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Grünwald und Suttner: "Ich war perplex!"

Karriere-Ende als Teenager? Premier-League-Vertrag mit 30? Ein Rück- und Ausblick:

Grünwald und Suttner:

Zwei violette Legenden treten ab. Alexander Grünwald (33) und Markus Suttner (35) haben insgesamt fast 650 Pflichtspiele im Trikot der Wiener Austria in den Beinen. Gemeinsam bringen sie die Erfahrung von fast 600 Bundesliga-Partien mit.

Das Duo kennt sich seit der Zeit in der Frank-Stronach-Akademie und hat 2013 gemeinsam den Meistertitel gefeiert. Das war die legendäre Meister-Elf >>>

Während Suttner auch in Deutschland (Ingolstadt, Düsseldorf) und England (Brighton) gespielt hat, war Grünwald auf Profi-Ebene abgesehen von einem Abstecher nach Wiener Neustadt immer für die Veilchen aktiv.

Im Sommer ist Schluss, beide hängen ihre Fußballschuhe endgültig an den Nagel. "Ich habe das Potenzial zum Zunehmen. Aber Wesley Sneijder 2.0 werde ich keiner", lacht Grünwald, der seine Trainerausbildung fortsetzen will. Suttner hingegen hat keine Lust auf einen Job als Coach: "Dafür sind mir die Wochenenden zu wertvoll."

Die beiden Austrianer haben mit LAOLA1 in einem großen Doppel-Interview nicht nur über ihre Zukunft gesprochen. Grünwald erzählt, dass ihm Ärzte schon in Teenager-Tagen zum Karriereende rieten, Suttner spricht von Gegnern, die ihn schwindlig gespielt haben, und beide schwelgen in Erinnerungen an vergangene Zeiten.

LAOLA1: Kannst du, Markus, dem Jungpapa Alex Grünwald eine Kinderserie empfehlen?

Markus Suttner: Bei uns ist „Paw Patrol“ gerade im Rennen. Rubble ist der Liebling meines Sohnes.

Alexander Grünwald: Da muss ich erst reinwachsen. Aber das ist in der Kabine tatsächlich zuletzt ein Thema gewesen.

"Es gibt ein Leben nach dem Fußball. Ich möchte mit 50 Jahren mit meinem Kind kicken, Skifahren, Tennisspielen."

Alex Grünwald

LAOLA1: Wie haben eure Familien auf die Entscheidung, die Fußballschuhe an den Nagel zu hängen, reagiert?

Suttner: Es war eine Entscheidung mit der Familie. Sie freuen sich, dass wir einmal gemeinsam einen Sommer verbringen.

Grünwald: Für meine Eltern war es emotional, mein Vater war ja auch mal mein Trainer. Da war Wehmut dabei. Meine Frau hat mir die Entscheidung überlassen.

LAOLA1: Warum spielt ihr nicht noch irgendwo unterklassig weiter?

Suttner: Körperlich hätte ich sicher noch ein, zwei Jahre Bundesliga spielen können. Aber der Zeitpunkt ist der richtige. Egal, welcher Job jetzt kommt, darauf will ich mich zu 100 Prozent fokussieren. Und ich will am Abend und am Wochenende Zeit für meine Familie haben.

LAOLA1: Robert Almer hat mal gesagt, er will mit seinem Kind später mal ohne Beschwerden im Garten spielen können – ohne kaputte Knie und Hüften. Hat das in deinen Überlegungen eine Rolle gespielt, Alex?

Grünwald: Das ist der Grund, warum ich nicht weiter unten spielen will. Ich müsste wegen meiner Verletzungen auch unterklassig einen sehr großen Aufwand betreiben, um schmerzfrei spielen zu können. Das ist es nicht wert. Es gibt ein Leben nach dem Fußball. Ich möchte mit 50 Jahren mit meinem Kind kicken, Skifahren, Tennisspielen.

LAOLA1: Was macht ihr künftig?

Suttner: Das ist noch nicht geklärt.

Grünwald: Bei mir auch nicht.

LAOLA1: Ist das Ziel, weiterhin im Fußballbusiness zu bleiben? Habt ihr Trainer-Ausbildungen?

Grünwald: Ich habe die B-Lizenz und würde gerne die A-Lizenz machen. Ich will in der Sportbranche bleiben.

Suttner: Sportbranche ja, aber ich will kein professioneller Trainer werden – dafür sind mir die Wochenenden zu wertvoll.

LAOLA1: Wer von euch wird an Gewicht zulegen?

Suttner: Ich werde sicher das eine oder andere Kilo draufkriegen. Aber das ist normal, wenn man die Fesseln des Leistungssports verliert.

Grünwald: Ich habe das Potenzial zum Zunehmen. Aber Wesley Sneijder 2.0 werde ich keiner. Dafür bin ich zu eitel. (lacht)

LAOLA1: Was sind die ersten Erinnerungen, die ihr aneinander habt? Das müsste in der Stronach-Akademie in Hollabrunn gewesen sein.

Suttner: Mir ist, weil ich selbst Linksfuß bin, gleich aufgefallen, dass er einen guten Linken hat. Sonst wahrscheinlich irgendein Blödsinn. Die um zwei Jahre Jüngeren waren immer besonders „lustig“, weil sie den Aufzug gestoppt haben.

Grünwald: Das war ich nicht! Ich hatte Platzangst und bin nie mit dem Aufzug gefahren.

"Kreuzbandrisse bei Kindern gab es damals eigentlich nicht. Die Ärzte haben gemeint, es wäre besser, ich würde mit dem Fußball aufhören."

Alex Grünwald

LAOLA1: Die Stronach-Akademie war damals das Nonplusultra im österreichischen Nachwuchs-Fußball.

Suttner: Es gab nichts Vergleichbares.

Grünwald: Da hat praktisch die gesamte Wiener Auswahl gespielt. Auch aus den Bundesländern sind, bis auf ein paar Ausnahmen, die besten Spieler dorthin gegangen. In den Nationalteams waren extrem viele Austrianer. Was uns aber gestört hat: Wir waren in Hollabrunn, nicht in Wien. Das ist jetzt anders. Wobei jetzt die größten Talente eher zu Red Bull wollen. Das Ziel als Austria muss aber sein, die besten Wiener Talente zu bekommen. Es gibt da die richtigen Ansätze.

LAOLA1: Ich war vor vielen Jahren mal für einen Dreh in der Stronach-Akademie. Da hast du dort das Aufbautraining nach einem Kreuzbandriss gemacht. Wie ist das, wenn das in diesem Alter schon passiert?

Grünwald: Sehr hart, das war brutal. Man verlässt die Familie für den großen Traum und reißt sich im vierten Spiel das Kreuzband. Ich war damals vom Körper her noch eher kindlich. Kreuzbandrisse bei Kindern gab es damals eigentlich nicht. Die Ärzte haben gemeint, es wäre besser, ich würde mit dem Fußball aufhören. Heute verstehe ich das, damals habe ich das gar nicht verstanden.

LAOLA1: Insgesamt waren es vier Kreuzbandrisse, oder?

Grünwald: Drei Kreuzbandrisse und ein Knorpelausbruch, was vom Gefühl her wegen der Nachwehen noch schlimmer war. Meine Knie waren danach nicht mehr wie vorher. Diese Rückschläge haben mir in meiner Entwicklung viel gekostet. Vielleicht hat mir mein Körper eine größere Karriere verwehrt. Andererseits bin ich sehr dankbar, trotzdem so viele Spiele gemacht haben zu können.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Ihr habt 2013 gemeinsam den Meistertitel geholt. Welche Szenen aus diesem Frühjahr sind noch sehr präsent bei euch?

Suttner: Wir haben im Frühjahr vier Spiele hintereinander nicht gewonnen. Trainer Peter Stöger hat dann in der Kabine gesagt: „Jungs, egal, was ist, wir werden Meister!“ Da bekomme ich heute noch eine Gänsehaut. Ab diesem Zeitpunkt haben wir dem Druck standgehalten. Das letzte Spiel gegen Mattersburg, als wir den Titel fixiert haben, war einfach geil.

Grünwald: Was die Mannschaft und der ganze Staff damals geleistet haben, mit Punkterekord, ist im Rückblick noch höher einzuschätzen.

LAOLA1: Markus, du hast gegen Sergio Agüero, Eden Hazard, Ousmane Dembele, Diego Costa, Thomas Müller und Didier Drogba gespielt. Wer waren die Gegenspieler, von denen du sagts: „Das hätte ich kein zweites Mal gebraucht!“

Suttner: Wer mich wirklich verarscht hat? (lacht) Da waren ein paar dabei. Bei solchen Spielern siehst du den Unterschied zwischen internationaler Klasse und Weltklasse. Prägend war Riyad Mahrez von Leicester – der hat mich damals schwindlig gespielt, da hättest du mich nach 17 Minuten auswechseln müssen. Im Nationalteam gegen Wales war Gareth Bale alleine einfach nicht zu verteidigen. Das sind Spieler, deren Stärken du genau kennst, sie aber trotzdem nicht verteidigen kannst.

LAOLA1: Wer waren für dich die unangenehmsten Gegenspieler, Alex?

Grünwald: Mir ist das Auswärtsspiel in der Europa League gegen die AS Roma in Erinnerung geblieben. Francesco Totti hat mit 40 Jahren aufgespielt. Da fragst du dich, wie gut der erst mit 28 Jahren gewesen sein muss. Da sieht man, wie groß der Unterschied zu den Top-Top-Spielern ist.

"Ich war perplex, als das Interesse von Brighton gekommen ist"

Markus Suttner

LAOLA1: Man muss sich folgendes vor Augen halten. Markus Suttner hat als 30-jähriger Österreicher, der bei einem deutschen Absteiger unter Vertrag stand, einen Dreijahresvertrag von einem Premier-League-Verein bekommen.

Grünwald: (lacht) Da kann irgendwas nicht stimmen!

Suttner: Meine Frau und ich haben uns in Ingolstadt wohlgefühlt, haben den Klub ab März gedrängt, den Vertrag zu verlängern. Ich wollte beim Wiederaufstieg mithelfen. Ich hatte in der Abstiegssaison meine beste Saison (Anm.: vier direkte Freistoßtore und fünf Assists). Ich war perplex, als das Interesse von Brighton gekommen ist und musste dann nicht lange überlegen. Das war gar kein Ziel von mir, das ist mir passiert. Es war sehr lehrreich in der Premier League.

LAOLA1: Warum hat es bei dir mit dem Ausland nie gepasst?

Grünwald: Es hat sich einfach so ergeben. Als wir Meister geworden sind, war ich ablösefrei. Dann habe ich mir unmittelbar vor der Champions League das Kreuzband gerissen. Vielleicht habe ich auch in gewissen Momenten nicht gut performt, so selbstkritisch bin ich. Vor meinem letzten langfristigen Vertrag bei der Austria hatte ich sehr lukrative Angebote, habe mich aber dagegen entschieden. Ich bereue das gar nicht. Es macht mich stolz, fast nur bei einem Verein gespielt zu haben, bei der Austria verwurzelt zu sein.

LAOLA1: Ihr kennt Manfred Schmid seit gemeinsamen Zeiten in der Stronach-Akademie. Wie seht ihr seine Entwicklung?

Grünwald: Wenn man sich die Konstellation zum Saisonstart ansieht plus den Umstand, dass wir nach sechs Spieltagen Letzter waren… Jetzt spielen wir um Platz drei. Das sagt schon viel aus. Klar, es war eine Umstellung für ihn vom Co- zum Cheftrainer. Das ist natürlich. Keiner wird als Pep Guardiola geboren. Er macht das sehr gut. U15, U17, U19, Wiener Neustadt, Austria Amateure, Austria-Profis – er war überall mein Trainer und hat einen großen Teil zu meiner Entwicklung beigetragen. Dafür möchte ich auch mal Danke sagen.

Suttner: Er war immer der, der als Co-Trainer mit den Spielern Vier-Augen-Gespräche geführt hat, über Dinge, die Stöger vielleicht gar nicht wissen musste. Diesen Umstieg zum Cheftrainer zu schaffen, ein bisschen Distanz zu halten, ist dann gar nicht so einfach. Das hat er geschafft.

LAOLA1: Ihr wart in dieser Saison die Vorbilder für viele junge Spieler im Austria-Kader. Wer waren am Anfang eurer Karrieren die Routiniers, an denen ihr euch angehalten habt?

Suttner: Bei den Amateuren hat mich Harald Suchard unter seine Fittiche genommen. Bei den Profis waren es Milenko Acimovic und Jocelyn Blanchard. Blanchard hat mir vorgezeigt, wie man in der Öffentlichkeit lebt, er war immer nett zu allen und eine Respektsperson.

Grünwald: Hannes Aigner, mit dem ich bei der Austria und in Wr. Neustadt gespielt habe, hat sich immer reingehaut. Mir hat sein Einsatz imponiert, er hat immer alles gegeben. Auch Manuel Ortlechner war immer vorbildlich. Jetzt haben wir versucht, vorzuleben, was es bedeutet, ein Profi zu sein. Wenn ich mir anschaue, wie der Sutti eine Woche vor seinem Karriereende noch im Training herumgrätscht…

LAOLA1: Was bedeutet euch die Austria?

Suttner: Wir waren keine verrückten Austria-Fans in meiner Familie. Aber in meiner Kindheit ist immer von der Austria geredet worden, mein erstes Trikot, das ich als Zehnjähriger bekommen habe, war von der Austria. Dann habe ich die Chance in der Akademie bekommen. Die Austria hat mir meine Karriere ermöglicht. Ich bin ein sehr dankbarer Mensch. Nach dem Ausland noch einmal zur Austria zurückzukommen, war eine Riesenehre für mich. Die Austria ist nicht mein Leben, aber sie ist ein großer Teil davon und wird das immer bleiben.

Grünwald: Die Austria ist für mich zu einem Zuhause geworden. Es gehört sehr viel dazu, das sagen zu können.

VIDEO - Das große Interview mit Alex Grünwald und Markus Suttner zum Ansehen. Wie sie den Aufstieg des Red-Bull-Fußballs erleben und ob sich künftig wieder mehr junge Menschen für den österreichischen Fußball interessieren werden:



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