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Seles: "Das Attentat beschädigte meine Seele"

Seles:
Der 30. April 1993 hat nicht nur das Leben von Monica Seles, der damaligen, erst 19-jährigen Nummer eins der Tennis-Welt verändert.
 
Eine Messer-Attacke eines fanatischen Fans von Steffi Graf, der den Siegeslauf von Seles stoppen wollte, sorgte für nie gesehene Bilder von einem Tennisplatz.
 
Während Günther Parche für seine Tat nicht einmal ins Gefängnis musste, sitzt die psychische Wunde bei Seles noch heute tief.
 
Nach Deutschland will sie, auch wegen der (zu) milden Strafe, nie mehr einreisen.
 
13 Zentimeter langes Küchenmesser
 
Heimtückisch hatte sich Parche in einer Spielpause am Hamburger Rothenbaum mit einem 13 Zentimeter langen Küchenmesser an Seles herangepirscht, und der Weltranglisten-Ersten in den Rücken gestochen.
 
Die Wunde unterhalb des linken Schulterblattes war verhältnismäßig schnell vernarbt, doch als Mensch hat sich Seles verändert.
 
"Ein Sekundenbruchteil machte aus mir einen anderen Menschen", sagte Seles später einmal.
 
"Es beschädigte meine Seele"
 
"Es veränderte meine Karriere unwiderruflich und beschädigte meine Seele", schrieb sie in ihrer 2009 erschienenen Biografie "Immer wieder aufstehen".
 
Nach einem halben Jahr in Untersuchungshaft wurde der Täter lediglich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und verließ den Gerichtssaal als freier Mann. Heute lebt er nach mehreren Schlaganfällen entmündigt in einem Pflegeheim.
 
Über zwei Jahre Pause
 
Monica Seles scheute lange das Licht der Öffentlichkeit und kehrte erst nach mehr als zwei Jahren in den Tennis-Zirkus zurück.
 
Kurz nach dem Vorfall erkrankte ihr Vater und Entdecker Karolj Seles an Magenkrebs, sie kämpfte lange gegen Depressionen und überflüssige Kilos.
 
Aus der lustigen amerikanerischen Sportlerin mit serbischen Wurzeln war eine ernste Frau geworden.
 
Graf besuchte Seles im Krankenhaus
 
"Wie kann ein Mann, der, unter welchen Bedingungen auch immer, ein Menschenleben gefährdet hat, den Gerichtssaal in die Freiheit verlassen", hatte auch Steffi Graf damals erklärt.
 
Sie stattete Seles damals im Krankenhaus einen kurzen Besuch ab, eilte dann zum Finale am Rothenbaum. Seles konnte nicht verstehen, wie einfach weitergespielt wurde, während sie litt.
 
Der Täter hatte genau das erreicht, was er mit dem Angriff auf die wehrlose Teenagerin bezweckte: Seles spielte für lange Zeit kein Turniertennis mehr, Graf rückte an die Spitze der Weltrangliste.
 
Die Spielerinnen hatten sich dagegen entschieden, die Führung von Seles bis zu ihrer Rückkehr einzufrieren. Über die fehlende Solidarität beklagt sich Seles in ihrem Buch.
 
Nie wieder so erfolgreich wie früher
 
Danach war die jüngste French-Open-Siegerin der Geschichte (16 Jahre, sechs Monate) nie wieder so erfolgreich wie vorher.
 
Die Linkshänderin, die sowohl die Vor- als auch die Rückhand beidhändig spielte und dabei meist laut stöhnte, gewann aber immerhin 20 ihrer insgesamt 53 Turniertitel nach dem Angriff.
 
Vor dem Attentat verdiente sie sieben Millionen Dollar an Preisgeld. Seles, die am 2. Dezember 40 Jahre alt wird, engagiert sich heute stark für benachteiligte Menschen.