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Wie gut ist Dominik Szoboszlai wirklich?

Der Hype um den Salzburg-Profi ist groß. Doch welcher Transfer macht Sinn?

Wie gut ist Dominik Szoboszlai wirklich? Foto: © GEPA

RB Leipzig, FC Bayern, Paris St. Germain, AC Milan, Liverpool, Real Madrid, Arsenal, Atletico Madrid, Hertha BSC, Tottenham, Borussia Dortmund, SSC Napoli, Chelsea, Leicester, Lazio und Juventus.

Nein, das ist keine Liste jener Teams, mit denen es sich beim neuen FIFA auf der Playstation am besten spielen lässt. Das ist eine Liste jener Vereine, mit denen Dominik Szoboszlai in den vergangenen zwölf Monaten medial in Verbindung gebracht wurde.

Es wird gewiss nicht jeder dieser kolportierten Interessenten alle Hebel in Bewegung setzen, um den Ungarn zu verpflichten, beobachtet hat ihn aber bestimmt schon jeder dieser Klubs und auf dem Wunschzettel einiger dieser Vereine wird der 20-Jährige tatsächlich ziemlich weit oben stehen.

Der FC Red Bull Salzburg, wo der Offensiv-Spieler noch bis Sommer 2022 unter Vertrag steht, kommentiert die Gerüchte zu Ausstiegsklauseln und festgeschriebenen Ablösesummen nicht. Es ist allerdings davon auszugehen, dass Szoboszlai Österreichs Serien-Meister ab einer gewissen Summe verlassen darf.

Diese Summe dürfte knapp über 20 Millionen Euro liegen und die "Bullen" verdienen bei einem etwaigen Weiterverkauf dann auch noch mit.

Ungeduldig oder sehr überlegt?

"Ich wäre überrascht, wenn er über den Winter hinaus bei uns bleibt", sagte sein Trainer Jesse Marsch unlängst. Eigentlich waren alle schon überrascht, dass der Youngster Salzburg nicht bereits in der Sommer-Transferzeit verlassen hat.

Letzteres ist ein Indiz dafür, dass sich der "Spieler der Bundesliga-Saison 2019/20" seinen nächsten Schritt sehr gut überlegt. Und das steht wiederum diametral zu den Eindrücken, die man von der Ungeduld Szoboszlais und der inzwischen fast schon überbordenden medialen Präsenz seines Beraters Matyas Esterhazy gewinnt.

Was soll der Mann, der Ungarn zur EURO 2020 geschossen hat, als nächstes tun? Wie gut ist er wirklich schon?

Auf den ersten Blick sind die Zahlen ziemlich beeindruckend. 117 Spiele hat er im Erwachsenen-Fußball für Salzburg bzw. den FC Liefering bestritten – 38 Tore und 44 Assists stehen zu Buche. Das ergibt starke 0,7 Torbeteiligungen pro Partie.

(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt)

Allerdings soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Salzburger in dieser Phase unheimlich viele Tore geschossen haben. 296 Treffer haben die "(Jung-)Bullen" in den 117 Partien mit Szoboszlai erzielt, im Schnitt über 2,5 pro Spiel. Somit war der zwölffache ungarische Internationale an 28 Prozent der Tore direkt beteiligt, eine beachtliche Quote.

Und die Trendkurve zeigt steil nach oben. Nach dem ersten Corona-Lockdown hat Szoboszlai in Sachen Effizienz einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht. Acht Tore und elf Assists waren es nach dem Restart der Bundesliga inklusive Cup-Finale. Der eher maue Herbst war vergessen, der RBS-Profi wurde sogar zum "Spieler der Saison" gewählt.

Die harte Arbeit, die der Ungar in Sachen Fitness und Muskelaufbau während des Lockdowns vollbracht haben soll, hat sich offenbar ausgezahlt. Insgesamt sind es in den 25 Pflichtspielen seit Anfang Juni 13 Tore und 20 Assists.

Jetzt läuft es auch in der Königsklasse

Auch in den internationalen Spielen gegen namhafte Gegner geht es nach oben – ein Tor gegen Lok Moskau, eines gegen Atletico, je eines in den beiden Quali-Spielen gegen Maccabi Tel Aviv.

Wir erinnern uns, so richtig ging Szoboszlais Stern im März 2019 auf, als er beim 3:1-Heimsieg im Rückspiel gegen Napoli eine Galavorstellung ablieferte und sich ins internationale Rampenlicht katapultierte.

Foto: © GEPA

In der darauffolgenden Saison hatte es allerdings den Anschein, der Ungar setze sich ob der damals dermaßen hoch gelegten Latte so sehr unter Druck, dass er in der Champions League nicht so recht überzeugen konnte. Die Schlagzeilen gehörten anderen, nicht zuletzt Erling Haaland, als dessen "Robin" er fallweise bezeichnet wurde.

Der Norweger soll es auch gewesen sein, der Szoboszlai während der gemeinsamen Zeit in der Mozartstadt auf einen noch professionelleren Lebensstil eingeschworen hat. Das Duo ist sehr gut befreundet.

Neben Haaland ist auch Marco Rose als wichtige Person in der Karriere des Ungarn zu nennen. Wenngleich der Youngster nicht der allergrößte Fan des deutschen Trainers gewesen sein soll. Lange Zeit – in den Augen des Offensiv-Spielers zu lange – verzichtete Rose auf die Dienste des Talents bei den Profis.

Marco Roses Lektion

Szoboszlai machte keinen Hehl aus seiner Ungeduld, musste im Nachhinein aber eingestehen, dass er unter Rose eine wichtige Lektion gelernt habe. Weil er beim FC Liefering in der 2. Liga praktisch nach Belieben aufgeigen konnte, dachte der Teenager, er könne ohne großen Aufwand eine Ebene höher so weitermachen. Dementsprechend gelang ihm der nächste Schritt bei den Profis erst nach einem gewissen Umdenken.

Auch unter Jesse Marsch, der im Sommer 2019 Roses Platz auf der Trainerbank übernahm, war der Rechtsfuß nicht auf Anhieb unumstrittene Stammkraft. Das hat sich seit dem Lockdown geändert. Marsch macht bei seiner Rotation bislang einen Bogen um Szoboszlai – nur eines der 26 Pflichtspiele hat er seither verpasst (wegen eines Länderspiels), in nur einem kam er von der Bank, sonst stand er jedes Mal von Beginn an am Platz.

Ja, der junge Mann aus Szekesfehervar ist endgültig zum Leistungsträger bei den "Bullen" geworden. Und spätestens dann ist es in der Regel an der Zeit, um weiterzuziehen. Doch wohin?

Szoboszlai wäre gut beraten, keinen zu großen Schritt zu wagen. Die Erfahrungen aus seiner Anfangszeit bei den Red-Bull-Profis sollten ihm eine Lehre sein, der Ungar ist eher nicht der Typ dafür, sofort einzuschlagen. Je größer der Klub, umso größer der Druck und umso schneller sind die Vorschusslorbeeren dann auch verspielt, wenn es nicht sofort wie am Schnürchen läuft.

Hinzu kommt der Umstand, dass der dreifache österreichische Meister nicht gerade als geduldig gilt und seinem Ärger über Nichtberücksichtigungen dann auch rasch mal Luft macht.

Sportliche Stärken und Schwächen

Foto: © GEPA

Und freilich spielt auch die sportliche Komponente eine Rolle. Szoboszlai ist in seinen Leistungen noch nicht konstant genug, um einem der ganz, ganz großen Klubs weiterzuhelfen. Mit neun Torschussvorlagen in den bisherigen drei Partien der CL-Gruppenphase ist er zwar die Nummer 2 hinter Lionel Messi, allerdings waren fünf davon aus Cornern. Und vier der sieben abgegebenen Torschüsse waren Freistöße.

Das bringt uns zu einer der großen Stärken des Ungarn – seine Standards sind brandgefährlich. Ob direkter Freistoß oder Flanken aus einem ruhenden Ball, der RBS-Profi kann damit für viel Gefahr sorgen. Seine Schusstechnik ist außergewöhnlich, überdurchschnittlich gut.

14 seiner 44 Assists im Erwachsenen-Fußball sind aus Eckbällen oder Freistößen entstanden. Das belegt, dass Szoboszlai ein Standard-Spezialist ist. Allerdings zeigt es auch, dass er aus dem Spiel heraus gar nicht so effizient ist, wie die nackten Assist-Zahlen vielleicht glauben machen.

Zudem darf nicht verschwiegen werden, dass der Shootingstar defensiv noch jede Menge Aufholbedarf hat – kaum ein anderer Kicker in der „Königsklasse“ wird in Relation so oft überspielt. In der heimischen Meisterschaft liegt seine Zweikampfquote bei gerade einmal 36 Prozent und – sehr ungewöhnlich für einen Kicker aus der Red-Bull-Schule – abgefangene Bälle stehen in der Champions League und der Bundesliga insgesamt nur läppische zwei zu Buche.

Es ist also noch viel Luft nach oben vorhanden. Und das ist durchaus auch als Kompliment zu sehen, denn Szoboszlai hat noch jede Menge Potenzial und zweifellos auch das Zeug dazu, es auszuschöpfen.

Das gelingt ihm aber vermutlich eher bei einem nicht ganz so großen Verein in einer großen Liga. Der Schritt aus der Bundesliga in eine der absoluten Top-Ligen der Welt ist groß genug, da muss es dann nicht zwingend gleich einer der allergrößten Vereine der Welt sein. Denn Szoboszlais nächster Schritt soll ja auch nicht sein letzter nach vorne werden.

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