Frage: Was treibt die Burschen und Mädchen an?

Kriechbaum: "Die Motivation ist der Spaß am Rennsport, am Sport an sich. Es ist allerdings auch notwendig zu lernen, an sich zu arbeiten. In konditioneller Sicht, in skitechnischer Sicht. Auch die Persönlichkeit muss sich entsprechend entwickeln. Man muss Ziele mit einem gewissen Nachdruck und Konsequenz verfolgen. Wenn junge Leute genau das lernen, lernen sie auch das Richtige, egal ob sie das im Sport oder im normalen Leben nützen."

Frage: In Ihrer Weltcup-Mannschaft haben Sie viele arrivierte Läuferinnen, aber auch Junge, die auf den Sprung sind. Wie handhaben Sie das?

Kriechbaum: "Die Routiniers wissen genau, worum es geht. Sie wissen, was zu tun ist, damit was rauskommt. Die Jungen wissen das nicht wirklich, und genau an diesen Dingen müssen wir arbeiten: erreichbare Ziele setzen im technischen und konditionellen Bereich und nicht nur auf Ergebnisse schauen. Dann merkt man, dass es großen Spaß und Befriedigung bereitet, wenn man Ziele erreicht."

Frage: Sie haben als großes Ziel angegeben, wieder eine komplette Mannschaft haben zu wollen, das heißt, starke Fahrerinnen in allen Disziplinen. Wie schnell ist das erreichbar?

Kriechbaum: "Man kann auch kurzfristig viel bewegen, aber wir sprechen hier von einem mittelfristigen Ziel. In ein bis drei Jahren sollte es möglich sein, in allen vier Disziplinen im Nachwuchs, Europacup und Weltcup wieder stark aufgestellt zu sein."

Frage: Im Riesentorlauf ist Österreich gut aufgestellt. Kathrin Zettel war aber 2008 die letzte österreichische Sölden-Siegerin. Wie stehen die Chancen auf einen rot-weiß-roten Triumph 2013?

Kriechbaum: "Die Mannschaftsstärke kann man nicht immer nur am Sieg messen, im vergangenen Jahr war Zettel Zweite, Köhle Dritte und Fenninger Fünfte - das war ein sehr gutes Ergebnis. Einen Sieg kann man nicht bei jedem Rennen verlangen. Ähnliches gilt für heuer. Ein gutes mannschaftliches Auftreten ist wichtig. Wenn ganz vorne jemand wäre, dann wären wir natürlich noch glücklicher."

Frage: Vor Sölden heißt es immer, man darf das Auftaktrennen nicht überbewerten. Wie wichtig ist es dennoch?

Kriechbaum: "Für uns ist es sehr wichtig. Jedes Rennen ist wichtig, wir unterscheiden da nicht. Wir versuchen, so gut es geht und so schnell wie möglich zu fahren. Früher hat man gesagt, dass Sölden für den weiteren Saisonverlauf kaum Wertigkeit hat und der Söldensieger keine Rennen mehr gewinnt. Letztes Jahr war das komplett anders, wie man an Ted Ligety und Tina Maze gesehen hat. Sölden gibt gewisse Rückschlüsse für die Saison. Aber wenn man in Sölden noch nicht ganz vorne mit dabei ist, heißt das nicht, dass man das im Saisonverlauf nicht noch sein wird."

Frage: Seit 2007 hat als einzige Österreicherin Marlies Schild Weltcupkugeln gewonnen. Was sind die Ziele 2013/2014?

Kriechbaum: "Disziplinwertungen zu holen ist natürlich das große Ziel, keine Frage. Wir haben sehr, sehr gute Läuferinnen im Riesentorlauf, im Super-G und natürlich auch im Slalom. In der Abfahrt wird es noch dauern, bis wir massiver vorne vertreten sind. Wenn es sehr gut läuft, sind Kugeln möglich. Verletzungspech, und dieses Thema ist auch immer präsent, kann uns in diesem Vorhaben sehr weit zurückwerfen. Das hat man im Slalom bei Marlies Schild gesehen. Wenn eine Siegläuferin ausfällt, ist es nicht so einfach, eine Kugel zu holen."

Frage: Bei Olympia 2010 in Vancouver/Whistler und der WM 2011 in Garmisch waren Sie Speedtrainer der ÖSV-Damen. Ihre Läuferinnen gewannen Goldmedaillen, Sie waren Kurssetzer. Ist das ein gutes Omen für Sotschi?

Kriechbaum: "Das ist überhaupt nicht zu prognostizieren. Man konnte vor Garmisch nicht sehen, dass wir da so groß abräumen werden. Man kann für Sotschi nichts vorhersehen, da gibt es zu viele Faktoren, die mitentscheidend sind. Großereignisse haben eigene Gesetze und Sotschi ist von den Schneeverhältnissen her sehr speziell. Und man kennt die Hänge zu wenig. Viele Rennorte im Weltcup kennt man sehr gut, die sind berechenbarer. Lindsey Vonn ist zum Beispiel in Lake Louise kaum zu biegen. An unbekannten Orten schaut das anders aus."

Frage: Anders als vor ein paar Wochen hochgerechnet, dürfte die neue FIS-Quotenregelung für Olympia doch nicht so massive Auswirkungen auf die Anzahl der Startplätze der großen Nationen haben. Die Maximalanzahl von 22 scheint für den ÖSV wieder erreichbar. Wie sind Sie mit dem Thema umgegangen?

Kriechbaum: "Wir haben uns mit dem Reglement intensiv auseinandergesetzt und hinterfragt, wie so etwas zustande kommen kann. Die großen Nationen sind alle aufgesprungen und haben gesagt, so kann das nicht gehen, dass man die kleinen so bevorzugt. Innerhalb der FIS haben alle das gleiche Stimmrecht, möglicherweise liegt auch da ein Problem im System. Die großen alten Nationen und die Skandinavier und die Nordamerikaner, die alle den Skisport tragen, haben sich nicht wirklich gut vertreten gefühlt. Jetzt wird am Reglement noch herumgeschraubt, dass auch die großen Nationen zufriedengestellt werden. Gott sei Dank schaut es besser aus."