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Bresnik: "Da geht etwas in eine vernünftige Richtung"

Bresnik:

„Miteinander statt gegeneinander“!

Unter diesem Motto verschickte der österreichische Tennis-Verband am Donnerstag eine Presse-Aussendung, in der er das Ende des Streits mit Dominic Thiem bekanntgab.

Österreichs aktuelle Nummer eins wird in Zukunft wieder für Einsätze im Davis Cup bereit stehen und wurde sogleich von ÖTV-Kapitän Stefan Koubek für den Länderkampf gegen die Niederlande in Kitzbühel (17. bis 19. Juli) nominiert.

Außerdem wird Günter Bresnik, der Betreuer von Thiem, künftig dem Verband in der Nachwuchsarbeit unter die Arme greifen.

Die Tennis-Schule des Niederösterreichers ist wie das Bundesleistungszentrum des Verbands in der Südstadt beheimatet. Unter anderem trainieren bei Bresnik hoffnungsvolle Nachwuchs-Akteure wie Mira Antonitsch oder Dennis Novak.

Im LAOLA1-Interview erklärt der ehemalige Coach von Horst Skoff oder Boris Becker, wie es zur Einigung mit dem ÖTV kam, wie er sich die Zusammenarbeit mit dem Verband vorstellt und warum es nun doch keine finanzielle Wiedergutmachung für die unter dem damaligen ÖTV-Präsidenten Ronnie Leitgeb abgesetzten Fördergelder geben wird.

LAOLA1: Bist du froh, dass der Streit um die Davis-Cup-Teilnahme von Dominic Thiem endlich beigelegt worden ist?

Günter Bresnik: Für Dominic ist es auf jeden Fall angenehm, dass das Thema jetzt erledigt ist. Ich bin auch froh, dass das ausgestanden ist. Dominic wäre eh kaum mehr zu bändigen gewesen, wenn er in Kitzbühel gegen die Niederlande wieder nicht einlaufen hätte können. Die Leute vom Verband haben die Gespräche, bei denen  ÖTV-Präsident Robert Groß, der Wiener Verbandspräsident Franz Sterba und Christian Worsch von Hauptsponsor Simacek dabei waren, sehr vernünftig geführt. Es ist auch für Dominics Tennis-Spiel gut, wenn er Davis Cup spielt. Er lernt dort, mit einer anderen Art Druck umzugehen. Das ist sicherlich für spätere Situationen gut, in denen er einem außergewöhnlichen Druck ausgesetzt ist.

LAOLA1: Wann waren die finalen Gespräche bzw. wie wurden diese geführt?

Auf Rasen fühlt sich Thiem noch nicht so wohl

LAOLA1: In welchen Bereichen hat Dominic auf Rasen seine größten Probleme?

Bresnik: Das Schwierigste auf diesem Belag ist sicherlich die Bewegung darauf. Wenn du dich schlecht bewegst, bist du komplett aus dem Gleichgewicht und kannst kaum etwas machen. Es hängt auch davon ab, gegen wen er spielt. Gegen Leute mit einem Topspin von der Grundlinie tut er sich sicher leichter, als wenn ihn jemand mit tiefen Slice-Schlägen angreift. Aufschlag und Return sind auf Rasen das tägliche Brot. Wenn du da Schwachstellen hast, wird das brutaler aufgedeckt als auf anderen Belägen. Gerade Leute, die gut retournieren, sind hier extrem im Vorteil. Und das ist nicht gerade die Spezialität von Dominic.

LAOLA1: Welchen Stellenwert hat Wimbledon heute?

Bresnik: Unter den Spielern hat Wimbledon sicher noch den größten Stellenwert. Es ist das prestigeträchtigste Turnier der Welt. Alle Superstars sind schon eine Woche vorher in Wimbledon und trainieren täglich mehrere Stunden. Für die Besten der Besten ist es der Höhepunkt des Jahres.

LAOLA1: Wer hat die besten Chancen auf den Titel?

Bresnik: Novak Djokovic hat sicherlich die besten Chancen. Dann kommen natürlich Murray und Federer. Wawrinka hat mich zuletzt überrascht, wie stark er auf Rasen spielen kann. Bei Monfils und Tsonga muss man schauen, wie gesund sie sind. Es gibt eine Vielzahl von Spielern, die heuer um den Titel mitspielen können. Nadal ist nur an zehn gesetzt – auf ihn will sicher keiner der Topgesetzten früh treffen. Auch Raonic ist ein sehr unangenehmer Gegner auf Rasen. Goffin und Simon spielen auf Rasen sehr geschickt. Es ist auf jeden Fall offener als früher. Ich glaube aber, dass es wahrscheinlich jedem Spieler – mit Ausnahme des Finalgegners - gut gefallen würde, wenn noch einmal Federer den Titel holen könnte.

Das Gespräch führte Christian Frühwald

Bresnik: Ich habe mich ein paar Mal mit Herrn Worsch unterhalten, dem es ein sehr großes Anliegen war, dass Dominic Davis Cup spielt. Mit der Firma Simacek unterstützt er ja auch Dominic. Robert Groß ist drei Mal nach Wien gekommen, damit wir längere Gespräche führen können. Dabei ist es nicht nur um den Davis Cup gegangen, sondern auch um sehr grundsätzliche Dinge im österreichischen Tennis. Ich halte ihn für sehr engagiert. Dementsprechend werde ich sicher nicht bei der erstbesten Gelegenheit den Fehde-Handschuh werfen. Ich glaube, dass da etwas in die vernünftige Richtung geht.

LAOLA1: In der ÖTV-Aussendung steht, dass du künftig mit deinem Trainerteam in der Nachwuchsarbeit mit dem Verband zusammenarbeitest. Wie sieht diese Zusammenarbeit aus?

Bresnik: Man kann nicht immer nur kritisieren und nichts tun, deshalb bin ich bereit, dass ich hier - in welcher Funktion auch immer - mitwirke. Ich will, dass bei den 8-14-Jährigen gut trainiert wird. Deshalb werde ich mich in diesem Altersbereich um die Kinder in Niederösterreich, Wien und dem Burgenland kümmern. Meine Selbständigkeit werde ich allerdings nie aufgeben – ein Angestellten-Status beim ÖTV ist für mich kein Thema.

LAOLA1: Wenn Eltern ihre Kinder dem Verband anvertrauen, kommen sie in dieser Altersgruppe also zu dir.

Bresnik: Das ist noch nicht ausgegoren, aber so in etwa ist die Idee. Da muss man sich auch die Platz-Situation anschauen und wie viele Spieler sich überhaupt melden. Bei den ganz Jungen nehme ich jeden, der gerne Tennis spielt und körperlich zumindest grundsätzliche Voraussetzungen für einen Tennis-Spieler hat. Wenn der Verband ein bisschen mitfinanziert, kann man das Tennis wieder auf eine gesunde Basis stellen. Für mich ist das Wichtigste, dass zum Beispiel bei einer U12-Meisterschaft nicht mehr nur 16 Nennungen zustandekommen. Denn so etwas ist eine Katastrophe. Wenn das in allen Bundesländern umgesetzt wird, dann steht das Jugendtennis international wieder besser da. Eine ordentliche Vorhand bringe ich nun mal lieber einem Achtjährigen als einem 15-Jährigen bei. Die sind dann mit 14, 15 technisch so gut ausgebildet, dass ich mit ihnen vernünftig weiter arbeiten kann.

LAOLA1: Damit es in Österreich auch wieder eine breitere Basis bei den Jugendlichen gibt.

Bresnik: Damit es in Zukunft nicht nur einen Alexander Erler gibt, der im Ausland trainiert, sondern drei, vier Österreicher im Alter zwischen 16 und 18, die in Österreich trainieren und bei Junioren-Grand-Slams an den Start gehen. Das muss die Zielsetzung sein. Die Jugend muss wieder konkurrenzfähig werden. Die österreichischen Meister dürfen im Ausland nicht mehr einfach eine auf den Deckel kriegen. Das war immer schon mein Hauptanliegen an den Verband. Es ist mir auch egal, wer das macht. Ich finde, dass die besten Trainer zu den jungen Spielern gehen sollten. Die sollen sich nicht auf einen 22-Jährigen draufsetzen, bei dem sich nicht mehr viel tut, weil die Reisetätigkeit so schön ist. Die sollen mit den Jungen arbeiten, wo wirklich Bedarf ist. Da kann sich jeder Trainer austoben und beweisen.

LAOLA1: Hat es von Verbandsseite eine finanzielle Wiedergutmachung für die strittigen Fördergelder gegeben?

Bresnik: Nein. Es war zwar immer ein Thema, aber warum hätte die aktuelle Führung eine Sache in Ordnung bringen sollen, die vor sechs, sieben Jahren unter Wolner und Leitgeb passiert ist? Das wäre für die Öffentlichkeit nicht verständlich gewesen und auch für den Verband nur schwer umsetzbar, weil einfach kein Geld da ist. Mein Hauptkritikpunkt war immer, dass vom Verband die falschen Leute unterstützt werden. Ich glaube, dass diese Diskussion auch bewirkt hat, dass mehr darüber nachgedacht wird, wie und wie lange junge Spieler unterstützt und gefördert werden. Das hat mich immer gestört, dass manchen Leuten ihr Hobby finanziert worden ist. Da ging es teilweise um Beträge zwischen 20.000 und 50.000 Euro pro Jahr. Und manche davon haben dann mit 19 oder 20 gesagt: „Ich gehe lieber studieren, das ist nicht so anstrengend.“ Nachdem sich diese Fälle immer wiederholt haben, hat mich das schon ziemlich genervt.

LAOLA1: In wenigen Tagen beginnt der Grand-Slam-Klassiker in Wimbledon. Was erwartest du dir von Dominic bzw. wie zufrieden bist du mit seiner bisherigen Rasen-Saison?

Bresnik: Ich hoffe, dass er heuer besser spielt als vor einem Jahr. Und da bin ich mir ziemlich sicher, dass ihm das gelingt, weil er meiner Meinung nach auch schon gegen Mischa Zverev in Stuttgart gut gespielt hat. Auch in Halle gegen Nishikori hat er gut gespielt und Dolgopolov war in Nottingham einfach zu stark. Wenn die Auslosung passt, kann er schon ein, zwei Partien gewinnen.

LAOLA1: Für den Kopf war es auf jeden Fall gut, dass er in Nottingham gegen Malek Jaziri endlich seinen ersten Rasen-Sieg einfahren konnte, oder?

Bresnik: Da ist ihm sicher ein Stein vom Herzen gefallen. Schließlich haben viele Leute immer nur davon gesprochen. Obwohl es auch nicht viel Unterschied ausgemacht hätte, wenn er jetzt nicht gewonnen hätte. Über kurz oder lang, ist der Kleine sowieso nicht aufzuhalten. Er macht jede Woche Fortschritte, auch wenn sie manchmal nur winzig sind. Rückschritte gab es bei ihm so gut wie überhaupt noch nie. Auch die Entwicklung im Ranking ist eigentlich ein Wahnsinn. Dass er in Wimbledon gesetzt ist, habe ich selbst erst vor wenigen Tagen so richtig registriert. Das ist schon eine schöne Anerkennung. Es gibt aber immer noch vieles zu verbessern. Da sind Baustellen ohne Ende. Er macht das aber auch. Dominic kommt aus Nottingham, trägt seine Sachen aufs Hotelzimmer und trainiert wieder.