswärts, mit Fans. Oder ist es genau das, was Klagenfurt wollte, weil Rapid in Zeiten wie diesen nicht wirklich konstant ist?

Pacult: Wir wollten gar nichts! Rapid wollte das Endspiel, was eh schon viel sagt. Rapid braucht das Spiel, um überhaupt ins obere Playoff zu kommen. Da liegt irgendwo der Hund begraben. Als Rapid sollte man nicht darüber nachdenken müssen, ob man ins obere Playoff kommt oder nicht, noch dazu im letzten Spiel. Für die Fans ist es natürlich interessant, aber wir sind in einer besseren Ausgangsposition.

LAOLA1: Bei dir heißt es oft: "Ein Spiel wie jedes andere." Wie viel Emotion spielt trotzdem mit, an den Ort zurückzukehren, wo du so große Erfolge feiern konntest?

Pacult: Natürlich ist es immer wieder schön, dorthin zurückzukehren, wo du nach 14 Jahren noch immer der letzte Meistertrainer bist. Ich weiß noch, wie mir die Rapid-Fans beim Spiel im Herbst in Klagenfurt gedankt haben, die Stimmung im Rapid-Sektor war sehr positiv. Die Sprechchöre waren einfach sensationell. Da sieht man, dass man doch Positives bei Rapid hinterlassen hat. Aber meine Motivation ist genauso groß wie gegen jeden anderen Gegner. Das hat mit Rapid nichts zu tun, ich will Spiele gewinnen. Wer der Gegner ist, ist zweitrangig. Das wäre ein falsches Zeichen, wenn der Sieg mehr Bedeutung hätte als ein anderer – es bleiben drei Punkte.

LAOLA1: Trotzdem gibt es Trainer, die einem ehemaligen Arbeitgeber dann erst recht beweisen wollen, wie gut sie wirklich sind.

Pacult: Was soll ich noch beweisen? Mehr als einen Meistertitel mit dem populärsten Klub in Österreich? Da brauche ich nichts mehr beweisen. Anders gesagt habe ich es auch im Ausland bewiesen, was immer belächelt wird. Du musst in Albanien erst einmal in eine Champions-League-Quali kommen. In Serbien bin ich auf Platz zwei entlassen worden, in Montenegro war das Ziel, einen Europacup-Platz zu schaffen - geschafft! Das sind halt andere Mechanismen, dort wird alle halben Jahre der Trainer gewechselt. Aber das will man bei uns nicht verstehen.

Der Erfolg gibt Pacult bei Klagenfurt recht
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LAOLA1: Hast du auch darauf nach deinem 200. Bundesliga-Spiel als Trainer angespielt, als du meintest: "Es hätten mehr sein müssen." Wurden dir auch in der Bundesliga zu wenige Chancen gegeben?

Pacult: Absolut, mit dieser unberechtigten, fristlosen Entlassung bei Rapid. Wir waren auf Platz 5, mit Tuchfühlung nach oben. Aber die Erwartungshaltung war wie 2008, wir hätten 2009 und 2010 auch Meister werden sollen. Die Voraussetzungen waren anders, obwohl wir trotzdem die Europacup-Quali für die Gruppenphase geschafft haben. Wir haben Spieler mit Qualität verloren, dann kommt ein Einschnitt. Das sieht man ja bei Rapid, dass es nicht von heute auf morgen wieder besser wird. Ich habe auch Dynamo Dresden in der Liga gehalten, was belächelt wurde, weil es über die Relegation war. Aber ich habe sie im Winter mit 5 Punkten Rückstand übernommen. Das war der Unterschied: Franco Foda hat den Aufstieg in die Bundesliga leider knapp nicht geschafft, ist aber gefeiert worden. Und ich, der Dresden in der Liga gehalten hat, wurde wegen der Relegation kritisiert. Das war genauso schwierig wie über die Relegation aufzusteigen.

LAOLA1: 2015 warst du wieder in Österreich, beim FAC.

Pacult: Beim FAC ist es leider mehr als unglücklich gelaufen – und auf einmal habe ich in Österreich keine Chance mehr gehabt. Auf einmal hat es geheißen, ich bin zu alt – obwohl ich noch nicht einmal alt war, und andere Gründe. Es gibt genug Vereine, die heute sagen: Hätten wir ihn damals genommen! Ich beklage mich nicht, aber es ist schade – weil es mehr Spiele sein hätten müssen aufgrund der Leistung. Oft ist es ein Fluch und ein Segen, Rapid-Trainer zu werden. Man sieht es an vielen anderen Kandidaten danach auch.

LAOLA1: Apropos Rapid-Trainer! Ferdinand Feldhofer spielte im vorletzten Meisterteam von Rapid, allerdings nicht unter dir. Gibt es trotzdem Berührungspunkte?

Pacult: Ich kenne ihn nur als Spieler bei Sturm oder mit Wacker gegen uns. Das ist eine andere Generation. Aber er hat tolle Arbeit bei Lafnitz gemacht, auch beim WAC. Da kennt man halt den Fall Liendl, wo es Probleme gegeben hat. Da hat sich leider Präsident Riegler dann für die Spieler und gegen den Trainer entschieden.

LAOLA1: Wer bei Klagenfurt gut spielt, ist auch schnell einmal ein Thema bei Rapid, so war es zumindest bei Gemicibasi oder Greil. Gehst du von einem Umbruch im Sommer aus?

Pacult: Es hat in der Winterpause diverse Anfragen für Spieler gegeben. Rapid hat am letzten Tag, in den letzten paar Stunden noch auf einen Spieler hingegriffen, was für den Spieler und den Verein nicht einfach war. Es hat sich zum Glück dann eh schnell erledigt. Ob Rapid da nicht zu schnell bei der Sache losgelassen hat... Da muss ich schon schmunzeln, weil der eine Verein macht ein Angebot, dann der andere. Wenn man sich nicht trifft, redet man weiter. Aber es ist nicht einmal zu einem weiteren Gespräch gekommen. Für alle Spieler, die im Herbst herausragend gespielt haben, hat es Anfragen gegeben, aber es ist dann nichts passiert.

LAOLA1: Bei Rapids Last-Minute-Aktion handelt es sich wohl um Patrick Greil, dessen Vertrag im Sommer ausläuft. Könnte dieser Spieler Rapid weiterhelfen? Auch HSV-Gerüchte gab es. Schreibst du ihn schon ab?

Pacult: Ich bin einfach glücklich, wie super sich Greil bei uns in den letzten 14 Monaten, die ich da bin, entwickelt hat. Was dann passieren wird im Sommer, wird man sehen. Vom Potenzial her hat er einiges drauf. Jetzt im Moment bin ich froh, dass er noch bei uns ist. Leider hat er zuletzt eine harte Zeit gehabt, war auch nicht ganz fit. Ich hoffe, dass er uns am Sonntag so zur Verfügung steht, wie er vorher war. Ich hoffe, dass er schnell wieder in die Spur findet, weil er doch ein Spieler ist, der gewisse Dinge ausmacht.

LAOLA1: Ist er auch einer, der solche Anfragen am letzten Transfertrag ausblenden kann?

Pacult: Es war natürlich auch für ihn nicht einfach, vor allem dann in allerletzter Minute auch noch einmal. Das geht nicht spurlos an einem jungen Mann vorüber. Aber mein Gespräch mit ihm war wunderbar. Die Mannschaft hier liegt ihm am Herzen, dadurch wäre der Abgang auch für ihn emotional vom Kopf her auch nicht gut gewesen oder hätte Probleme bereitet. Aber er hat das eigentlich gut weggesteckt und seine Konzentration liegt voll auf uns.

LAOLA1: Ist er so eine wichtige Stütze für die restlichen Spiele, dass man dafür auf eine Ablöse verzichtet und ihn erst im Sommer ziehen lässt?

Pacult: Es ist ja nicht an uns gelegen, der Ball lag woanders. Natürlich wird der Verein einen so wichtigen Spieler nicht herschenken. Klagenfurt hat ein Angebot gelegt, Rapid ein anderes. Zum Glück für mich ist es nicht weitergegangen. Dadurch haben wir uns damit nicht mehr beschäftigen brauchen, bei der Ablöse mische ich mich nicht ein. Man wird sehen, was im Sommer passiert. Sein Fokus liegt darauf, bei uns erfolgreich abzuschneiden. Daran, was bisher gelungen ist, hat er einen großen Anteil.

"Die Spieler wissen ganz genau, worum es geht, wie die Situation ist. Da musst du kein großer Zauberer sein oder mit Schmafu daherkommen. Aber da hat jeder Trainer seine eigenen Rituale."

Peter Pacult

LAOLA1: Greil ist auch ein erfrischender Typ und meinte kürzlich, dass der Trainer "uns schon auf Rapid heiß machen wird". Wie schaut das aus? Lauter? Mit gewissen Anreizen? Wie lockst du die Spieler aus der Reserve?

Pacult: Das ist mein Geheimnis! (lacht) Sonst würde es jeder so machen. Die Spieler wissen ganz genau, worum es geht, wie die Situation ist. Da musst du kein großer Zauberer sein oder mit Schmafu (Anm.: umgangssprachlich - unsinniges Gerede) daherkommen. Da braucht es keine großen Sprüche meinerseits. Natürlich wird man bei der Besprechung was sagen, aber da hat jeder Trainer seine eigenen Rituale.

LAOLA1: Viele Spieler bei Klagenfurt haben sich über die Saison toll entwickelt. Würdest du – abgesehen von den üblichen Verdächtigen wie Greil, Gemicibasi oder Andersson - einen herauspicken, der dich besonders überrascht hat?

Pacult: Ja, könnte ich, aber das wäre unfair den anderen gegenüber. Das kann man nach der Saison machen. Jeder Spieler, der im erweiterten Kader ist, hat seinen Teil dazu beigetragen, dass wir dort stehen, wo wir jetzt sind. Ich habe es auch bei Rapid im Meisterjahr gesagt. Es ist zwar immer schön, wenn man die hochjubelt, die 7:0 gegen Salzburg gewonnen haben oder fast immer gespielt haben. Aber noch wichtiger sind die Spieler, die hinten dran stehen, nicht die Chance haben, sich zu beweisen.

LAOLA1: Wer denn zum Beispiel?

Pacult: Bei Rapid war für mich Stefan Kulovits das größte positive Beispiel, ich habe mich dafür eingesetzt, dass sein Vertrag verlängert wird. Es kommt darauf an, wie du mit den Spielern dahinter umgehst. Man kann nicht jeden Tag Einzelgespräche führen oder sie trösten – das ist in einer Leistungsgesellschaft so. Aber man darf nicht vergessen, dass sie enorm wichtig sind für die Stimmung. Wenn einer zu jedem Training beleidigt antanzt, wird er kein großer Motivator sein. Das ist oft das Rezept eines Trainers. Oder sitzt jemand gerne auf der Bank von Real Madrid oder Liverpool? Die wollen alle spielen. Aber es kommt auch auf die Charaktere der Spieler an, in gewissen Momenten zu wissen, dass man nicht derjenige ist, der bestimmt.

LAOLA1: Teambuilding-Maßnahmen helfen, so wie Austria Klagenfurt im Sommer auch mal kurzerhand auf dem Berg übernachtet hat.

Pacult: Damit hatte ich nichts zu tun. Das ist von der Mannschaft ausgegangen. Leider in der Pandemie-Zeit, wo sonst eh nichts war. Aber das hat sich das Team selbst organisiert, absolut vorbildhaft, wenn die Initiative aus der Mannschaft kommt. Da sind schon Typen dabei, die gute Ideen haben.

LAOLA1: Darf im Falle des Einzugs in die Meistergruppe eigentlich gefeiert werden? Es geht danach doch recht rasch wieder weiter.

Pacult: Man soll das Fell des Bären nicht schon teilen, bevor er erlegt ist. Wenn die Runde vorbei ist, wissen wir alle mehr.

LAOLA1: Feste soll man aber auch feiern, wie sie fallen.

Pacult: So ist es. Das wird man dann am Sonntag ab 19 Uhr sehen.

LAOLA1: Aufgrund der kultigen Pressekonferenz-Vorgeschichte dann aber wohl nicht mit alkoholfreiem Bier, oder doch?

Pacult: Das wird dann jedem selbst überlassen. Ich bin nicht der Busfahrer (lacht).

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