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Verliert der ÖFB auch Talent Ljubicic?

Kam ÖFB bei Robert Ljubicic zu spät? Shootingstar über Rapid-Bruder und Ronaldinho.

Seit wenigen Tagen 20 Jahre jung, Stammspieler, mit dem SKN St. Pölten vergangene Saison unter den Top 6 gelandet und im Herbst im absoluten Höhenflug - es war eine Saison zum Genießen für Robert Ljubicic.

Der Youngster, ein 1999er Jahrgang, wirkt beim LAOLA1-Besuch in St. Pölten anfangs noch etwas nervös vor der Kamera und dem Mikrofon. Mit Fortdauer meistert der Sohn bosnischer Kroaten, die vor dem Krieg nach Österreich flohen, aber auch diese Aufgabe souverän.

Souverän wie seine 25 Bundesliga- (1 Tor) und drei Cup-Einsätze (1 Tor) in seiner ersten Profi-Saison. In zwölf Pflichtspielen stand er 90 Minuten am Feld, 23 von 28 Mal stand er in der Startelf - beeindruckende Werte mit gerade einmal 20 Jahren. Zum Start der neuen Spielzeit kamen je 90 Minuten im Cup gegen Gloggnitz und in der Liga beim 0:3 gegen Sturm dazu.

Damit steht er nicht mehr gänzlich im Schatten seines zwei Jahre älteren Bruders Dejan Ljubicic, der beim SK Rapid seinen Weg geht. Robert will trotz des super Verhältnisses seinen eigenen beschreiten.

Erst kürzlich traf er eine Entscheidung, die für Verwunderung sorgte: Während Bruder Dejan für Österreichs U21-Nationalteam spielt, willigte Robert im Frühjahr ein, für Kroatiens U20 aufzulaufen. Zwei Brüder, zwei verschiedene Nationalteams - keine endgültige Entscheidung, aber scheinbar war der ÖFB zu spät dran.

Verliert der ÖFB den Kampf um St. Pölten-Talent?

Keine einfache Angelegenheit, doch Robert Ljubicic handelte nach bestem Wissen und Gewissen.

"Die kroatische Nationalmannschaft hat mir schon im Jänner eine Anfrage geschickt. Erst zwei Monate später habe ich das von Österreich gehört, aber da hatte ich schon den Kroaten zugesagt und konnte das auch nicht ablehnen. Ich wusste damals nicht, dass Österreich mir auch eine Anfrage schickt", gibt der SKN-Profi zu.

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Ob er anders entschieden hätte, wenn die ÖFB-Anfrage zum gleichen Zeitpunkt gekommen wäre? "Das weiß ich jetzt nicht. Kann sein, das verrate ich jetzt nicht." Eine kryptische Ansage, denn der Mittelfeldspieler lässt in weiterer Folge durchklingen, dass es nicht sein muss, dass er weiter für den kroatischen Verband spielt.

Für ihn ist noch alles offen, da es sich "nur" um ein Freundschaftsspiel für die U20 gehandelt hat (45 Minuten gegen die U21 der Schweiz). Möglicherweise hat der ÖFB somit noch nicht endgültig den Kampf um einen weiteren Nachwuchsspieler verloren.

"Hätte nicht gedacht, dass es so schnell kommt"

Der Vater von Robert und Dejan, Zoran Ljubicic, war selbst Fußballer und spielte als Stürmer von 2000 bis 2002 unter anderem für St. Pölten. Dass seine Söhne plötzlich für zwei unterschiedliche Nationen auflaufen, ist nicht ganz nach seinem Geschmack, wie Robert bestätigt: "Er hat gesagt, wir sollen uns für ein Land entscheiden. Also er hätte gerne, dass wir zusammenspielen."

Ob es irgendwann eine Ljubicic-Doppelzentrale im ÖFB-Team geben wird, bleibt somit abzuwarten. Eile gibt es vorerst keine, schließlich ist der St. Pölten-Spieler erst seit wenigen Monaten auf der Bundesliga-Bühne. Schon in den letzten drei Spielen der Saison 2017/18 sowie in der Relegation wurde er von Didi Kühbauer ins kalte Wasser geworfen.

"Wir haben mit den Juniors gegen Neusiedl in der Regionalliga gespielt und dann habe ich am Abend erfahren, dass ich die Woche dann mit der Kampfmannschaft trainiere. Dann sind wir nach Altach gefahren und dort habe ich einen Tag davor erfahren, dass ich dort von Anfang an spiele", erinnert sich Ljubicic. Zeit zum Nachdenken blieb nicht, plötzlich war er ganz oben mit dabei.

"Überrascht war ich schon. Ich habe mir gedacht, dass ich vielleicht im nächsten Jahr raufkommen werde, aber dass es so schnell kommt, hätte ich nicht gedacht", war der schnelle Aufstieg nicht planbar. In so jungem Alter Stammspieler in der Bundesliga zu sein, ist für ihn "nicht normal, aber ich glaube, dass ich mir das verdient habe."

Ljubicic arbeitet, die "Kinderkrankheiten" zu beseitigen

Ljubicic kann seinen Trainern nur danken, dass sie ihm früh das Vertrauen geschenkt haben. Sowohl Thomas Flögel als damaliger SKN-Juniors-Coach, als auch Kühbauer und Co-Trainer Marcel Ketelaer bei den Profis. Auch Gott, da er aus einer sehr gläubigen Familie kommt, dankt er, dass er heute dort steht, wo er nun ist.

Große Anpassungsschwierigkeiten gab es nicht, der Wiener gibt sogar zu, dass für ihn der Sprung von der Regionalliga in die Bundesliga nicht so groß war wie jener vom Jugendfußball in die Regionalliga. "Wenn man dann schon im Erwachsenenfußball gespielt hat, ist das nicht das gleiche, da es schon körperbetonter ist, aber ähnlich."

Der ehemalige SKN-Trainer Ranko Popovic schwärmte von seinen Qualitäten, sprach aber gegenüber LAOLA1 im Mai auch "Kinderkrankheiten" an, die mit der Zeit abgestellt werden müssen. Dass noch Luft nach oben ist, weiß auch der Spieler selbst. "Meine Konzentration könnte ich ein bisschen verbessern, dass ich 90 Minuten voll dabei bin. Dass ich ein paar Fehlpässe vermeide und sonst kann man sich immer verbessern. Mein rechter Fuß ist auch nicht so berauschend", gibt Ljubicic offen und ehrlich zu.

In der Mittelfeld-Zentrale kommt ihm eine bedeutende Rolle zu, dort hat er schon immer gespielt - wie Bruder Dejan. "Ich selbst mag es mehr, auf der Achter-Position zu spielen, weil da kann ich mehr nach vorne und nach hinten laufen. Als Sechser musst du mehr den Zehner sichern oder die vorderen Männer. Deshalb spiele ich lieber als Achter", beantwortet Ljubicic die Frage, ob er sich eher als Sechser, Achter oder vielleicht sogar Zehner in der Zukunft sieht.

Bruder-Liebe zu Dejan: "Da grätsche ich erst recht"

Den Offensivdrang des Papas hatten die beiden Söhne demnach nicht. "Es hat sich einfach so ergeben, dass wir immer im Mittelfeld gespielt haben. Vielleicht auch, weil wir körperlich schwächer und ein bisschen langsamer als die anderen waren, dafür eher die Passqualität hatten."

Auch wenn man nicht immer mit dem größeren Bruder verglichen werden will, spricht Robert gerne über seinen Rapid-Bruder. "Wir stehen uns ganz nahe." Noch heute wohnen beide im Elternhaus in Pressbaum, sehen sich täglich und erzählen sich alles. Dass sein Bruder ihm schon einen Schritt voraus und auch Fußball-Profi ist, sieht er durchaus als Vorteil.

"Sicher, Dejan hat mir auch viele Tipps gegeben, bevor ich in die Kampfmannschaft raufgekommen bin. Wie ich mich verhalten soll und alles, was dazu gehört. Das hat auch geklappt." Plötzlich standen sich die beiden in der Bundesliga gegenüber - als Gegner. Der eine bei St. Pölten, der andere bei Rapid.

"Das war schon was Besonderes. Du weißt, da ist wer auf der gegnerischen Seite, der dein Bruder ist. Das ist schon was Schönes, was man erleben darf." Ob er zweimal darüber nachdenken musste, ob er seinen Blutsverwandten umgrätscht oder nicht? "Nein, dann erst recht", lacht der Jungspund.

"Ronaldinho habe ich immer bewundert"

Die Wege, wie die beiden in die Bundesliga gekommen sind, verliefen unterschiedlich. Zwar spielten beide im Rapid-Nachwuchs, doch nur Dejan kämpfte sich bei den Grün-Weißen zu den Profis hoch. Robert wechselte zum Wiener Sport-Club (damals noch mit "k") - eine Entscheidung seines Vaters, damit er mehr Spielpraxis bekommt. Von dort aus ging es dann in die Akadmie nach St. Pölten, wo er sich seit 2014 zu den Profis hocharbeitete.

"Ich war hier auch im Internat. Ich habe jeden Tag von der Klasse aus den Profis zugeschaut, wie sie trainieren. Da war immer schon eine Verbindung da", verrät die Zukunftshoffnung der Wölfe.

Wie lange der talentierte Linksfuß noch bei St. Pölten spielen wird, ist eine andere Geschichte, denn mit seinen Leistungen wird ihn der eine oder andere Klub bereits im Notizblock stehen haben. Vorerst spricht er aber nur über das wichtige zweite Jahr beim SKN, wo es um Bestätigung geht - für ihn persönlich und auch den Klub nach dem Top-6-Erfolg.

Träume hat auch Ljubicic. Die spanische La Liga wäre einer davon. Und auch wenn er eigentlich keinen Lieblingsverein nennen will, sickert dann durch, dass er aufgrund seines Idols Ronaldinho ("Ihn habe ich immer bewundert") den FC Barcelona zumindest nicht schlecht findet. Allerdings müsse man seiner Meinung nach "zuerst mal realistisch bleiben".

In der Zukunft könnte er sich auch durchaus vorstellen, bei einem Klub mit seinem Bruder Dejan zusammenzuspielen. "Wenn es sich ergibt, schon."


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