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Affäre Kohl abgeschüttelt: ÖRV-Asse am Vormarsch

Affäre Kohl abgeschüttelt: ÖRV-Asse am Vormarsch

Es gab Zeiten, da wurde es richtig düster im heimischen Radsport.

Bernhard Kohl, der ganz große Hoffnungsträger - des Dopingmissbrauchs überführt.

Christian Pfannberger, der etwas kleinere Hoffnungsträger - des Dopingmissbrauchs überführt.

Für eine kleine Radsportnation wie Österreich, die Toptalente nicht am Fließband produziert und häufig von einer Handvoll Leistungsträgern abhängig ist, glichen die beiden Fälle einem Super-GAU.

War das ganze Land - dank Kohl - 2008 noch im Tour-de-France-Fieber, sank das Interesse binnen weniger Monate – "dank" Kohl - gegen null.

"Die sind doch alle gedopt", "Tour de Farce" oder auch "Interessiert doch keinen mehr", waren noch die harmlosesten Kommentare über den Velo-Zirkus.

Die Leistungskurve zeigt nach oben

Für die heutigen Routiniers wie Bernhard Eisel war es hierzulande keine einfache Zeit, denn die Anerkennung, die Radprofis für ihre zweifellos außergewöhnlichen Leistungen verdient hätten, blieb weitgehend aus.

Umso beachtlicher ist, dass sich im Schatten der Krise gleich mehrere junge Pedalritter aufmachten, um den Sport in Österreich wieder salonfähig zu machen. Blieben die großen Erfolge - Eisel ausgenommen - lange Zeit aus, ist inzwischen ein Wandel spürbar.

Seit ein, zwei Jahren zeigt die Leistungskurve der Österreicher im internationalen Vergleich wieder deutlich nach oben. Riccardo Zoidls Triumph bei der Österreich-Rundfahrt 2013 samt Sieg in der UCI Europe Tour war so etwas wie die Initialzündung, die den weiteren ÖRV-Athleten zeigte, dass auch Österreicher ganz vorne mitmischen können.

Inzwischen kann man die jahrelange Dürreperiode der Vergangenheit zuordnen, Zuversicht macht sich breit. Eine junge Fahrer-Generation schickt sich an, den Rad-Zirkus aufzumischen und Österreich wieder alle Ehren zu machen.

Mühlberger und Großschartner: Zwei der größten Talente des Landes

Talenteschmieden sind unabdingbar

Die Aushängeschilder von heute stehen für einen neuen, glaubwürdigeren Radsport. "Als ich U23-Fahrer war, gab es immer wieder Meldungen, dass ich es als Österreicher sowieso nicht schaffen werde. Das setzt sich im Kopf fest", blickt der 27-Jährige zurück.

Der Wandel sei daher auch als Signal für die nächste Generation zu werten: "Jetzt sehen die Fahrer, dass man es auch als ÖRV-Profi zu etwas bringen kann, und investieren dadurch vielleicht noch mehr in den Radsport."

Unabdingbar für den Erfolg sind Talenteschmieden, in denen die Youngsters reifen können. Untrennbar mit dem aktuellen Hoch verbunden sind diesbezüglich zwei heimische Rennställe. Zwar sind Felbermayr Simplon Wels und Tirol Cycling jeweils nur als drittklassiges Continental-Team gemeldet, doch soll das ihre Rolle nicht schmälern.

"Diese Teams sind enorm wichtig", wissen auch Denifl und Brändle, die selbst im inzwischen nicht mehr existenten Team Elk Erfahrung sammeln durften. Beide verweisen im selben Atemzug auch auf Nationaltrainer Franz Hartl, der unter anderem für die U23 verantwortlich zeichnet.

"Er macht einen super Job", schwärmt Brändle und wird von Denifl ergänzt: "Man muss ihn hier auf jeden Fall lobend erwähnen." Einig ist sich das Duo allerdings auch, dass in der Teamlandschaft Potenzial nach oben besteht.

"Ein ProConti-Team (Anm: zweite Leistungsklasse) wäre insofern wichtig, weil es den Sprung nach ganz oben für die Jungen deutlich erleichtern würde", erklären sie unisono. Brändle glaubt sogar, dass Österreich inzwischen reif für ein Team in der höchsten Kategorie wäre.

Talente stehen in den Startlöchern

Da dies vorerst jedoch Zukunftsmusik und kein Sponsor bereit ist, mehrere Millionen Euro in die Hand zu nehmen, müssen die Jungspunde sich ihre Sporen bei unterklassigen Teams verdienen, um internationale Rennställe auf sich aufmerksam zu machen.

Einen blendenden Eindruck hinterließ diesbezüglich in den letzten Monaten Gregor Mühlberger. Der 21-Jährige, bei Felbermayr Simplon Wels unter Vertrag, gewann nicht nur die Oberösterreich-Rundfahrt in beeindruckender Manier, sondern auch den GP Izola, den GP Judendorf-Straßengel sowie die bedeutende U23-Rundfahrt Course de la Paix.

"Er dürfte der nächste sein, der wahrscheinlich schon 2016 in ein größeres Team wechselt", prognostiziert Denifl und erntet auch in diesem Punkt volle Zustimmung seines Teamkollegen.

"Ich schätzen ihn für die nächsten Jahre ganz stark ein", glaubt auch Brändle an den Durchbruch des Oberösterreichers. Doch mit Mühlberger alleine ist es nicht getan, dahinter tummeln sich weitere Toptalente, die eine Chance verdient haben.

"Auch Felix Großschartner (Felbermayr) und Michael Gogl (Tirol) traue ich einiges zu", meint Brändle, der zudem noch Lukas Pöstlberger (Tirol) und Michael Weiss (Tirol) hervorhebt.

Es gäbe noch weitere Hoffnungsträger aufzuzählen, die Genannten repräsentieren beispielhaft den neuen Radsport in Österreich. Die Zeichen stehen jedenfalls auf Aufbruch, die düsteren Zeiten gehören hoffentlich der Vergangenheit an.


Christoph Nister

 

Die Erfolge häufen sich

Etappen-Siege, Spezial-Trikots und Rundfahrt-Erfolge! Was vor wenigen Jahren noch nach Wunschtraum klang, wurde in den letzten Wochen gleich reihenweise Wirklichkeit.

Von Matthias Brändle bis Gregor Mühlberger, von Marco Haller bis Lukas Pöstlberger - der Österreichische Radsportverband kann der Zukunft mit einem Lachen im Gesicht entgegenblicken.

"Es kommen extrem gute junge Fahrer nach, deutlich mehr als noch in den letzten Jahren", bestätigt Stefan Denifl gegenüber LAOLA1 den Aufschwung. Der Tiroler sorgte nach überstandenem Leidensweg unlängst bei der Tour de Suisse für Furore und entschied die Bergwertung für sich.

Bei der bevorstehenden Österreich-Rundfahrt (4. bis 12. Juli) führt er das heimische Aufgebot an und will auch dort reüssieren. "Es ist ganz klar, dass ich Kapitän bin und auf die Gesamtwertung fahre", setzt sich der IAM-Profi hohe Ziele.

Seine bisher besten Resultate sind ein siebenter (2010) und achter Gesamtrang (2009). Ergebnisse, die angesichts seiner starken Form nicht nur wieder möglich, sondern sogar steigerbar sind.

Brändle hat ein gutes Gefühl

"Ich habe auch das Gefühl, dass es besser wird", bläst Denifls Teamkollege Matthias Brändle ins selbe Horn. Der Vorarlberger ist neben Marco Haller (Katusha) und Georg Preidler (Giant-Alpecin) einer von drei Österreichern bei der Tour de France und hat in den letzten zwölf Monaten für das größte Ausrufezeichen aus rot-weiß-roter Sicht gesorgt.

Neben einem Doppelschlag bei der Tour of Britain 2014 sowie Erfolgen bei der Tour of Oman und der Belgien-Rundfahrt in diesem Jahr machte sich der 25-Jährige vor allem mit seinem Stundenweltrekord, den er Jens Voigt abluchste und mehrere Monate sein Eigen nennen durfte, einen Namen.

"Es gibt eine junge Generation, die wichtig ist, damit der Radsport wieder mehr in den Medien vorkommt", ist ihm bewusst, dass es nur durch Erfolge der "Local Heroes" bergauf gehen kann. Zugleich spürt man seinen Enthusiasmus: "Wenn wir Österreicher gut fahren, wird es auch wieder einen richtigen Boom geben."

Erfreulich ist für beide vor allem, dass sich das Ansehen von Radsportlern hierzulande wieder zum Positiven gewandelt hat. "Natürlich gibt es immer wieder Zeitungen, die versuchen, alles ein eine Richtung zu lenken, aber insgesamt ist die Berichterstattung momentan sehr fair", zeigt sich Denifl zufrieden.