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Scheiblehner: "Ich gebe keine Ausflüge vor"

Es ist auch eine Geduldsfrage, Coach des FC Juniors OÖ zu sein.

Es ist auch eine Geduldsfrage, Coach des FC Juniors OÖ zu sein. Gerald Scheiblehner hat Geduld. Seit einem Jahr arbeitet der Oberösterreicher mit jenen Talenten, die später einmal beim LASK in der Bundesliga spielen sollen.

Das sind Kicker aus aller Herren Länder. Und das wiederum stellt das Trainerteam des Zweitligisten vor so manche Herausforderung.

"Wenn da junge Spieler aus dem Senegal, aus Mali oder Kolumbien kommen, muss man erst einmal schauen, wie der Spieler tickt. In den ersten Monaten muss man darauf achten, dass er sich wohlfühlt, dass er gerne zum Training kommt, dass er innerhalb der Mannschaft anerkannt wird. Das ist ein Prozess, der mehrere Monate dauert", erklärt der 43-Jährige, der das Team im vergangenen Jahr auf Rang neun geführt hat.

Im LAOLA1-Interview verrät Scheiblehner, von wem er in der kommenden Saison viel erwartet, wer in Rene Gartlers verletzungsbedingter Abwesenheit das Team führen soll, welcher Abgang besonders weh tut, warum er nur wenig von Teambuilding-Maßnahmen hält und weshalb seine Mannschaft im Herbst wohl wieder viele Gegentore kassieren wird.

LAOLA1: Wie sind Sie mit Ihrem Kader zufrieden?

Gerald Scheiblehner: Bei uns tut sich immer sehr viel, es ist ein Kommen und Gehen. Es ist eine Herausforderung mit der man klarkommen muss. Es dauert bis unsere neuen Spieler die Spielphilosophie lernen, und wir haben nicht viel Zeit.

"Wir brauchen zwei, drei Routiniers in der Mannschaft, weil es nur mit Jungen ganz schwierig ist, in der Liga zu bleiben – das hat man im letzten Jahr an den Beispielen Young Violets und FC Liefering gesehen"

LAOLA1: Speziell in diesem Sommer war die Zeit sehr knapp, um den Neuzugängen die Spielidee nahezubringen, oder?

Scheiblehner: Wir suchen schon Spieler aus, die bei den Vereinen, aus denen sie kommen, einen ähnlichen Fußball spielen. Wir suchen Spieler, die Geschwindigkeit und Mentalität mitbringen, die nach vorne verteidigen. Wenn man solche Spieler bekommt, ist es ideal. Aber solche Spieler sind natürlich am Markt sehr gefragt, wir sind nicht die einzigen, die solche Spieler suchen.

LAOLA1: Sebastian Wimmer ist ein untypischer Transfer für den FC Juniors OÖ.

Scheiblehner: Rene Gartler fällt leider wegen eines Schlüsselbeinbruchs aus. Er ist unser Routinier. Wir brauchen zwei, drei Routiniers in der Mannschaft, weil es nur mit Jungen ganz schwierig ist, in der Liga zu bleiben – das hat man im letzten Jahr an den Beispielen Young Violets und FC Liefering gesehen. Wir versuchen, das ein bisschen anders zu machen, den einen oder anderen Routinier reinzustellen. Mit Wimmer haben wir einen Oberösterreicher aus der eigenen Akademie, der in Deutschland Erfahrung gesammelt hat, gefunden. Er ist ein Typ, der bereit ist, die Mannschaft zu führen. Ich bin froh, einen Führungsspieler zu bekommen, der Deutsch spricht. Das war ein wesentliches Kriterium bei der Auswahl.

(Interview wird unter dem Video fortgesetzt)

LAOLA1: Mirsad Sulejmanovic ist mit 22 Jahren auch schon ein bisschen älter als ein durchschnittlicher Neuzugang ihres Teams. Hat es da eine Rolle gespielt, dass er die 2. Liga schon kennt?

Scheiblehner: Auf jeden Fall. Ich kenne ihn ja schon aus gemeinsamen Zeiten bei Vorwärts Steyr. Er will sich ständig weiterentwickeln, ist ehrgeizig, hat tolle Anlagen. Es war eine einfache Wahl, ihn zu uns zu holen. Nach dem Abgang von Christopher Cvetko haben wir versucht, ein bisschen Struktur ins Mittelfeld zu kriegen.

"Cvetko hat die Jungs wirklich geführt, war am Platz und in der Kabine lautstark. Ein Vorbild."

LAOLA1: Wie sehr tut dieser Abgang weh?

Scheiblehner: Sportlich gesehen tut uns das schon sehr weh. Er ist nicht nur ein sehr guter Spieler, sondern auch ein super Typ. Er hat die Jungs wirklich geführt, war am Platz und in der Kabine lautstark. Ein Vorbild. Aber es ist ja auch meine Aufgabe, die Spieler so zu entwickeln, dass sie den nächsten Schritt machen. Ich denke, mit Austria Klagenfurt hat er den perfekten Verein, der Ambitionen nach oben hat. Ich freue mich für ihn, dass er dort die Chance bekommt.

LAOLA1: Und ein paar ganz junge Spieler sind auch noch dazugekommen.

Scheiblehner: Wobei Enrique Wild schon weiter ist, er hat schon Zweitliga-Erfahrung, ist Schweizer U20-Nationalspieler. Ich erwarte mir, dass er von Beginn weg eine Verstärkung für uns ist. Bei Filip Backulja muss man noch Geduld haben, er ist noch sehr jung und sein alter Verein konnte coronabedingt nicht trainieren, weshalb er im athletischen Bereich viel aufholen muss. Das wird zumindest ein halbes Jahr dauern.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Was ist die Zielsetzung für die neue Saison?

Scheiblehner: Der Klassenerhalt ist das oberste Ziel, damit die Jungs auch im nächsten Jahr wieder diese tolle Plattform 2. Liga haben. Das nächste große Ziel ist, die Spieler besser zu machen, damit sie den nächsten Schritt in die Bundesliga gehen können.

LAOLA1: Bei Kooperationspartner LASK hat sich im Sommer einiges verändert. Wie ist die Zusammenarbeit mit Dominik Thalhammer in den ersten Wochen angelaufen?

Scheiblehner: Ich kenne ihn ja schon länger und habe ihn während meiner Pro-Lizenz-Ausbildung in den vergangenen eineinhalb Jahren noch besser kennengelernt. Er ist ein sehr detailverliebter Trainer, der ein absoluter Teamplayer ist. Er hat immer ein offenes Ohr und Zeit für uns, obwohl es gerade in den ersten Wochen sehr stressig für ihn war. Wir profitieren auf jeden Fall von ihm.

LAOLA1: Sie haben in der Vorsaison 37 verschiedene Spieler eingesetzt. Ist in der neuen Saison eine ähnliche Anzahl zu erwarten oder erhoffen Sie sich ein bisschen mehr Kontinuität?

Scheiblehner: Natürlich erhoffe ich mir mehr Kontinuität. Wir haben nach der Corona-Pause Spieler aus der eigenen Akademie hochgezogen. Sie haben alles ein wenig kennengelernt, haben die Zweikampf-Führung in der 2. Liga schon besser angenommen. Ich denke, dass sie schon weiter sind, als wenn wir sie jetzt erst hochgezogen hätten. Wir sind immer offen für gute, neue Spieler, aber es macht wenig Sinn, wenn man so viel wechselt. Auch wir brauchen Kontinuität.

"Wer gerne in die Arbeit geht, arbeitet meistens auch mehr und bringt eine bessere Leistung – im Fußball ist das nicht anders."

LAOLA1: Viele Spieler aus vielen verschiedenen Nationen, die viele verschiedene Sprachen sprechen. Gleichzeitig haben alle dasselbe Ziel, nämlich den nächsten Schritt in Richtung Bundesliga zu machen. Der Konkurrenzkampf ist also groß. Wie formt man so eine Mannschaft zu einer Einheit?

Scheiblehner: Das ist eine große Herausforderung. Alleine kann man das gar nicht abdecken, wir sind da als gesamtes Trainerteam gefordert. Man muss die Spieler erst einmal persönlich kennenlernen. Wenn da junge Spieler aus dem Senegal, aus Mali oder Kolumbien kommen, muss man erst einmal schauen, wie der Spieler tickt. In den ersten Monaten muss man darauf achten, dass er sich wohlfühlt, dass er gerne zum Training kommt, dass er innerhalb der Mannschaft anerkannt wird. Das ist ein Prozess, der mehrere Monate dauert. Da gilt es, auch als Trainer Geduld zu haben und diese –  bei jungen Spielern sowieso normalen – Leistungsschwankungen zu akzeptieren. Für mich als Trainer ist das interessant, ich lerne sehr viel dazu. Wir werden als Verein schauen, da noch bessere Rahmenbedingungen herzustellen, vielleicht den einen oder anderen mit entsprechenden Sprachkenntnissen dazuzubekommen, der als Dolmetscher fungiert, damit wir uns als Trainerteam leichter tun.

LAOLA1: Das sind sehr junge Menschen, die in einen ihnen teilweise fremden Kulturkreis kommen. Sind Sie als Pädagoge gefragt?

Scheiblehner: Als Trainer ist man immer als Pädagoge gefragt. Das ist nicht nur bei Spielern aus dem Ausland so. Wenn man mit Menschen zusammenarbeitet, ist jeder irgendwie anders – jeder hat andere Erwartungen. Es geht darum, dass sich die Spieler wohlfühlen. Wer gerne in die Arbeit geht, arbeitet meistens auch mehr und bringt eine bessere Leistung – im Fußball ist das nicht anders.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Gibt es bestimmte Teambuilding-Maßnahmen, die Sie zu Beginn einer Saison ergreifen, um die Spieler noch mehr aufeinander einzuschwören?

Scheiblehner: Ich halte nicht viel von diesen aufgesetzten Teambuilding-Maßnahmen, wo man gemeinsam irgendwo hinfährt und dann glaubt, dass man deswegen ein Team ist. Ich glaube, man muss ein Team immer leben, man muss das vorleben und dem Team Zeit geben, sich zu formen. Es gibt bessere und schlechtere Phasen. Man muss das auch erlauben, wenn es mal nicht so gut läuft. Wenn die Mannschaft glaubt, sie muss gemeinsam etwas unternehmen, dann soll sie das tun, das spricht dann ja auch für die Mannschaft. Aber ich werde nicht vorgeben, dass wir einen Ausflug machen.

LAOLA1: Wer wird in der kommenden Saison den nächsten Schritt machen?

Scheiblehner: Mit Florian Aigner und Patrick Plojer haben unsere offensiven Kräfte in der Vorsaison schon aufgezeigt. Das sind zwei interessante Stürmer, von denen wir uns den nächsten Schritt erwarten. Im Mittelfeld haben wir mit Hyung-seok Hong einen spannenden Spieler, von dem wir viel halten. Und Jan Boller ist ein starker junger Verteidiger. Und wir haben viele Spieler aus der eigenen Akademie, wo wir eine Perspektive sehen. Es liegt dann an den Spielern selbst, wie hart sie arbeiten.

LAOLA1: Der FC Juniors OÖ hat in der vergangenen Saison vier Mal fünf oder mehr Gegentore kassiert. Insgesamt waren es mit 63 Gegentreffern für Ihren Geschmack wohl eine Spur zu viele. Warum wird das in der kommenden Saison besser?

"Wir gehen den Weg konsequent und werden Rückschläge hinnehmen müssen"

Scheiblehner: Ich kann gar nicht sagen, ob es besser wird. Wir attackieren sehr hoch, das ist sehr riskant. Wenn du dort vorne keine Ballgewinne hast, erlaubt das dem Gegner dahinter sehr viel Raum. Wir haben auch sehr gute Gegner, die diesen Raum sehr gut ausnützen. Es wird am Anfang wieder so sein, dass wir vorne Bälle gewinnen wollen, aber die Robustheit und vielleicht die Geschlossenheit als Team noch fehlen. Oft dauert es eine Zeit, bis wir das schaffen. Wir gehen den Weg konsequent und werden Rückschläge hinnehmen müssen. Wir haben aber auch viele tolle Spiele geliefert, haben gegen Austria Lustenau acht Tore geschossen, haben Ried geschlagen.

LAOLA1: Was haben Sie persönlich in Ihrem ersten Jahr beim FC Juniors OÖ gelernt?

Scheiblehner: Sehr viel! Es war mein erstes Jahr als Profi-Trainer. Als Steyr-Trainer habe ich ja noch einen 40-Stunden-Job gehabt. Jetzt hatte ich zum ersten Mal richtig Zeit für Fußball, da kann man sich persönlich weiterentwickeln, hat die Zeit, um über den Tellerrand hinauszublicken. Ich habe auch gelernt, mit der ganzen Datenmenge besser umzugehen, habe die Trainingssteuerung besser kennengelernt. Ich habe gelernt, mit ausländischen Spielern zu arbeiten. Und mit dem LASK habe ich einen tollen Kooperationsverein gleich im Nebenbüro.

LAOLA1: Sie waren von Anfang an Teil dieser neuen 2. Liga. Wie sehen Sie die Entwicklung der Liga?

Scheiblehner: Ich habe es von Anfang an sehr positiv gesehen – sowohl sportlich, als auch von den Fans. In der abgelaufenen Saison hatten wir ein super Titelrennen, das spannend bis zum letzten Spiel war. Wacker Innsbruck und Austria Klagenfurt sind diesmal die absoluten Titelaspiranten und es gibt noch viele Mannschaften, die tolle Spiele liefern. Ich kann dieser Liga nur Positives abgewinnen.

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