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Mühlbergers Masterplan und Denifls Vorteil

Mühlbergers Masterplan und Denifls Vorteil

Zwar reichte es auf Wiens Prachtboulevard, der Ringstraße, auf dem 5,4 km langen Auftakts-Mannschaftszeitfahren der 66. Österreich Rundfahrt nicht für ganz vorne – der Schnitt des siegreichen Katusha-Teams von 56,28 km/h bei über 30 Grad Celsius war etwas zu schnell.

Doch das beste rot-weiß-rote Team, Felbermayr Simplon Wels, zeigte ein tolles Rennen und landete gerade einmal zehn Sekunden hinter der russischen Equipe auf Rang sieben.

„Es war eine starke Leistung von uns, wir sind gut ins Rennen gekommen und haben bis zum Ende durchgezogen“, freute sich Matthias Krizek, der am Sonntag auf der ersten Etappe über 206,6 km sowie 1.608 Höhenmeter von Mörbisch nach Scheibbs das Rosa Trikot des besten Österreichers tragen darf. „Es war toll, in meiner Heimat zu fahren und in meinem Bundesland zu starten“, so der Wiener, dem die Hitze „nichts ausmacht“, gegenüber LAOLA1. „Ich bin das gewöhnt, außerdem ist es für alle heiß.“

Starkes Team

„Wir sind sehr gut aufgestellt, mit einem Jure Golcer, der Dritter in Slowenien geworden ist, dazu kommen Felix Großschartner und Gregor Mühlberger. Bei mir stimmt die Form inzwischen zu 100 Prozent, wir freuen uns alle und wollen das Beste herausholen.“ Allerdings warnte Krizek auch: „Die Tour ist lang, man muss sich die Kräfte gut einteilen. Auch die letzte Etappe nach Bregenz hat es in sich, da sind noch einige Berge zu überwinden. Wenn einem da die Körner fehlen, könnte es schwierig werden.“

Sein Teamkollege und Glocknerkönig des Vorjahres, Gregor Mühlberger, ist - nicht zuletzt auch aufgrund der eher ungewohnten Anforderungen des Auftakts – ebenfalls sehr zufrieden. „Mannschaftszeitfahren sind immer schwierig, weil man es fast nie trainiert. Aber wir sind alle ganz gut drauf, auch wenn man nach einem so kurzen Zeitfahren nicht wirklich etwas über die Form aussagen kann. In den nächsten Tagen sitzen wir vier, fünf Stunden im Sattel, das ist dann doch etwas anderes.“

Mühlbergers Plan

Auch er hat keine Angst vor dem Glutofen, der in den nächsten Tagen auf die Fahrer zukommen wird. „Ich habe keine Probleme mit der Hitze. Aber man darf nicht vergessen, zu trinken, sonst dehydriert man ganz schnell und bricht ein.“ 2014 trotzte er am Großglockner Kälte, Regen, Nebel und Schnee, heuer hingegen „ist die Wettervorhersage ganz gut“, grinste er. „Wir kommen mit allem zurecht, ich freue mich schon auf die Berge und insbesondere auf den Großglockner. Mal schauen, wie da die Teamorder sein wird. Da kommt es drauf an, wen wir in der Gesamtwertung vorne haben, denjenigen werden wir dann natürlich unterstützen.“

Er selbst wird wohl eher nicht auf Gesamtwertung fahren, hat aber einen anderen Plan. „Im Moment ist Jure Golcer unser Mann fürs Gesamtklassement, weil es einfach zu schwer und hart für mich ist. Ich werde von Tag zu Tag schauen, wie es mir geht, aber ich würde gerne aufs Bergtrikot fahren. Dafür muss ich es aber in eine Gruppe schaffen, das ist in den ersten Tagen nie leicht.“ 

Froh, dass es vorbei ist

Nicht leicht war es auch für Favorit Stefan Denifl. Der Gewinner des Bergtrikots der Tour de Suisse verlor in der letzten Kurve vor dem Ziel den Kontakt zum Team und somit zusätzliche eineinhalb Sekunden. „Zeitfahren ist nicht ganz so mein Metier im Moment, ich bin leichter geworden und mir fällt der Punch noch schwer, ich hatte heuer ja noch nicht so viele Rennen.“

„Ich bin froh, dass das Zeitfahren vorbei ist“, gestand er erleichtert. „Meinem Knie geht es gut, ich bin voll zufrieden. Man vergisst schnell, wie hart es wirklich war“, hat Denifl, der vor nicht allzu langer Zeit schon an sein Karriereende denken musste, die harten Monate der Verletzungspause endlich hinter sich gelassen. „Die Tour de Suisse war schon sehr emotional, da habe ich ein bisschen gebraucht, das Ganze zu realisieren. Von null auf hundert, das war schon krass. Aber es ist ja etwas Gutes. Ich freue mich, dass ich wieder Rennen fahren und hier sein kann. Favorit hin oder her, ich glaube, das viele die Rundfahrt gewinnen können. Aber ich bin vielleicht der einzige Österreicher, der das heuer drauf hat.“

Das sieht auch der Gesamtvierte des letzten Jahres, Patrick Konrad, so: „Ich will ihm keinen Druck machen, aber ich glaube, Stefan Denifl hat das Zeug dazu, nach ganz vorne zu fahren. Er hat mich bei der Tour de Suisse positiv überrascht. Die lange Rennpause kann auch ein Vorteil sein, er ist noch frisch, viele andere Fahrer haben schon den Giro oder die Klassiker in den Beinen.“

Konrad sieht durchaus auch andere Talente zwischen den heimischen Teilnehmern: “Auch Mühlberger und Pöstlberger traue ich einiges zu, sie sind aggressive Fahrer und ich bin überzeugt davon, dass sie sich bei der Österreich Rundfahrt gut präsentieren.“

Zwangspause

Der Niederösterreicher selbst hat sich dank seines starken Auftrittes bei der Österreich Rundfahrt 2014 einen Profivertrag verschafft. „Das Motto der Österreich Rundfahrt, 'Creating Heros', gefällt mir sehr gut, es ist der richtige Weg. Nicht nur ich habe dank der Österreich Rundfahrt den Sprung zu den Profis geschafft, auch Zoidl, Rohregger usw. Die Österreich Rundfahrt war immer schon ein Sprungbrett und ist für jeden Österreicher ein Highlight.“

Da der Bora-Argon-18-Profi als Ersatzfahrer für die Frankreich-Rundfahrt vorgesehen war, steht für ihn statt eines Rennens in den nächsten Wochen ein Trainingslager an. „Ich wäre hier sehr gerne am Start gestanden, aber natürlich auch bei der Tour de France. Im ersten Profijahr kann man jedoch nicht erwarten, dass man gleich die Tour fährt.“

Berge verschwinden nicht einfach

Der neue Tourdirektor, Wolfgang Weiss, dürfte froh sein, dass es nun endlich losgeht, zumal er einige Kritik aufgrund der hohen Schwierigkeitsanforderungen der Strecke einstecken musste.

„Ich habe in letzter Zeit oft gehört, dass die Österreich Rundfahrt zu schwer ist, aber unser Land ist nun mal bergig. Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Alle Fahrer, die hier fahren, wollen auch mal den Giro, die Tour oder die Vuelta fahren. Wie bieten ihnen dafür die Plattform.“ 

Dem stimmt auch der sportliche Leiter des Team Tirol Cycling, Roland Pils, zu: „Die Österreich Rundfahrt war noch nie so abwechslungsreich und vielfältig wie in diesem Jahr. Nicht die Berge bestimmen das Rennen, sondern die Fahrer.“

 

Von der Österreich Rundfahrt berichtet Henriette Werner