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Mandl: "Es braucht keine Läuferin nervös werden!"

Mandl:

Herbert Mandl ist das Lachen nicht vergangen. Da müsste schon mehr passieren, als eine bislang schwache Speed-Saison.

Der Chef-Trainer der ÖSV-Damen weiß, wozu Elisabeth Görgl und Kolleginnen imstande sind. Und er weiß auch, dass sie ihr volles Potenzial aus verschiedensten Gründen noch nicht abgerufen haben.

Rund drei Wochen vor Beginn der Heim-Weltmeisterschaft in Schladming wachsen dem 51-Jährigen deshalb keine grauen Haare.

Wenngleich Mandl natürlich weiß, dass die Latte seit Garmisch, wo seine Mannschaft vier von fünf Goldmedaillen einfahren konnte, hoch liegt.

„Wir können ja nicht bei jeder WM vier Goldene holen“, stellt der Erfolgstrainer im großen LAOLA1-Interview klar und spricht über fehlenden Konkurrenzkampf und seine „Sorgenkinder“.

 

LAOLA1: Herr Mandl, wie froh sind Sie, dass Olympiasiegerin Andrea Fischbacher im Training für die St. Anton-Abfahrt endlich wieder ein Lebenszeichen abgegeben hat?

Herbert Mandl: Ich bin vor allem froh, dass sie wieder Freude am Skifahren hat. Andrea hat viele kleine Blessuren und Krankheiten hinter sich. Durch ihre Probleme mit dem Rücken ist sie ausgerechnet in der wichtigen Startphase der Saison ausgefallen. Damit war das ganze Selbstvertrauen weg.

LAOLA1: Und damit auch die Sicherheit, die man gerade in den schnellen Disziplinen braucht?

Mandl: In Val d'Isere ist dann noch die Knieblessur dazu gekommen. Da ist sie auf die Bindung gefallen und hat sich ein Hämatom unter der Kniescheibe zugezogen. Du darfst nicht belasten, trittst am Stand. Diese Rückschläge muss man erstmal wegstecken.

LAOLA1: Also haben Sie Fischbacher zum Freeriden auf den Arlberg geschickt. Hört sich relativ einfach an?

Mandl: Eine Athletin aus Wettkämpfen herauszunehmen ist sehr, sehr schwierig. Man hadert mit der Situation, redet sich aber ein, dass es beim nächsten Rennen besser wird. Aber wenn du technisch nicht ganz sattelfest bist, trifft es dich umso härter. Die Frustration wächst und im Rennen geht gar nichts mehr.

LAOLA1: Lindsey Vonn hat sich für drei Wochen vom Ski-Zirkus verabschiedet und damit auch vom Gesamt-Weltcup?

Mandl: Lindsey hat es genau richtig gemacht. Sie hat erkannt, dass sie nicht mehr Herr der Lage ist und hat eben diese zwei, drei Wochen rausgenommen, um sich zu sammeln, zu trainieren und sich solide vorzubereiten.

LAOLA1: Wann schicken Sie denn Elisabeth Görgl ins Gelände, damit sie die Freude am Skifahren wiederfindet und nicht freiwillig auf eine Abfahrt verzichtet, weil sie sich unsicher fühlt?

Mandl: Diese Entscheidung war richtig. Aber normalerweise funktioniert das bei ihr nicht. Sie ist eine große Kämpferin, das weiß man. Deshalb würde sie diesen Schritt zurück nie machen, einfach weil sie glaubt, dass sie etwas verpasst. Da ist sie in gewissen Phasen zu verbissen und ehrgeizig.

LAOLA1: Können Sie als Damen-Chef da nicht regulierend eingreifen?

Mandl: Ich kann ihr nur sagen, dass es manchmal besser ist locker zu lassen, um wieder zu spüren, was da eigentlich passiert. Lizz geht im Training oft einen Schritt zu weit, da müsste sie mehr dosieren. Sonst fällt sie in ein Loch und verkrampft.

LAOLA1: Es scheint, als hätte sie auch beim Material noch nicht das perfekte Set-Up gefunden. Muss man sich also so kurz vor der WM Sorgen um unsere Doppel-Weltmeisterin machen?

Mandl: Lizz holt in allen Bereichen das Maximum heraus, mehr geht nicht. Jetzt geht es darum, das wir gemeinsam eine Linie finden, damit sie Vertrauen und Gefühl wieder einstellen. Durch die fehlende Konstanz traut sie sich gewisse Dinge nicht zu und ist in manchen Situation nicht entschlossen genug. Aber das Skifahren hat sie sicher nicht verlernt.

LAOLA1: Als Titelverteidigerin hat sie zwei WM-Tickets sicher, dahinter tobt nicht gerade ein Kampf um die restlichen Speed-Plätze. Was sagt uns das?

Mandl: Dass bei uns keine Läuferin nervös werden braucht. Es ist wirklich kein harter Kampf, auch weil wir nicht mehr so viele Speed-Fahrerinnen haben. Es wird bei der Aufstellung keine Überraschung geben. Eine Andrea Fischbacher zum Beispiel wird, wenn sie normal fährt, in Schladming sicher dabei sein.

LAOLA1: Stört es Sie als Chef-Trainer, dass der Konkurrenzkampf nicht größer ist?

Mandl: Es ist ein zweischneidiges Schwert. Ich habe bei den Herren das Gegenteil erlebt. Wenn du lauter Stockerlfahrer hast und du musst zwei daheim lassen, ist es für einen Trainer die schwierigere Entscheidung. Sicher hast du dann mehr Qualität zur Verfügung, aber das ist bei einer WM nicht immer entscheidend.

LAOLA1: Wie meinen Sie das?

Mandl: Wir haben das genau hier in St. Anton bei der Weltmeisterschaft 2001 erlebt. Riesentorlauf der Herren, wir hatten mit Maier, Raich, Schilchegger und Gruber vier Top-Läufer dabei und sind am Ende auch ohne Medaille da gestanden.

LAOLA1: Und wenn Sie die Situation jetzt mit jener von Garmisch vergleichen?

Mandl: Dann sage ich, dass wir vor zwei Jahren auch nicht stärker waren. Eine Weltmeisterschaft ist immer Tagesgeschehen, da geht es vor allem um die Einstellung. Sicher liegt die Latte seit Garmisch hoch. Aber es muss jedem klar sein, dass wir nicht bei jeder Weltmeisterschaft vier Goldene holene können.

LAOLA1: Glauben Sie das wirklich?

Mandl: Sicher ist die Erwartungshaltung groß, aber deshalb muss ich noch lange nicht unrealistisch werden. So etwas lässt sich nicht so einfach wiederholen.

LAOLA1: Das werden die Ski-Fans aber nicht gerne hören.

Mandl: Der Ski-Fan ist schon zufrieden, wenn die Mädels gute Leistungen bringen. Es muss nicht immer Gold sein. Aber auch nicht Blech. Natürlich wollen wir Medaillen machen, am liebsten in jeder Disziplin. Danach streben wir und wir haben auch die Qualität in der Mannschaft. Aber es hängt eben auch viel von Tagesform und Glück ab.

LAOLA1: Und wie sieht es mit dem Heimvorteil aus?

Mandl: Wir wollten Anfang Jänner auf der Planai trainieren, aber da hat uns der Regen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Jetzt wird es schwierig. Wir werden versuchen, dass wir nach Cortina noch zwei Tage hinkommen, aber auf der Abfahrt geht definitiv nichts mehr. Wir haben große Mühe die Abfahrt überhaupt wieder instand zu setzen. Im unteren Bereich hat der Regen den Schnee fast komplett weggenommen.

LAOLA1: Herr Mandl, wir danken für das Gespräch.

 

Das Interview führte Stephan Schwabl