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Barisic' Kaderplanung: "Es ist vieles am Köcheln"

Druck in Rapid-Kaderplanung steigt! Wie Zoran Barisic Spagat bewältigt:

Barisic' Kaderplanung: Foto: © GEPA

Jetzt ist schon wieder was passiert!

Nein, mit diesen Worten leitet Schriftsteller Wolf Haas nicht wie üblich seinen neuesten Kriminalroman ein. Viel mehr ist in Hütteldorf das eingetroffen, was eigentlich nur eine Frage der Zeit war. Mit Maximilian Ullmann steht der erste Winter-Abgang fest, den Dauerläufer zieht es zum FC Venezia in die Serie A.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass der eine oder andere Rapidler Auslands-Ambitionen hat. Ullmann zählte so wie Ercan Kara und Taxiarchis Fountas zum Trio, bei dem ein Abgang schon im Sommer ein großes Thema war, und bis heute nicht vom Tisch ist. Verlängerungen der im Sommer auslaufenden Verträge erscheinen unrealistisch.

Wohlwissend, dass ein Umbruch bevorsteht, meinte Trainer Ferdinand Feldhofer schon bei seinem Amtsantritt, dass man "Reisende nicht aufhalten" sollte. Wie es aktuell im Fall der umworbensten Akteure aussieht, erklärt Sportchef Zoran Barisic im LAOLA1-Interview: "Einerseits gibt es immer wieder Anfragen, es gibt auch konkrete Angebote, aber es muss für alle Seiten passen. Wenn das der Fall ist, werden wir da eine Lösung finden. Aber bis jetzt ist es so, dass sie noch Verträge bis Sommer haben."

Derzeit könne sich die Ausgangsposition jedoch im Stundentakt verändern: "Zur Zeit ist Vieles am Köcheln, aber es ist noch nichts Weiteres fixiert."

Jemandem, der auf dem Weg in eine der Top-Ligen Europas ist, Steine in den Weg zu legen, ist nicht im Sinne des 51-jährigen Wieners. Allerdings fordert er von den Spielern bis zuletzt vollsten Einsatz. "Ich gehe davon aus, dass jeder, der bei Rapid spielt, auch alles für den Klub und natürlich auch für sich selbst gibt, um Werbung in eigener Sache zu machen. Ganz wichtig ist es, mit der Situation auch professionell umzugehen."

Mit "Schattenteam" so gut wie möglich vorbereitet

Auch wenn Ullmann die Enttäuschung nach einem gescheiterten Sommer-Transfer (Anm.: Arminia Bielefeld war interessiert) anzumerken war, ließ er sich mit etwas zeitlichem Abstand nicht hängen. Im Prinzip zeigte der 25-jährige Außenverteidiger vor, wie es laufen kann.

In zweieinhalb Jahren zerriss sich der Oberösterreicher für Rapid, spulte 103 Einsätze ab. Dass mit ihm abermals ein Spieler "den Sprung in eine der Top-5-Ligen Europas" geschafft hat, macht Barisic stolz. Auch die Tatsache, dass dieser mit offenen Karten gespielt hat und schon Anfang der Saison keinen Hehl aus seinen Wechsel-Ambitionen gemacht hat. Mit Jonas Auer wurde schon im Sommer für links hinten "vorgesorgt", auch Martin Moormann kann diese Position spielen.

Abgänge verändern die Transferplanungen, vor allem für den Sportdirektor. Ob derzeit aktiv nach Verstärkungen gesucht werde oder nur im Falle von Abschieden, meint Barisic gegenüber LAOLA1: "Sowohl als auch. Wenn etwas passiert, wollen wir schon so gut wie möglich vorbereitet sein, um bestmöglich reagieren zu können. Deshalb ist es ganz wichtig, den Markt immer im Überblick zu behalten, was in Zeiten wie diesen nicht immer so einfach ist."

Deshalb werden im Hintergrund mögliche Kandidaten den gegebenen Umständen nach gefiltert und treten im Notfall in den Vordergrund. "Wir haben immer wieder unser sogenanntes Schattenteam, wo aber immer wieder auch in Zeiten wie diesen Spieler wegfallen. Da musst du die Positionen wieder neu auffüllen, das ist alles andere als einfach. Aber wir versuchen, so gut wie möglich auf alle Szenarien vorbereitet zu sein."

"Das sollte uns allen ein bisschen die Augen öffnen"

Mit der Rückholaktion von Yusuf Demir gelang Barisic bereits ein lange Zeit nicht für möglich gehaltener Geniestreich. Die langwierigen und schwierigen Verhandlungen mit dem FC Barcelona haben ihn jedoch nach eigener Aussage nicht von anderen Kader-Baustellen abgelenkt.

"Die Phase ist derzeit gerade sehr intensiv für uns alle und es passiert immer wieder sehr viel im Hintergrund – ohne, dass diese Dinge an die Öffentlichkeit geraten. Aber es ist wie immer in jeder Transferperiode eine sehr intensive Zeit", gesteht der Ex-Rapid-Profi und -Trainer. Mit Rene Kriwak konnte zudem schon ein Stürmer mit Perspektive geholt werden, der im besten Fall über Rapid II den Weg zu den Profis schafft.

"Man sieht es ja im internationalen Bereich, dass es nicht mehr so ist wie vor der Pandemie, was Transfers betrifft. Das sollte uns allen ein bisschen die Augen öffnen. Obwohl wir vom Fußball leben und ihn lieben, sollten wir uns trotzdem nicht zu wichtig nehmen."

Zoran Barisic

Natürlich habe auch Neo-Trainer Feldhofer Wünsche geäußert, "aber Weihnachten ist ja vorbei und das Christkind kommt erst wieder am Jahresende", scherzt "Zoki". "Unser Trainer weiß natürlich um unsere Situation, die alles andere als einfach ist. Man sieht es ja im internationalen Bereich, dass es nicht mehr so ist wie vor der Pandemie, was Transfers betrifft. Das sollte uns allen ein bisschen die Augen öffnen. Obwohl wir vom Fußball leben und ihn lieben, sollten wir uns trotzdem nicht zu wichtig nehmen."

Abgänge von Leistungsträgern könnten die auf dem Papier gute Kader-Ausgangsposition jedoch trotz der bodenständigen Einschätzung des sportlichen Leiters mit einem Schlag verändern. Bei Rapid kommt auch noch die Tatsache hinzu, dass nach dem Ullmann-Abgang im Sommer noch 14 Verträge auslaufen und bei einer Nicht-Verlängerung nur mehr in dieser Transferperiode Geld lukriert werden könnte.

Druck in Kaderplanung wächst: "Der Spagat ist groß!"

Bisher wurden die Rapid-Verantwortlichen nicht müde, zu betonen, dass die ablaufenden Arbeitspapiere auch eine Chance sein können, sich neu aufzustellen und den Kader nach den eigenen Bedürfnissen zu verändern. Zusätzlich sind die Möglichkeiten auch aufgrund von Corona limitiert. Wie groß ist somit der Spagat, Spieler verkaufen zu müssen oder im schlimmsten Fall ablösefrei zu verlieren?

"Der Spagat ist groß! Auch mit dem Wissen, dass wir komprimiert sehr viele Spiele haben werden – hoffentlich auch noch mehr und interessante Spiele, damit wir sehr viele Herausforderungen im sportlichen Bereich zu bewältigen haben. Das ist natürlich nicht leicht, aber wenn es leicht wäre, könnte auch jemand anderer meinen Job machen", gesteht Barisic, der gleichzeitig mit Geschäftsführer Wirtschaft Christoph Peschek sich auf die Fahnen geheftet hat, Rapid stabil durch die Krise zu bringen. Experimente oder übermäßige Ausgaben haben in dieser Herangehensweise keinen Platz.

Fragezeichen bleiben trotzdem. Wer verlässt den Verein noch im Winter? Wer verlängert seinen Vertrag? Wer geht im Sommer ablösefrei? Eine Situation, die durchaus Druck mit sich bringt und bei Rapid in Form von dieser Vielzahl an auslaufenden Verträgen selten bis kaum vorkommt.

"Niemand braucht irgendwie Angst haben, unsere Spieler werden sich schon noch die Wohnungsmieten und warmes Essen leisten können. Darüber braucht man sich keine Sorgen machen."

Zoran Barisic

Barisic ordnet dies folgendermaßen ein: "Ja, auf der einen Seite hast du Druck, auf der anderen Seite geht es darum, wie du mit diesem Druck umgehst. Es ist ja kein Spezifikum, das mir oder uns widerfährt. Das ist der Situation geschuldet. Es wird mit Sicherheit nicht mehr die Verträge geben wie vor der Pandemie. Das ist von meiner Seite ganz klar zu sagen. Die fetten Jahre sind vorbei."

Tiefgründiger Nachsatz, dem durchaus Kritik zu entnehmen ist: "Obwohl niemand braucht irgendwie Angst haben, unsere Spieler werden sich schon noch die Wohnungsmieten und warmes Essen leisten können. Darüber braucht man sich keine Sorgen machen."

"Rapid kann ein riesengroßes Sprungbrett sein"

Die Kluft zwischen großen und kleinen internationalen Vereinen geht immer weiter auseinander. Das internationale Überwintern mit der Qualifikation für die Conference-League-Playoffs kann, muss aber kein Anreiz für Spieler im Frühjahr sein.

"Es gibt mit Sicherheit viele Klubs, die andere Gehälter bieten als wir. Aber wir bieten sportliche Perspektive. Ich glaube, dass Rapid in der Vergangenheit auch immer wieder gezeigt hat, dass wir als Klub ein riesengroßes Sprungbrett sein können für große Karrieren", merkt Barisic an, mit Ullmann hat sich diese These erneut bestätigt. "Das wird auch in Zukunft der Fall sein."

Schon lange dabei sind hingegen Christopher Dibon und Philipp Schobesberger, gespielt haben sie verletzungsbedingt in den vergangenen Jahren aber nur wenig. Da sie im Training aktuell einen neuen Versuch des Comebacks wagen, sind sie fast wie interne Neuzugänge zu betrachten, die zwischenzeitlich schon abgeschrieben wurden. "Meine Hoffnung ist sehr groß! Sie arbeiten sehr hart an sich, am Comeback und haben wirklich einen irrsinnigen Leidensweg hinter sich. Deshalb würde ich mir wirklich von Herzen wünschen, dass beide ihre Comebacks geben und auch an diese Leistungen anschließen, die sie vor der Verletzung gebracht haben."

Doch auch bei den zwei früheren Leistungsträgern steht eine schwierige Entscheidung an, auch ihre Verträge laufen im Sommer aus. Bei Dibon war bereits die Rede, ihn im Fall der Fälle anderweitig im Verein einzubinden. Viel Zeit bleibt nicht, die Verantwortlichen sportlich davon überzeugen, dass beide noch einmal Rapid auf höchstem Niveau helfen können. "Da ist auch wichtig, dass man zunächst einmal den einen, dann den nächsten Schritt macht. Wir warten einmal ab, wichtig ist, wie sie sich im Mannschaftstraining einfügen und wie es mit der Vollbelastung ist."

"Das sind Dinge, die Feldhofer sehr interessant machen"

Aktuell hat Rapid somit alle Hände voll zu tun, umso besser, dass die Trainerfrage noch im alten Jahr geklärt wurde. Mit Ferdinand Feldhofer ist ein neuer Trainer am Werk, der schon bei seinen ersten Auftritten seinen Ehrgeiz und sein Engagement unterstrichen hat. Auch Barisic ist nach wie vor begeistert: "Er hat sich sehr gut eingefügt, ist ein akribischer Arbeiter, sehr fleißig, hat sehr viele Ideen im Kopf, ist innovativ und bringt sehr viel positive Energie in den Klub hinein. Die Kommunikation miteinander ist sehr gut, wir tauschen uns regelmäßig aus. Insofern freue ich mich auf die gemeinsame Zusammenarbeit."

Was der Geschäftsführer Sport speziell an Feldhofers Art schätzt? "Ich schätze seine Ehrlichkeit, Geradlinigkeit und auch die Fähigkeiten, mit verschiedenen Gruppen so zu kommunizieren, dass man respektvoll miteinander umgeht. Und natürlich auch die ganzen Ideen, die er mit auf den Platz bringt und wie er sie umsetzen möchte. Das sind schon Dinge, die den Ferdl Feldhofer sehr interessant machen."

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