news

Die erfolgreichste WM der ÖRV-Geschichte

Die erfolgreichste WM der ÖRV-Geschichte

Die Rad-WM 2015 ist Geschichte.

Erstmals gab es in Richmond eine offizielle Nationenwertung, Gastgeber USA wurde mit sieben Medaillen (2 Gold, 3 Silber, 2 Bronze) als beste Nation ausgezeichnet, Rang zwei teilen sich Deutschland und Frankreich mit je vier Mal Edelmetall (1 Gold, 1 Silber, 2 Bronze), Rang drei geht an Dänemark (1 Gold und 1 Silber).

Österreich belegt aufgrund der sensationellen Goldmedaille von Junior Felix Gall Rang fünf. Damit war die WM 2015 die erfolgreichste in der Geschichte des ÖRV.

"Die Goldmedaille von Felix überstrahlt natürlich alles. Aber Fakt ist, wir müssen uns vor keiner Nation mehr verstecken. Unsere Profis haben sich in der Weltelite etabliert und wir haben im nächsten Jahr so viele Auslandsprofis im Einsatz wie nie zuvor. Leider hatten bei dieser WM unsere U23-Fahrer Pech und bei den Damen hätten wir uns mehr erwartet. Aber wir müssen jetzt diesen positiven Schwung mitnehmen", zieht ÖRV-Präsident Otto Flum eine positive Bilanz.

LAOLA1 fasst die WM aus rot-weiß-roter Sicht zusammen:

Felix Gall überraschte sie alle - und auch sich selbst

Die große Überraschung

Ein Ex-Triathlet sorgte für DAS Highlight dieser WM: Felix Gall gewann bei den Junioren die erste Goldmedaille für den ÖRV überhaupt bei Straßen-Weltmeisterschaften.

Damit kommt nach den Mountainbikern Alban Lakata und Daniel Federspiel bereits der dritte Radweltmeister aus Tirol.

"Auf gar keinen Fall habe ich irgendwie daran gedacht, Weltmeister zu werden. Es war unglaublich. In der letzten Runde haben sich alle angeschaut, keiner wollte richtig fahren und da habe ich mir gedacht, ich probiere es einfach", war der 17-Jährige, der sich auf einem Flachstück rund zwölf Kilometer vor dem Ziel ein Herz nahm und alle anderen stehen ließ, ebenso überrascht wie der Rest der Welt.

"Es war richtig knapp zum Schluss, ich war über dem Limit", beschrieb Gall, der sich auf der Zielgeraden einige Male umdrehte, die letzten Meter seines Triumphes. "Ich wollte am Schluss noch sprinten, doch dann bin ich aufs Oberrohr gefallen, weil ich so müde war und habe es gerade noch so zurück in den Sattel geschafft", grinste der ehemalige Triathlet. "Heuer ist meine erste richtige Saison, der Triathlon hat mir nicht mehr gefallen. Radfahren macht mir mehr Spaß und liegt mir mehr", so Gall, der noch ein Jahr als Junior unterwegs sein wird und danach Profi werden will.

Nationaltrainer Jure Pavlic sagt ihm eine große Zukunft voraus: "Felix ist ein wahnsinniges Talent." Auch Ex-Profi Thomas Rohregger ist begeistert: "Das war eine unglaubliche Leistung. Felix erinnert mich stark an Georg Totschnig. Das wird ein ganz Großer!"

Live ansehen konnte man sich den Coup des Osttirolers nur vor Ort an der Strecke, denn das Rennen wurde nicht übertragen. "So ganz kann ich das auch nicht verstehen, von der Logistik her ist ja alles da", zeigte nicht nur Gall dafür kein Verständnis.

  • Starker Haller verpasst Top Ten knapp

Mit dem 264,1 km langen Straßenrennen der Herren ging die WM am Sonntag zu Ende: Peter Sagan schüttelte den Fluch des ewigen Zweiten eindrucksvoll ab und holte sich den Titel durch eine Attacke am vorletzten Anstieg. Damit sorgte er für die erste slowakische WM-Medaille überhaupt.

Aus österreichischer Sicht lieferte Marco Haller ein starkes Rennen ab: Zwar zeigte sich der 24-Jährige enttäuscht, dass mit Rang 26 nicht der gewünschte Top-Ten-Platz heraussprang, dennoch kämpfte sich der Kärntner nach einem Sturz in der Verpflegungszone circa 60 km vor dem Ziel an die Spitze zurück und wies am Ende nur 12 Sekunden Rückstand auf.

"Diese Leistung geht sicherlich unter, sie war aber gewaltig und zeigt sein großes Kämpferherz und seine Moral", lobte ÖRV-Nationalcoach Franz Hartl.

"Ich habe mich eineinhalb Monate auf dieses Rennen vorbereitet und ich wollte zeigen, dass ich es drauf habe", so Haller, dessen Beine "exzellent" gewesen seien, dem aber im Moment der Attacke Sagans die "nötigen Körner" gefehlt hatten.

Georg Preidler und Lukas Pöstlberger mussten aufgeben, doch auch den beiden Helfern gebührt Lob. "Hut ab auch vor Georg Preidler, der ein starkes Rennen gefahren ist und sich immer vorne gezeigt hat", so Hartl.

  • Ein Kilometer zu viel

Im U-23-Rennen machten die fünf Österreicher lange alles richtig und bestimmten das Geschehen mit - bis zur letzten Runde. "Leider setzte genau dann Regen ein und gerade an den engen Kopfsteinpflaster-Anstiegen wie dem Libby Hill kam es zu Tumulten. Dort war das Rennen auch für Wachter, Mühlberger und Großschartner gelaufen. Sie mussten wegen Stürzen vor ihnen vom Rad, während vorne die Post abging - deshalb hatten sie keine Chance mehr", sagte Nationaltrainer Franz Hartl.

Nur dem 21-Jährigen Michael Gogl gelang es, am Libby Hill ganz vorne dabei zu sein und sich auf die Verfolgung des späteren Weltmeisters Kevin Ledanois zu machen.

Bis circa einen Kilometer vor dem Ziel lag er auf Silberkurs, dann wurde der Oberösterreicher doch noch eingeholt. Somit verpassten die fünf österreichischen Starter den erhofften Spitzenplatz, bester ÖRV-Fahrer wurde Alexander Wachter als 22. (+16 Sekunden), Felix Großschartner belegte Rang 28 (+24), drei Plätze dahinter landete zeitgleich Sebastian Schönberger. Michael Gogl wurde 51., Gregor Mühlberger belegte Rang 67.

"Michael ist ein tolles Rennen gefahren, aber die Kräfte reichten nicht ganz bis zum Schluss. Das erhoffte Spitzenergebnis haben wir verpasst, aber gerade in der wichtigen letzten Runde haben die Jungs gezeigt, was sie drauf haben", so ein zufriedener Hartl.

 

  • Technische Probleme verhindern Brändles Top-Ten-Platz

Die 53,5 einsamen Kilometer im Kampf gegen die Uhr brachten nicht etwa Tony Martin oder Tom Dumoulin als Titelträger hervor, nein, der Weißrusse Vasil Kiryienka schnappte sich den Titel im Einzelzeitfahren. Doch damit nicht genug, waren die weiteren Podestplätze ebenfalls eine faustdicke Überraschung: Neun Sekunden dahinter sicherte sich der Italiener Adriano Malori Silber, Bronze ging an den Franzosen Jerome Coppel (+26).

Ex-Stundenrekordhalter Matthias Brändle hatte Pech: Er kämpfte mit Schaltproblemen, dennoch schaffte er mit Rang 16 (+1:59) eines der besten Zeitfahr-Ergebnisse des ÖRV. "Leider streikte acht Kilometer vor dem Ziel die Schaltung - das war verheerend. Im Endeffekt war der 13. Platz nur sieben Sekunden weg, ich lag im Ziel nur eine Sekunde hinter Ex-Stundenweltrekordhalter Stephen Cummings", konstatierte Brändle, der sich im Vergleich zum Vorjahr (35.) extrem verbesserte. "Ich habe rund 20 Watt mehr als bei der letzten WM in Ponferrada getreten. Es war ein richtig starkes Rennen."

Entgegen ersten Meldungen reichte diese Leistung doch nicht für das Olympia-Limit: Nur die Top Ten des bereinigten Rankings mit maximal einem Fahrer pro Nation lösten über die WM-Konkurrenz das Ticket für Rio, der Vorarlberger war in dieser Wertung 13.

Lukas Pöstlberger, dem vor dem Start bei seinem ersten WM-Einzelzeitfahren der Elite-Fahrer die gute Nachricht überbracht wurde, dass er ab 2016 einen Profivertrag bei Bora-Argon 18 besitzt, landete auf Platz 48. "Lukas ist noch nie so ein langes Zeitfahren gefahren. Er hat sein 1. WM-Zeitfahren bei den Profis mit Respekt absolviert, sein Rückstand von 4:18 Minuten hält sich in Grenzen", so Hartl.

Bei den Junioren belegten Gall und Patrick Gamper die Ränge 34 (+3:16 Minuten) und 35 (+3:21), Letzterer hatte Pech und auf der zweiten Runde einen Defekt, der ihn eine ganze Minute kostete.

 

  • Wermutstropfen

Bei so viel Licht ist leider auch etwas Schatten zu vermelden: Die ÖRV-Damen konnten sich nicht in Szene setzen.

Beim Titelgewinn der Neuseeländerin Linda Villumsen im Einzelzeitfahren reichte es für Martina Ritter nur für Rang 29 (+3:33 Min.). "Leider konnte ich nicht das umsetzen, was ich mir erhofft hätte. Ich hatte einfach nicht die Beine dazu. Aber so ist der Sport", bedauerte die 33-Jährige.

Im Straßenrennen sicherte sich die Britin Elizabeth Armitstead den Titel im Sprint einer neunköpfigen Spitzengruppe vor der Niederländerin Anna van der Breggen und der US-Amerikanerin Megan Guarnier. Die beiden rot-weiß-roten Starterinnen, Sarah Rijkes und Martina Ritter, mussten früh das Handtuch werfen. "Jeder Radfahrer kennt das Gefühl: Wenn du merkst, heute geht was! Es gibt aber im Radsport leider auch umgekehrte Tage und so einer war es, nichts ging mehr! Ich wusste sofort, dass ich leider nicht mehr im Stande war, das hohe Tempo mitzugehen. Meiner Kollegin Sarah Rilkes erging es auch nicht besser, eine thailändische Fahrerin brachte sie zu Sturz und für sie war das Rennen rasch vorbei!", erklärte Ritter.

 

Henriette Werner