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Wo sind die Rapid-Fans?

Öffnungen, aber kein Ansturm. Was die Pandemie geändert hat, erklärt GF Peschek.

Wo sind die Rapid-Fans? Foto: © GEPA

"Wo sind die Rapid-Fans?", hallte es zur Begrüßung stets durchs Hanappi- und danach durchs Allianz Stadion, so lange Andy Marek als Stadionsprecher das Mikro schwang.

Es wurde zu seinem Markenzeichen, das sein Sohn Lukas aufrecht erhält. Aktuell dient diese Frage jedoch nicht als Anheizer, um ein lautstarkes Echo zu vernehmen. Aktuell geht es wirklich um die Nachfrage, welche Auswirkungen die Pandemie, Zuschauerbeschränkungen und alle Nebeneffekte wirklich auf den Fußball an sich und im Speziellen auf Rapid haben.

Während die Hütteldorfer gegen RB Salzburg noch damit haderten, dass der Meister keiner Spielverschiebung zustimmte, dürften im Playoff-Heimspiel der Conference League gegen Vitesse Arnheim (ab 18:45 Uhr im LIVE-Ticker) erstmals wieder alle Kapazitäten ausgeschöpft werden. Dürften, denn vom Traum eines ausverkauften Stadions in einem K.o.-Runden-Spiel auf internationaler Ebene sind die Grün-Weißen weit entfernt.

Dass die Nachfrage bei weitem nicht so hoch ist, wie man sich das erwünscht hätte, wurde bei einem Termin mit Geschäftsführer Wirtschaft Christoph Peschek deutlich, der anfangs nur über die Auswirkungen der Pandemie sprach und erst auf Nachfrage näher auf die erwarteten Zuschauer-Zahlen einging. "Es wird sich wahrscheinlich in der Größenordnung zwischen den Duellen mit Famagusta (11.400) und Luhansk (10.300) einpendeln", wagt der 38-Jährige nur eine zurückhaltende Prognose. Zumindest die 10.000er Grenze soll fallen.

Trotz der gefallenen Zuschauer-Obergrenze sehe man jedoch an internationalen Beispielen, dass die Annäherung an die Normalität "kein Selbstläufer ist, dass die Leute wieder kommen." Von Corona und seinen Auswirkungen über Einschränkungen wie Maskenpflicht oder 2G-Beschränkung bis hin zu möglicherweise zu teuren Ticketpreisen und auch sportlicher Enttäuschung, könnten einige Gründe ins Treffen geführt werden.

Hohe Infektionszahlen, FFP2-Maske, 2G

Auf der einen Seite ist die grün-weiße Führungsriege erfreut über die Öffnungsschritte, auf der anderen Seite wird es noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bis wieder das gewohnte Stadion-Feeling erlebt werden kann.

"Wir erkennen, dass viele Menschen nach wie vor Sorgen vor der Infektion haben. Wir haben in Österreich nach wie vor hohe Infektionszahlen. Glücklicherweise ist die Auslastung in den Spitälern nicht so hoch wie bei vorherigen Varianten. Trotzdem gibt es da einfach noch Sorgen", spricht Peschek das Thema Pandemie gezielt an.

Und damit nicht genug: "Das Thema der FFP2-Maske stellt auch für manche ein Hindernis dar, ebenso wie 2G. Deshalb ist das alles kein Selbstläufer. Das sieht man international bei zahlreichen Klubs und Ligen, dass die möglichen Kapazitäten nicht immer ausgefüllt werden."

Der harte Kern der Rapid-Fans fehlt schon seit Monaten. Da kein organisierter Support möglich gewesen wäre, verzichteten die Fan-Gruppen schweren Herzens darauf, lautstark Stimmung zu machen.

Emotionaler Dämpfer aufgrund ausbleibender Erfolgserlebnisse

Außerdem muss durchaus auch erwähnt werden, dass bei winterlichen Temperaturen ohnehin auch sonst weniger Leute ins Stadion kommen - überhaupt, wenn die Leistungen zuletzt nicht gerade berauschend waren.

"Das Aus gegen Hartberg im ÖFB-Cup war schon ein Schlag in die Magengrube", gibt Peschek zu und beschreibt dieses Negativerlebnis als "emotionalen Dämpfer". Gleichzeitig weiß er auch, dass die Aufbruchsstimmung für das Frühjahr dadurch schnell gebremst wurde. Derzeit zittern die Wiener in der Bundesliga um die Qualifikation für die Top 6. Ohne Top-Duelle in der Meistergruppe würde dies Rapid nicht nur wirtschaftlich schaden, sondern auch was den Fan-Zustrom sowie die -Rückgewinnung betrifft.

"Wichtig ist, den Rapid-Fans zu sagen, dass wir uns in einem Umbruch befinden - aber alles mit einem Plan und einer Strategie." Den eingeschlagenen Weg mit Durchgängigkeit und dem Fokus auf den eigenen Nachwuchs wolle man weitergehen und nicht nach Rückschlägen wie jenem gegen Hartberg "alles verdammen und den Kopf in den Sand stecken". Auch wenn das Verpassen der Meistergruppe extrem schmerzhaft und bitter wäre, ist der Wirtschafts-GF jedoch im Hinblick auf den Sommer zuversichtlich, was die Kaderplanung und die Zielsetzung betrifft.

Aus diesem Blickwinkel sind die grün-weißen Anhänger auch schon viel gewöhnt. Seit dem radikalen Cut 2016 wechseln sich Umbruch und Neustart ab. Auch das hat Spuren hinterlassen. Es kommt somit viel zusammen - Pandemie, Hindernisse, Enttäuschung.

Zu hohe Ticket-Preise für Conference League und Vitesse?

Das Thema Tickets ist wiederum eine eigene Geschichte. Möglicherweise zu hohe Ticketpreise für das Heimspiel gegen Vitesse sorgten für Diskussionen. Anstatt die Fans anzulocken, könnten die Kosten den einen oder anderen Zuschauer abschrecken. Im Block West kostet eine Karte hinterm Tor Vollpreis 30 Euro, ansonsten bis zu 48 Euro. Da helfen auch kurzfristig noch beworbene Ermäßigungen bei der Gastro und im Fanshop wohl wenig.

"Grundsätzlich sind es die Tageskarten-Preise, die es auch in der Gruppenphase gegeben hat. Es ist ein Spiel, in dem es um den Einzug ins Achtelfinale geht - also schon ein besonderes, tolles Spiel, worauf wir uns freuen", findet Peschek die Preise angemessen, gibt aber zu:

"Wir haben uns im Wesentlichen daran orientiert. Das einzige, was wir gemacht haben, war eine kleine Indexanpassung, weil alle unsere Lieferanten uns auch deutlich höhere Indexierungen aufdrücken. Für den Erwachsenen sind es 2 Euro mehr, für den Ermäßigten 1 Euro, für das Kind nichts gegenüber der Gruppenphase." Zudem habe man sich auf die Preise festgelegt, als die Öffnungsschritte noch nicht beschlossene Sache waren.

Den Vorwurf, dass es sich "nur" um die Conference-League-Zwischenrunde - und nicht Champions oder Europa League handelt - und der Gegner mit Vitesse bei weitem nicht so attraktiv ist wie Vorjahresgegner Arsenal oder die niederländischen Top-Klubs Ajax Amsterdam oder PSV Eindhoven lässt der Geschäftsführer Wirtschaft so nicht gelten.

"Dass wir uns grundsätzlich mehr erhofft hätten, steht auch außer Frage. Dass man Kartenpreise hinterfragen kann, ist klar. Aber die Conference League ist jetzt nicht so schlecht, insbesondere wenn man sich anschaut, welche Teams noch dabei sind. Es geht um ein Achtelfinale, deshalb sind wir bei einem sehr guten, besonderen Spiel gegen einen an sich guten Gegner, der jetzt vielleicht nicht den europaweit mega-bekannten Namen hat, aber wir wissen, dass es ein sehr guter Gegner ist."

"Viele Kinder haben nicht mit Fußball begonnen, waren noch nie im Stadion"

Zu dieser Diskussion kommt auch noch Rapids Abo-Plus-Modell, bei dem auch internationale Tickets automatisch inkludiert wären, diese jedoch aufgrund der zuletzt geltenden Bestimmungen nicht freigegeben wurden. Dass sich die betroffenen Leute dann kurzfristig selbstständig Tickets sichern müssten, kommt erschwerend dazu.

Generell will Rapid Entwicklungen evaluieren, auch Ticket-Preise könnten dabei zum Thema werden. Die größte Befreiung wäre jedoch, wenn man die Corona-Pandemie so in den Griff bekommt, dass die Rückkehr zur Normalität schon bald möglich wäre.

Dass Zeiten wie diese gerade einen Mitglieder- und fannahen Verein wie Rapid treffen, liegt auf der Hand. Trotzdem versuchen die Grün-Weißen Schritte zu setzen, um die Bindung zu den Anhängern zu stärken. "Umgemünzt auf Rapid - was probieren wir, woran arbeiten wir? Die gesamte Zeit der Pandemie war für uns eine extrem herausfordernde. Nicht nur emotional und wirtschaftlich, sondern auch was die Fanbindung und -arbeit anbelangt, weil Rapid natürlich auch von Emotion, Leidenschaft und dem Stadionerlebnis lebt. Wenn das in dieser Form nicht gegeben ist, ist das eine Facette, die eine Herausforderung darstellt und wir sehr stark den Fokus haben, die Rapid-Gemeinschaft zu stärken, aktivieren, emotionalisieren und stärker ins Boot reinzuholen." Mit Partnerklubs in den Regionen und diversen Projekten, um Rapid greifbar zu machen, will sich der Traditionsverein noch genauer positionieren.

Die Fans wieder in die Stadien zu locken und die Zuschauerzahlen generell zu steigern, sieht Peschek jedoch als generelles "Projekt", dass nur mit gemeinsamen Kräften geschafft werden kann. "Was die Zahlen betrifft: Da müssen wir uns gemeinsam als Klubs, Liga, ÖFB, aber auch mit unseren Partnern darum bemühen. Zwei Jahre Pandemie lösen etwas aus. Viele Kinder haben vielleicht gar nicht mit Fußball begonnen, waren noch nie im Stadion oder Jugendliche und Erwachsene haben deshalb aufgehört. Ich bin hoffnungsfroh, weiß aber, dass wir die Ärmel aufkrempeln und intensiv arbeiten müssen."

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