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Rapids "Friedensangebot" namens Kühbauer

Wäre SCR-Karren nicht so festgefahren, wäre Didi nicht 1. Wahl - Kommentar:

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Aller guten Dinge sind scheinbar drei!

Zwei Mal stand Didi Kühbauer bereits knapp vor einem Engagement bei seiner großen Liebe, doch Rapid winkte zwei Mal ab, vertraute indes auf Damir Canadi als Nachfolger von Mike Büskens beziehungsweise bestätigte Goran Djuricin in seinem Amt als Cheftrainer.

Die erste Trainer-Wahl war er - die Verkörperung des Rapid-Geistes während seiner fünfjährigen Station in Wien-Hütteldorf - somit bisher nicht, doch jetzt soll laut grün-weißer Führungsetage der Zeitpunkt für den 47-Jährigen gekommen sein, um die Kohlen aus dem Feuer zu holen.

Eine Entscheidung, die aufgrund der aktuellen Gegebenheiten und Entwicklungen im Westen Wiens wenig überrascht. Wäre der Karren jedoch nicht so festgefahren, die Stimmung nicht so vergiftet und hätten die Geschehnisse der vergangenen Wochen und Monate – oder vielleicht sogar Jahre – nicht so viele aussichtsreiche Kandidaten auf den Job abgeschreckt, wie Sportchef Fredy Bickel sogar zugab, wäre Kühbauer vielleicht wieder leer ausgegangen.

Denn bis auf den grün-weißen Stallgeruch und einen aktuellen Erfolgslauf mit dem Fast-Absteiger der vergangenen Saison passt der 55-fache ÖFB-Teamspieler nicht unbedingt zu hundert Prozent ins Anforderungsprofil. Die (bisherigen) Erfolge beschränken sich auf Überraschungen mit Außenseitern wie Admira, WAC und St. Pölten, allesamt Teams, die von Erwartungshaltung, Budget und Erfolgsdruck weit unter Rapid anzusiedeln sind (aktuell liegen jedoch zwei dieser drei Ex-Klubs vor den Hütteldorfern in der Tabelle). Reagieren statt agieren wurde in der Spielanlage großgeschrieben, da fand Kühbauer einen Weg, um beachtliche Leistungen abzuliefern – das muss ihm auch hoch angerechnet werden. Bei Rapid ist jedoch der Kader dahingehend ausgelegt, offensiven Ballbesitzfußball mit dynamischen und variablen Elementen zu kombinieren – Stichwort Hütteldorfer Festspiele.

So wie in Kühbauers aktiven Zeiten, so wie die Hütteldorfer seit vielen Jahren spielen wollen. Deshalb muss aufgepasst werden, dass der neue starke Mann nicht zum Canadi 2.0 avanciert. Auch der nunmehrige Erfolgscoach von Atromitos Athen kam als damals bestmögliche, aufstrebende und logische Lösung von Altach nach Wien, seine geplante Defensiv-Revolution passte jedoch nicht zu Rapid, nach der einen oder anderen Ungereimtheit und auch Unerfahrenheit mit Großklubs wurde das Ganze als Missverständnis abgetan, obwohl der 48-jährige Wiener mit Sicherheit über viel Qualität verfügte, was er auch heute in Griechenland unter Beweis stellt – doch es passte nicht für Rapid.

Kühbauer muss mit seinem engsten Vertrauten Manfred Nastl erst beweisen, ob er taktisch flexibel sein kann und der Aufgabe bei einem Klub wie Rapid gewachsen ist. Auch eine Herausforderung wird es sein, dass der Kühbauer-Effekt nicht so schnell verpufft – denn bisher folgte auf starke Saisonen meist der Einbruch und die damit verbundene Vertragsauflösung.

Warum Kühbauer trotzdem so hoch angesehen ist beim Rekordmeister? Über seinen Kultstatus als Spieler braucht man nicht lange zu diskutieren. Der Cupsieger von 1995, Meister von 1996, CL-Teilnehmer und Cup-der-Cupsieger-Finalist wurde nicht umsonst ins Team des Jahrhunderts gewählt und war bei den Fans immer aufgrund seines hundertprozentigen Einsatzes und der Identifikation mit dem Verein ein Vorzugsschüler. Mit seiner teils aufbrausenden Art lehrte er nicht nur Andreas Ogris und anderen Gegenspielern das Fürchten, sondern spielte sich mit diesen Attributen in die Herzen der grün-weißen Familie. Diese hat ihm das nie vergessen, deshalb hat eine Vielzahl der Anhängerschaft auch das Vertrauen, dass Kühbauer Rapid auch in dieser Phase als Trainer das gewisse Etwas einimpfen kann.

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Das glaubt auch das Präsidium, bei dem ehemalige grün-weiße Leistungsträger ohnehin einen Stein im Brett haben und die, allen voran Michael Krammer, in der Vergangenheit schon oft präferiert hätten, jedoch teilweise die Empfehlung der Sportdirektoren durchwinkte. Das Engagement des bisherigen St. Pölten-Trainers klingt wie ein Friedensangebot, um für Ruhe im Umfeld zu sorgen und mit einer unbekannten – aber vielleicht zukunftsorientierteren – Personalie nicht noch zusätzlich Staub aufzuwirbeln. In gewisser Weise auch ein Einknicken vor dem harten Kern der Rapid-Supporter, die einen weiteren No-Name oder eine Billiglösung wohl nicht akzeptiert hätten und von Anfang an – wie Goran Djuricin – auf der Abschussliste gehabt hätten.

Mit Kühbauer sollte das nicht passieren. Er genießt den Respekt, kann mit den Fans, aber ist auch einer, der sicher nicht mit der Wahrheit hinter dem Berg hält, wenn ihm etwas nicht passt – auch wenn er in den vergangenen Jahren definitiv ruhiger und ausgeglichener geworden ist. Zudem weiß er, wie man im Pulverfass Hütteldorf überlebt, auch wenn er in seinen aktiven Zeiten mehr von Erfolg zu Erfolg eilte.

Bickel hatte gar nicht die große Wahl und sah sich selbst schon in Bedrängnis. Aussichtsreiche Kandidaten waren nicht verfügbar, mit einem Schweizer Weggefährten vergangener Tage hätte er sich selbst ein Fass aufgemacht und sein Schicksal an jenes des Trainers gekettet wie Andreas Müller bei Mike Büskens. Das Durchboxen eines Favoriten hätte ein zu großes Risiko bedeutet, deshalb war Kühbauer die versöhnlichste Variante und der Versuch, nach den gescheiterten „Experimenten“ mit Büskens, Canadi und Djuricin zu einem Trainer mit Rapid-Vergangenheit und Status in Hütteldorf zurückzukehren und die Gemüter zu beruhigen – auch wenn es Skeptiker gibt.


Es wird spannend, ob dieser Plan aufgeht, aber eine Garantie hat man in diesem Geschäft ohnehin nie. Tatsache ist jedoch, dass die Trainerbenennung alleine nicht die Lösung für alle Probleme sein wird. Wie Kapitän Stefan Schwab betonte, müssen sich alle im Verein hinterfragen – sie alle waren verantwortlich dafür, dass zuletzt vier Trainer in etwas mehr als zwei Jahren verschlissen wurden. Zu allererst müssen sich die Spieler an die eigene Nase fassen, aber auch im Hintergrund muss Rapid so aufgestellt werden, dass mit einem Konzept und Kontinuität nachhaltig für Erfolg gesorgt wird. Das wird nicht einfach, ist nach dem Weiterwurschteln und Hire and Fire-Prinzip der letzten Jahre jedoch die Basis, um wieder auf die Beine zu kommen.

Deshalb überrascht der vielleicht etwas überstürzte Zeitpunkt der Trainerbestellung. Nach den Duellen in Glasgow und daheim gegen Mattersburg wäre bis zur Länderspielpause Zeit gewesen, um in Ruhe eine Entscheidung zu treffen und die Mannschaft neu einzustellen. Nun muss Kühbauer aber von der ersten Minute an funktionieren. Nach dem ersten Training geht es bereits am Mittwoch nach Schottland, nach der Rückkehr bleibt wenig Zeit, um in der Bundesliga die Aufholjagd zu starten.

Als großer Motivator ist Kühbauer bekannt, der Trainereffekt könnte einiges bewirken. Bleibt abzuwarten, wie verunsichert und sensibel – ein vielzitiertes Wort im Bezug auf den Rapid-Kader – die Mannschaft ist und wie sie der neue Trainer anpackt. Als Klub-Ikone auch noch als Trainer Erfolg zu haben, wäre die Idealvorstellung. Andersrum können verdiente Spieler mit Misserfolgen auch viel Kredit verspielen – nachzufragen etwa bei Peter Schöttel. Dieses Risiko muss Kühbauer bewusst sein.


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