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"Habe viele Spieler kommen und gehen gesehen"

Als Doppel-Spezialist Julian Knowle im Jahr 1992 sein Unternehmen „Tennis-Profi“ startete, waren viele der heutigen Jungstars nicht mehr als ein lüsterner Gedanke im Kopf ihrer Eltern.

Seit über 20 Jahren jettet der mittlerweile 41-jährige Vorarlberger über die gesamte Erdkugel und kämpft dabei Woche für Woche um wertvolle Weltranglisten-Punkte für das ATP-Ranking.

Ein Leben, das zwar aufregend und spannend, aber auch ermüdend und eintönig werden kann. „Vom Leben auf der Tour habe ich schon lange genug und vom Reisen sogar noch länger“, erzählt der Vater einer bald vierjährigen Tochter im LAOLA1-Interview.

Karriereende ist noch kein Thema

Seine aktive Karriere würde der US-Open-Sieger von 2007 aber dennoch gerne noch ein paar Jahre weiter ausüben.

„Am Turnier-Tennis habe ich immer noch richtig Spaß. Und solange ich das Gefühl habe, ganz oben mitspielen zu können, werde ich deshalb auch nicht aufhören“, will sich Knowle dabei nicht von den in dieser Saison eher unzufrieden stellenden Ergebnissen irritieren lassen.

Auch bei den French Open war mit Partner Andre Begemann bereits in Runde zwei Endstation. Wobei es das Losglück in Roland Garros nicht wirklich gut mit der österreichisch-deutschen Partnerschaft meinte.

Bei uns spricht der 18-fache ATP-Titelträger über seine Erwartungen für die Zukunft, seine ungebrochene Motivation und er erklärt, warum er Verständnis für die Smartphone-Generation hat.

LAOLA1: Nach dem Erstrunden-Erfolg über Butorac/Groth setzte es bei den French Open in Runde zwei gegen die an zehn gesetzten Nestor/Paes das Aus. Wie sieht deine Paris-Bilanz aus?

Julian Knowle: Ich bin natürlich nicht zufrieden. In den ersten drei Sätzen in Paris haben wir eine gute Leistung geboten. Danach ist leider der Faden gerissen. Wobei die Auslosung schon sehr schwierig war. Groth stand in Paris letztes Jahr im Halbfinale. Trotzdem haben wir gewonnen, einen guten ersten Satz gegen Paes/Nestor gespielt und dann sind wir irgendwie weggebrochen. Das darf nicht passieren. Damit kann ich nicht zufrieden sein.

LAOLA1: Auch in der bisherigen Saison lief es für dich nicht wirklich nach Wunsch. Woran hakt’s?

Knowle: Spielerisch bin ich nicht unzufrieden, mit den Ergebnissen allerdings schon. Es sind einfach ein paar Dinge passiert, die man leider nicht ändern kann. In Melbourne hat mein Partner Vasek Pospisil in der zweiten Runde w.o. gegeben. In Rio hat sich Marcelo Melo beim Einschlagen verletzt. Aufgrund meines Rankings bin ich bei den 1000er-Turnieren nicht mehr in den Hauptbewerb gekommen. Und bei den kleineren Turnieren haben wir teilweise Matches verloren, die man nicht verlieren darf. Oft sind wir unter Wert geschlagen worden. Wenn ich jede Woche spielen könnte, würde ich mir nicht so viele Sorgen machen, wie ich es gerade tue. Ich glaube, dass ich gut genug spiele, um die nötigen Ergebnisse reinzuspielen. Wenn man nur wenige Chancen kriegt, ist der Druck natürlich größer.

LAOLA1: Wirst du weiterhin mit dem Deutschen Andre Begemann zusammenspielen?

Knowle: Bis Wimbledon habe ich vorerst einmal mit Begeman geplant. Danach müssen wir uns zusammensetzen. Im Normalfall ergibt sich das von selbst. Neben den Ergebnissen muss man auch eine Entwicklung als Team sehen. Ich versuche das große Bild zu sehen, was in Zukunft möglich oder eben nicht möglich ist.

LAOLA1: Was für Ziele setzt man sich mit 41 Jahren als Tennis-Profi?

Knowle: Die Rasen-Saison ist jetzt eine wichtige Phase für mich. Da habe ich immer sehr gut gespielt und viele Punkte gemacht. Dementsprechend viel habe ich zu verteidigen (Anm.: Wimbledon-Viertelfinale, Turniersieg in Halle). Tennis ist kein Wunschkonzert. Auf der ATP-Tour bekommt man nichts geschenkt. Ich will mich auch in meinem zarten Alter weiter entwickeln, weiter arbeiten und das Beste versuchen. Irgendwann kann ich dann hoffentlich meine Chance nützen und bei einem großen Turnier wieder ein Viertel- oder Semifinale erreichen. Wichtig ist, dass das Tennis und die Leistung passen. Ich muss das Gefühl haben, dass ich weiterhin oben mitspielen kann.

LAOLA1: Deine Motivation ist also auf jeden Fall ungebrochen, auch wenn aufgrund der letzten Monate ein bisschen der Spaß verloren gegangen ist, oder?

Knowle: Am Turnier-Tennis habe ich immer noch richtig Spaß. Es ist aber natürlich frustrierend, wenn ich bei jedem 1000er nur zuschauen kann, während andere Siege und Punkte einfahren. Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass es mir Spaß macht, nach Miami und Rom zu fliegen und dort nur trainieren zu können, weil ich nicht in den Hauptbewerb komme.

LAOLA1: Wie gefällt dir nach über 20 Jahren noch das Leben auf der Tour?

Knowle: Vom Leben auf der Tour habe ich schon lange genug und vom Reisen sogar noch länger. Aber das hilft nichts. Man kann nicht zuhause bleiben und Tennis-Profi sein. Sonst würden wahrscheinlich noch mehr Menschen diesen Job ausüben wollen. Das gehört nun mal dazu.

LAOLA1: Die Freude am Tennis überwiegt also die Nachteile?

Knowle: Es sind die Freude am Tennis und am Wettkampf und das Gefühl, dass ich immer noch mitspielen kann. Wenn ich glaube, dass es nicht mehr reicht, würde ich es lassen. Ich bin 41 Jahre alt und habe immer noch Spaß dabei. Sonst könnte ich auch gar nicht meine beste Leistung abrufen. Wenngleich dieser Spaßfaktor derzeit etwas verloren geht, da wir zu verbissen um Erfolge und Punkte kämpfen. Da geht dann auch eine gewisse Lockerheit verloren.

LAOLA1: Stört es dich, dass das Doppel meist im Schatten der Einzelbewerbe steht?

Knowle: Ich habe gelernt damit zu leben, dass in Österreich das Doppel ein Schatten-Dasein führt. Wenn ich mir Brasilien anschaue, wo ein zweifacher Mixed-Grand-Slam-Sieger von den Fans gefeiert und on Sponsoren umworben wird, finde ich das natürlich schade. Da hätte sich zum Beispiel auch ein Alex Peya mehr Aufmerksamkeit verdient. Bei Jürgen (Anm.: Melzer) war es ähnlich. Wobei er als Einzelspieler in einem anderen Fokus stand. Ich kann die öffentliche Meinung aber eh nicht beinflussen und es ist auch nicht etwas, was mich jeden Tag beschäftigt. Es können sowieso nur die wenigsten einschätzen, was für eine Leistung hinter diesen Erfolgen dahintersteckt. Ich bin zum Glück nicht abhängig davon. Und im Alter nimmt man solche Dinge auch gelassener.

LAOLA1: Wie hat sich der Tour-Alltag in deinen fast 20 Jahren auf der Tour verändert? Wie ist das Gefühl, wenn man sieht, wie junge Spieler nachkommen, die eigentlich schon deine Kinder sein könnten?

Knowle: Ich habe natürlich schon sehr viele Spieler kommen und gehen gesehen. Wenn ich einen ehemaligen Spieler-Kollegen sehe, der plötzlich als Coach unterwegs ist, realisiere ich immer erst selbst, wie lange ich schon dabei bin. Im täglichen Leben ist das aber nicht so präsent. Ich bin Tennis-Profi und beschäftige mich nicht damit. Mir fällt das erst auf, wenn ich jemanden sehe, der schon seit zehn Jahren nicht mehr spielt, mit dem ich damals schon gemeinsam unterwegs war.

LAOLA1: Ehemalige Spieler beklagen heutzutage oft, dass die Athleten früher untereinander mehr Kontakt hatten. In der heutigen Zeit sitzen Spieler nur mehr vor ihren Smartphones und Tablets. Wie hast du diese Entwicklung miterlebt?

Knowle: Das sehe ich sicherlich auch so. Mittlerweile ist alles einfach sehr professionell geworden. Es geht um sehr viel Geld und die Dichte ist extrem. Der Konkurrenzkampf ist groß und es braucht heutzutage sicherlich mehr als in den 90er Jahren, um ganz nach vorne zu kommen. Da müssen wir nicht drüber diskutieren. Das ist ganz sicher so.

LAOLA1: Schotten sich die Spieler deshalb mehr voneinander ab?

Knowle: Es zieht sicher jeder mehr sein eigenes Ding durch. Das heißt aber nicht, dass man dann nicht einmal am Abend miteinander essen geht. Es bleibt aber nur mehr wenig Zeit und jeder hat sein persönliches soziales Umfeld mit dem er weiter Kontakt halten will. Und da ist es dann einfach so, dass in der Player’s Lounge 95 Prozent mit dem Handy in der Hand da sitzen und mit Freunden oder Familie kommunizieren. Ob es gut oder schlecht ist, will ich nicht beurteilen. Es lässt sich auf jeden Fall nicht verhindern.

LAOLA1: Wobei du ja auch mit der Zeit gehst und seit Jahren einen Twitter-Account hast.

Knowle: Hin und wieder schreibe ich mal etwas. Auf Facebook bin ich nicht, aber Twitter finde ich ganz lustig. Man bekommt hier auch sehr viele Informationen.

 

LAOLA1: Tochter Alicia wird im Juni vier Jahre alt. Wir schwer fällt dir mittlerweile das Koffer packen?

Knowle: Seit sie auf der Welt ist, wurde das Reisen natürlich noch ein bisschen schwerer für mich. Sie hat derzeit aber noch das kleinste Problem damit. Sie kennt es eh nicht anders und leidet zum Glück auch nicht darunter. Wenn es ihr schwer fallen würde, wäre es für mich noch schwieriger. Derzeit habe ich das größte Problem damit und darüber bin ich auch froh.

LAOLA1: Die Familie öfter auf die Tour mitzunehmen ist keine Option?

Knowle: Das wäre mir natürlich das Liebste, aber da meine Freundin berufstätig ist und nur fünf Wochen im Jahr Urlaub hat, ist das leider nicht drin.

Das Gespräch führte Christian Frühwald