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Darum verbündet sich Rapid mit Austria

Ärger im Aufsichtsrat! Rapid-GF Peschek übt im LAOLA1-Interview Kritik in der Krise:

Darum verbündet sich Rapid mit Austria Foto: © GEPA

In der Krise ist sich jeder selbst der Nächste. Verständlich, wenn man bedenkt, dass Existenzen und der weitere Fortbestand eines Klubs auf dem Spiel stehen und deshalb auf den ersten Blick klar Priorität besitzen.

Trotzdem gilt es in gewisser Art und Weise auch den österreichischen Fußball zu retten und dafür bedarf es ehrliche Zusammenarbeit und konstruktive Lösungen.

Der jüngste Vorschlag, den Aufsichtsrat der Bundesliga mit Rapid, Austria - was nicht die Idee der beiden Wiener Klubs gewesen sein soll - und einem Vertreter der 2. Liga aufzustocken, hat im höchsten Liga-Gremium Gräben offenbart. Es ist offenbar ein Machtkampf zwischen den aktuellen Vorsitzenden, vorwiegend im Lager der "kleinen" Klubs, und den Großen wie Rapid, Austria, Salzburg und Sturm, entbrannt.

Die Kritik des Aufsichtsratsvorsitzenden Philip Thonhauser, Rapid und Austria würden nur "ihre Macht ausbreiten wollen", so dass dieser es als seine Pflicht sah, für die kleinen Klubs einzustehen, sorgt im LAOLA1-Interview für Kopfschütteln bei Rapids Geschäftsführer Wirtschaft Christoph Peschek.

"Seine Aussagen habe ich mit Verwunderung zur Kenntnis genommen und halte sie auch für unangebracht. Es geht nicht um irgendwelche Machtspiele sondern die Rettung des österreichischen Fußballs", sagt der 36-Jährige. Zudem halte es der Rapid-GF "für eine Missinterpretatition der Funktion, wenn man sich als Sprachrohr irgendeiner Gruppe sieht. Der Chef des Aufsichtsrats ist das Sprachrohr aller Klubs, das heißt auch, Kompromisse zu finden und gemeinsame Sichtweisen herzustellen. Das sollte im Mittelpunkt stehen."

Um das zu erreichen, bauen sogar Rapid und Austria neue Brücken - in den vergangenen Jahren aufgrund der verhärteten Fronten noch unvorstellbar. Mit LASK-Präsident Siegmund Gruber gibt es hingegen keine Annäherungen. Was hinter den Streitigkeiten im Aufsichtsrat steckt und worauf Rapid und Austria abzielen, erklärt Peschek im Interview:

LAOLA1: Die Ausnahmesituation führt die Bundesliga-Klubs an ihre Grenzen. Wie sind diesbezüglich die Differenzen im Aufsichtsrat einzuordnen?

Christoph Peschek: Wir erleben eine Ausnahmesituation und sicherlich die größte Krise des österreichischen Fußballs seit dem 2. Weltkrieg. Deshalb gab es die Idee einiger Klubs, den Aufsichtsrat - zeitlich befristet - mit zwei Vertretern der obersten Spielklasse sowie einem aus der 2. Liga zu erweitern, um mit Expertise und Kompetenz die Verantwortung auf mehreren Schultern zu verteilen. Die Grundinitiative kam weder von Rapid noch von Austria sondern von Klubs, die auf uns zugekommen sind. Wir haben lediglich die Idee für sinnvoll erachtet. Aber das Wichtigste ist - unabhängig von Gremien-Zusammensetzungen - den österreichischen Fußball zu retten.

LAOLA1: Der Antrag wurde vorerst nicht zur Abstimmung zugelassen. Können Sie das nachvollziehen?

Peschek: Ich finde es demokratiepolitisch bedauerlich. Zulassen heißt noch nicht zustimmen. Es hätte nur bedeutet, dass man eine Diskussion darüber führt, um dann zu entscheiden, ob man dieses Anliegen unterstützt oder nicht. Denn das letztgültig beschlussfassende Gremium ist die Hauptversammlung. Aber in der gewohnten Art und Weise war das Anliegen zuvor in der Klubkonferenz zu erörtern und im Idealfall zu einer gemeinsamen Sichtweise heranzuführen.

(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt)

LAOLA1: Sieben von zwölf Klubs wären dafür gewesen – darunter die "großen" Vier Rapid, Austria, Salzburg und Sturm. Sehen Sie die Gefahr, dass durch die aktuelle Besetzung des Aufsichtsrats zu viel Wert auf die Anliegen der kleineren Klubs gelegt und die Großklubs ein wenig ausgeschlossen werden?

Peschek: Der Aufsichtsrat sollte weder das Sprachrohr der kleinen noch der großen Vereine sein, sondern die gesamte Vielfalt der österreichischen Bundesliga widerspiegeln und auch vertreten. Wir sind Klubs mit unterschiedlicher Tradition, Werten, Identitäten und Ausrichtungen. Gerade in der Krise geht es darum, dass wir bei aller Rivalität versuchen müssen, die Kräfte zu bündeln und das Wissen und die Netzwerke der jeweiligen Klubs gemeinsam einzusetzen. Da gab es einfach das Anliegen speziell bei Austria und Rapid – auch aufgrund der Größe der Klubs - die Expertise der Vertreter mitaufzunehmen. Die nächsten Tage und Wochen werden zeigen, ob das gewünscht wird oder nicht – wenn ja, tun wir das gerne. Wir werden definitiv keinen Wahlkampf betreiben. Denn wir haben in unseren Klubs große Herausforderungen zu meistern.

LAOLA1: Der Vorschlag wäre zeitlich befristet auf 24 Monate – also für die Überbrückung der Corona-Krise, oder?

Peschek: Genau, für die Zeit der Krise aus heutiger Sicht. Mit dem Wissensstand von heute wird die aktuelle Meisterschaft natürlich einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden bedeuten, aber die große Herausforderung wird vor allem das nächste Geschäftsjahr sein. Zehn Runden unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu spielen und Geisterspiele durchführen zu müssen, tut uns im Herzen weh – vor allem bei Rapid, weil uns die Atmosphäre und Stimmung der Fans extrem wichtig ist. Aber einzig und alleine mit dem Ziel, den Fortbestand des SK Rapid und auch anderer Klubs zu sichern, denn ein Meisterschaftsabbruch hätte wirtschaftlich wie rechtlich massive Folgen und Schäden. Mit der Ungewissheit, was auf internationaler Ebene mit den Europacup-Bewerben passiert, wie sich der Transfermarkt entwickelt, wann man wieder mit Zuschauern spielen darf – da zeigt sich bei einem Blick auf die Geschäftsberichte, dass wir als Zuschauermagnet massivst betroffen wären von einer ganzen Saison unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

LAOLA1: Trotzdem, noch einmal zurück zum Aufsichtsrat! Es ist kein großes Geheimnis, dass Austria-GM Markus Kraetschmer und Sie die zwei Bundesliga-Posten eingenommen hätten – oder wollen Sie das nicht bestätigen?

Peschek: An Mutmaßungen über Personen will ich mich nicht beteiligen. Die ursprüngliche Überlegung war – und das ist richtig -, Austria und Rapid aufgrund der Ressourcen und Expertise stärker in den Aufsichtsrat einzubeziehen, und eben einen Vertreter der 2. Liga. Ob das jetzt die Manager oder die Vereinspräsidenten (Anm.: Rapids letzter Vertreter war Ex-Präsident Michael Krammer) sind, haben wir in unseren Klubs noch gar nicht final diskutiert.

LAOLA1: Rückblickend gesehen hat das Ausscheiden aus dem Aussichtsrat im Sommer 2018 aber Rapid schon sehr geschmerzt und Spuren hinterlassen.

Peschek: Wir hätten weiterhin die Bereitschaft gehabt, die Bundesliga und die Klubs zu unterstützen. Die Entscheidung ist damals so gefallen, das gilt es demokratisch hinzunehmen und dem nicht nachzuweinen. Jetzt sind wir aber einfach in einer Ausnahmesituation, wo wir alle in einem Boot sitzen und mit aller Kraft sicherstellen müssen, dass es den österreichischen Fußball in der bisherigen Art und Weise auch weiter gibt. Wenn unsere Expertise gefragt ist, bringen wir uns gerne ein. Wir sind aber auch nicht betrübt, wenn das anders gesehen wird.

LAOLA1: Sehen Sie die Bereitschaft, dass alle in dieselbe Richtung rudern? Schließlich gab es vom Aufsichtsratsvorsitzenden Philip Thonhauser bei „90minuten“ sofort Kritik am vermeintlichen Vorstoß Austrias und Rapid ,„nach Einbindung zu lechzen“ und „ihre Macht ausbreiten zu wollen“, so dass dieser es als seine Pflicht sah, für die kleinen Klubs einzustehen. Schon zuvor hatten sich ausgerechnet jene Klubs, die im Aufsichtsrat vertreten sind, ihrer Stimme im Bezug auf die Fortsetzung der Meisterschaft enthalten. Inwieweit handelt es sich dabei um einen Machtkampf?

Peschek: Die Aussagen habe ich verwundert zur Kenntnis genommen und halte sie auch für unangebracht. Es geht nicht um irgendwelche Machtspiele sondern die Rettung des österreichischen Fußballs. Die Unterstützungsbereitschaft gibt es ja. Ich halte es auch für eine Missinterpretatition der Funktion, wenn man sich als Sprachrohr irgendeiner Gruppe sieht. Der Aufsichtsratschef ist das Sprachrohr aller Klubs, das heißt auch, Kompromisse zu finden und gemeinsame Sichtweisen herzustellen. Das sollte im Mittelpunkt stehen.

"Wir haben eine Rivalität – ob das jetzt beim Fußball oder beim Fidschigogerln ist, wir wollen immer gewinnen! Aber wir sind Profis und wissen, dass es gerade in der jetzigen Situation wichtig ist, alle mitzuhelfen."

Peschek über die "Allianz" mit Austria

LAOLA1: Auffallend ist, dass Rapid gemeinsame Sache mit der Austria macht. Hat es da in letzter Zeit wieder Annäherungen gegeben? Schließlich waren die Fronten zwischenzeitlich sehr verhärtet.

Peschek: Wir haben eine Rivalität – ob das jetzt beim Fußball oder beim Fidschigogerln ist, wir wollen immer gewinnen! Aber wir sind Profis und wissen, dass es gerade in der jetzigen Situation wichtig ist, alle mitzuhelfen. Das hat große Bedeutung.

LAOLA1: Markus Kraetschmer hat es im „Kurier“ extra hervorgestrichen: „Ich mache keinen Hehl daraus, dass sich Rapid und Austria derzeit sehr intensiv austauschen.“ Also dürfte dies davor nicht zur Tagesordnung gehört haben.

Peschek: Ja, kein Klub-Verantwortlicher konnte mit so einer Pandemie planen und rechnen. Daher müssen wir uns alle austauschen und Überlegungen anstellen, wie wir unsere Klubs durch die Krise führen. Daher ist jetzt definitiv der Zeitpunkt, wo wir uns alle – und das betrifft genauso Sturm Graz, Altach, Salzburg und Co. – regelmäßig informieren und austauschen, damit wir gemeinsam die richtigen Schritte setzen.

LAOLA1: Sollte eine Allianz Rapids mit der Austria, oder auch mit Sturm oder Salzburg, somit nach Ihrer Auffassung auch im Sinne der Liga sein?

Peschek: Natürlich sind wir Klubs mit unterschiedlichen Ausrichtungen, die bei unterschiedlichen Fragestellungen möglicherweise auch mit unterschiedlichen Interessenslagen ausgestattet sind. Das ändert aber nichts daran, dass wir professionell in der Bundesliga zusammenarbeiten, weil wir in einem gemeinsamen Bewerb Fußball spielen. Dazu gehört, dass man sich austauscht, Rahmenbedingungen definiert und gemeinsam nach Lösungen sucht. Das ist gerade in den letzten Tagen und Wochen beim überwiegenden Teil spürbar, dass konstruktiv gearbeitet wird. Das begrüße ich zu hundert Prozent.

"Zunächst muss man festhalten, dass es ihm definitiv gelungen ist, mehr Brisanz in die Spielpaarung LASK-Rapid zu bringen (lacht)."

Peschek über Verhältnis zu LASK-Boss Gruber

LAOLA1: Wieso funktioniert das derzeit noch nicht mit LASK-Präsident Siegmund Gruber, mit dem sich Rapid immer wieder harte Wortduelle geliefert hat? Mittlerweile ist in die Kritik geraten, weil er auch der letzten, so wichtigen Bundesliga-Konferenz nicht beigewohnt hat.

Peschek: Zunächst muss man festhalten, dass es ihm definitiv gelungen ist, mehr Brisanz in die Spielpaarung LASK-Rapid zu bringen (lacht). Das kann man auch positiv sehen. Was ich anerkenne, ist, dass er Interessensvertreter seines Klubs ist, das bin ich ebenso. Daher gibt es bei unterschiedlichen Themen auch Diskussionen, die auch öffentlich wahrnehmbar sind. Obwohl ich schon festhalten möchte, dass der SK Rapid im Regelfall eher reagiert hat, da zumeist ja doch die öffentlichen Angriffe vom Kollegen aus Pasching ausgegangen sind. Aber das halten wir aus, das gehört im Fußball auch dazu. Wie er seine Rolle auslebt und argumentiert? Ich habe genug damit zu tun, die jetzigen Herausforderungen zu bewältigen.

LAOLA1: Aus dem Nichts ist dieses Hin und Her mit Gruber aber wohl auch nicht entstanden, auch wenn jeder Klub für unterschiedliche Dinge einsteht. Stehen Ihrer Meinung nach noch immer zu viele Eigeninteressen bei den Bundesliga-Klubs im Vordergrund – trotz dieser Krise?

Peschek: Beim überwiegenden Teil der Bundesliga nicht. Wenn ich mir vor Augen führe, dass jetzt sieben Klubs gemeinsam Anträge stellen, dann zeigt das auch, dass wir Herausforderungen gemeinsam kontruktiv bewältigen wollen. Und dass es darum geht, nicht Probleme zu kultivieren, sondern an Lösungen zu arbeiten in einer zugegeben sehr herausfordernden Zeit - immer unter der Maßgabe, maximale Schutzmaßnahmen zu setzen und der Zielsetzung, die Meisterschaft sportlich zu Ende zu bringen. Einen Abbruch gilt es mit aller Kraft zu verhindern, sofern uns die Behörden unseren Hauptzweck – nämlich Fußball spielen – erfüllen lassen.

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