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Der Williams-Clan: Allen Widerständen zum Trotz

Der Williams-Clan: Allen Widerständen zum Trotz

Richard Williams will seine Töchter gewinnen sehen – um jeden Preis.

Schon früh erkannte der Vater von Venus und Serena Williams das Talent seiner Sprösslinge und förderte dieses von klein auf.

Tagein, tagaus trieb der heute 73-Jährige die beiden Schwestern auf den Tennis-Court, um mit ihnen Bälle zu schlagen. Stundenlang droschen die beiden Mädchen auf die Filzkugeln und verbesserten ihr Spiel.

Die Fortschritte waren augenscheinlich, doch Papa Williams wollte den Nachwuchs nicht nur auf dieser Ebene für die Zukunft stählen. Der Profi-Sport ist ein knallhartes Business, in dem es für die meisten ums Überleben geht. Die Besten dagegen verdienen Millionen.

Papa Williams schreckt vor nichts zurück

Und für Williams Senior zählt nur das Beste. Dafür griff er zu beinharten Methoden. Er selbst bekam die Rassentrennung noch am eigenen Leib zu spüren und wusste daher um die Sensibilität des Themas.

Venus & Serena mit Ex-US-Präsident Reagan

Methoden wie diese untermauern, wie ernst es Williams senior mit seinem Bemühen, seine Töchter an die Spitze des Damen-Tennis zu führen, war.

Dabei nahm er eing unkalkulierbar großes Risiko, denn der Druck, dem Venus und Serena damit schon im Kindesalter ausgesetzt waren, war enorm. Viele wären daran - verständlicherweise - zerbrochen, die beiden hielten ihm jedoch stand und Papas Plan ging, mit absurden Mitteln, auf.

Die Williams-Schwestern dominieren

Venus stand 1997 erstmals in einem Grand-Slam-Finale (US Open) und feierte im Februar 1998 den ersten Turniersieg. Ihre kleine Schwester ließ den Premieren-Titel ein Jahr später folgen und sorgte auch für den ersten Williams’schen Major-Sieg (US Open 1999, Venus gewann erstmals in Wimbledon 2000).

Es folgten Olympia-Gold in Sydney im Einzel (Venus) und Doppel sowie der Sprung an die Weltranglisten-Spitze, der Venus im Februar 2002 gelang. Serena bestieg den Thron erstmals im August desselben Jahres.

Inzwischen drücken die Williams-Schwestern der Szene seit mehr als 15 Jahren den Stempel auf, zusammen haben sie 28 Einzel- sowie 13 Doppel-Majors gewonnen und sind zu Idolen einer Generation geworden. Ihre Dominanz rief jedoch auch Zweifler hervor.

Immer wieder kritische Stimmen

„Als ich vier oder fünf war, habe ich den Fernseher angemacht und sie spielen sehen“, erklärte Wimbledon-Finalistin Garbine Muguruza unlängst. „Heute (mit 21 Jahren, Anm.) schalte ich den Fernseher ein und die beiden spielen noch immer. Was ich damit sagen will: Wie ist das möglich?“ Die Spanierin wirkte ungläubig, Respekt und Skepsis klangen gleichermaßen aus ihren Worten.

Skepsis ist ohnedies ein ständiger Begleiter des Williams-Clans. Mit ihrer Power haben sie das Damen-Tennis auf einen neuen Level gehoben, sich aber nicht nur Freunde gemacht. Immer wieder wurden die Schwestern angefeindet, belächelt, kritisiert, des Dopings bezichtigt.

 

„Ich bin ein Vollweib“

Auch bei den diesjährigen US Open, bei denen sie mit dem Grand Slam Historisches schaffen kann, wurde sie wieder auf ihre Fitness als mögliches Hindernis auf dem Weg zum Titel angesprochen.

Während sie früher oft gereizt reagierte, scheint sie inzwischen tatsächlich im Einklang mit sich selbst zu sein. „So bin ich eben. Ich liebe mich, wie ich bin. Ich bin ein Vollweib – stark, kräftig und schön.“ Sie wolle keine Energie und Zeit mehr darin investieren, sich „runterziehen zu lassen“.

Und dennoch türmen sich weiter Hürden vor ihr und Schwester Venus auf. Die beiden, die sich in ihrer Karriere bereits 26 Mal gegenüber standen, wobei 15 Siege auf die Jüngere und elf auf die Ältere fallen, treffen im Viertelfinale von Flushing Meadows erneut aufeinander.

Es war schon immer ein besonderes Duell, doch diesmal steht das Aufeinandertreffen noch einmal unter einem ganz anderen, größeren Fokus der Sport-Öffentlichkeit. Serena ist drauf und dran, als erste Spielerin seit Steffi Graf 1988 alle vier Major-Turniere zu gewinnen.

Venus als Stolperstein?

Ausgerechnet ihre Schwester, die in den Anfangsjahren die stärkere war, zuletzt aber immer wieder von Verletzungen und Krankheiten (sie leidet am Sjögren-Syndrom, einer chronischen Autoimmun-Krankheit, die beinahe für ihr Karriereende gesorgt hat) zurückgeworfen wurde, kann für die wohl bitterste Niederlage in Serenas Karriere sorgen.

Kritiker unken schon jetzt, dass die kleine Schwester auf jeden Fall gewinnen werde, damit der Traum vom perfekten Jahr Wirklichkeit wird und der Williams-Clan weiter die Schlagzeilen beherrscht. Die Kritisierten schenken dem keine Aufmerksamkeit und blicken dem Sister-Act gelassen entgegen.

Kurzerhand ließ er „Busladungen an Kindern aus den örtlichen Schulen“ nach Compton bringen, wo die beiden Nachwuchs-Hoffnungen trainierten. „Ich habe den Kindern gesagt, sie sollen die beiden mit jedem erdenklichen Schimpfwort rufen, darunter auch ‚Nigger‘. Ich habe sie dafür bezahlt und ihnen gesagt, sie sollen ihr Bestes geben“, schreibt der Patriarch in seiner Biografie „Black and White: The Way I See It.“

Einen Fauxpas der übleren Sorte leistete sich etwa Shamil Tarpishev, Präsident des russischen Verbandes, der die beiden polarisierenden Ausnahmeathletinnen öffentlich in einer Talkshow als „Williams brothers“ bezeichnete. Die WTA sperrte ihn daraufhin für ein Jahr.

Journalisten unterstellten ihr vor einigen Jahren, „nicht fit“ zu sein und „ein oder zwei Kuchen konsumiert“ zu haben, generell würde sie lieber essen als spielen. Kolumnist Jason Whitlock erdreistete sich zu schreiben, sie brauche „ein bisschen weniger Arsch“.

J.K. Rowling ergreift Partei

Joanne K. Rowling, Autorin der Harry-Potter-Reihe, fühlte sich während des diesjährigen Turniers in Wimbledon bemüßigt, Partei für Serena zu ergreifen, nachdem gehässige Meldungen auf Twitter überhandnahmen.

„Sie ist gebaut wie ein Mann“, urteilte etwa ein anonymer User. Die Schriftstellerin konterte mit einem Foto (siehe unten), das Williams in einem roten Kleid zeigt, und schrieb: „Yeah, mein Ehemann sieht genauso aus in einem Kleid. Du bist ein Idiot.“

Serena selbst gestand, jahrelang mit ihrer Figur gehadert zu haben. „Ich wollte immer wie Venus aussehen, ihr großer, dünner Körper sieht in den Kleidern so gut aus. Manchmal hatte es sich angefühlt, als hasste ich sie dafür, weil ich wusste, nie so auszusehen.“ Es habe lange gedauert, doch es kam der Tag, an dem sie sich damit abfand. „Ich bin eben anders gebaut. Ich habe einen großen Arsch und große Brüste.“

Sich einem Traum hingeben, der nicht umsetzbar ist, bringe nichts. „Ich könnte zwei Jahre nichts essen und würde trotzdem nicht Größe XS haben. Irgendwann habe ich realisiert, dass nicht jeder wie Mary-Kate (Olsen, Anm.) ist, inzwischen bin ich glücklicher denn je.“

 
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Posted by Serena Williams on Freitag, 4. September 2015

„Tennis bedeutet Spaß. Daher fühle ich mich jeden Tag, an dem ich das, was ich liebe, ausüben kann, gesegnet. Ich denke, Serena geht es genauso“, freut sich Venus auf das direkte Duell, ist sich aber bewusst, die Rolle der Spielverderberin oktroyiert zu bekommen, sollte sie Serena stoppen.

„Ich denke nicht, dass irgendjemand gerne den Spielverderber mimt. Die Leute wollen sehen, dass Geschichte geschrieben wird. Zugleich bist du aber voll fokussiert darauf, dein Match zu gewinnen, auch wenn die Umstände besondere sind.“

Papas Credo gilt noch immer

Und was sagt die Favoritin, die nur noch drei Schritte vom Grand Slam entfernt ist? „Sie hat mich schon so oft geschlagen, ich habe gegen sie öfter verloren als jede andere. Sie ist ganz sicher eine Spielerin, die weiß, wie man gewinnt und wie man gegen mich gewinnt, sie kennt meine Schwächen besser als irgendjemand sonst.“

Serena stellt sich daher auf eine Härteprobe ein, die ihr alles abverlangt. „Es wird ganz bestimmt kein einfaches Match.“ Die 33-Jährige fügt an: „Hoffentlich entwickeln sich die Dinge in die richtige Richtung.“

Selbst im Sister-Act gilt Papas Credo: Gewinnen – um jeden Preis.


Christoph Nister